Da: "Klaus von Raussendorff"
Data: Mer 28 Gen 2004 18:51:56 Europe/Rome
A: "Klaus von Raussendorff"
Oggetto: Milosevic-"Prozess": Rechtsbruch und Fehlinformation als
System
Liebe Leute,
zum Stand des Kampfes von Slobodan Milosevic gegen das Haager Tribunal
der
NATO dokumentiere ich:
MAULKORBERLASS DES HAAGER TRIBUNALS
GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC:
UNRECHTMÄSSIG, UNLOGISCH UND REIN POLITISCH
Von Tiphaine Dickson (14. Dezember2003)
[ 1 ]
A b d r u c k u n d V e r b r e i t u n g e r w ü n s c h t
VERNEHMUNG OHNE ÖFFENTLICHKEIT:
WESLEY CLARKS ZEUGENAUSSAGE IM MILOSEVIC-PROZESS
Von Tiphaine Dickson (15. Dezember 2003)
[ 2 ]
A b d r u c k u n d V e r b r e i t u n g e r w ü n s c h t
ANWÄLTE DER ANKLAGE -
ZEUGE NR. 262 IM PROZESS GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC WAR LORD DAVID OWEN.
SEIN
AUFTRITT BELASTET DAS GERICHT UND DIE BERICHTERSTATTER SCHWER.
Von Germinal Civikov
Aus „konkret“ 12/03
[ 3 ]
ZEUGEN DER ANKLAGE -
AUCH WENN DIE MEDIEN HIERZULANDE ANDERES BEHAUPTEN: DER PROZESS SLOBODAN
MILOSEVIC IN DEN HAAG NIMMT EINEN FÜR DIE ANKLAGE UNGÜNSTIGEN VERLAUF.
Von Germinal Civikov
Aus: konkret 01/04
[ 4 ]
VERTAUSCHTE ROLLEN IN DEN HAAG
Von Ralph Hartmann
Aus: „Ossietzky“ 1/2004
[ 5 ]
Z u d e n T e x t e n
Die kanadische Rechtsanwältin Tiphaine Dickson zeigt, wie das Tribunal
angesichts seines Fiaskos vor immer massiveren Rechtsbrüchen nicht
zurückschreckt und damit immer deutlicher offenbart, dass es unfähig
ist,
als rechtsprechende Institution zu fungieren. Und dies als ein illegales
Unterorgan des UN-Sicherheitsrates mit umso verheerenderer Wirkung für
die
internationale Rechtsordnung und das Rechtsbewusstsein in vielen
Ländern!
Über das Schweigen der meisten Juristen und ihrer Fachorganisationen
kann
man sich nur wundern. Die Aufsätze von Tiphaine Dickson wären wegen
ihrer
strikt juristischen Argumentation zum Abdruck in juristischen
Fachzeitschriften sehr geeignet.
Der Journalist Germinal Civikov berichtet, was beim Milosevic-Prozess
tatsächlich vor sich geht. Gleichzeitig zeigt er, wie die meisten
Medien mit
glatten Falschmeldungen vom Prozess das von ihnen geschaffene
Milosevic-Zerrbild zu verteidigen versuchen. Civikov ist der Autor einer
niederländischen Fernsehdokumentation über den „Fall Milosevic“, die vom
deutschen Fernsehen bisher nicht ausgestrahlt wurde. Die Dokumentation
zeigt
nämlich, dass an dem Medienbild über die Ereignisse auf dem Balkan in
den
90er Jahren so gut wie nichts gestimmt hat, dass dieses Zerrbild nahezu
generalstabsmäßig durch PR-Agenturen, Geheimdienste und ihre willigen
Helfer
in den Medien erzeugt wurde und dass dieses propagandistische Konstrukt
die
Folie für die Anklage gegen Milosevic bildet und durch den „Prozess“
bestätigt werden soll. Auch hier kann man sich nur wundern, wie es
möglich
ist, dass dieser wichtige Dokumentar-Film der deutschen Öffentlichkeit
schon
so lange vorenthalten werden kann.
Ralph Hartmann berichtet, wie die nicht öffentliche Vernehmung von
General
Wesley Clark tatsächlich verlaufen ist, und was die Medien daraus
gemacht
haben.
Miloševi? hat mit seiner prinzipiellen Weigerung, das "Tribunal"
anzuerkennen, dem Kampf für die Verteidigung der Souveränität der Völker
einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Sein Kampf gegen das "Tribunal"
ist zu
einem Teil der weltweiten Bewegung gegen Militarismus und
kapitalistische
Globalisierung geworden. Er ist in Den Haag zum Ankläger seiner
Verfolger
geworden. Gegen den Versuch der USA/NATO-Aggressoren, mit Hilfe ihres
Haager
"Tribunals" die Geschichte der Zerschlagung Jugoslawiens in ihrem Sinne
zu
schreiben, verteidigt der ehemalige Präsident Jugoslawiens die
historische
Wahrheit. Er verteidigt den patriotischen Widerstand gegen die
Aggressoren
und gegen ihre separatistischen Helfer und Terrorbanden. Er verteidigt
die
Würde und Freiheit der Serben und aller Völker des Balkans gegen die
Machenschaften der neuen Kolonialherren. Ein weiteres Mal muss man sich
wundern, dass Teile der Friedensbewegung immer noch nicht erkennen
wollen,
dass auch gegen die Folgen der bisherigen Angriffskriege, gegen
Besatzung,
Raub, Rechtsbruch und Rekolonisierung in Jugoslawien, Afghanistan und
Irak,
Widerstand mobilisiert werden muss - in Solidarität mit dem Widerstand
in
den betroffenen Ländern.
Die Nichtanerkennung des „Tribunals“ hat zur Folge, dass Miloševi? als
einziger Angeklagter keinerlei finanzielle Unterstützung für seine
Verteidigung erhält, weder für Rechtsberater, Personal für Akten- und
Archivrecherche, Kosten für Zeugensuche und -Befragungen, noch für
technische Aufwendungen wie Telefon-, Kopierkosten etc. Da die Anklage
nicht
bewiesen ist, bräuchte es, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, keine
Verteidigung. Der Zirkus Del Ponte müsste eingestellt werden. Doch wenn
im
Februar die „Halbzeit der Anklage“ zu Ende geht, soll Slobodan Miloševi?
statt der beantragten zwei Jahre ganze drei Monate Zeit haben, seine
„Verteidigung“ vorzubereiten – nachdem die „Anklage“ eine jahrelange
Vorbereitungszeit und einen Riesenapparat auf ihrer Seite hatte, soll
Miloševi? schon nach 6 Wochen die komplette Zeugenliste abliefern,
inklusive
Hauptschwerpunkten der Aussagen!
Gegen die geballte Macht des NATO- und Medien-Apparates steht allein die
Stimme von Slobodan Miloševi? – und unsere Unterstützung seines
Rechtsberaterteams. Und hier fehlt es an allem: Geld für Wohnung und
Aktenaufbewahrung, für Verpflegung, Fahrtkosten, Kopien, Recherchen
etc. Mit
jeder Spende für den Rechtshilfefonds, auch kleinen monatlichen
Beiträgen,
beteiligen wir uns am Kampf zur Verteidigung des Völkerrechts!
Spendenkonto:
VIS (Vereinigung für Internationale Solidarität e.V., gemeinnützig)
KONTO-NUMMER 7589 88-464 BEI POSTBANK DORTMUND (BLZ 440 100 46)
Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff
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[ 1 ]
MAULKORBERLASS DES HAAGER TRIBUNALS
GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC:
UNRECHTMÄSSIG, UNLOGISCH UND REIN POLITISCH
Von Tiphaine Dickson (14. Dezember2003)
Am 12. Dezember untersagte das Internationale Straftribunal für das
ehemalige Jugoslawien (ICTY) Slobodan Milosevic alle Besuche und
Telefongespräche, ausgenommen Familienangehörige, diplomatische
Vertreter
und Anwälte, aufgrund der Behauptung, er habe im Zusammenhang mit den
bevorstehenden Wahlen in Serbien Verbindung mit Medien gehabt.
Das Besuchs- und Telefonverbot ist eine Strafmaßnahme, um Herrn
Milosevic an
der Ausübung seines Rechts auf frei Meinungsäußerung und seines aktiven
Wahlrechts nach serbischem Recht zu hindern. Das ICTY missachtet und
entwürdigt den Eckstein des Strafrechts: die Unschuldsvermutung. Und es
tritt dadurch in Erscheinung, dass es sich in die politischen
Angelegenheiten Serbiens einmischt, indem es den Präsidenten einer legal
verfassten und legitimen politischen Partei - der Sozialistischen Partei
Serbiens (SPS) - mundtot macht und damit den Wahlkampf der SPS lahm
legt.
Diese beispiellose Entscheidung ergeht, nachdem die Regierung der USA
durchgesetzt hat, die Zeugenaussage von Wesley Clark an Bedingungen zu
knüpfen. Clarks Vernehmung erfolgt hinter geschlossenen Türen und wird
Gegenstand einer Überprüfung und anschließenden Zensur durch die USA
sein.
Wohlgemerkt, General Clark ist Kandidat im Präsidentschaftswahlkampf der
USA - wie eben auch Slobodan Milosevic Kandidat im serbischen
Parlamentswahlkampf ist.
Die Pressemitteilung des ICTY, in der die “weiter übertragene”
(„retransmitted“)- und von den USA genehmigte - Zeugenaussage
angekündigt
wird, beliefert die Presse mit der Telefonnummer der Public
Relations-Firma
des US-Präsidentschaftskandidaten. Eindeutig obliegen dem ICTY - einer
Schöpfung des UN-Sicherheitsrates - Haupttätigkeiten, die ersichtlich in
keiner Beziehung zu solchen stehen, die Gerichten im allgemeinen
zugeschrieben werden: Das heißt, der Ausübung von Rechtsprechung,
unabhängig
und unparteiisch, in fairen und öffentlichen Verfahren.
Die Entscheidung, Kommunikation und Besuche zu verbieten, stellt eine
außerordentliche Verletzung internationalen Rechts und grundlegender
Prinzipien der Legalität dar. Das ICTY hat seine drakonische Maßnahme
gerechtfertig, indem es die Besorgnis äußerte, dass die Presse
irgendwie in
das Mandat der Institution eingreifen könnte, wie es in der
Entscheidung des
Stellvertretenden Verwaltungschefs des Tribunals („Registrar“) heißt:
„Die besonderen Umstände des Gefangenen erfordern (sic) die Verhängung
von
Maßnahmen, die geboten sind zur Vermeidung von potentiell schädlicher
Medienberichterstattung aufgrund von uneingeschränkter Erlaubnis zu
Kommunikation und Besuchen bis auf weiteres.“
Welche “potentiell schädliche Medienberichterstattung“? Von wem oder was
genau? Welche “besonderen Umstände“? Gilt Herr Milosevic als schuldig?
Es
scheint so, da der Maulkorb-Erlass ausführt,
“der Angeklagte hat, wie oben vermerkt, schon früher entweder direkt
Medien-Verbindungen aufgenommen oder hat sein Privileg ausgenutzt, mit
anderen zu kommunizieren, die wiederum unter Verstoß gegen die
Haftregeln
Botschaften durch die Medien verbreitet haben, die zu einer breiten
Medienaufmerksamkeit und -berichterstattung über die Tatsache führten,
dass
ein wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit und
Kriegsverbrechen
Beschuldigter wie der Angeklagte ohne weiteres serbischen
Parlamentswahlkampf betreibt („is facilitating, with ease, the ongoing
Serbian parliamentary elections campaign”)
Diese unbelegte Behauptung ist dazu angetan nahe zu legen, dass Slobodan
Milosevic der Verbrechen schuldig ist, die er „angeblich“ begangen haben
soll, und daher nicht das Recht haben sollte, den serbischen Wahlkampf
- der
Sinn der Formulierung ist nicht leicht verständlich - zu „ermöglichen“
(„facilitate“). Das ICTY mag ja die Tatsache missbilligen, dass Slobodan
Milosevic an dem demokratischen Prozess seines Landes beteiligt ist, was
sein gutes Recht ist als serbischer Staatsbürger, Präsident der
Sozialistischen Partei Serbiens und ehemaliger Präsident seines Landes -
dreimal von seinem Volk gewählt. Doch eine Institution, die behauptet,
eine
gerichtliche Funktion zu erfüllen, und dies nach internationalem Recht,
muss
nach Recht und Gesetz handeln. Der gegen Präsident Milosevic verhängte
Maulkorb-Erlass steht im Widerspruch zu Rechtsprinzipien und
internationalen
Menschenrechtsinstrumenten. Die Art, wie er politisch begründet wird,
gibt
zu der Sorge Anlass, dass das ICTY nicht die für einen Gerichtshof
erforderliche Unabhängigkeit besitzt.
Waffengleichheit
Die Entscheidung des Verwaltungschefs des Gerichts („Registrar“)
verletzt
den Grundsatz der Waffengleicheit. „Waffengleichheit“ ist ein
internationales juristisches Konzept, das dem „rechtsstaatlichen
Verfahren“
entspricht und als Garantie für einen fairen Prozess von grundlegender
Bedeutung ist.
Beim ICTY ist es so, dass die Verwaltung des Tribunals („Registry“) den
uneingeschränkten Zugang zu den Medien für die Anklagevertretung
ermöglicht,
finanziert, in anderer Form unterstützt und fördert, während sie
irgendwelche derartigen Kontakte seitens eines Angeklagten unterbindet.
Die
Registry veranstaltet, finanziert und unterstützt anderweitig gemeinsame
Pressebriefings des ICTY-Sprechers für die Veraltung und die Kammern des
Tribunals zusammen mit der Sprecherin der Anklagevertretung.
Zusammenfassungen dieser Pressekonferenzen werden auf der ICTY-Webseite
unter http://www.un.org/icty/latest/index.htm veröffentlicht.
Artikel 21 des Statuts des ICTY bestimmt die Mindestrechte eines
Angeklagten. Diese Rechte umfassen den Grundsatz der Waffengleichheit.
Der Grundsatz der Waffengleichheit ist im Zusammenhang mit einem
Verfahren
dahin gehend zu interpretieren, dass jede Seite angemessen Gelegenheit
erhalten muss, ihre Sicht des Falles darzustellen, und zwar unter
Bedingungen, die sie nicht einem wesentlichen Nachteil gegenüber der
Gegenseite aussetzt.
Das vom Chef der Tribunalverwaltung ausgesprochene Verbot setzt
Präsident
Milosevic “einem wesentlichen Nachteil gegenüber der Gegenseite“ aus, da
ganz einfach die „Gegenseite“ einen ständigen Kontakt zu den Medien
unterhält, den sie nutzt, um ihre Sicht des Falles darzustellen, und
sie tut
dies mit der Hilfe und Unterstützung der Gerichtsverwaltung.
Die Waffengleichheit ist ferner verletzt, wenn die Verwaltung des
Tribunals
gleichzeitig Besuche bei einem Angeklagten verbietet, und zwar auf der
Grundlage eines Verbots von Kontakten mit den Medien und dabei
gleichzeitig
gemeinsame Pressebriefings der Sprecher des Tribunals und der Anklage
ermöglicht. Das Ungleichgewicht hat verblüffende Dimensionen.
Dass der Chef der Tribunalverwaltung versuchen würde, den Wahlkampf der
Sozialistischen Partei Serbiens zu behindern und Slobodan Milosevic
durch
Entzug von Besuchen und Telefongesprächen zu bestrafen, und dies
unmittelbar
vor der Zeugenaussage eines Kandidaten im US-Präsidentschaftswahlkampf
- auf
dessen Büro für Öffentlichkeitsarbeit die Presse von demselben
Verwaltungschef des Tribunals hingewiesen worden ist - ist der Praxis
ordentlicher Rechtsprechung so unerhört fremd, dass dies die ganze
Unfähigkeit des ICTY offenbart, eine rechtsprechende Funktion gemäß
internationalen rechtlichen Standards zu erfüllen.
Die Entscheidung des Verwaltungschefs des Tribunals verletzt die
Freiheit
der Meinungsäußerung und greift in den demokratischen Prozess Serbiens
ein
Sicherheitserwägungen können unter Umständen durchaus die
Nichtweitergabe
von bestimmten Informationen an die Medien durch Besucher rechtfertigen
wie
beispielsweise Grundrisszeichnungen der Haftanstalt.
Sicherheitserwägungen
durchziehen als Grundmuster die Gesetzgebung über Besuche in
Haftanstalten
sowohl im internationalen wie nationalen Recht.
Im Gegensatz dazu stellt die Entscheidung des Verwaltungschefs des
Tribunals
ein Pauschalverbot von Kontakten mit den Medien dar. Keinerlei
Sicherheitserwägungen sind zur Begründung des Verbots angeführt worden,
das
auf einen Maulkorberlass hinausläuft.
Das ICTY ist gehalten, die Bestimmungen der Internationalen Konvention
über
zivile und politische Rechte anzuwenden und zu berücksichtigen.
Der Angeklagte hat gemäß Artikel 21 des Statuts des ICTY so lange als
unschuldig zu gelten, bis seine Schuld über jeden vernünftigen Zweifel
hinaus nachgewiesen ist. Der Angeklagte behält sein Recht auf freie
Meinungsäußerung.
Auch Besucher des Angeklagten genießen das Recht auf freie
Meinungsäußerung,
ein Grundrecht gemäß Artikel 19 der Universellen Erklärung der
Menschenrechte
„Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht
umfasst
die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und
Ideen
mit allen Verständigungsmitteln und ohne Rücksicht auf Grenzen zu
suchen, zu
empfangen und zu verbreiten.“
Die Berufungskammer des ICTY hat das Recht der Öffentlichkeit auf
Informationen aus der Presse als einen Bestandteil der Meinungsfreiheit
anerkannt. Mit einstweiliger Verfügung in dem Fall Ankläger gegen
Brdjanin
hob die Berufungskammer die Entscheidung der Verfahrenskammer auf, den
Journalisten Jonathan Randall unter Strafandrohung förmlich vorzuladen.
Die
Berufungskammer befand:
„Wie festgestellt, schließt das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht
nur
das Recht von Journalisten und Medienorganisationen ein, Informationen
frei
zu verbreiten. Es umfasst auch ein Recht von Mitgliedern der
Öffentlichkeit
Informationen zu erhalten. Wie der Europäische
Menschenrechtsgerichtshof in
seiner Entscheidung im Falle Fresso und Roire gegen Frankreich ausführt:
„Nicht allein hat die Presse die Aufgabe Informationen und Ideen über
Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu verbreiten: Die
Öffentlichkeit
hat auch ein Recht, sie zu empfangen.“
Aus dem Fall Brdjanin ergibt sich die vitale Rolle von
Kriegskorrespondenten
für die Arbeit des Tribunals. Es wird geschlussfolgert:
Die Berufungskammer wird die Arbeit von Berufen, die ein öffentliches
Interesse erfüllen, nicht unnötig behindern.
Das britische House of Lords hat im Falle Regina v. Secretary of State
for
the Home Department Ex Parte Simms (A.P.) Secretary of State for the
Home
Department Ex Parte O'Brien entschieden, das vom britischen
Innenministerium
erlassene Verbot von Interviews eines verurteilten Gefangenen in
Strafhaft
mit den Medien aufzuheben.
Der Fall O’Brien begründet die Auffassung, dass verurteilte Gefangene
das
Recht haben, Interviews mit den Medien zu führen und die Unfairness
ihres
Verfahrens zur Diskussion zu stellen. Lord Steyn führt dazu aus:
Die Gefangenen befinden sich im Gefängnis, weil sie als ordnungsgemäß
verurteilt gelten. Sie möchten die Begründetheit ihrer Verurteilungen in
Frage stellen. Im Prinzip lässt sich schwerlich eine wichtigere Funktion
vorstellen, welche die freie Meinungsäußerung erfüllen könnte.
Im Fall O'Brien wurde die Realität von Fehlurteilen anerkannt, und auch
die
entscheidende Rolle der Medien bei deren Aufdeckung.
Präsident Slobodan Milosevic besteht auf seiner Unschuld und weigert
sich
beharrlich, das ICTY als Gericht anzuerkennen. Er ist unschuldig, bis
zum
Beweis des Gegenteils, und hat jedes Recht, die Legitimität dieser
Institution zu bestreiten. Durch das Verbot von Kontakten mit den
Medien hat
der Verwaltungschef des Tribunals das Recht von Herrn Milosevic, seiner
Besucher und der Öffentlichkeit im allgemeinen verletzt. Auch gegen die
serbische Demokratie zielt diese Maßnahmen. Die Sozialistische Partei
Serbiens hat Slobodan rechtmäßig zu ihrem Parteipräsidenten gewählt und
kann
ihn in voller Übereinstimmung mit dem serbischen Recht als ihren
Kandidaten
aufstellen. Das ICTY hat auf unerklärliche Weise entschieden, die
Sozialistische Partei zu beeinträchtigen, und hat damit demonstriert,
dass
es politische - nicht juristische - Belange vertritt. Diese Maßnahme
erfolgte im Namen des Mandats des Tribunals „im ehemaligen Jugoslawien
den
Frieden wieder herzustellen“. Die Maßnahme ist unerhört, und die
Konsequenzen für Serbien - und für die Zukunft des internationalen
Rechts -
sind katastrophal.
Das ICTY mag über die Kritik von Präsident nicht erfreut sein.
Nichtsdestoweniger überwiegt der Nutzen, den die Öffentlichkeit davon
hätte,
wenn ihm erlaubt würde, mit den Medien zu kommunizieren, was immer auch
dadurch an Unannehmlichkeiten über das ICTY kommen mag. Wie Lord Steyn
dazu
ausgeführte:
Die Freiheit der Meinungsäußerung ist in sich von Bedeutung: Sie ist ein
Wert an sich. Aber allgemein anerkannt ist auch, dass sie zugleich von
instrumenteller Bedeutung ist. Sie dient einer Reihe von breit gefassten
Zielen. Erstens fördert sie die Selbstverwirklichung des Einzelnen in
der
Gesellschaft. Zweitens „ist der beste Test der Wahrheit die Macht des
Gedankens, insofern er sich im Wettbewerb des Marktes Anerkennung
verschafft
“, um es in den berühmten von Worten von Richter Holmes (frei nach John
Stuart Mill) zu sagen: Abraham v. United States 250 U.S. 616, at 630
(1919),
per Holmes J. (dissent). Drittens ist die Freiheit der Rede das
Lebenselixier der Demokratie. Der freie Fluss der Informationen und
Ideen
gestaltet die politische Diskussion. Sie ist ein Sicherheitsventil: Die
Menschen sind eher bereit, Entscheidungen zu akzeptieren, die gegen sie
gerichtet sind, wenn sie im Prinzip versuchen können, diese zu
beeinflussen.
Sie wirkt als Bremse gegen den Machtmissbrauch von Vertretern des
Staates.
Es ermöglicht die Aufdeckung von Irrtümern in der Rechtspflege eines
Landes:
siehe Stone, Seidman, Sunstein and Tushnett, Constitutional Law, 3rd
ed.,
(1996), 1078-1086
Das House of Lords hat das Recht von verurteilten Straftätern auf
Interviews
mit den Medien anerkennend in Betracht gezogen. Weder Herr Milosevic
noch
seine Besucher sind strafrechtlich verurteilt, doch die Entscheidung des
Verwaltungschefs des Tribunals entzieht ihnen Rechte, die im Vereinigten
Königreich von verurteilte Personen in Anspruch genommen werden können.
Freiheit der Meinungsäußerung vor dem ICTY
In der Angelegenheit Brdjanin hat die Berufungskammer die Freiheit der
Meinungsäußerung als ein Grundrecht anerkannt, das nur zum Schutz eines
öffentlichen Interesses eingeschränkt werden kann.
Der Verwaltungschef des Tribunals rechtfertigt den Maulkorberlass mit
dem
Argument, dass die Presseberichterstattung über die Beteiligung von
Präsident Milosevic am serbischen Wahlkampf das Mandat des ICTY
beeinträchtigen würde:
„IN ANBETRACHT DESSEN, dass die von der Haftanstalt zur Verfügung
gestellten
Einrichtungen zum Wohlbefinden des Gefangenen gedacht sind, und nicht
für
Zwecke, die die Funktion des Tribunals beieinträchtigen, zur
Herstellung von
Frieden und Sicherheit im ehemaligen Jugoslawien beizutragen, und dass
die
Tatsache, dass ein Gefangener in der Haftanstalt Verbindungen
aufgenommen
hat, um an einem laufenden serbischen Parlamentswahlkampf teilzunehmen,
einen solchen Umstand darstellt, der geeignet ist, den Auftrag des
Tribunals
zu beeinträchtigen;“
Die Öffentlichkeit sollte eigentlich davon ausgehen können, dass die
Funktion eines Tribunals darin besteht, Recht zu sprechen und faire
Verfahren durchzuführen und nicht „zur Herstellung von Frieden und
Gerechtigkeit beizutragen“. Und selbst dann, wenn es für eine
rechtsprechende Institution nicht gänzlich unangebracht und
schlechterdings
gefährlich wäre, die Funktion eines Gendarmen zu erfüllen, kann man
immer
noch nicht der Argumentation des Verwaltungschefs des Tribunals folgen.
Wie
ist das zu verstehen, dass Slobodan Milosevics Beteiligung an den
serbischen
Parlamentswahlen - oder eher die Tatsache, das seine Beteiligung zu
„schädlicher Berichterstattung“ durch die Medien führen könnte -
„geeignet
ist, den Auftrag des Tribunals zu beeinträchtigen“?
Der Maulkorberlass verletzt offensichtlich die Rechte von Herrn
Milosevic,
die Rechte seiner Partei und die Rechte des Volks von Serbien. Und die
Rechte der Medien und der allgemeinen Öffentlichkeit werden ebenfalls
verletzt.
Tranparenz wird von einer rechtsprechenden Institution verlangt. Das
Recht
wird pervertiert und entwürdigt, wenn es verwandt wird, um die inneren
politischen Angelegenheiten einer souveränen Nation zu beeinträchtigen -
insbesondere wenn die Begründung für solch eine Einmischung auf
Förderung
von „Frieden und Sicherheit“ gestützt wird.
Der Maulkorberlass verletzt das grundlegende, allgemein anerkannte
Prinzip
der Unschuldsvermutung
Nur eine himmelschreiende Missachtung der Unschuldsvermutung kann die
Verletzung von Präsident Milosevics Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung
rechtfertigen, wobei die Verletzung der Rechte seiner potentiellen
Besucher
hinzukommt.
Tatsächlich setzt ein Verbot von Besuchen und Telefongesprächen, das
auf die
angebliche Kommunikation mit den Medien zu politischen Zwecken erfolgt,
voraus, dass Präsident Milosevic schuldig ist, und dass seine Besucher
durch
Vereinigung mit ihm mitschuldig sind. Das Verbot geht davon aus, dass
Herr
Milosevic seinen Besuchern üble Dinge mitteilen wird - politische Dinge
-
die wiederum in den Medien berichtet werden.
Das Verbot scheint auch zu verhindern, dass Informationen, die für Herr
Milosevic günstig sind, in den Medien veröffentlicht werden, was nur
gerechtfertigt werden könnte, wenn seine Schuld vorausgesetzt wird.
Jedenfalls legt die Entscheidung des Registrars nahe, dass der
Öffentlichkeit keine Informationen anvertraut werden können, die im
Verlauf
eines Besuches bei Herrn Milosevic erlangt werden könnten.
Die Entscheidung des Registrars verstößt gegen Regel 5 der Haftregeln,
welche bestimmt:
Alle Gefangenen, abgesehen von jenen, die durch das Tribunal verurteilt
worden sind, gelten als unschuldig, bis sie für schuldig befunden worden
sind, und sind jederzeit entsprechend zu behandeln.
Der Maulkorberlass kommt einer Anordnung der Isolationshaft von
Präsident
Milosevic gleich
Das übergeordnete Prinzip im Bezug auf die Haft ist vorstehend dargelegt
worden: Alle Gefangenen, abgesehen von jenen, die durch das Tribunal
verurteilt worden sind, gelten als unschuldig, bis sie für schuldig
befunden
worden sind, und sind jederzeit entsprechend zu behandeln.
Dieses Prinzip ist der wesentliche Inhalt der Regel, die Gefangenen das
Recht auf Besucher ihrer freien Wahl verleiht, sofern dem keine
übergeordneten Sicherheitserwägungen entgegenstehen. Diese allgemeine
Regel
entspricht UN-Protokollen über Inhaftierung. Amnesty International
liefert
die folgende Begründung für das Prinzip des freien Zugangs zu Besuchern:
Die Rechte von Gefangenen, mit anderen zu kommunizieren und Besuche zu
empfangen, sind grundlegende Sicherheitsvorkehrungen gegen
Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlung und “Verschwinden”.
Festgenommene und inhaftierte Personen müssen die Genehmigung erhalten,
mit
der Außenwelt zu kommunizieren, allein unter dem Vorbehalt vernünftiger
Bedingungen und Beschränkungen.
Seit März 2003 ist Herrn Milosevic das Recht auf Besuche seiner Ehefrau
und
Familienangehörigen entzogen worden. Im August verbot der Registrar
Besuche
von Mitgliedern der Sozialistischen Partei Serbiens und assoziierter
Einheiten („associated entities“). Der vorliegende Erlass stellt ein
umfassendes Verbot aller Besuche dar, von sehr beschränkten Ausnahmen,
Anwälten und konsularischen Vertretern abgesehen.
Die Entscheidung des Registrars kommt der Verhängung von Isolationshaft
über
Herrn Milosevic gleich. Sie ist ungerechtfertigt, willkürlich und
mutwillig.
Ihre Wirkung - die Verletzung des Rechts eines Kandidaten auf freie
Meinungsäußerung, der von einer legitimen politischen Partei im Rahmen
demokratischer Wahlen rechtmäßig nominiert worden ist, ist ein Schlag
gegen
jene Idee der internationalen Rechtsprechung, sie den Urhebern der
UN-Charta
vorschwebte, die in der Souveränität der Staaten, dem Recht der Völker
auf
Selbstbestimmung und der Ablehnung der Anwendung oder Androhung von
Gewalt
in den internationalen Beziehungen alles überragende Werte sahen. Das
diese
Ideale im Namen der Justiz selbst pervertiert werden, kann nur
bedeuten, das
internationale Recht in Frage zu stellen.
Tiphaine Dickson, Rechtsanwältin
Den Haag, den 14. Dezember 2003
*Tiphaine Dickson ist Strafverteidigerin in Montreal. Sie war
Hauptverteidigerin in einem der ersten ad hoc Völkermord-Verfahren vor
dem
Internationalen Straftribunal für Ruanda in Arusha/Tansania
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[ 2 ]
VERNEHMUNG OHNE ÖFFENTLICHKEIT:
WESLEY CLARKS ZEUGENAUSSAGE IM MILOSEVIC-PROZESS
Von Tiphaine Dickson*
Das Recht auf ein faires öffentliches Verfahren, Eckstein der
Strafjustiz,
ist seit dem 11. September 2001 unter Beschuss. Der in wechselnder
Gestalt
geführte „Krieg gegen den Terrorismus“ hat eine Kultur der
Undurchsichtigkeit von Gerichtsverfahren um sich greifen lassen und im
Namen
der Staatssicherheit und des nationalen Interesses Prozessen in
geschlossener Sitzung wachsende öffentliche Akzeptanz verschafft.
Doch nicht allein in den USA - oder in der Bucht von Guantanamo - sind
die
Gerichtstüren fest verschlossen, und der Gang der Rechtsprechung gegen
den
öffentlichen Blick abgeschirmt. Beim Internationalen Straftribunal für
das
ehemalige Jugoslawien (ICTY) werden Publikum und Medien häufig gebeten,
wegen vertraulicher Teile des Verfahrens die öffentliche Galerie zu
räumen.
Das Recht des Angeklagten auf ein öffentliches Verfahren [1] - und das
Recht
der Öffentlichkeit zu ermessen, ob die Rechtsprechung wirklich
unabhängig
und unparteiisch ausgeübt wird - , wird mit alarmierender Häufigkeit
durch
Sicherheitserwägungen beeinträchtigt, insbesondere im Falle von Slobodan
Milosevic. Der Ausschluss des Publikums selbst vom kleinsten Teil eines
historisch so wichtigen Verfahrens vor einem Tribunal, das vom
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen [2] geschaffen wurde - um
angeblich
Wahrheit [3], Versöhnung [4] und Frieden [5] zu befördern-- steht im
Widerspruch zu dem erklärten Zweck. Wie kann ein Gremium der UN
Menschenrechtsinstrumente und Resolutionen der Generalversammlung der UN
missachten, welche das Recht auf ein öffentliches Verfahren zum goldenen
Standard des Schutzes der Menschenrechte erheben? Erhellend wirkt hier
die
Tatsache, dass das ICTY aufgrund politischer Erwägungen geschaffen
wurde.
Madeleine Albright gilt der früheren Präsidentin des ICTY als „die
Mutter
des Tribunals“ [6], und wie auch die Außenministerin der USA dem Krieg
im
Kosovo auch ihren Namen gegeben hat [7].
Politisches Verfahren, politische Zeugenaussagen, politischer Druck
Ein Rest an Zweifel an dem politischen Charakter des ICTY wurde
zerstreut,
als die US-Regierung am 15. und 16. Dezember bezüglich der
bevorstehenden
von der Anklage beantragten Zeugenaussage des
US-Präsidentschaftskandidaten
Wesley Clark im Verfahren gegen Milosevic erstaunlich strenge
Bedingungen
erließ. [8] Die US-amerikanische Regierung vermochte durchzusetzen,
dass die
Zeugenaussage von General Clark in Abwesenheit der Öffentlichkeit oder
der
Presse erfolgt, und sie erhielt das Recht, die Verbreitung der
Zeugenaussage
in einer nach den Worten des ICTY „zeitweilig geschlossenen Sitzung“ um
48
Stunden zu verzögern. Die verzögerte Verbreitung verfolgt den Zweck, der
US-Regierung die Möglichkeit zu geben, „die Mitschrift zu überprüfen und
ihre Meinung kund zu tun, ob die in offener (sic) Sitzung erfolgte
Beweisaufnahme redaktionell überarbeitet werden sollte, um die
nationalen
Interessen der USA zu schützen“. Dieses Verfahren wird eine weiter
Verzögerung bedingen, derweil die Kammer US-Anträge auf Zensur des
öffentlichen Protokolls darauf hin prüft, ob sie mit dem juristisch
nebelhaften Konzept der „nationalen Interessen“ der USA in Einklang
stehen.
Aber was könnte der General dem Tribunal des Sicherheitsrats zu sagen
haben,
was er nicht in einem Interview, einem Zeitungskommentar oder in einem
seiner beiden sich selbst bestätigenden Bände über die Kunst des
Krieges im
Einzelnen dargelegt hat? Und was noch wichtiger ist: Was könnte er
möglicherweise gegen die Interessen von Präsident Slobodan Milosevic
sagen,
was die von den USA verfügte Auflage strenger Bedingungen zum Schutz
ihrer
„legitimen nationalen Interessen“ erforderlich machen würde.
Könnte es sein, dass Wesley Clark ein zu erschütternder Zeuge ist?
Möchte
die US-Regierung im Zuge des laufenden - und anscheinend endlosen -
„Krieges
gegen den Terrorismus“ Fragen vermeiden, die General Clarks Rolle [9] -
und
die seiner Regierung - [10] bei der Gewährung militärischer,
finanzieller
und politischer Unterstützung der UCK [11] betreffen, deren gut belegte
Verbindungen zu Al Qaida [12] inzwischen ein peinliches Licht auf die
Auswirkungen der Balkanpolitik der USA werfen?
Das ICTY hat bereits zugestimmt, dass sieben Absätze der vollständigen
Erklärung von Clark unter Verschluss genommen werden, unzugänglich für
die
Öffentlichkeit. Die US-Regierung, der das Recht zugestanden wurde, bei
der
Vernehmung von General Clark zwei Vertreter im Gerichtssaal zu haben -
im
Gegensatz zur Öffentlichkeit, die auf keinerlei Vertreter Anspruch hat -
kann verlangen, dass weitere Beweise in geschlossener Sitzung
eingebracht
werden.
Ein öffentliches Verfahren?
Anders gesagt, während Wesley Clark - eine Figur des öffentlichen
Lebens,
heute US-Präsidentschaftskandidat und früher NATO-Oberkommandierender
während der Bombardierungen Jugoslawiens - im Prozess gegen Slobodan
Milosevic - dem Prozess des Jahrhunderts - aussagt, werden die
Öffentlichkeit und die Medien ausgeschlossen. 48 Stunden lang wird die
Öffentlichkeit warten, bis die US-Regierung entschieden haben wird, was
sie
meint, den Medien zur Berichterstattung anvertrauen zu können, und was
aus
dem öffentlichen Protokoll im Namen der „nationalen Interessen“
gestrichen
werden muss. Während der Invasion im Irak kamen eingebettete
Journalisten
zeitiger an Informationen heran. Und auf welcher Grundlage will die
Kammer
entscheiden, ob sie dem Antrag der USA stattgibt oder nicht,
Beweismaterial
aus dem öffentlichen Protokoll zu streichen? Ist nicht das Konzept der
„nationalen Interessen“ ein irgendwie subjektiver politischer Begriff,
wodurch die richterliche Würdigung und praktische Anwendung seines
Inhalts
nahezu unmöglich wird? Eine fremde Regierung - die einzige Supermacht -
stellt Bedingungen für die Zeugenaussage eines pensionierten Generals
und
Präsidentschaftskandidaten gegen den ehemaligen Präsidenten der Nation,
die
aufgrund der Befehle des Zeugen bombardiert wurde. Die Bedingungen für
die
Zeugenaussage verstoßen gegen das international anerkannte Recht auf
Öffentlichkeit des Verfahrens. Die Bedingungen verstoßen gegen die
Rechte
des Angeklagten, der Medien und der Öffentlichkeit. Dass ein Gericht -
und
noch dazu ein internationales Tribunal, angeblich dazu eingerichtet, die
Menschenrechte hoch zu halten und der Kultur der Straflosigkeit ein
Ende zu
setzen - derart empörenden Bedingung annimmt, wäre undenkbar, wenn dies
nicht mehr ein politischer als ein juristischer Prozess wäre.
Der öffentliche Charakter eines juristischen Prozesses ist für jede
Demokratie lebenswichtig: Der öffentliche Zugang zu offener
Rechtsprechung
sichert faire Verfahren. Nur wenn die Rechtsprechung zugänglich ist,
können
die Menschen sich eine Meinung bilden, ob Verfahren nationalen und
internationalen Standards entsprechen. [13] Der öffentliche Zugang zu
Strafverfahren schützt die Angeklagten vor böswilligen, willkürlichen
oder
politischen Verfolgungen im Geheimen und fernab von öffentlicher
Nachprüfung. Im Zusammenhang mit dem Milosevic-Prozess treffen diese
Erwägungen mit noch größerer Dringlichkeit zu angesichts des politischen
Charakters des Tribunals, der Prozessführung, wie auch der finanziellen
und
institutionellen Unterstützung des ICTY durch bestimmte Regierungen und
Einzelpersonen [14], deren Belange und Interessen nicht den
Voraussetzungen
einer Rechtsprechung entsprechen, wie sie aufgrund internationaler und
inländischer Standards zu fordern sind.
“Nationale Interessen” gehen vor Recht auf Kreuzverhör
Auch Slobodan Milosevics Recht, Wesley Clark ins Kreuzverhör zu nehmen,
ist
gravierend eingeschränkt worden - in Verletzung der Rechte, die in den
Verfahrensregeln des ICTY niedergelegt und in allen kontradiktorischen
Rechtssystemen anerkannt sind. Ihm wird nicht gestattet sein, General
Clark
zu Sachverhalten zu befragen, welche seine Glaubwürdigkeit berühren,
eine
ungeheuerliche Einschränkung im Lichte der Tatsache, dass Clark, ein
US-Präsidentschaftskandidat, kürzlich eingeräumt hat, dass das
78-Tage-Bombardement der NATO gegen Jugoslawien - ein Feldzug für den er
direkt verantwortlich war - unter „technischer“ Verletzung des
internationalen Rechts durchgeführt wurde. [15]
Die Frage der Glaubwürdigkeit stellt sich im Bezug auf einen Zeugen, der
über Milosevics Absichten und seinen guten Willen als
Verhandlungspartner
aussagt. In einem derartigen Falle wäre die Verteidigung berechtigt, die
Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen, und zwar eines solchen,
der
die Bombardierung des RTS-Fernsehstudios in Belgrad genau zu einem
Zeitpunkt
befahl, [16] als eine Verbindung für ein Interview mit Larry King auf
CNN
hergestellt wurde. [17] Man könnte nach der Bombardierung eines
Personenzuges fragen, und insbesondere nach der weniger als ehrlichen
Rechtfertigung dieses Vorfalls durch den Zeugen als „Kollateralschaden“.
[18] Insbesondere könnte Clark gefragt werden, warum er der Presse
erklärte,
dass die Geschwindigkeit des Zuges so war, dass die Flugbahn der Raketen
nicht geändert werden konnte, wobei er manipulierte Videobänder
benutzte -
vorgeführt mit einer dreimal schnelleren Geschwindigkeit als normal - ,
um
seine Rechtfertigung dieser zivilen Todesfälle zu untermauern. Auch
General
Clarks unglaubwürdige Erklärung für die Bombardierung der chinesischen
Botschaft - eine davon war: „Ich hatte noch einen Anruf, der besagte:
«Hoppla, es scheint, dass die Botschaft verlegt worden ist». [19] - wäre
eine geeignete Linie, auf der sich das Kreuzverhör bewegen könnte.
Es ist der Öffentlichkeit derzeit unbekannt, ob Clark überhaupt zu der
Bombardierungskampagne befragt werden wird. Falls seine Aussage sich
nicht
auf den NATO-Angriff auf Jugoslawien erstreckt, wird Slobodan Milosevic
nicht das Recht haben, dies überhaupt anzusprechen, da die von der
US-Regierung erwirkten Bedingungen Fragen, zum Inhalt von Clarks Aussage
einschränken. [20] Das ICTY hat Milosevic gestattet, „eine Erweiterung
des
Umfangs der Beweisaufnahme durch vorherige Zustimmung der US-Regierung
anzustreben“. [21] Diese Übertragung richterlicher Autorität durch die
Kammer an die US-Regierung wäre komisch, wäre sie nicht der schlagende
Beweis für die Unfähigkeit dieser Institution, richterlich zu agieren.
Warum
kann sich Präsident Milosevic nicht an die Richter wenden, um einen
erweiterten Umfang des Kreuzverhörs zu beantragen? Wann hat die
US-Regierung
die Richter auf ihrer Bank abgelöst? Zur Begründung einer solch
unglaublichen Maßnahme wird in der Entscheidung des ICTY keinerlei
rechtliche Erwägung oder Rechtsgrundlage angeführt. Darin liegt einfach
das
Eingeständnis, dass diese Institution nicht in der Lage ist, die Fakten
rechtlich zu würdigen oder das Recht mit der Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit anzuwenden, die aufgrund internationaler Gerichtshoheit
erforderlich ist oder auch aufgrund des eigenen Statuts, welches
bestimmt:
„Die erkennenden Kammern sollen sicherstellen, dass ein Verfahren fair
und
zügig ist, und dass die Verhandlungen gemäß der Verfahrens- und
Beweisaufnahmeordnung unter voller Achtung der Rechte des Angeklagten
und
angemessener Berücksichtigung des Schutzes von Opfern und Zeugen
durchgeführt werden.“ [22]
Die Regeln des ICTY bestimmen ferner, dass “alle Verfahren vor einer
erkennenden Kammer, anders als die Beratungen der Kammer, öffentlich
stattfinden, falls nicht anders bestimmt” [24], und dies auch dann, wenn
diese fremde Regierung ein unverzichtbarer Beitragszahler für das
Tribunal
ist. [25]
„Nationale Interessen“
Was sind eigentlich “nationale Interessen”? Man kann wohl mit
Verständnis
rechnen, wenn man zu dem Schluss kommt, dass sie alles und jedes
bedeuten
können. Das Recht schweigt zu der Definition dieses Begriffs. Dagegen
ist
das Konzept der „nationalen Sicherheit“ als ein rechtliches Konzept
untersucht und definiert worden. Insbesondere die Frage, ob und wann der
Öffentlichkeit der Zugang zu Informationen im Namen der nationalen
Sicherheit verwehrt werden kann, war Gegenstand einer bedeutenden
internationalen juristischen Konferenz in Johannesburg im Jahre 1995,
bei
der die „Johannesburger Prinzipien in Bezug auf nationale Sicherheit,
Freiheit der Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen“ angenommen
wurden. Einberufen wurde das Treffen durch ARTICLE 19, International
Centre
Against Censorship und Centre for Applied Legal Studies der Universität
von
Witwatersrand/Südafrika. [26]
Eine Einschränkung offener Rechtsprechung aufgrund „nationaler
Sicherheit“ -
und nicht „nationalen Interesses“, eines Konzepts, das anscheinend
weniger
dringliche Belange schützt - ist gemäß Prinzip 2 der Johannesburger
Prinzipien nicht „legitim, es sei denn ihr echter Zweck und
nachweisbarer
Effekt ist der Schutz der Existenz eines Landes oder seiner
territorialen
Integrität gegen Anwendung oder Androhung von Gewalt, oder seiner
Fähigkeit
auf die Androhung und Anwendung von Gewalt zu reagieren, sei es durch
eine
auswärtige Quelle wie eine militärische Bedrohung oder eine interne
Quelle
wie das Aufwiegeln zum Sturz der Regierung.“
Hat nun die US-Regierung argumentiert, dass die Existenz oder
territoriale
Integrität der Vereinigten Staaten von Amerika durch Wesley Clarks
öffentliche Zeugenaussage gefährdet würde? Ob sie dies tat oder nicht,
ist
nicht bekannt, weil die Eingabe der US-Regierung, mit der sie diese
Bedingungen gestellt hat - ohne welche sie Wesley Clark überhaupt nicht
erlauben würde auszusagen - vertraulich war. Die Anhörung war
vertraulich.
Und die vertrauliche Entscheidung, die diese Bedingungen verfügt, - und
die
mit einer Verzögerung von mehr als zwei Wochen bekannt gemacht wurde -
bietet keinerlei Hinweis darauf, welche „nationalen Interessen“ von den
Vereinigten Staaten geltend gemacht wurden, um derart umfassende
Geheimhaltungsmaßnahmen zu rechtfertigen.
Die Johannesburger Prinzipien legen fest, was keine legitime
Einschränkung
eines öffentlichen Verfahrens auf der Grundlage der nationalen
Sicherheit
darstellen würde:
„Insbesondere ist eine Einschränkung, die mit der Begründung der
nationalen
Sicherheit verlangt wird, nicht legitim, wenn ihr echter Zweck und
nachweisbarer Effekt ist, Interessen zu schützen, die keinen Bezug zur
nationalen Sicherheit haben, wie beispielsweise, um eine Regierung gegen
Unannehmlichkeiten oder gegen die Offenlegung von Fehlverhalten in
Schutz zu
nehmen oder Informationen über Vorgänge innerhalb ihrer öffentlichen
Einrichtungen zurückzuhalten oder eine bestimmte Ideologie zu festigen
oder
Arbeitskämpfe zu unterdrücken.“ [27]
Dass das ICTY Bedingungen der USA akzeptiert, die eines der
grundlegenden
Prinzipien des international Rechts - Öffentlichkeit von
Gerichtsverfahren -
so massiv verletzen, ohne dass jemals eine Begründung für eine derart
beispiellosen Einschränkung öffentlich diskutiert worden wäre, sollte
den
Mythos der Fairness dieser Verfahren gründlich zunichte machen.
Man bedenke ferner, dass Wesley Clark in hohem Maße eine Figur des
öffentlichen Lebens ist, dass er sich um das Präsidentenamt der
Vereinigten
Staaten bewirbt, und dass dementsprechend seine Zeugenaussage der
öffentlichen Überprüfung unterliegen sollte. Und man beachte, dass der
pensionierte General Clark gegen Slobodan Milosevic fast jeden Tag in
Interviews als Zeuge auftritt - und sich häufig darin ergeht, ihn durch
Nachahmung seines slawisch akzentuierten Englisch lächerlich zu machen.
[28]
Oder ist es vielleicht so, dass das ICTY das „nationale Interesse“ der
USA
vor Medien und Öffentlichkeit dadurch schützt, dass es verhindert, dass
man
Slobodan Milosevic hören kann, wie er Wesley Clark tüchtig ins
Kreuzverhör
nimmt?
Der US-Regierung ist es gelungen, Clarks Zeugenaussage im Namen der
“nationalen Interessen” gegen öffentliche Überprüfung abzuschirmen. Aber
warum sollte man bei General Clark Halt machen? Warum sollten es andere
NATO-Länder unterlassen, die Gelegenheit zu nutzen, als Ankläger im
Zeugenstand aufzutreten, ohne die Folgen eines transparenten Verfahrens
tragen zu müssen? Dieser Präzedenzfall wird zweifellos angeführt
werden, um
andere Vertreter der USA [29] vor dem Druck eines öffentlichen
Verfahrens zu
schützen, und er wird dazu dienen, den USA im Rahmen des internationalen
Rechts weiterhin Straflosigkeit zu garantieren. Schon jetzt ist die
Straflosigkeit der USA fest etabliert, betrachtet man die Weigerung der
US-Regierung, sich der Rechtsprechung des Internationalen
Strafgerichtshofs
zu unterwerfen, und dies aus Furcht vor „politischer Strafverfolgung“.
[30]
Angesichts der massiven Beteiligung der USA an beiden Tribunalen, für
Jugoslawien und für Ruanda, - aus der sie, so könnte man meinen, den
Beweis
für unbegründete, politisch motivierte Strafverfolgung herleiten [31]
treiben derartige Bedenken der USA die Unaufrichtigkeit zu Schwindel
erregenden Höhen.
Konflikt der Interessen?
Das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess ist das Recht auf
einen
fairen und öffentlichen Prozess vor einem unabhängigen und
unparteiischen
Tribunal. Jedes internationale Rechtsinstrument erkennt dieses
grundlegende
Prinzip an. [32].
Wesley Clark wird vermutlich über seine Rolle als
NATO-Oberkommandierender
aussagen. Die USA sind ein NATO-Land, man könnte behaupten, das
NATO-Land.
Wie Wesley Clark formuliert: „Wir sind die Führer der NATO, wir haben
die
NATO aufgebaut, es ist unsere Organisation“. [33] Das ICTY befindet
sich in
einer schwierigen Lage, wenn es als unabhängiges Gremium der
Rechtsprechung
agieren will, denn die NATO hat erklärt, dass „sie eins ist“ mit dem
Tribunal. NATO-Sprecher Jamie Shea stellte am 16. Mai 1999 vor der
Presse
fest, dass, wenn „Richterin Arbour ihre Ermittlungen aufnimmt, sie dies
tut,
weil wir es ihr ermöglichen. (…) Die NATO-Länder sind diejenigen, die
die
Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt haben, um das Tribunal zu
errichten,
wir gehören zu den Hauptbeitragszahlern (…) so lassen Sie mich
versichern,
dass wir und das Tribunal in dieser Angelegenheit ganz eins sind, wir
wollen
Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt sehen, und ich bin sicher, dass
Richterin Arbour, wenn sie in den Kosovo geht und die Fakten anschaut,
Leute
mit jugoslawischer Staatsangehörigkeit anklagen wird (…)[34]
Man kann sich schwerlich ein vernichtenderes Eingeständnis vorstellen.
Mit
der Feststellung, dass ihre Mitgliedsländer die wichtigsten Finanziers
des
Tribunals sind, behauptet die NATO im Wesentlichen, dass sie die
Gehälter
der Richter und Staatsanwälte des ICTY bezahlt. Und diese Feststellung
ist
irgendwie unvereinbar mit dem Erfordernis der institutionellen
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Strafverfahrens. Und wenn dem
ehemaligen NATO-Oberkommandierenden - Vorstandsmitglied der
International
Crisis Group von George Soros, gemeinsam mit der obersten kanadischen
Richterin Louise Arbour [35] - Gelegenheit zu einer Zeugenaussage in
Abwesenheit der Presse gegeben wird, weil dies eine von den Vereinigten
Staaten durchgesetzte Bedingung ist, löst sich jeglicher Anschein von
Rechtsprechung jenseits der kosmetischen Attribute der Richterroben und
der
rituellen Aufforderungen, sich „zu erheben“ oder „Platz zu nehmen“ (wer
wird
da überhaupt sein, um aufzustehen und sich zu setzen?) in einer Wolke
von
Rauch auf.
Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff
*Tiphaine Dickson ist Strafverteidigerin in Montreal. Sie war
Hauptverteidigerin in einem der ersten ad hoc Völkermord-Verfahren vor
dem
Internationalen Straftribunal für Ruanda in Arusha/Tansania
Anmerkungen:
[1] Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische
Rechte bestimmt:
„Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene
strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und
Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und
auf
Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt
wird.“
Paragraph 106 des Berichts des Generalsekretärs gemäß Paragraph 2 der
Sicherheitsratsresolution 808 (1993), (S/25704), anerkennt die Anwendung
internationaler rechtlicher Verfahrenssicherungen auf das ICTY:
“Fundamental wichtig ist, dass das Internationale Tribunal die
international
anerkannten Standards im Bezug auf die Rechte des Angeklagten in allen
Phasen seiner Verfahren voll respektiert. Solche international
anerkannten
Standards ergeben sich nach Auffassung des Generalsekretärs
insbesondere aus
Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische
Rechte.
“
[2] UN-Sicherheitsratsresolution 827 (1993).
[3] "In der Diskussion über die Resolution des Sicherheitsrats über die
Schaffung des ICTY bekräftigte Außenministerin Albright, dass «dies kein
Siegertribunal ist. Der einzige Sieger, der bei diesem Unternehmen die
Oberhand behält, ist die Wahrheit.», Ausführungen des ICTY-Präsidenten
Theodor Meron am 7. Oktober, 2003, vor der Kommission für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (KSZE), Washington,
http://www.csce.gov/witness.cfm?briefing_id=269&testimony_id=437
[4] "Die Rolle des Tribunals kann nicht genug betont werden. Weit davon
entfernt, ein Vehikel der Rache zu sein, ist es ein Werkzeug zur
Förderung
von Versöhnung und Wiederherstellung eines echten Friedens.“ Erster
Jahresbericht des ICTY, (A/49/342 - S/1994/1007), vorgelegt von der
ehemaligen ICTY-Präsidentin, Richterin Gabrielle Kirk McDonald.
[5] "der Sicherheitsrat hat in Resolution 808 (1993) festgestellt, dass
er
davon überzeugt ist, dass die Einrichtung eines internationalen
Tribunals
unter den besonderen Umständen des ehemaligen Jugoslawien das Erreichen
des
Ziels einer Beendigung solcher Verbrechen und des Ergreifens
wirkungsvoller
Maßnahmen, um die dafür verantwortlichen Personen zur Rechenschaft zu
ziehen, zu Stande bringen würde und zur Wiederherstellung und
Aufrechterhaltung des Friedens beitragen würde.“ Prargraph 26 des
Berichts
des Generalsekretärs gemäß Paragraph 2 der Sicherheitsratsresolution 808
(1993), vorgelegt am 3. Mai 1993 (S/25704). Die
Sicherheitsratsresolution
827 übernahm die Argumentation als Begründung für die Einrichtung des
ICTY.
[6] Richterin Gabrielle Kirk McDonald, die erste Präsidentin des ICTY,
machte dies Äußerung bei einer Preisverleihungsfeier im Supreme Court
der
USA am 5. April 1999. „Wir genossen die starke Unterstützung von
interessierten Regierungen und engagierten Persönlichkeiten wie
Außenministerin Albright. Als Ständige Vertreterin bei den Vereinten
Nationen wirkte sie mit nicht nachlassender Entschlossenheit für die
Errichtung des Tribunals. Tatsächlich bezogen wir uns oft auf sie als
die
‚Mutter des Tribunals’“, zitiert nach Prosecute NATO, George Szamuely,
New
York Press,
Judge Gabrielle Kirk McDonald, first President of the ICTY, made this
statement at an awards ceremony held at the U.S. Supreme Court on April
5th, 1999: "[W]e benefited from the strong support of concerned
governments
and dedicated individuals such as Secretary Albright. As the permanent
representative to the United Nations, she had worked with unceasing
resolve
to establish the Tribunal. Indeed, we often refer to her as the ‘Mother
of
the Tribunal.’" Quoted in Prosecute NATO, George Szamuely, New York
Press,
http://www.balkanpeace.org/library/fa_2000/jan/fa250100.html.
[7] Siehe Online Newshour vom 10. Juni, 1999:
JIM LEHRER: Stört es Sie, wenn man das Madeleins Krieg nennt?
MADELEINE ALBRIGHT: Nun, ich hatte…es ist mir nie in den Sinn gekommen,
dass
jemand den Krieg nach mir benennen könnte, aber es stört mich überhaupt
nicht, dass man weiß, dass ich wie Präsident Clinton der Meinung war,
dass
dies eine Situation war, die nicht länger fort bestehen konnte.“
http://www.pbs.org/newshour/bb/europe/jan-june99/albright_6-10.html
[8] "Beschluss über den Antrag der Anklage für einen Zeugen gemäß Regel
70
(B)”, Anklage gegen Milosevic, IT-02-54-T, 30. Oktober, 2003,
Vertraulich,
veröffentlicht am 16. November 2003.
[9] Als militärischer Mitarbeiter von Richard Holbrooke während des
Abschlusses des Dayton Friedensabkommens 1995, als Direktor für
Strategische
Planungen und Politik innerhalb des Vereinigten Generalstabs von 1994
bis
1997 und als NATO-Oberkommandierender von 1997 bis 2000.
[10] Brendan O'Neill, "How We Trained Al-Qa'eda", The Spectator,
November
22nd, 2003,
http://www.spectator.co.uk/article.php3?2003-09-13&id=3499#articletop.
[11] Id., Craig Pyesjosh Meyer and William C. Rempe, "Terrorists Use
Bosnia
as Base and Sanctuary", Los Angeles Times, October 7, 2001; Michel
Chossudovsky, "Regime Rotation in America: Wesley Clark, Osama bin
Laden and
the 2004 Presidential Elections", Center for Research on Globalization,
October 22nd, 2003, http://globalresearch.ca/articles/CHO310B.html.
[12] Cliff Kincaid, "Wesley Clark's Ties To Muslim Terrorists",
Accuracy in
Media, September 17, 2003; Brendan O'Neill, "How We Trained Al-Qa'eda",
The
Spectator, November 22nd, 2003,
http://www.spectator.co.uk/article.php3?2003-09-13&id=3499#articletop;
Craig
Pyesjosh Meyer and William C. Rempe, "Terrorists Use Bosnia as Base and
Sanctuary", Los Angeles Times, October 7, 2001; Michel Chossudovsky,
"Regime
Rotation in America: Wesley Clark, Osama bin Laden and the 2004
Presidential
Elections", Center for Research on Globalization, October 22nd, 2003,
http://globalresearch.ca/articles/CHO310B.html; Nikolaos Stavrou,
"Balkan
Branches of the Terror Network?", Washington Times, October 21, 2001;
George
Szamuely, "Home-Grown Terrorism", New York Press, December 28, 1999.
[13] Amnesty International, Fair Trials Manual,
http://www.amnesty.org/ailib/intcam/fairtrial/indxftm_b.htm#14
[14] Obgleich das Statut des ICTY bestimmt, dass das Tribunal aus dem
regulären Haushalt der UN zu finanzieren ist, was eine Sicherung gegen
die
Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit darstellt, hat das Tribunal
Spenden von Regierungen, darunter der USA, so wie von privaten
Stiftungen
wie die Rockefeller Stiftung erhalten. Siehe Paragraph 16 des Ersten
Jahresberichts des Präsidenten des ICTY,
http://www.un.org/icty/rappannu-e/1994/index.htm. Das ICTY hat auch von
George Soros sowie von Konzernen Spenden erhalten. Von Interesse ist die
„private“ Finanzierung von Exhumierungen für das Büro der
Anklagevertretung:
„Die Mittelbereitstellung für Exhumierungen von Massengräbern im
ehemaligen
Jugoslawien ist nicht Bestandteil des regulären Budgets des Tribunals
sondern kommt in erster Linie von PHR (Ärzte für Menschenrechte). Diese
Organisation fungiert als Durchlaufstelle von Mitteln von IGOs und NGOs
für
die Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda. Bis heute haben
eine
Reihe von Stiftungen, darunter aus den USA die John Merck, Rockefeller
und
Soros Stiftungen und die niederländische Organisation Novib Zuwendungen
in
Bar, Ausrüstungen und Personal geleistet.“ Siehe
http://www.un.org/icty/BL/08art1e.htm
[15] "Meet the Press", November 16th, 2003,
http://www.msnbc.com/news/994273.asp; Peter J. Boyer, "General Clark's
Battles", The New Yorker, November 17th, 2003.
[16] Reporters sans frontières, November 2000 Report, "Serbian
Broadcasting:
Chronicle of Martyrdom Foretold",
http://www.rsf.org/rsf/uk/html/europe/rapport/serbie_rts.html. Sowohl
Amnesty International als auch Human Rights Watch kamen zu dem Schluss,
dass
die Bombardierung von RTS - die 16 Menschen tötete - in Verletzung des
internationalen Rechts erfolgte, ebenda.
[17] Robert Fisk, "Taken In By the NATO Line," The Independent, July 2,
1999.
[18] "NATO verwendete schneller laufenden Film, um zivile Tote im
Kosovo zu
entschuldigen: Zeitungsbericht“, AFP v. 6. Januar 2001: „ (…) US General
Wesley Clark zeigte kurz danach zwei Videobänder von dem Zug, der
schnell
auf der Brücke zu fahren schien, und sagte, es sei dann unmöglich
gewesen,
die Flugbahn der Raketen zu ändern. Die Zeitung aus Frankfurt
berichtete,
beide Videobänder seien mit dreimal größerer Geschwindigkeit als normal
vorgeführt worden. Ein Sprecher des NATO-Militärkommandos in Mons,
Belgien,
räumte in einem Telefoninterview mit AFP ein, dass diese Bilder durch
ein
„technisches Problem“ verändert worden seien. Das Filmmaterial, das von
einer Kamera in dem Gefechtskopf einer der Raketen, welche die Brücke
und
den Zug zerstörten, aufgenommen worden war, wurde bei der Herstellung
der
Vorführkopie verändert, erklärte der Sprecher. Er teilte mit, die NATO
sei
sich des Problems seit letzten Oktober bewusst gewesen aber habe es
nicht
als ‚nützlich’ angesehen, dies offen zu legen.“
[19] "Gegen fünf Uhr morgens bekam ich einen weiteren Anruf, der
besagte:
‘Hoppla. Es scheint, dass die Botschaft verlegt worden ist.’ “
Interview,
General Wesley Clark, Frontline, PBS,
http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/kosovo/interviews/
clark.html
[20] ICTY-Beschluss, siehe oben.
[21] ebenda.
[22] ICTY-Statut, Artikel 20, Paragraph 1.
[23] ebenda, Paragraph 4.
[24] Die Regeln 70 and 79 der Verfahrens- und Beweisaufnahmeordnung des
ICTY
enthalten eine erschöpfende Aufzählung der zulässigen Ausnahmen von dem
Erfordernis der Öffentlichkeit der Verhandlung.
[25] Der Präsident des ICTY, Richter Theordor Meron, äußerte sich am 7.
Oktober 2003 vor der Kommission für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa
(KSZE) in Washington wie folgt: „ Wie Sie wissen, übernahmen die
Vereinigten
Staaten bei der Schaffung des ICTY eine führende Rolle und bleiben
weiterhin
sein entschiedener Befürworter. Der US-Finanzbeitrag macht etwa ein
Viertel
des jährlichen Haushalts des Tribunals in Höhe von 120 Millionen
US-Dollar
aus.“
http://www.csce.gov/witness.cfm?briefing_id=269&testimony_id=437
[26] http://www.derechos.org/nizkor/excep/johannesburg.html
[27] Johannesburger Prinzipien, Prinzip 2 (B).
[28] N.R. Kleinfield, "General Clark on the Hustings: Complexity and
Contradiction", New York Times, November 23rd, 2003,
http://www.nytimes.com/2003/11/23/politics/campaigns/23CLAR.html; Seth
Rogovoy, "A General for President?", September 13th, 2003, The Atlantic
Monthly, Tom Junod, "The General", August 2003, Esquire.
[29] Christopher Marquis, "US Seeks Safeguards on Diplomats Testifying
at
Milosevic Trial", New York Times, June 13th, 2002 Global Policy Forum-
International
Justice,http://www.globalpolicy.org/intljustice/tribunals/2002/
0613mil.htm
[30] US Department of State, International Information Programs, "U.S.
Restates Objections to International Criminal Court U.S. statement to
General Assembly Sixth Committee", October 14th, 2002:
"In einer Rede vor dem 6. Ausschuss der Generalversammlung, die sich mit
Rechtsfragen befasst, erläuterte Nicholas Rostow die Haltung der USA zu
dem
Gericht. ‚Die Vereinigten Staaten sind besorgt über die Gefahr politisch
motivierter Strafverfolgungen,’ erklärte Rostow. „Beispiele für
Ermittlungen
oder Strafverfolgungen, die auf einer politischen Agenda beruhen, nicht
auf
Beweismaterial und neutraler staatsanwaltlicher Beweiswürdigung gibt es
in
großer Zahl. Die Struktur des ICC (des Internationalen
Strafgerichtshofs)
macht solche inakzeptablen Verfahren möglich.“
http://usinfo.state.gov/topical/pol/usandun/02101615.htm
[31] ebenda.
[32] Universal Declaration of Human Rights, Article 10; International
Covenant on Civil and Political Rights, Article 14; European Convention
on
Human Rights, Article 6; African Charter of Rights, Articles 7 (d) and
26;
American Convention, Article 8(1); Basic Principles on the Independence
of
the Judiciary. According to the UN Human Rights Committee, the right to
be
tried before an independent tribunal "is an absolute right that may
suffer
no exception": González del Río v. Peru, (263/1987), 28 October 1992,
Report
of the HRC, vol. II, (A/48/40), 1993, paragraph 20.
[33] June 20, 2001, Uncommon Knowledge, Transcript 606: Waging Modern
War,
www.uncoommonknowledge.org/01-02/606.html
[34] Press Conference, 16 May 1999.
www.nato.int/kosovo/press/p990516b.htm
[35] http://www.intl-crisis-group.org/home/index.cfm?id=1139&l=1
---------------------
Tiphaine Dickson
© 2003
************************************************************************
***
[ 3 ]
Aus „konkret“ 12/03
ANWÄLTE DER ANKLAGE
ZEUGE NR. 262 IM PROZESS GEGEN SLOBODAN MILOŠEVI? WAR LORD DAVID OWEN.
SEIN
AUFTRITT BELASTET DAS GERICHT UND DIE BERICHTERSTATTER SCHWER.
Von Germinal Civikov
Anfang November 2003 trat im Prozeß gegen den jugoslawischen
Ex-Präsidenten
Slobodan Miloševi? der frühere britische Außenminister David Owen als
Zeuge
auf. Das Berner Tageblatt "Der Bund" referierte über Owens Aussage:
"Er (Miloševi?) war kein fundamentalistischer Rassist, er wollte aber
die
Mehrheit für die Serben in Bosnien-Herzegowina", schilderte er den
Ex-Präsidenten. Er habe nicht alle Muslime aus den serbischen Gebieten
vertreiben wollen. Dagegen habe er Milosevics Frau als ethnische
Puristin
kennen gelernt, sagte Owen.
Tags darauf berichtet die "Neue Zürcher Zeitung" unter dem Titel "David
Owen
als Zeuge im Miloševi?-Prozess - Schwere Vorwürfe an den Förderer der
bosnischen Serben":
Er glaube nicht, so Owen, daß es sich bei Miloševi? um einen
fundamentalistischen Rassisten handle. Dies übrigens im Unterschied zu
dessen Ehefrau, die er als Befürworterin ethnischer "Reinheit" kennen
gelernt habe.
Was David Owen tatsächlich gesagt hat, steht im Protokoll und geht so:
Owen: Zweifellos ist Milosevic kein fundamentaler Rassist. Ich denke,
er ist
ein Nationalist, aber auch das nur sehr am Rande. Ich denke, er ist
Pragmatiker. Tatsache ist, daß Muslime in Serben gelebt haben und
leben. Es
gibt Regionen in Serbien, in denen viele Muslime leben - wenn wir
einmal vom
Kosovo und vom Sandzak absehen. Auch in Belgrad selber gibt es eine
große
Zahl von Muslimen, die da immer gelebt haben. Ich glaube, Sie müssen zur
Kenntnis nehmen, daß es alte kommunistische Jugoslawen gibt, die dem
ethnischen Nationalismus sehr entschieden widersprechen und daß manche
Kommunisten den Nationalisten opponiert haben, ganz gewiß einigen ihrer
ethnisch-rassistischen Haltungen, und zu denen würde ich auch Präsident
Milosevics Frau zählen, und ich würde ihn dazu zählen ...
Ob die Korrespondenten nicht richtig hingehört haben? Oder wollten sie
aus
Owens etwas undeutlicher Artikulation das heraushören, was sie schon zu
wissen glaubten? Sie wußten, daß die Behauptung, Miloševi? sei ein
großserbischer Nationalist oder gar Rassist nach zwei Jahren Prozeß
nicht
mehr seriös vertretbar ist. Nun auch noch über die berüchtigte Mira
Markovi?
zu erfahren, daß sie ethnische Säuberungen verabscheut habe, war den
Korrespondenten wohl einfach eine Zumutung zuviel. Aber nicht die
einzige.
Als Owen vor Gericht sagte:
Einmal, denke ich, hielt Karadzic sich für den König der Serben, ein
andermal wurde Mladic ein sehr mächtiger Serbe, mit dem Präsident
Milosevic
sogar in Belgrad zu rechnen hatte ...
reichte es dem Korrespondenten der hochseriösen "NZZ" endgültig. In
seinem
Bericht ließ er Owen sagen:
Für den früheren Chef der bosnischen Serben, Karadzic, sei Milosevic ein
König gewesen". Gesagt hatte Owen das Gegenteil, nämlich daß Karadzic
sich
selber als König der Serben gesehen habe...
Der Auslöser des blutigen Zerfalls Jugoslawiens war, einer schon in den
frühen 90er Jahren gefestigten öffentlichen Meinung zufolge, der
großserbische Nationalismus, betrieben von Slobodan Miloševi?. Führende
westliche Politiker und Medien waren aus unterschiedlichen Interessen
und
Beweggründen an der Erzeugung dieses Bildes beteiligt. Es liegt auch der
Anklage gegen Slobodan Miloševi? zugrunde. Weil nun die Anklage
offensichtlich große Probleme mit ihren Zeugen hat und die
Beweisführung in
den Kreuzverhören des Angeklagten immer wieder in sich zusammenbricht,
haben
die journalistischen Erfinder des "ethnischen Säuberers" Milosevic
größte
Mühe, um die Fiaskos der Anklage mit ihren Zeugen herumzudichten. Wer
die
Unwahrheit beweisen will, braucht Zeugen, die lügen, und auch da macht
es
erst die Masse. 270 Zeugen hat die Anklage aufgeboten, einer nach dem
andern
flog als Lügner auf. Von ihren Auftritten, die oft auch sehr amüsant
verlaufen, berichten die Medien so gut wie nichts. Und wenn sie einmal
berichten, dann so objektiv wie einst über die Kriege in Ex-Jugoslawien.
Lord Owen war der 262. Zeuge in diesem Prozeß. Das Gericht, nicht die
Anklage, hatte ihn geladen. Aus seinem Buch Balkan Odyssey, in dem der
ehemalige britische Außenminister seine Erfahrungen als EU-Beobachter im
zerfallenden Jugoslawien und das Scheitern des Vance-Owen-Friedensplanes
festgehalten hatte, wußten die Ankläger, daß er ein gefährlicher Zeuge
werden konnte. So beschreibt Owen die Anerkennung von Slowenien,
Kroatien
und Bosnien durch die EU als schweren Fehler, er charakterisiert die
jugoslawischen Kriege als Bürgerkriege und nicht als serbische
Aggression,
die bosnischen Muslime sind in seinen Augen keineswegs nur Opfer und den
kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman hält er für weit schlimmer als
Miloševi?.
Dennoch machte der Hauptankläger Nice den Versuch, den Zeugen Owen alles
bestätigen zu lassen, was die Anklage Miloševi? vorwirft. Mit sehr
mäßigem
Erfolg. Owen glaubt zwar, daß Miloševi? trotz des Embargos die
bosnischen
Serben mit Brennstoff und anderen Gütern beliefert habe, hob aber
ausdrücklich hervor, daß er keine Beweise dafür habe und daher nur seine
Vermutung ausspreche. Als unerwünschtes Nebenergebnis bringt die
Befragung
Owens Behauptung, daß die bosnischen Serben aus der Republik Kroatien
reichlich Brennstoff bezogen hätten, und daß Milosevic als Präsident der
Teilrepublik Serbien zwar die Polizei kontrollierte, keineswegs aber
auch
die jugoslawischen Streitkräfte.
Besondere Mühe gab sich Nice, den prominenten Zeugen bestätigen zu
lassen,
daß Miloševi? in seinen Friedensbemühungen nicht aufrichtig gewesen
sei. Ob
es denn nicht sein eigentliches Ziel gewesen sei, durch eine
Friedensregelung die Eroberungen der bosnischen Serben <br/><br/>(Message over 64 KB, truncated)
Data: Mer 28 Gen 2004 18:51:56 Europe/Rome
A: "Klaus von Raussendorff"
Oggetto: Milosevic-"Prozess": Rechtsbruch und Fehlinformation als
System
Liebe Leute,
zum Stand des Kampfes von Slobodan Milosevic gegen das Haager Tribunal
der
NATO dokumentiere ich:
MAULKORBERLASS DES HAAGER TRIBUNALS
GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC:
UNRECHTMÄSSIG, UNLOGISCH UND REIN POLITISCH
Von Tiphaine Dickson (14. Dezember2003)
[ 1 ]
A b d r u c k u n d V e r b r e i t u n g e r w ü n s c h t
VERNEHMUNG OHNE ÖFFENTLICHKEIT:
WESLEY CLARKS ZEUGENAUSSAGE IM MILOSEVIC-PROZESS
Von Tiphaine Dickson (15. Dezember 2003)
[ 2 ]
A b d r u c k u n d V e r b r e i t u n g e r w ü n s c h t
ANWÄLTE DER ANKLAGE -
ZEUGE NR. 262 IM PROZESS GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC WAR LORD DAVID OWEN.
SEIN
AUFTRITT BELASTET DAS GERICHT UND DIE BERICHTERSTATTER SCHWER.
Von Germinal Civikov
Aus „konkret“ 12/03
[ 3 ]
ZEUGEN DER ANKLAGE -
AUCH WENN DIE MEDIEN HIERZULANDE ANDERES BEHAUPTEN: DER PROZESS SLOBODAN
MILOSEVIC IN DEN HAAG NIMMT EINEN FÜR DIE ANKLAGE UNGÜNSTIGEN VERLAUF.
Von Germinal Civikov
Aus: konkret 01/04
[ 4 ]
VERTAUSCHTE ROLLEN IN DEN HAAG
Von Ralph Hartmann
Aus: „Ossietzky“ 1/2004
[ 5 ]
Z u d e n T e x t e n
Die kanadische Rechtsanwältin Tiphaine Dickson zeigt, wie das Tribunal
angesichts seines Fiaskos vor immer massiveren Rechtsbrüchen nicht
zurückschreckt und damit immer deutlicher offenbart, dass es unfähig
ist,
als rechtsprechende Institution zu fungieren. Und dies als ein illegales
Unterorgan des UN-Sicherheitsrates mit umso verheerenderer Wirkung für
die
internationale Rechtsordnung und das Rechtsbewusstsein in vielen
Ländern!
Über das Schweigen der meisten Juristen und ihrer Fachorganisationen
kann
man sich nur wundern. Die Aufsätze von Tiphaine Dickson wären wegen
ihrer
strikt juristischen Argumentation zum Abdruck in juristischen
Fachzeitschriften sehr geeignet.
Der Journalist Germinal Civikov berichtet, was beim Milosevic-Prozess
tatsächlich vor sich geht. Gleichzeitig zeigt er, wie die meisten
Medien mit
glatten Falschmeldungen vom Prozess das von ihnen geschaffene
Milosevic-Zerrbild zu verteidigen versuchen. Civikov ist der Autor einer
niederländischen Fernsehdokumentation über den „Fall Milosevic“, die vom
deutschen Fernsehen bisher nicht ausgestrahlt wurde. Die Dokumentation
zeigt
nämlich, dass an dem Medienbild über die Ereignisse auf dem Balkan in
den
90er Jahren so gut wie nichts gestimmt hat, dass dieses Zerrbild nahezu
generalstabsmäßig durch PR-Agenturen, Geheimdienste und ihre willigen
Helfer
in den Medien erzeugt wurde und dass dieses propagandistische Konstrukt
die
Folie für die Anklage gegen Milosevic bildet und durch den „Prozess“
bestätigt werden soll. Auch hier kann man sich nur wundern, wie es
möglich
ist, dass dieser wichtige Dokumentar-Film der deutschen Öffentlichkeit
schon
so lange vorenthalten werden kann.
Ralph Hartmann berichtet, wie die nicht öffentliche Vernehmung von
General
Wesley Clark tatsächlich verlaufen ist, und was die Medien daraus
gemacht
haben.
Miloševi? hat mit seiner prinzipiellen Weigerung, das "Tribunal"
anzuerkennen, dem Kampf für die Verteidigung der Souveränität der Völker
einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Sein Kampf gegen das "Tribunal"
ist zu
einem Teil der weltweiten Bewegung gegen Militarismus und
kapitalistische
Globalisierung geworden. Er ist in Den Haag zum Ankläger seiner
Verfolger
geworden. Gegen den Versuch der USA/NATO-Aggressoren, mit Hilfe ihres
Haager
"Tribunals" die Geschichte der Zerschlagung Jugoslawiens in ihrem Sinne
zu
schreiben, verteidigt der ehemalige Präsident Jugoslawiens die
historische
Wahrheit. Er verteidigt den patriotischen Widerstand gegen die
Aggressoren
und gegen ihre separatistischen Helfer und Terrorbanden. Er verteidigt
die
Würde und Freiheit der Serben und aller Völker des Balkans gegen die
Machenschaften der neuen Kolonialherren. Ein weiteres Mal muss man sich
wundern, dass Teile der Friedensbewegung immer noch nicht erkennen
wollen,
dass auch gegen die Folgen der bisherigen Angriffskriege, gegen
Besatzung,
Raub, Rechtsbruch und Rekolonisierung in Jugoslawien, Afghanistan und
Irak,
Widerstand mobilisiert werden muss - in Solidarität mit dem Widerstand
in
den betroffenen Ländern.
Die Nichtanerkennung des „Tribunals“ hat zur Folge, dass Miloševi? als
einziger Angeklagter keinerlei finanzielle Unterstützung für seine
Verteidigung erhält, weder für Rechtsberater, Personal für Akten- und
Archivrecherche, Kosten für Zeugensuche und -Befragungen, noch für
technische Aufwendungen wie Telefon-, Kopierkosten etc. Da die Anklage
nicht
bewiesen ist, bräuchte es, wenn alles mit rechten Dingen zuginge, keine
Verteidigung. Der Zirkus Del Ponte müsste eingestellt werden. Doch wenn
im
Februar die „Halbzeit der Anklage“ zu Ende geht, soll Slobodan Miloševi?
statt der beantragten zwei Jahre ganze drei Monate Zeit haben, seine
„Verteidigung“ vorzubereiten – nachdem die „Anklage“ eine jahrelange
Vorbereitungszeit und einen Riesenapparat auf ihrer Seite hatte, soll
Miloševi? schon nach 6 Wochen die komplette Zeugenliste abliefern,
inklusive
Hauptschwerpunkten der Aussagen!
Gegen die geballte Macht des NATO- und Medien-Apparates steht allein die
Stimme von Slobodan Miloševi? – und unsere Unterstützung seines
Rechtsberaterteams. Und hier fehlt es an allem: Geld für Wohnung und
Aktenaufbewahrung, für Verpflegung, Fahrtkosten, Kopien, Recherchen
etc. Mit
jeder Spende für den Rechtshilfefonds, auch kleinen monatlichen
Beiträgen,
beteiligen wir uns am Kampf zur Verteidigung des Völkerrechts!
Spendenkonto:
VIS (Vereinigung für Internationale Solidarität e.V., gemeinnützig)
KONTO-NUMMER 7589 88-464 BEI POSTBANK DORTMUND (BLZ 440 100 46)
Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff
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[ 1 ]
MAULKORBERLASS DES HAAGER TRIBUNALS
GEGEN SLOBODAN MILOSEVIC:
UNRECHTMÄSSIG, UNLOGISCH UND REIN POLITISCH
Von Tiphaine Dickson (14. Dezember2003)
Am 12. Dezember untersagte das Internationale Straftribunal für das
ehemalige Jugoslawien (ICTY) Slobodan Milosevic alle Besuche und
Telefongespräche, ausgenommen Familienangehörige, diplomatische
Vertreter
und Anwälte, aufgrund der Behauptung, er habe im Zusammenhang mit den
bevorstehenden Wahlen in Serbien Verbindung mit Medien gehabt.
Das Besuchs- und Telefonverbot ist eine Strafmaßnahme, um Herrn
Milosevic an
der Ausübung seines Rechts auf frei Meinungsäußerung und seines aktiven
Wahlrechts nach serbischem Recht zu hindern. Das ICTY missachtet und
entwürdigt den Eckstein des Strafrechts: die Unschuldsvermutung. Und es
tritt dadurch in Erscheinung, dass es sich in die politischen
Angelegenheiten Serbiens einmischt, indem es den Präsidenten einer legal
verfassten und legitimen politischen Partei - der Sozialistischen Partei
Serbiens (SPS) - mundtot macht und damit den Wahlkampf der SPS lahm
legt.
Diese beispiellose Entscheidung ergeht, nachdem die Regierung der USA
durchgesetzt hat, die Zeugenaussage von Wesley Clark an Bedingungen zu
knüpfen. Clarks Vernehmung erfolgt hinter geschlossenen Türen und wird
Gegenstand einer Überprüfung und anschließenden Zensur durch die USA
sein.
Wohlgemerkt, General Clark ist Kandidat im Präsidentschaftswahlkampf der
USA - wie eben auch Slobodan Milosevic Kandidat im serbischen
Parlamentswahlkampf ist.
Die Pressemitteilung des ICTY, in der die “weiter übertragene”
(„retransmitted“)- und von den USA genehmigte - Zeugenaussage
angekündigt
wird, beliefert die Presse mit der Telefonnummer der Public
Relations-Firma
des US-Präsidentschaftskandidaten. Eindeutig obliegen dem ICTY - einer
Schöpfung des UN-Sicherheitsrates - Haupttätigkeiten, die ersichtlich in
keiner Beziehung zu solchen stehen, die Gerichten im allgemeinen
zugeschrieben werden: Das heißt, der Ausübung von Rechtsprechung,
unabhängig
und unparteiisch, in fairen und öffentlichen Verfahren.
Die Entscheidung, Kommunikation und Besuche zu verbieten, stellt eine
außerordentliche Verletzung internationalen Rechts und grundlegender
Prinzipien der Legalität dar. Das ICTY hat seine drakonische Maßnahme
gerechtfertig, indem es die Besorgnis äußerte, dass die Presse
irgendwie in
das Mandat der Institution eingreifen könnte, wie es in der
Entscheidung des
Stellvertretenden Verwaltungschefs des Tribunals („Registrar“) heißt:
„Die besonderen Umstände des Gefangenen erfordern (sic) die Verhängung
von
Maßnahmen, die geboten sind zur Vermeidung von potentiell schädlicher
Medienberichterstattung aufgrund von uneingeschränkter Erlaubnis zu
Kommunikation und Besuchen bis auf weiteres.“
Welche “potentiell schädliche Medienberichterstattung“? Von wem oder was
genau? Welche “besonderen Umstände“? Gilt Herr Milosevic als schuldig?
Es
scheint so, da der Maulkorb-Erlass ausführt,
“der Angeklagte hat, wie oben vermerkt, schon früher entweder direkt
Medien-Verbindungen aufgenommen oder hat sein Privileg ausgenutzt, mit
anderen zu kommunizieren, die wiederum unter Verstoß gegen die
Haftregeln
Botschaften durch die Medien verbreitet haben, die zu einer breiten
Medienaufmerksamkeit und -berichterstattung über die Tatsache führten,
dass
ein wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit und
Kriegsverbrechen
Beschuldigter wie der Angeklagte ohne weiteres serbischen
Parlamentswahlkampf betreibt („is facilitating, with ease, the ongoing
Serbian parliamentary elections campaign”)
Diese unbelegte Behauptung ist dazu angetan nahe zu legen, dass Slobodan
Milosevic der Verbrechen schuldig ist, die er „angeblich“ begangen haben
soll, und daher nicht das Recht haben sollte, den serbischen Wahlkampf
- der
Sinn der Formulierung ist nicht leicht verständlich - zu „ermöglichen“
(„facilitate“). Das ICTY mag ja die Tatsache missbilligen, dass Slobodan
Milosevic an dem demokratischen Prozess seines Landes beteiligt ist, was
sein gutes Recht ist als serbischer Staatsbürger, Präsident der
Sozialistischen Partei Serbiens und ehemaliger Präsident seines Landes -
dreimal von seinem Volk gewählt. Doch eine Institution, die behauptet,
eine
gerichtliche Funktion zu erfüllen, und dies nach internationalem Recht,
muss
nach Recht und Gesetz handeln. Der gegen Präsident Milosevic verhängte
Maulkorb-Erlass steht im Widerspruch zu Rechtsprinzipien und
internationalen
Menschenrechtsinstrumenten. Die Art, wie er politisch begründet wird,
gibt
zu der Sorge Anlass, dass das ICTY nicht die für einen Gerichtshof
erforderliche Unabhängigkeit besitzt.
Waffengleichheit
Die Entscheidung des Verwaltungschefs des Gerichts („Registrar“)
verletzt
den Grundsatz der Waffengleicheit. „Waffengleichheit“ ist ein
internationales juristisches Konzept, das dem „rechtsstaatlichen
Verfahren“
entspricht und als Garantie für einen fairen Prozess von grundlegender
Bedeutung ist.
Beim ICTY ist es so, dass die Verwaltung des Tribunals („Registry“) den
uneingeschränkten Zugang zu den Medien für die Anklagevertretung
ermöglicht,
finanziert, in anderer Form unterstützt und fördert, während sie
irgendwelche derartigen Kontakte seitens eines Angeklagten unterbindet.
Die
Registry veranstaltet, finanziert und unterstützt anderweitig gemeinsame
Pressebriefings des ICTY-Sprechers für die Veraltung und die Kammern des
Tribunals zusammen mit der Sprecherin der Anklagevertretung.
Zusammenfassungen dieser Pressekonferenzen werden auf der ICTY-Webseite
unter http://www.un.org/icty/latest/index.htm veröffentlicht.
Artikel 21 des Statuts des ICTY bestimmt die Mindestrechte eines
Angeklagten. Diese Rechte umfassen den Grundsatz der Waffengleichheit.
Der Grundsatz der Waffengleichheit ist im Zusammenhang mit einem
Verfahren
dahin gehend zu interpretieren, dass jede Seite angemessen Gelegenheit
erhalten muss, ihre Sicht des Falles darzustellen, und zwar unter
Bedingungen, die sie nicht einem wesentlichen Nachteil gegenüber der
Gegenseite aussetzt.
Das vom Chef der Tribunalverwaltung ausgesprochene Verbot setzt
Präsident
Milosevic “einem wesentlichen Nachteil gegenüber der Gegenseite“ aus, da
ganz einfach die „Gegenseite“ einen ständigen Kontakt zu den Medien
unterhält, den sie nutzt, um ihre Sicht des Falles darzustellen, und
sie tut
dies mit der Hilfe und Unterstützung der Gerichtsverwaltung.
Die Waffengleichheit ist ferner verletzt, wenn die Verwaltung des
Tribunals
gleichzeitig Besuche bei einem Angeklagten verbietet, und zwar auf der
Grundlage eines Verbots von Kontakten mit den Medien und dabei
gleichzeitig
gemeinsame Pressebriefings der Sprecher des Tribunals und der Anklage
ermöglicht. Das Ungleichgewicht hat verblüffende Dimensionen.
Dass der Chef der Tribunalverwaltung versuchen würde, den Wahlkampf der
Sozialistischen Partei Serbiens zu behindern und Slobodan Milosevic
durch
Entzug von Besuchen und Telefongesprächen zu bestrafen, und dies
unmittelbar
vor der Zeugenaussage eines Kandidaten im US-Präsidentschaftswahlkampf
- auf
dessen Büro für Öffentlichkeitsarbeit die Presse von demselben
Verwaltungschef des Tribunals hingewiesen worden ist - ist der Praxis
ordentlicher Rechtsprechung so unerhört fremd, dass dies die ganze
Unfähigkeit des ICTY offenbart, eine rechtsprechende Funktion gemäß
internationalen rechtlichen Standards zu erfüllen.
Die Entscheidung des Verwaltungschefs des Tribunals verletzt die
Freiheit
der Meinungsäußerung und greift in den demokratischen Prozess Serbiens
ein
Sicherheitserwägungen können unter Umständen durchaus die
Nichtweitergabe
von bestimmten Informationen an die Medien durch Besucher rechtfertigen
wie
beispielsweise Grundrisszeichnungen der Haftanstalt.
Sicherheitserwägungen
durchziehen als Grundmuster die Gesetzgebung über Besuche in
Haftanstalten
sowohl im internationalen wie nationalen Recht.
Im Gegensatz dazu stellt die Entscheidung des Verwaltungschefs des
Tribunals
ein Pauschalverbot von Kontakten mit den Medien dar. Keinerlei
Sicherheitserwägungen sind zur Begründung des Verbots angeführt worden,
das
auf einen Maulkorberlass hinausläuft.
Das ICTY ist gehalten, die Bestimmungen der Internationalen Konvention
über
zivile und politische Rechte anzuwenden und zu berücksichtigen.
Der Angeklagte hat gemäß Artikel 21 des Statuts des ICTY so lange als
unschuldig zu gelten, bis seine Schuld über jeden vernünftigen Zweifel
hinaus nachgewiesen ist. Der Angeklagte behält sein Recht auf freie
Meinungsäußerung.
Auch Besucher des Angeklagten genießen das Recht auf freie
Meinungsäußerung,
ein Grundrecht gemäß Artikel 19 der Universellen Erklärung der
Menschenrechte
„Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht
umfasst
die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und
Ideen
mit allen Verständigungsmitteln und ohne Rücksicht auf Grenzen zu
suchen, zu
empfangen und zu verbreiten.“
Die Berufungskammer des ICTY hat das Recht der Öffentlichkeit auf
Informationen aus der Presse als einen Bestandteil der Meinungsfreiheit
anerkannt. Mit einstweiliger Verfügung in dem Fall Ankläger gegen
Brdjanin
hob die Berufungskammer die Entscheidung der Verfahrenskammer auf, den
Journalisten Jonathan Randall unter Strafandrohung förmlich vorzuladen.
Die
Berufungskammer befand:
„Wie festgestellt, schließt das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht
nur
das Recht von Journalisten und Medienorganisationen ein, Informationen
frei
zu verbreiten. Es umfasst auch ein Recht von Mitgliedern der
Öffentlichkeit
Informationen zu erhalten. Wie der Europäische
Menschenrechtsgerichtshof in
seiner Entscheidung im Falle Fresso und Roire gegen Frankreich ausführt:
„Nicht allein hat die Presse die Aufgabe Informationen und Ideen über
Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu verbreiten: Die
Öffentlichkeit
hat auch ein Recht, sie zu empfangen.“
Aus dem Fall Brdjanin ergibt sich die vitale Rolle von
Kriegskorrespondenten
für die Arbeit des Tribunals. Es wird geschlussfolgert:
Die Berufungskammer wird die Arbeit von Berufen, die ein öffentliches
Interesse erfüllen, nicht unnötig behindern.
Das britische House of Lords hat im Falle Regina v. Secretary of State
for
the Home Department Ex Parte Simms (A.P.) Secretary of State for the
Home
Department Ex Parte O'Brien entschieden, das vom britischen
Innenministerium
erlassene Verbot von Interviews eines verurteilten Gefangenen in
Strafhaft
mit den Medien aufzuheben.
Der Fall O’Brien begründet die Auffassung, dass verurteilte Gefangene
das
Recht haben, Interviews mit den Medien zu führen und die Unfairness
ihres
Verfahrens zur Diskussion zu stellen. Lord Steyn führt dazu aus:
Die Gefangenen befinden sich im Gefängnis, weil sie als ordnungsgemäß
verurteilt gelten. Sie möchten die Begründetheit ihrer Verurteilungen in
Frage stellen. Im Prinzip lässt sich schwerlich eine wichtigere Funktion
vorstellen, welche die freie Meinungsäußerung erfüllen könnte.
Im Fall O'Brien wurde die Realität von Fehlurteilen anerkannt, und auch
die
entscheidende Rolle der Medien bei deren Aufdeckung.
Präsident Slobodan Milosevic besteht auf seiner Unschuld und weigert
sich
beharrlich, das ICTY als Gericht anzuerkennen. Er ist unschuldig, bis
zum
Beweis des Gegenteils, und hat jedes Recht, die Legitimität dieser
Institution zu bestreiten. Durch das Verbot von Kontakten mit den
Medien hat
der Verwaltungschef des Tribunals das Recht von Herrn Milosevic, seiner
Besucher und der Öffentlichkeit im allgemeinen verletzt. Auch gegen die
serbische Demokratie zielt diese Maßnahmen. Die Sozialistische Partei
Serbiens hat Slobodan rechtmäßig zu ihrem Parteipräsidenten gewählt und
kann
ihn in voller Übereinstimmung mit dem serbischen Recht als ihren
Kandidaten
aufstellen. Das ICTY hat auf unerklärliche Weise entschieden, die
Sozialistische Partei zu beeinträchtigen, und hat damit demonstriert,
dass
es politische - nicht juristische - Belange vertritt. Diese Maßnahme
erfolgte im Namen des Mandats des Tribunals „im ehemaligen Jugoslawien
den
Frieden wieder herzustellen“. Die Maßnahme ist unerhört, und die
Konsequenzen für Serbien - und für die Zukunft des internationalen
Rechts -
sind katastrophal.
Das ICTY mag über die Kritik von Präsident nicht erfreut sein.
Nichtsdestoweniger überwiegt der Nutzen, den die Öffentlichkeit davon
hätte,
wenn ihm erlaubt würde, mit den Medien zu kommunizieren, was immer auch
dadurch an Unannehmlichkeiten über das ICTY kommen mag. Wie Lord Steyn
dazu
ausgeführte:
Die Freiheit der Meinungsäußerung ist in sich von Bedeutung: Sie ist ein
Wert an sich. Aber allgemein anerkannt ist auch, dass sie zugleich von
instrumenteller Bedeutung ist. Sie dient einer Reihe von breit gefassten
Zielen. Erstens fördert sie die Selbstverwirklichung des Einzelnen in
der
Gesellschaft. Zweitens „ist der beste Test der Wahrheit die Macht des
Gedankens, insofern er sich im Wettbewerb des Marktes Anerkennung
verschafft
“, um es in den berühmten von Worten von Richter Holmes (frei nach John
Stuart Mill) zu sagen: Abraham v. United States 250 U.S. 616, at 630
(1919),
per Holmes J. (dissent). Drittens ist die Freiheit der Rede das
Lebenselixier der Demokratie. Der freie Fluss der Informationen und
Ideen
gestaltet die politische Diskussion. Sie ist ein Sicherheitsventil: Die
Menschen sind eher bereit, Entscheidungen zu akzeptieren, die gegen sie
gerichtet sind, wenn sie im Prinzip versuchen können, diese zu
beeinflussen.
Sie wirkt als Bremse gegen den Machtmissbrauch von Vertretern des
Staates.
Es ermöglicht die Aufdeckung von Irrtümern in der Rechtspflege eines
Landes:
siehe Stone, Seidman, Sunstein and Tushnett, Constitutional Law, 3rd
ed.,
(1996), 1078-1086
Das House of Lords hat das Recht von verurteilten Straftätern auf
Interviews
mit den Medien anerkennend in Betracht gezogen. Weder Herr Milosevic
noch
seine Besucher sind strafrechtlich verurteilt, doch die Entscheidung des
Verwaltungschefs des Tribunals entzieht ihnen Rechte, die im Vereinigten
Königreich von verurteilte Personen in Anspruch genommen werden können.
Freiheit der Meinungsäußerung vor dem ICTY
In der Angelegenheit Brdjanin hat die Berufungskammer die Freiheit der
Meinungsäußerung als ein Grundrecht anerkannt, das nur zum Schutz eines
öffentlichen Interesses eingeschränkt werden kann.
Der Verwaltungschef des Tribunals rechtfertigt den Maulkorberlass mit
dem
Argument, dass die Presseberichterstattung über die Beteiligung von
Präsident Milosevic am serbischen Wahlkampf das Mandat des ICTY
beeinträchtigen würde:
„IN ANBETRACHT DESSEN, dass die von der Haftanstalt zur Verfügung
gestellten
Einrichtungen zum Wohlbefinden des Gefangenen gedacht sind, und nicht
für
Zwecke, die die Funktion des Tribunals beieinträchtigen, zur
Herstellung von
Frieden und Sicherheit im ehemaligen Jugoslawien beizutragen, und dass
die
Tatsache, dass ein Gefangener in der Haftanstalt Verbindungen
aufgenommen
hat, um an einem laufenden serbischen Parlamentswahlkampf teilzunehmen,
einen solchen Umstand darstellt, der geeignet ist, den Auftrag des
Tribunals
zu beeinträchtigen;“
Die Öffentlichkeit sollte eigentlich davon ausgehen können, dass die
Funktion eines Tribunals darin besteht, Recht zu sprechen und faire
Verfahren durchzuführen und nicht „zur Herstellung von Frieden und
Gerechtigkeit beizutragen“. Und selbst dann, wenn es für eine
rechtsprechende Institution nicht gänzlich unangebracht und
schlechterdings
gefährlich wäre, die Funktion eines Gendarmen zu erfüllen, kann man
immer
noch nicht der Argumentation des Verwaltungschefs des Tribunals folgen.
Wie
ist das zu verstehen, dass Slobodan Milosevics Beteiligung an den
serbischen
Parlamentswahlen - oder eher die Tatsache, das seine Beteiligung zu
„schädlicher Berichterstattung“ durch die Medien führen könnte -
„geeignet
ist, den Auftrag des Tribunals zu beeinträchtigen“?
Der Maulkorberlass verletzt offensichtlich die Rechte von Herrn
Milosevic,
die Rechte seiner Partei und die Rechte des Volks von Serbien. Und die
Rechte der Medien und der allgemeinen Öffentlichkeit werden ebenfalls
verletzt.
Tranparenz wird von einer rechtsprechenden Institution verlangt. Das
Recht
wird pervertiert und entwürdigt, wenn es verwandt wird, um die inneren
politischen Angelegenheiten einer souveränen Nation zu beeinträchtigen -
insbesondere wenn die Begründung für solch eine Einmischung auf
Förderung
von „Frieden und Sicherheit“ gestützt wird.
Der Maulkorberlass verletzt das grundlegende, allgemein anerkannte
Prinzip
der Unschuldsvermutung
Nur eine himmelschreiende Missachtung der Unschuldsvermutung kann die
Verletzung von Präsident Milosevics Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung
rechtfertigen, wobei die Verletzung der Rechte seiner potentiellen
Besucher
hinzukommt.
Tatsächlich setzt ein Verbot von Besuchen und Telefongesprächen, das
auf die
angebliche Kommunikation mit den Medien zu politischen Zwecken erfolgt,
voraus, dass Präsident Milosevic schuldig ist, und dass seine Besucher
durch
Vereinigung mit ihm mitschuldig sind. Das Verbot geht davon aus, dass
Herr
Milosevic seinen Besuchern üble Dinge mitteilen wird - politische Dinge
-
die wiederum in den Medien berichtet werden.
Das Verbot scheint auch zu verhindern, dass Informationen, die für Herr
Milosevic günstig sind, in den Medien veröffentlicht werden, was nur
gerechtfertigt werden könnte, wenn seine Schuld vorausgesetzt wird.
Jedenfalls legt die Entscheidung des Registrars nahe, dass der
Öffentlichkeit keine Informationen anvertraut werden können, die im
Verlauf
eines Besuches bei Herrn Milosevic erlangt werden könnten.
Die Entscheidung des Registrars verstößt gegen Regel 5 der Haftregeln,
welche bestimmt:
Alle Gefangenen, abgesehen von jenen, die durch das Tribunal verurteilt
worden sind, gelten als unschuldig, bis sie für schuldig befunden worden
sind, und sind jederzeit entsprechend zu behandeln.
Der Maulkorberlass kommt einer Anordnung der Isolationshaft von
Präsident
Milosevic gleich
Das übergeordnete Prinzip im Bezug auf die Haft ist vorstehend dargelegt
worden: Alle Gefangenen, abgesehen von jenen, die durch das Tribunal
verurteilt worden sind, gelten als unschuldig, bis sie für schuldig
befunden
worden sind, und sind jederzeit entsprechend zu behandeln.
Dieses Prinzip ist der wesentliche Inhalt der Regel, die Gefangenen das
Recht auf Besucher ihrer freien Wahl verleiht, sofern dem keine
übergeordneten Sicherheitserwägungen entgegenstehen. Diese allgemeine
Regel
entspricht UN-Protokollen über Inhaftierung. Amnesty International
liefert
die folgende Begründung für das Prinzip des freien Zugangs zu Besuchern:
Die Rechte von Gefangenen, mit anderen zu kommunizieren und Besuche zu
empfangen, sind grundlegende Sicherheitsvorkehrungen gegen
Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlung und “Verschwinden”.
Festgenommene und inhaftierte Personen müssen die Genehmigung erhalten,
mit
der Außenwelt zu kommunizieren, allein unter dem Vorbehalt vernünftiger
Bedingungen und Beschränkungen.
Seit März 2003 ist Herrn Milosevic das Recht auf Besuche seiner Ehefrau
und
Familienangehörigen entzogen worden. Im August verbot der Registrar
Besuche
von Mitgliedern der Sozialistischen Partei Serbiens und assoziierter
Einheiten („associated entities“). Der vorliegende Erlass stellt ein
umfassendes Verbot aller Besuche dar, von sehr beschränkten Ausnahmen,
Anwälten und konsularischen Vertretern abgesehen.
Die Entscheidung des Registrars kommt der Verhängung von Isolationshaft
über
Herrn Milosevic gleich. Sie ist ungerechtfertigt, willkürlich und
mutwillig.
Ihre Wirkung - die Verletzung des Rechts eines Kandidaten auf freie
Meinungsäußerung, der von einer legitimen politischen Partei im Rahmen
demokratischer Wahlen rechtmäßig nominiert worden ist, ist ein Schlag
gegen
jene Idee der internationalen Rechtsprechung, sie den Urhebern der
UN-Charta
vorschwebte, die in der Souveränität der Staaten, dem Recht der Völker
auf
Selbstbestimmung und der Ablehnung der Anwendung oder Androhung von
Gewalt
in den internationalen Beziehungen alles überragende Werte sahen. Das
diese
Ideale im Namen der Justiz selbst pervertiert werden, kann nur
bedeuten, das
internationale Recht in Frage zu stellen.
Tiphaine Dickson, Rechtsanwältin
Den Haag, den 14. Dezember 2003
*Tiphaine Dickson ist Strafverteidigerin in Montreal. Sie war
Hauptverteidigerin in einem der ersten ad hoc Völkermord-Verfahren vor
dem
Internationalen Straftribunal für Ruanda in Arusha/Tansania
************************************************************************
****
****
[ 2 ]
VERNEHMUNG OHNE ÖFFENTLICHKEIT:
WESLEY CLARKS ZEUGENAUSSAGE IM MILOSEVIC-PROZESS
Von Tiphaine Dickson*
Das Recht auf ein faires öffentliches Verfahren, Eckstein der
Strafjustiz,
ist seit dem 11. September 2001 unter Beschuss. Der in wechselnder
Gestalt
geführte „Krieg gegen den Terrorismus“ hat eine Kultur der
Undurchsichtigkeit von Gerichtsverfahren um sich greifen lassen und im
Namen
der Staatssicherheit und des nationalen Interesses Prozessen in
geschlossener Sitzung wachsende öffentliche Akzeptanz verschafft.
Doch nicht allein in den USA - oder in der Bucht von Guantanamo - sind
die
Gerichtstüren fest verschlossen, und der Gang der Rechtsprechung gegen
den
öffentlichen Blick abgeschirmt. Beim Internationalen Straftribunal für
das
ehemalige Jugoslawien (ICTY) werden Publikum und Medien häufig gebeten,
wegen vertraulicher Teile des Verfahrens die öffentliche Galerie zu
räumen.
Das Recht des Angeklagten auf ein öffentliches Verfahren [1] - und das
Recht
der Öffentlichkeit zu ermessen, ob die Rechtsprechung wirklich
unabhängig
und unparteiisch ausgeübt wird - , wird mit alarmierender Häufigkeit
durch
Sicherheitserwägungen beeinträchtigt, insbesondere im Falle von Slobodan
Milosevic. Der Ausschluss des Publikums selbst vom kleinsten Teil eines
historisch so wichtigen Verfahrens vor einem Tribunal, das vom
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen [2] geschaffen wurde - um
angeblich
Wahrheit [3], Versöhnung [4] und Frieden [5] zu befördern-- steht im
Widerspruch zu dem erklärten Zweck. Wie kann ein Gremium der UN
Menschenrechtsinstrumente und Resolutionen der Generalversammlung der UN
missachten, welche das Recht auf ein öffentliches Verfahren zum goldenen
Standard des Schutzes der Menschenrechte erheben? Erhellend wirkt hier
die
Tatsache, dass das ICTY aufgrund politischer Erwägungen geschaffen
wurde.
Madeleine Albright gilt der früheren Präsidentin des ICTY als „die
Mutter
des Tribunals“ [6], und wie auch die Außenministerin der USA dem Krieg
im
Kosovo auch ihren Namen gegeben hat [7].
Politisches Verfahren, politische Zeugenaussagen, politischer Druck
Ein Rest an Zweifel an dem politischen Charakter des ICTY wurde
zerstreut,
als die US-Regierung am 15. und 16. Dezember bezüglich der
bevorstehenden
von der Anklage beantragten Zeugenaussage des
US-Präsidentschaftskandidaten
Wesley Clark im Verfahren gegen Milosevic erstaunlich strenge
Bedingungen
erließ. [8] Die US-amerikanische Regierung vermochte durchzusetzen,
dass die
Zeugenaussage von General Clark in Abwesenheit der Öffentlichkeit oder
der
Presse erfolgt, und sie erhielt das Recht, die Verbreitung der
Zeugenaussage
in einer nach den Worten des ICTY „zeitweilig geschlossenen Sitzung“ um
48
Stunden zu verzögern. Die verzögerte Verbreitung verfolgt den Zweck, der
US-Regierung die Möglichkeit zu geben, „die Mitschrift zu überprüfen und
ihre Meinung kund zu tun, ob die in offener (sic) Sitzung erfolgte
Beweisaufnahme redaktionell überarbeitet werden sollte, um die
nationalen
Interessen der USA zu schützen“. Dieses Verfahren wird eine weiter
Verzögerung bedingen, derweil die Kammer US-Anträge auf Zensur des
öffentlichen Protokolls darauf hin prüft, ob sie mit dem juristisch
nebelhaften Konzept der „nationalen Interessen“ der USA in Einklang
stehen.
Aber was könnte der General dem Tribunal des Sicherheitsrats zu sagen
haben,
was er nicht in einem Interview, einem Zeitungskommentar oder in einem
seiner beiden sich selbst bestätigenden Bände über die Kunst des
Krieges im
Einzelnen dargelegt hat? Und was noch wichtiger ist: Was könnte er
möglicherweise gegen die Interessen von Präsident Slobodan Milosevic
sagen,
was die von den USA verfügte Auflage strenger Bedingungen zum Schutz
ihrer
„legitimen nationalen Interessen“ erforderlich machen würde.
Könnte es sein, dass Wesley Clark ein zu erschütternder Zeuge ist?
Möchte
die US-Regierung im Zuge des laufenden - und anscheinend endlosen -
„Krieges
gegen den Terrorismus“ Fragen vermeiden, die General Clarks Rolle [9] -
und
die seiner Regierung - [10] bei der Gewährung militärischer,
finanzieller
und politischer Unterstützung der UCK [11] betreffen, deren gut belegte
Verbindungen zu Al Qaida [12] inzwischen ein peinliches Licht auf die
Auswirkungen der Balkanpolitik der USA werfen?
Das ICTY hat bereits zugestimmt, dass sieben Absätze der vollständigen
Erklärung von Clark unter Verschluss genommen werden, unzugänglich für
die
Öffentlichkeit. Die US-Regierung, der das Recht zugestanden wurde, bei
der
Vernehmung von General Clark zwei Vertreter im Gerichtssaal zu haben -
im
Gegensatz zur Öffentlichkeit, die auf keinerlei Vertreter Anspruch hat -
kann verlangen, dass weitere Beweise in geschlossener Sitzung
eingebracht
werden.
Ein öffentliches Verfahren?
Anders gesagt, während Wesley Clark - eine Figur des öffentlichen
Lebens,
heute US-Präsidentschaftskandidat und früher NATO-Oberkommandierender
während der Bombardierungen Jugoslawiens - im Prozess gegen Slobodan
Milosevic - dem Prozess des Jahrhunderts - aussagt, werden die
Öffentlichkeit und die Medien ausgeschlossen. 48 Stunden lang wird die
Öffentlichkeit warten, bis die US-Regierung entschieden haben wird, was
sie
meint, den Medien zur Berichterstattung anvertrauen zu können, und was
aus
dem öffentlichen Protokoll im Namen der „nationalen Interessen“
gestrichen
werden muss. Während der Invasion im Irak kamen eingebettete
Journalisten
zeitiger an Informationen heran. Und auf welcher Grundlage will die
Kammer
entscheiden, ob sie dem Antrag der USA stattgibt oder nicht,
Beweismaterial
aus dem öffentlichen Protokoll zu streichen? Ist nicht das Konzept der
„nationalen Interessen“ ein irgendwie subjektiver politischer Begriff,
wodurch die richterliche Würdigung und praktische Anwendung seines
Inhalts
nahezu unmöglich wird? Eine fremde Regierung - die einzige Supermacht -
stellt Bedingungen für die Zeugenaussage eines pensionierten Generals
und
Präsidentschaftskandidaten gegen den ehemaligen Präsidenten der Nation,
die
aufgrund der Befehle des Zeugen bombardiert wurde. Die Bedingungen für
die
Zeugenaussage verstoßen gegen das international anerkannte Recht auf
Öffentlichkeit des Verfahrens. Die Bedingungen verstoßen gegen die
Rechte
des Angeklagten, der Medien und der Öffentlichkeit. Dass ein Gericht -
und
noch dazu ein internationales Tribunal, angeblich dazu eingerichtet, die
Menschenrechte hoch zu halten und der Kultur der Straflosigkeit ein
Ende zu
setzen - derart empörenden Bedingung annimmt, wäre undenkbar, wenn dies
nicht mehr ein politischer als ein juristischer Prozess wäre.
Der öffentliche Charakter eines juristischen Prozesses ist für jede
Demokratie lebenswichtig: Der öffentliche Zugang zu offener
Rechtsprechung
sichert faire Verfahren. Nur wenn die Rechtsprechung zugänglich ist,
können
die Menschen sich eine Meinung bilden, ob Verfahren nationalen und
internationalen Standards entsprechen. [13] Der öffentliche Zugang zu
Strafverfahren schützt die Angeklagten vor böswilligen, willkürlichen
oder
politischen Verfolgungen im Geheimen und fernab von öffentlicher
Nachprüfung. Im Zusammenhang mit dem Milosevic-Prozess treffen diese
Erwägungen mit noch größerer Dringlichkeit zu angesichts des politischen
Charakters des Tribunals, der Prozessführung, wie auch der finanziellen
und
institutionellen Unterstützung des ICTY durch bestimmte Regierungen und
Einzelpersonen [14], deren Belange und Interessen nicht den
Voraussetzungen
einer Rechtsprechung entsprechen, wie sie aufgrund internationaler und
inländischer Standards zu fordern sind.
“Nationale Interessen” gehen vor Recht auf Kreuzverhör
Auch Slobodan Milosevics Recht, Wesley Clark ins Kreuzverhör zu nehmen,
ist
gravierend eingeschränkt worden - in Verletzung der Rechte, die in den
Verfahrensregeln des ICTY niedergelegt und in allen kontradiktorischen
Rechtssystemen anerkannt sind. Ihm wird nicht gestattet sein, General
Clark
zu Sachverhalten zu befragen, welche seine Glaubwürdigkeit berühren,
eine
ungeheuerliche Einschränkung im Lichte der Tatsache, dass Clark, ein
US-Präsidentschaftskandidat, kürzlich eingeräumt hat, dass das
78-Tage-Bombardement der NATO gegen Jugoslawien - ein Feldzug für den er
direkt verantwortlich war - unter „technischer“ Verletzung des
internationalen Rechts durchgeführt wurde. [15]
Die Frage der Glaubwürdigkeit stellt sich im Bezug auf einen Zeugen, der
über Milosevics Absichten und seinen guten Willen als
Verhandlungspartner
aussagt. In einem derartigen Falle wäre die Verteidigung berechtigt, die
Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen, und zwar eines solchen,
der
die Bombardierung des RTS-Fernsehstudios in Belgrad genau zu einem
Zeitpunkt
befahl, [16] als eine Verbindung für ein Interview mit Larry King auf
CNN
hergestellt wurde. [17] Man könnte nach der Bombardierung eines
Personenzuges fragen, und insbesondere nach der weniger als ehrlichen
Rechtfertigung dieses Vorfalls durch den Zeugen als „Kollateralschaden“.
[18] Insbesondere könnte Clark gefragt werden, warum er der Presse
erklärte,
dass die Geschwindigkeit des Zuges so war, dass die Flugbahn der Raketen
nicht geändert werden konnte, wobei er manipulierte Videobänder
benutzte -
vorgeführt mit einer dreimal schnelleren Geschwindigkeit als normal - ,
um
seine Rechtfertigung dieser zivilen Todesfälle zu untermauern. Auch
General
Clarks unglaubwürdige Erklärung für die Bombardierung der chinesischen
Botschaft - eine davon war: „Ich hatte noch einen Anruf, der besagte:
«Hoppla, es scheint, dass die Botschaft verlegt worden ist». [19] - wäre
eine geeignete Linie, auf der sich das Kreuzverhör bewegen könnte.
Es ist der Öffentlichkeit derzeit unbekannt, ob Clark überhaupt zu der
Bombardierungskampagne befragt werden wird. Falls seine Aussage sich
nicht
auf den NATO-Angriff auf Jugoslawien erstreckt, wird Slobodan Milosevic
nicht das Recht haben, dies überhaupt anzusprechen, da die von der
US-Regierung erwirkten Bedingungen Fragen, zum Inhalt von Clarks Aussage
einschränken. [20] Das ICTY hat Milosevic gestattet, „eine Erweiterung
des
Umfangs der Beweisaufnahme durch vorherige Zustimmung der US-Regierung
anzustreben“. [21] Diese Übertragung richterlicher Autorität durch die
Kammer an die US-Regierung wäre komisch, wäre sie nicht der schlagende
Beweis für die Unfähigkeit dieser Institution, richterlich zu agieren.
Warum
kann sich Präsident Milosevic nicht an die Richter wenden, um einen
erweiterten Umfang des Kreuzverhörs zu beantragen? Wann hat die
US-Regierung
die Richter auf ihrer Bank abgelöst? Zur Begründung einer solch
unglaublichen Maßnahme wird in der Entscheidung des ICTY keinerlei
rechtliche Erwägung oder Rechtsgrundlage angeführt. Darin liegt einfach
das
Eingeständnis, dass diese Institution nicht in der Lage ist, die Fakten
rechtlich zu würdigen oder das Recht mit der Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit anzuwenden, die aufgrund internationaler Gerichtshoheit
erforderlich ist oder auch aufgrund des eigenen Statuts, welches
bestimmt:
„Die erkennenden Kammern sollen sicherstellen, dass ein Verfahren fair
und
zügig ist, und dass die Verhandlungen gemäß der Verfahrens- und
Beweisaufnahmeordnung unter voller Achtung der Rechte des Angeklagten
und
angemessener Berücksichtigung des Schutzes von Opfern und Zeugen
durchgeführt werden.“ [22]
Die Regeln des ICTY bestimmen ferner, dass “alle Verfahren vor einer
erkennenden Kammer, anders als die Beratungen der Kammer, öffentlich
stattfinden, falls nicht anders bestimmt” [24], und dies auch dann, wenn
diese fremde Regierung ein unverzichtbarer Beitragszahler für das
Tribunal
ist. [25]
„Nationale Interessen“
Was sind eigentlich “nationale Interessen”? Man kann wohl mit
Verständnis
rechnen, wenn man zu dem Schluss kommt, dass sie alles und jedes
bedeuten
können. Das Recht schweigt zu der Definition dieses Begriffs. Dagegen
ist
das Konzept der „nationalen Sicherheit“ als ein rechtliches Konzept
untersucht und definiert worden. Insbesondere die Frage, ob und wann der
Öffentlichkeit der Zugang zu Informationen im Namen der nationalen
Sicherheit verwehrt werden kann, war Gegenstand einer bedeutenden
internationalen juristischen Konferenz in Johannesburg im Jahre 1995,
bei
der die „Johannesburger Prinzipien in Bezug auf nationale Sicherheit,
Freiheit der Meinungsäußerung und Zugang zu Informationen“ angenommen
wurden. Einberufen wurde das Treffen durch ARTICLE 19, International
Centre
Against Censorship und Centre for Applied Legal Studies der Universität
von
Witwatersrand/Südafrika. [26]
Eine Einschränkung offener Rechtsprechung aufgrund „nationaler
Sicherheit“ -
und nicht „nationalen Interesses“, eines Konzepts, das anscheinend
weniger
dringliche Belange schützt - ist gemäß Prinzip 2 der Johannesburger
Prinzipien nicht „legitim, es sei denn ihr echter Zweck und
nachweisbarer
Effekt ist der Schutz der Existenz eines Landes oder seiner
territorialen
Integrität gegen Anwendung oder Androhung von Gewalt, oder seiner
Fähigkeit
auf die Androhung und Anwendung von Gewalt zu reagieren, sei es durch
eine
auswärtige Quelle wie eine militärische Bedrohung oder eine interne
Quelle
wie das Aufwiegeln zum Sturz der Regierung.“
Hat nun die US-Regierung argumentiert, dass die Existenz oder
territoriale
Integrität der Vereinigten Staaten von Amerika durch Wesley Clarks
öffentliche Zeugenaussage gefährdet würde? Ob sie dies tat oder nicht,
ist
nicht bekannt, weil die Eingabe der US-Regierung, mit der sie diese
Bedingungen gestellt hat - ohne welche sie Wesley Clark überhaupt nicht
erlauben würde auszusagen - vertraulich war. Die Anhörung war
vertraulich.
Und die vertrauliche Entscheidung, die diese Bedingungen verfügt, - und
die
mit einer Verzögerung von mehr als zwei Wochen bekannt gemacht wurde -
bietet keinerlei Hinweis darauf, welche „nationalen Interessen“ von den
Vereinigten Staaten geltend gemacht wurden, um derart umfassende
Geheimhaltungsmaßnahmen zu rechtfertigen.
Die Johannesburger Prinzipien legen fest, was keine legitime
Einschränkung
eines öffentlichen Verfahrens auf der Grundlage der nationalen
Sicherheit
darstellen würde:
„Insbesondere ist eine Einschränkung, die mit der Begründung der
nationalen
Sicherheit verlangt wird, nicht legitim, wenn ihr echter Zweck und
nachweisbarer Effekt ist, Interessen zu schützen, die keinen Bezug zur
nationalen Sicherheit haben, wie beispielsweise, um eine Regierung gegen
Unannehmlichkeiten oder gegen die Offenlegung von Fehlverhalten in
Schutz zu
nehmen oder Informationen über Vorgänge innerhalb ihrer öffentlichen
Einrichtungen zurückzuhalten oder eine bestimmte Ideologie zu festigen
oder
Arbeitskämpfe zu unterdrücken.“ [27]
Dass das ICTY Bedingungen der USA akzeptiert, die eines der
grundlegenden
Prinzipien des international Rechts - Öffentlichkeit von
Gerichtsverfahren -
so massiv verletzen, ohne dass jemals eine Begründung für eine derart
beispiellosen Einschränkung öffentlich diskutiert worden wäre, sollte
den
Mythos der Fairness dieser Verfahren gründlich zunichte machen.
Man bedenke ferner, dass Wesley Clark in hohem Maße eine Figur des
öffentlichen Lebens ist, dass er sich um das Präsidentenamt der
Vereinigten
Staaten bewirbt, und dass dementsprechend seine Zeugenaussage der
öffentlichen Überprüfung unterliegen sollte. Und man beachte, dass der
pensionierte General Clark gegen Slobodan Milosevic fast jeden Tag in
Interviews als Zeuge auftritt - und sich häufig darin ergeht, ihn durch
Nachahmung seines slawisch akzentuierten Englisch lächerlich zu machen.
[28]
Oder ist es vielleicht so, dass das ICTY das „nationale Interesse“ der
USA
vor Medien und Öffentlichkeit dadurch schützt, dass es verhindert, dass
man
Slobodan Milosevic hören kann, wie er Wesley Clark tüchtig ins
Kreuzverhör
nimmt?
Der US-Regierung ist es gelungen, Clarks Zeugenaussage im Namen der
“nationalen Interessen” gegen öffentliche Überprüfung abzuschirmen. Aber
warum sollte man bei General Clark Halt machen? Warum sollten es andere
NATO-Länder unterlassen, die Gelegenheit zu nutzen, als Ankläger im
Zeugenstand aufzutreten, ohne die Folgen eines transparenten Verfahrens
tragen zu müssen? Dieser Präzedenzfall wird zweifellos angeführt
werden, um
andere Vertreter der USA [29] vor dem Druck eines öffentlichen
Verfahrens zu
schützen, und er wird dazu dienen, den USA im Rahmen des internationalen
Rechts weiterhin Straflosigkeit zu garantieren. Schon jetzt ist die
Straflosigkeit der USA fest etabliert, betrachtet man die Weigerung der
US-Regierung, sich der Rechtsprechung des Internationalen
Strafgerichtshofs
zu unterwerfen, und dies aus Furcht vor „politischer Strafverfolgung“.
[30]
Angesichts der massiven Beteiligung der USA an beiden Tribunalen, für
Jugoslawien und für Ruanda, - aus der sie, so könnte man meinen, den
Beweis
für unbegründete, politisch motivierte Strafverfolgung herleiten [31]
treiben derartige Bedenken der USA die Unaufrichtigkeit zu Schwindel
erregenden Höhen.
Konflikt der Interessen?
Das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess ist das Recht auf
einen
fairen und öffentlichen Prozess vor einem unabhängigen und
unparteiischen
Tribunal. Jedes internationale Rechtsinstrument erkennt dieses
grundlegende
Prinzip an. [32].
Wesley Clark wird vermutlich über seine Rolle als
NATO-Oberkommandierender
aussagen. Die USA sind ein NATO-Land, man könnte behaupten, das
NATO-Land.
Wie Wesley Clark formuliert: „Wir sind die Führer der NATO, wir haben
die
NATO aufgebaut, es ist unsere Organisation“. [33] Das ICTY befindet
sich in
einer schwierigen Lage, wenn es als unabhängiges Gremium der
Rechtsprechung
agieren will, denn die NATO hat erklärt, dass „sie eins ist“ mit dem
Tribunal. NATO-Sprecher Jamie Shea stellte am 16. Mai 1999 vor der
Presse
fest, dass, wenn „Richterin Arbour ihre Ermittlungen aufnimmt, sie dies
tut,
weil wir es ihr ermöglichen. (…) Die NATO-Länder sind diejenigen, die
die
Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt haben, um das Tribunal zu
errichten,
wir gehören zu den Hauptbeitragszahlern (…) so lassen Sie mich
versichern,
dass wir und das Tribunal in dieser Angelegenheit ganz eins sind, wir
wollen
Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt sehen, und ich bin sicher, dass
Richterin Arbour, wenn sie in den Kosovo geht und die Fakten anschaut,
Leute
mit jugoslawischer Staatsangehörigkeit anklagen wird (…)[34]
Man kann sich schwerlich ein vernichtenderes Eingeständnis vorstellen.
Mit
der Feststellung, dass ihre Mitgliedsländer die wichtigsten Finanziers
des
Tribunals sind, behauptet die NATO im Wesentlichen, dass sie die
Gehälter
der Richter und Staatsanwälte des ICTY bezahlt. Und diese Feststellung
ist
irgendwie unvereinbar mit dem Erfordernis der institutionellen
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Strafverfahrens. Und wenn dem
ehemaligen NATO-Oberkommandierenden - Vorstandsmitglied der
International
Crisis Group von George Soros, gemeinsam mit der obersten kanadischen
Richterin Louise Arbour [35] - Gelegenheit zu einer Zeugenaussage in
Abwesenheit der Presse gegeben wird, weil dies eine von den Vereinigten
Staaten durchgesetzte Bedingung ist, löst sich jeglicher Anschein von
Rechtsprechung jenseits der kosmetischen Attribute der Richterroben und
der
rituellen Aufforderungen, sich „zu erheben“ oder „Platz zu nehmen“ (wer
wird
da überhaupt sein, um aufzustehen und sich zu setzen?) in einer Wolke
von
Rauch auf.
Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff
*Tiphaine Dickson ist Strafverteidigerin in Montreal. Sie war
Hauptverteidigerin in einem der ersten ad hoc Völkermord-Verfahren vor
dem
Internationalen Straftribunal für Ruanda in Arusha/Tansania
Anmerkungen:
[1] Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische
Rechte bestimmt:
„Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene
strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und
Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und
auf
Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt
wird.“
Paragraph 106 des Berichts des Generalsekretärs gemäß Paragraph 2 der
Sicherheitsratsresolution 808 (1993), (S/25704), anerkennt die Anwendung
internationaler rechtlicher Verfahrenssicherungen auf das ICTY:
“Fundamental wichtig ist, dass das Internationale Tribunal die
international
anerkannten Standards im Bezug auf die Rechte des Angeklagten in allen
Phasen seiner Verfahren voll respektiert. Solche international
anerkannten
Standards ergeben sich nach Auffassung des Generalsekretärs
insbesondere aus
Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische
Rechte.
“
[2] UN-Sicherheitsratsresolution 827 (1993).
[3] "In der Diskussion über die Resolution des Sicherheitsrats über die
Schaffung des ICTY bekräftigte Außenministerin Albright, dass «dies kein
Siegertribunal ist. Der einzige Sieger, der bei diesem Unternehmen die
Oberhand behält, ist die Wahrheit.», Ausführungen des ICTY-Präsidenten
Theodor Meron am 7. Oktober, 2003, vor der Kommission für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (KSZE), Washington,
http://www.csce.gov/witness.cfm?briefing_id=269&testimony_id=437
[4] "Die Rolle des Tribunals kann nicht genug betont werden. Weit davon
entfernt, ein Vehikel der Rache zu sein, ist es ein Werkzeug zur
Förderung
von Versöhnung und Wiederherstellung eines echten Friedens.“ Erster
Jahresbericht des ICTY, (A/49/342 - S/1994/1007), vorgelegt von der
ehemaligen ICTY-Präsidentin, Richterin Gabrielle Kirk McDonald.
[5] "der Sicherheitsrat hat in Resolution 808 (1993) festgestellt, dass
er
davon überzeugt ist, dass die Einrichtung eines internationalen
Tribunals
unter den besonderen Umständen des ehemaligen Jugoslawien das Erreichen
des
Ziels einer Beendigung solcher Verbrechen und des Ergreifens
wirkungsvoller
Maßnahmen, um die dafür verantwortlichen Personen zur Rechenschaft zu
ziehen, zu Stande bringen würde und zur Wiederherstellung und
Aufrechterhaltung des Friedens beitragen würde.“ Prargraph 26 des
Berichts
des Generalsekretärs gemäß Paragraph 2 der Sicherheitsratsresolution 808
(1993), vorgelegt am 3. Mai 1993 (S/25704). Die
Sicherheitsratsresolution
827 übernahm die Argumentation als Begründung für die Einrichtung des
ICTY.
[6] Richterin Gabrielle Kirk McDonald, die erste Präsidentin des ICTY,
machte dies Äußerung bei einer Preisverleihungsfeier im Supreme Court
der
USA am 5. April 1999. „Wir genossen die starke Unterstützung von
interessierten Regierungen und engagierten Persönlichkeiten wie
Außenministerin Albright. Als Ständige Vertreterin bei den Vereinten
Nationen wirkte sie mit nicht nachlassender Entschlossenheit für die
Errichtung des Tribunals. Tatsächlich bezogen wir uns oft auf sie als
die
‚Mutter des Tribunals’“, zitiert nach Prosecute NATO, George Szamuely,
New
York Press,
Judge Gabrielle Kirk McDonald, first President of the ICTY, made this
statement at an awards ceremony held at the U.S. Supreme Court on April
5th, 1999: "[W]e benefited from the strong support of concerned
governments
and dedicated individuals such as Secretary Albright. As the permanent
representative to the United Nations, she had worked with unceasing
resolve
to establish the Tribunal. Indeed, we often refer to her as the ‘Mother
of
the Tribunal.’" Quoted in Prosecute NATO, George Szamuely, New York
Press,
http://www.balkanpeace.org/library/fa_2000/jan/fa250100.html.
[7] Siehe Online Newshour vom 10. Juni, 1999:
JIM LEHRER: Stört es Sie, wenn man das Madeleins Krieg nennt?
MADELEINE ALBRIGHT: Nun, ich hatte…es ist mir nie in den Sinn gekommen,
dass
jemand den Krieg nach mir benennen könnte, aber es stört mich überhaupt
nicht, dass man weiß, dass ich wie Präsident Clinton der Meinung war,
dass
dies eine Situation war, die nicht länger fort bestehen konnte.“
http://www.pbs.org/newshour/bb/europe/jan-june99/albright_6-10.html
[8] "Beschluss über den Antrag der Anklage für einen Zeugen gemäß Regel
70
(B)”, Anklage gegen Milosevic, IT-02-54-T, 30. Oktober, 2003,
Vertraulich,
veröffentlicht am 16. November 2003.
[9] Als militärischer Mitarbeiter von Richard Holbrooke während des
Abschlusses des Dayton Friedensabkommens 1995, als Direktor für
Strategische
Planungen und Politik innerhalb des Vereinigten Generalstabs von 1994
bis
1997 und als NATO-Oberkommandierender von 1997 bis 2000.
[10] Brendan O'Neill, "How We Trained Al-Qa'eda", The Spectator,
November
22nd, 2003,
http://www.spectator.co.uk/article.php3?2003-09-13&id=3499#articletop.
[11] Id., Craig Pyesjosh Meyer and William C. Rempe, "Terrorists Use
Bosnia
as Base and Sanctuary", Los Angeles Times, October 7, 2001; Michel
Chossudovsky, "Regime Rotation in America: Wesley Clark, Osama bin
Laden and
the 2004 Presidential Elections", Center for Research on Globalization,
October 22nd, 2003, http://globalresearch.ca/articles/CHO310B.html.
[12] Cliff Kincaid, "Wesley Clark's Ties To Muslim Terrorists",
Accuracy in
Media, September 17, 2003; Brendan O'Neill, "How We Trained Al-Qa'eda",
The
Spectator, November 22nd, 2003,
http://www.spectator.co.uk/article.php3?2003-09-13&id=3499#articletop;
Craig
Pyesjosh Meyer and William C. Rempe, "Terrorists Use Bosnia as Base and
Sanctuary", Los Angeles Times, October 7, 2001; Michel Chossudovsky,
"Regime
Rotation in America: Wesley Clark, Osama bin Laden and the 2004
Presidential
Elections", Center for Research on Globalization, October 22nd, 2003,
http://globalresearch.ca/articles/CHO310B.html; Nikolaos Stavrou,
"Balkan
Branches of the Terror Network?", Washington Times, October 21, 2001;
George
Szamuely, "Home-Grown Terrorism", New York Press, December 28, 1999.
[13] Amnesty International, Fair Trials Manual,
http://www.amnesty.org/ailib/intcam/fairtrial/indxftm_b.htm#14
[14] Obgleich das Statut des ICTY bestimmt, dass das Tribunal aus dem
regulären Haushalt der UN zu finanzieren ist, was eine Sicherung gegen
die
Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit darstellt, hat das Tribunal
Spenden von Regierungen, darunter der USA, so wie von privaten
Stiftungen
wie die Rockefeller Stiftung erhalten. Siehe Paragraph 16 des Ersten
Jahresberichts des Präsidenten des ICTY,
http://www.un.org/icty/rappannu-e/1994/index.htm. Das ICTY hat auch von
George Soros sowie von Konzernen Spenden erhalten. Von Interesse ist die
„private“ Finanzierung von Exhumierungen für das Büro der
Anklagevertretung:
„Die Mittelbereitstellung für Exhumierungen von Massengräbern im
ehemaligen
Jugoslawien ist nicht Bestandteil des regulären Budgets des Tribunals
sondern kommt in erster Linie von PHR (Ärzte für Menschenrechte). Diese
Organisation fungiert als Durchlaufstelle von Mitteln von IGOs und NGOs
für
die Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda. Bis heute haben
eine
Reihe von Stiftungen, darunter aus den USA die John Merck, Rockefeller
und
Soros Stiftungen und die niederländische Organisation Novib Zuwendungen
in
Bar, Ausrüstungen und Personal geleistet.“ Siehe
http://www.un.org/icty/BL/08art1e.htm
[15] "Meet the Press", November 16th, 2003,
http://www.msnbc.com/news/994273.asp; Peter J. Boyer, "General Clark's
Battles", The New Yorker, November 17th, 2003.
[16] Reporters sans frontières, November 2000 Report, "Serbian
Broadcasting:
Chronicle of Martyrdom Foretold",
http://www.rsf.org/rsf/uk/html/europe/rapport/serbie_rts.html. Sowohl
Amnesty International als auch Human Rights Watch kamen zu dem Schluss,
dass
die Bombardierung von RTS - die 16 Menschen tötete - in Verletzung des
internationalen Rechts erfolgte, ebenda.
[17] Robert Fisk, "Taken In By the NATO Line," The Independent, July 2,
1999.
[18] "NATO verwendete schneller laufenden Film, um zivile Tote im
Kosovo zu
entschuldigen: Zeitungsbericht“, AFP v. 6. Januar 2001: „ (…) US General
Wesley Clark zeigte kurz danach zwei Videobänder von dem Zug, der
schnell
auf der Brücke zu fahren schien, und sagte, es sei dann unmöglich
gewesen,
die Flugbahn der Raketen zu ändern. Die Zeitung aus Frankfurt
berichtete,
beide Videobänder seien mit dreimal größerer Geschwindigkeit als normal
vorgeführt worden. Ein Sprecher des NATO-Militärkommandos in Mons,
Belgien,
räumte in einem Telefoninterview mit AFP ein, dass diese Bilder durch
ein
„technisches Problem“ verändert worden seien. Das Filmmaterial, das von
einer Kamera in dem Gefechtskopf einer der Raketen, welche die Brücke
und
den Zug zerstörten, aufgenommen worden war, wurde bei der Herstellung
der
Vorführkopie verändert, erklärte der Sprecher. Er teilte mit, die NATO
sei
sich des Problems seit letzten Oktober bewusst gewesen aber habe es
nicht
als ‚nützlich’ angesehen, dies offen zu legen.“
[19] "Gegen fünf Uhr morgens bekam ich einen weiteren Anruf, der
besagte:
‘Hoppla. Es scheint, dass die Botschaft verlegt worden ist.’ “
Interview,
General Wesley Clark, Frontline, PBS,
http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/kosovo/interviews/
clark.html
[20] ICTY-Beschluss, siehe oben.
[21] ebenda.
[22] ICTY-Statut, Artikel 20, Paragraph 1.
[23] ebenda, Paragraph 4.
[24] Die Regeln 70 and 79 der Verfahrens- und Beweisaufnahmeordnung des
ICTY
enthalten eine erschöpfende Aufzählung der zulässigen Ausnahmen von dem
Erfordernis der Öffentlichkeit der Verhandlung.
[25] Der Präsident des ICTY, Richter Theordor Meron, äußerte sich am 7.
Oktober 2003 vor der Kommission für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa
(KSZE) in Washington wie folgt: „ Wie Sie wissen, übernahmen die
Vereinigten
Staaten bei der Schaffung des ICTY eine führende Rolle und bleiben
weiterhin
sein entschiedener Befürworter. Der US-Finanzbeitrag macht etwa ein
Viertel
des jährlichen Haushalts des Tribunals in Höhe von 120 Millionen
US-Dollar
aus.“
http://www.csce.gov/witness.cfm?briefing_id=269&testimony_id=437
[26] http://www.derechos.org/nizkor/excep/johannesburg.html
[27] Johannesburger Prinzipien, Prinzip 2 (B).
[28] N.R. Kleinfield, "General Clark on the Hustings: Complexity and
Contradiction", New York Times, November 23rd, 2003,
http://www.nytimes.com/2003/11/23/politics/campaigns/23CLAR.html; Seth
Rogovoy, "A General for President?", September 13th, 2003, The Atlantic
Monthly, Tom Junod, "The General", August 2003, Esquire.
[29] Christopher Marquis, "US Seeks Safeguards on Diplomats Testifying
at
Milosevic Trial", New York Times, June 13th, 2002 Global Policy Forum-
International
Justice,http://www.globalpolicy.org/intljustice/tribunals/2002/
0613mil.htm
[30] US Department of State, International Information Programs, "U.S.
Restates Objections to International Criminal Court U.S. statement to
General Assembly Sixth Committee", October 14th, 2002:
"In einer Rede vor dem 6. Ausschuss der Generalversammlung, die sich mit
Rechtsfragen befasst, erläuterte Nicholas Rostow die Haltung der USA zu
dem
Gericht. ‚Die Vereinigten Staaten sind besorgt über die Gefahr politisch
motivierter Strafverfolgungen,’ erklärte Rostow. „Beispiele für
Ermittlungen
oder Strafverfolgungen, die auf einer politischen Agenda beruhen, nicht
auf
Beweismaterial und neutraler staatsanwaltlicher Beweiswürdigung gibt es
in
großer Zahl. Die Struktur des ICC (des Internationalen
Strafgerichtshofs)
macht solche inakzeptablen Verfahren möglich.“
http://usinfo.state.gov/topical/pol/usandun/02101615.htm
[31] ebenda.
[32] Universal Declaration of Human Rights, Article 10; International
Covenant on Civil and Political Rights, Article 14; European Convention
on
Human Rights, Article 6; African Charter of Rights, Articles 7 (d) and
26;
American Convention, Article 8(1); Basic Principles on the Independence
of
the Judiciary. According to the UN Human Rights Committee, the right to
be
tried before an independent tribunal "is an absolute right that may
suffer
no exception": González del Río v. Peru, (263/1987), 28 October 1992,
Report
of the HRC, vol. II, (A/48/40), 1993, paragraph 20.
[33] June 20, 2001, Uncommon Knowledge, Transcript 606: Waging Modern
War,
www.uncoommonknowledge.org/01-02/606.html
[34] Press Conference, 16 May 1999.
www.nato.int/kosovo/press/p990516b.htm
[35] http://www.intl-crisis-group.org/home/index.cfm?id=1139&l=1
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Tiphaine Dickson
© 2003
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[ 3 ]
Aus „konkret“ 12/03
ANWÄLTE DER ANKLAGE
ZEUGE NR. 262 IM PROZESS GEGEN SLOBODAN MILOŠEVI? WAR LORD DAVID OWEN.
SEIN
AUFTRITT BELASTET DAS GERICHT UND DIE BERICHTERSTATTER SCHWER.
Von Germinal Civikov
Anfang November 2003 trat im Prozeß gegen den jugoslawischen
Ex-Präsidenten
Slobodan Miloševi? der frühere britische Außenminister David Owen als
Zeuge
auf. Das Berner Tageblatt "Der Bund" referierte über Owens Aussage:
"Er (Miloševi?) war kein fundamentalistischer Rassist, er wollte aber
die
Mehrheit für die Serben in Bosnien-Herzegowina", schilderte er den
Ex-Präsidenten. Er habe nicht alle Muslime aus den serbischen Gebieten
vertreiben wollen. Dagegen habe er Milosevics Frau als ethnische
Puristin
kennen gelernt, sagte Owen.
Tags darauf berichtet die "Neue Zürcher Zeitung" unter dem Titel "David
Owen
als Zeuge im Miloševi?-Prozess - Schwere Vorwürfe an den Förderer der
bosnischen Serben":
Er glaube nicht, so Owen, daß es sich bei Miloševi? um einen
fundamentalistischen Rassisten handle. Dies übrigens im Unterschied zu
dessen Ehefrau, die er als Befürworterin ethnischer "Reinheit" kennen
gelernt habe.
Was David Owen tatsächlich gesagt hat, steht im Protokoll und geht so:
Owen: Zweifellos ist Milosevic kein fundamentaler Rassist. Ich denke,
er ist
ein Nationalist, aber auch das nur sehr am Rande. Ich denke, er ist
Pragmatiker. Tatsache ist, daß Muslime in Serben gelebt haben und
leben. Es
gibt Regionen in Serbien, in denen viele Muslime leben - wenn wir
einmal vom
Kosovo und vom Sandzak absehen. Auch in Belgrad selber gibt es eine
große
Zahl von Muslimen, die da immer gelebt haben. Ich glaube, Sie müssen zur
Kenntnis nehmen, daß es alte kommunistische Jugoslawen gibt, die dem
ethnischen Nationalismus sehr entschieden widersprechen und daß manche
Kommunisten den Nationalisten opponiert haben, ganz gewiß einigen ihrer
ethnisch-rassistischen Haltungen, und zu denen würde ich auch Präsident
Milosevics Frau zählen, und ich würde ihn dazu zählen ...
Ob die Korrespondenten nicht richtig hingehört haben? Oder wollten sie
aus
Owens etwas undeutlicher Artikulation das heraushören, was sie schon zu
wissen glaubten? Sie wußten, daß die Behauptung, Miloševi? sei ein
großserbischer Nationalist oder gar Rassist nach zwei Jahren Prozeß
nicht
mehr seriös vertretbar ist. Nun auch noch über die berüchtigte Mira
Markovi?
zu erfahren, daß sie ethnische Säuberungen verabscheut habe, war den
Korrespondenten wohl einfach eine Zumutung zuviel. Aber nicht die
einzige.
Als Owen vor Gericht sagte:
Einmal, denke ich, hielt Karadzic sich für den König der Serben, ein
andermal wurde Mladic ein sehr mächtiger Serbe, mit dem Präsident
Milosevic
sogar in Belgrad zu rechnen hatte ...
reichte es dem Korrespondenten der hochseriösen "NZZ" endgültig. In
seinem
Bericht ließ er Owen sagen:
Für den früheren Chef der bosnischen Serben, Karadzic, sei Milosevic ein
König gewesen". Gesagt hatte Owen das Gegenteil, nämlich daß Karadzic
sich
selber als König der Serben gesehen habe...
Der Auslöser des blutigen Zerfalls Jugoslawiens war, einer schon in den
frühen 90er Jahren gefestigten öffentlichen Meinung zufolge, der
großserbische Nationalismus, betrieben von Slobodan Miloševi?. Führende
westliche Politiker und Medien waren aus unterschiedlichen Interessen
und
Beweggründen an der Erzeugung dieses Bildes beteiligt. Es liegt auch der
Anklage gegen Slobodan Miloševi? zugrunde. Weil nun die Anklage
offensichtlich große Probleme mit ihren Zeugen hat und die
Beweisführung in
den Kreuzverhören des Angeklagten immer wieder in sich zusammenbricht,
haben
die journalistischen Erfinder des "ethnischen Säuberers" Milosevic
größte
Mühe, um die Fiaskos der Anklage mit ihren Zeugen herumzudichten. Wer
die
Unwahrheit beweisen will, braucht Zeugen, die lügen, und auch da macht
es
erst die Masse. 270 Zeugen hat die Anklage aufgeboten, einer nach dem
andern
flog als Lügner auf. Von ihren Auftritten, die oft auch sehr amüsant
verlaufen, berichten die Medien so gut wie nichts. Und wenn sie einmal
berichten, dann so objektiv wie einst über die Kriege in Ex-Jugoslawien.
Lord Owen war der 262. Zeuge in diesem Prozeß. Das Gericht, nicht die
Anklage, hatte ihn geladen. Aus seinem Buch Balkan Odyssey, in dem der
ehemalige britische Außenminister seine Erfahrungen als EU-Beobachter im
zerfallenden Jugoslawien und das Scheitern des Vance-Owen-Friedensplanes
festgehalten hatte, wußten die Ankläger, daß er ein gefährlicher Zeuge
werden konnte. So beschreibt Owen die Anerkennung von Slowenien,
Kroatien
und Bosnien durch die EU als schweren Fehler, er charakterisiert die
jugoslawischen Kriege als Bürgerkriege und nicht als serbische
Aggression,
die bosnischen Muslime sind in seinen Augen keineswegs nur Opfer und den
kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman hält er für weit schlimmer als
Miloševi?.
Dennoch machte der Hauptankläger Nice den Versuch, den Zeugen Owen alles
bestätigen zu lassen, was die Anklage Miloševi? vorwirft. Mit sehr
mäßigem
Erfolg. Owen glaubt zwar, daß Miloševi? trotz des Embargos die
bosnischen
Serben mit Brennstoff und anderen Gütern beliefert habe, hob aber
ausdrücklich hervor, daß er keine Beweise dafür habe und daher nur seine
Vermutung ausspreche. Als unerwünschtes Nebenergebnis bringt die
Befragung
Owens Behauptung, daß die bosnischen Serben aus der Republik Kroatien
reichlich Brennstoff bezogen hätten, und daß Milosevic als Präsident der
Teilrepublik Serbien zwar die Polizei kontrollierte, keineswegs aber
auch
die jugoslawischen Streitkräfte.
Besondere Mühe gab sich Nice, den prominenten Zeugen bestätigen zu
lassen,
daß Miloševi? in seinen Friedensbemühungen nicht aufrichtig gewesen
sei. Ob
es denn nicht sein eigentliches Ziel gewesen sei, durch eine
Friedensregelung die Eroberungen der bosnischen Serben <br/><br/>(Message over 64 KB, truncated)