[La vicenda del Montenegro, forse, non riguarda più la tragedia
complessiva della Jugoslavia. Si tratta infatti, adesso, di una vera e
propria farsa: un secessionismo surreale, in grado di ispirare pezzi
di straordinaria letteratura umoristica quale è, in gran parte, questo
che segue di Juergen Elsaesser.
Il Montenegro che si stacca dalla Serbia è come la Svevia che se ne va
dalla Germania (o come la Toscana che secede dall'Italia, se
preferite): una contraddizione in termini, insomma. Ciò non toglie che
il regime mafioso di Djukanovic stia causando davvero, da anni, gravi
danni alla società montenegrina in seguito a scelte deliranti, quale
quella di cambiare nome alla lingua ufficiale dello Stato. Djukanovic
infatti non vuole più sentir parlare del "serbo" (tantomeno del
serbocroato, ovviamente): come se i toscani non volessero più parlare
"italiano". In Montenegro, da circa un anno è in atto una vera e
propria persecuzione contro alcuni insegnanti di lingua, che si sono
rifiutati di rinominare i propri corsi come corsi di "lingua madre"
(sic)...]

http://www.jungewelt.de/2005/08-02/003.php

02.08.2005

Thema
Jürgen Elsässer

Oberschwaben an der Adria

Im Freilandlabor der neuen Weltordnung: Mitten in Europa sollen ein
neuer Staat, ein neuer Mensch und eine neue Sprache geschaffen werden

Nehmen wir einmal an, es wäre ein Schwabenstreich, wenn auch ein
blutiger, oder vielmehr ein Anti-Schwabenstreich: In einem
zehnjährigen Bürgerkrieg hat sich Deutschland in seine Bestandteile
zerlegt. Protestanten gegen Katholiken, Bayern gegen Preußen, Wessis
gegen Ossis, Linke gegen Rechte – jeder hat sein eigenes Ländchen
bekommen, ganz wie im Mittelalter. Grimmelshausen, Simplizissimus,
Mutter Courage, geköpfte Bauern, gepfählte Arbeiter, aufgeschlitzte
Mütter – Mitteleuropa hat Blut gesoffen, und zwischen Rhein und Oder
ist nur noch ein territorialer Flickenteppich aus unselbständigen
Fürstentümern und Bistümern und Freihandelszonen geblieben. Der
staatliche Rest, der sich nach wie vor mit dem schönen Namen
Bundesrepublik Deutschland schmückt, besteht eigentlich nur noch aus
Baden, Württemberg und einigen angrenzenden bayrischen und hessischen
Regionen. Weil auch dort Schwaben wohnen und schon immer gewohnt
haben, beansprucht die Regierung in Stuttgart die Hoheit über diese
Grenzprovinzen. Bei der NATO und der EU in Brüssel denkt man anders,
warnt vor ethnischen Säuberungen, läßt elf Wochen Bomben regnen auf
die Trotzköpfe. Dreitausend Tote später rückt die NATO in Augsburg und
Neu-Ulm ein, um die Menschenrechte zu schützen, sieht aber der
anschließenden Vertreibung der Schwaben durch die bayrische Mehrheit
untätig zu. Dann stürzt die Opposition den Schurken im Stuttgarter
Schloß, der seither in einem Haager Kerker schmachtet, und eine
NATO-freundliche Regierung übernimmt die Geschäfte. Auf Brüsseler
Initiative ändert sie bald den Staatsnamen: Damit niemand mehr an die
frühere gemeinsame Föderation denke, wird aus der Bundesrepublik
Deutschland ganz prosaisch Baden-Württemberg.


Gsi und gwä

Nun beginnt der letzte Akt des Dramas, die Tragödie wiederholt sich
als Farce. In Oberschwaben hat sich, angespornt aus Brüssel und
Washington, eine Regionalregierung etabliert, die das Ländchen
zwischen Biberach und Bodensee gerne von Baden-Württemberg losreißen
und für unabhängig erklären möchte. Zunächst hat man die Deutsche Mark
als Zahlungsmittel abgeschafft und den Euro eingeführt und eine
Zollgrenze zum Rest des Staates eingerichtet. Da die Oberschwaben sich
aber nach wie vor als Schwaben fühlen und nicht so recht wissen, warum
sie sich von ihren Brüdern und Schwestern in Stuttgart und Tübingen
abspalten sollen, versuchen ihnen ihre Landesherren überdies
einzureden, sie seien gar keine Schwaben, sondern Edelalemannen. Flugs
wird die Geschichte umgeschrieben und darauf verwiesen, daß Städte wie
Rottweil im Mittelalter zur Eidgenossenschaft gehört haben und
Augsburg etwa habsburgisch gewesen sei. Um den Einfluß der
württembergischen Landeskirche zu brechen, wurde schließlich sogar
eine eigene oberschwäbisch-reformierte Kirche gegründet. Die hat so
wenig Anhänger und nicht einmal eigene Gotteshäuser, daß die Messen in
Regierungsgebäuden abgehalten werden müssen.

Die komplizierteste Operation war die Neuschaffung einer eigenen
Sprache. Dabei folgte man in Oberschwaben dem Vorbild der
Separatisten, mit deren Amoklauf die deutsche Tragödie begann. Als
Bayern sich nämlich von der Bundesrepublik lossagte, war das stärkste
und dümmste Argument, daß die Sprache im Freistaat mit dem Deutschen
eigentlich gar nichts zu tun habe. In vielen Jahrhunderten
Selbständigkeit vor der Gründung des Bismarckreiches – und selbst
danach noch – hätten sich eine Vielzahl eigener Wörter und Begriffe,
ja sogar eine eigene Grammatik herausgebildet. Welcher Saupreiß wisse
schon, was eine Semmel oder ein Wolpertinger sei, und die doppelte
Negation – »koi ... net« – erinnere auch eher ans Französische »ne ...
pas« als an den Duden. »Mir san mir« war der Schlachtruf, mit denen
wildgewordene Fans beim Heimspiel von 1860 über die Geißböcke des 1.
FC Köln herfielen – so hatte der zehnjährige Bürgerkrieg begonnen.
Derweil lachten sich die Herren bei BMW ins Fäustchen, denn bei dem
ganzen kulturellen Hickhack sprach niemand davon, daß sie hinter dem
ganzen Separatismus steckten, weil sie sich von einem selbständigen
Bajuwarien weniger Steuern versprachen als in einem Gesamtdeutschland
mit dem chronisch defizitären Osten.
War schon die linguistische Rabulistik der Münchner Sezessionisten
jedem Sprachwissenschaftler ein Graus, so erst recht der
Sprachenkrieg, den nun die Regionalfürsten von Biberach und Bad
Schussenried gegen Stuttgart entfachten. Denn zwischen dem Bayrischen
und dem Hochdeutschen gab es ja tatsächlich gewisse Unterschiede, wenn
auch eher idiomatisch. Doch worin soll sich das Oberschwäbische vom
Schwäbischen unterscheiden? Die simple Umtaufung des Oberschwäbischen
in Edelalemannisch brachte da nicht weiter. Hilfsweise verwies man
dann auf »gsi« und »gwä«: Der Stuttgarter sagt »gwä« anstelle von
»gewesen«, irgendwo auf der Schwäbischen Alb beginnt das Gebiet der
»gsi«-Sager. Doch die Trennung an diesem einen Wörtchen war nicht nur
lächerlich, sie war auch unbrauchbar: Die Gsi-isten bildeten nämlich
nicht nur in Oberschwaben die Mehrheit, sondern auch in Südbaden, also
zwischen Freiburg und Lörrach – und dieses Gebiet stand fest zum
Gesamtstaat.


Im Land der Schwarzen Berge

Nun wird es Zeit, von der tragikomischen Fiktion zur realen Tragödie
zurückzukehren. Was im deutschen Narrenspiegel gezeigt wurde, war
nämlich nichts anderes als die neuere jugoslawische Geschichte und
ihre jüngsten Wirrungen. Die Lostrennung von Kroatien im Bürgerkrieg
1991 war das Grab der Föderation, und begründet wurde es mit den
vermeintlichen kulturellen, religiösen, geschichtlichen und
sprachlichen Eigenheiten der Teilrepublik. Damit wurde das schnöde
finanzielle Interesse kaschiert – Kroatien wollte seine
Deviseneinnahmen aus dem Tourismus nicht mehr mit dem
hochverschuldeten Süden der Föderation teilen. In einem zehnjährigen
Bürgerkrieg zerlegte sich Jugoslawien in seine Bestandteile, und wer
bis dato nur Serbokroatisch beherrschte, konnte am Ende als
Dolmetscher für Serbisch, Kroatisch und Bosnisch renommieren, ohne daß
er mehr als ein paar umgangssprachliche Wörter dazugelernt hätte. Wie
immer in solchen Fällen, hat der Separatismus nicht mehr, sondern
weniger Weltoffenheit gebracht. Während das Serbokroatische (und heute
noch das Serbische) die international gebräuchlichen Monatsnamen
verwendet – also januar, februar, decembar usw. –, haben die Kroaten
irgendwelche alten Bezeichnungen aus dem Mittelalter aufgewärmt, die
kein Tourist versteht.

Im Jahre 1992 wurde die Sozialistische Föderative Republik
Jugoslawien, also der von Tito gegründete Staat, in die Bundesrepublik
Jugoslawien umgewandelt. Diese bestand neben Serbien (einschließlich
Kosovo) nur noch aus Montenegro. Dort hatten sich bei einem Referendum
in jenem Jahr satte 94 Prozent für den gemeinsamen Staat
ausgesprochen. Diese Mehrheit war zwar in den kommenden Jahren immer
stärker abgebröckelt, aber hatte sich gehalten. 1997 sagte sich Milo
Djukanovic, ursprünglich ein Zögling des serbischen Staatschefs
Slobodan Milosevic, von seinem Übervater los und versprach den
Montenegrinern eine baldige Unabhängigkeit. Doch trotz
Westunterstützung und Yuppie-Bonus gewann er die Präsidentschaftswahl
gegen seinen projugoslawischen Mitbewerber Momir Bulatovic im selben
Jahr nur mit dem hauchdünnen Vorsprung von 5000 Stimmen, und selbst
dabei soll, so Kritiker, nachgeholfen worden sein. Seither schwingt
das Pendel bei jeder Wahl mal ein bißchen mehr in die eine, mal in die
andere Richtung.

Grund für die proserbischen Sympathien bei etwa der Hälfte der
Bevölkerung ist die Tatsache, daß sich die meisten Montenegriner – im
Unterschied zu Kroaten, Muslimen oder Albanern – niemals von den
Serben unterdrückt gefühlt haben, sondern sich – ganz im Gegenteil –
als deren bessere Hälfte betrachten. »Jeder Montenegriner ist Serbe,
aber nicht alle Serben können Montenegriner sein«, lautet ein
Sprichwort. Die kulturellen, religiösen, historischen und sprachlichen
Unterschiede zwischen Belgrad und der hiesigen Hauptstadt Podgorica
(früher Titograd) sind jedenfalls ebenso gering wie die zwischen
Stuttgart und Biberach. Als 1918 das erste Jugoslawien als »Königreich
der Serben, Kroaten und Slowenen« gegründet wurde, verzichteten die
Montenegriner im Überschwang der proserbischen Gefühle auf die Nennung
ihrer Nationalität im Staatstitel. Wie erfreulich wurscht den meisten
Söhnen und Töchtern der Schwarzen Berge der Ethnoquatsch ist, zeigt
nicht zuletzt das Beispiel der Familie Milosevic: Slobodan bezeichnet
sich als Serbe, sein Bruder Borislav als Montenegriner.


Bekämpfte Verfassungsfreunde

Mit der Abschaffung des Staatsnamens Jugoslawien und der Einführung
der schlichten Staatsbezeichnung Serbien-Montenegro im Frühjahr 2003
versprach EU-Außenbeauftragter Javier Solana den Montenegrinern, in
drei Jahren könne ein Referendum über die Unabhängigkeit stattfinden.
Doch wer soll da abstimmen? Im Land der Schwarzen Berge leben 650000
Menschen, doch noch einmal 300000 dort Geborene haben sich im
benachbarten Bruderstaat Serbien niedergelassen. Dessen Premier
Vojislav Kostunica hat eine Liste von 270000 Montenegrinern vorgelegt,
die ihren Wohnsitz zwar in Serbien haben, aber nichtsdestotrotz über
die Zukunft ihrer Heimat abstimmen wollen – so wie auch
Hunderttausende von Auslandsdeutschen bei jeder Bundestagswahl
mitwählen dürfen, obwohl sie Rhein, Spree oder Donau schon jahrelang
nicht mehr gesehen haben. In Brüssel schwankt man, tendiert eher zum
Erhalt des Gesamtstaates, doch man zeigt Djukanovic die Instrumente
nicht. Als der etwa im Frühjahr 2005 die eigentlich ebenfalls im
Vertrag von 2003 zugesagte Wahlen zum Föderationsparlament einfach
absagte, gab Solana, der Schöpfer von Serbien-Montenegro und
Schutzpatron des Kontraktes, klein bei.

Angesichts der freundlichen Großwetterlage hat Djukanovic nur noch ein
Problem auf dem Weg zu seinem eigenen Staat, nämlich die innere
Opposition. Die Massenmedien hat er bis auf eine Tageszeitung – Dan in
Podgorica – im Griff. Deren Chefredakteur wurde letztes Jahr
erschossen, die Regierung verweigert einen Untersuchungsausschuß zur
Aufklärung der Bluttat.

Die serbisch-orthodoxe Kirche hat er durch eine hausgemachte
montenegrinisch-orthodoxe geschwächt, deren Gründung mangels eigener
Sakralbauten in einer Polizeistation und durch andernorts
exkommunizierte, jedenfalls kriminelle Pseudo-Priester erfolgte. Die
gemeinsame Währung – der jugoslawische Dinar – ist seit November 1999
abgeschafft, zusätzlich werden die Importe aus der serbischen
Bruderrepublik durch hohe Binnenzölle gebremst. Internationale
Investoren werden dagegen durch Niedrigsteuern angelockt. Ziel der
Regierung ist es, Montenegro als »freie Wirtschaftszone« zu etablieren
– als ein Off-Shore-Paradies für internationale Anleger und
Finanzschwindler. Aber außer russischen Oligarchen und albanischen
Kriminellen, die sich die Filetstücke an der Küste zusammenkaufen,
haben sich nur zwei größere Investoren blicken lassen: Die deutsche
Telekom hat über ihre ungarische Tochter das Telefonnetz aufgekauft,
eine belgische Brauerei die berühmte Biermarke Niksicko Pivo.

Was die Verbindung mit Serbien angesichts des Crash-Kurses der
montenegrinischen Separatisten noch zusammenhält, ist die gemeinsame
Sprache als Kristallisationspunkt der gemeinsamen Kultur und
Geschichte. Hier setzt Djukanovic seit 2004 den Hebel an. Über seinen
Kultusminister ließ er verkünden, man müsse »einen neuen Menschen, der
sich seiner montenegrinischen Identität bewußt ist«, schaffen. Von
dieser nebulösen Neu-Identität ist freilich nur eines bekannt, nämlich
daß sie nicht serbisch verunreinigt sein dürfe. Zu Schuljahresbeginn
am 23. August 2004 erhielten die Serbischlehrer an den öffentlichen
Schulen eine mündliche Anweisung, daß ihr Unterrichtsfach künftig
nicht mehr Serbisch heiße, sondern »Muttersprache«. Den Eltern der
Schulkinder obliege dann die Wahl, ob die Muttersprache in Zeugnissen
und anderen Dokumenten als serbisch, montenegrinisch, kroatisch oder
bosnisch ausgewiesen werde. Das wäre, um im Vergleich zu bleiben, etwa
so, als ob an der Schulen in Oberschwaben nicht mehr nur Deutsch
unterrichtet werde, sondern ersatzweise auch schwäbisch, alemannisch,
fränkisch oder bayrisch.

Am Gymnasium in Niksic weigerten sich die Lehrer. Zum einen, weil die
Rechtsgrundlage fehlte: Die Verfassung Montenegros schreibt als
Landessprache Serbisch vor, diese Verfassung war aber nicht geändert
worden. Es gab darüber hinaus keinen Parlamentsbeschluß, nicht einmal
einen Regierungsbeschluß, noch nicht einmal einen Erlaß des
Kultusministeriums.

Zum anderen war die Anweisung schlicht undurchführbar: Es gab und gibt
nämlich nur Lehrpläne für Serbisch, für keine anderen der genannten
Sprachen oder vielmehr Idiome. Zwar hätte man das für Kroatisch oder
Bosnisch mit Hilfe der Regierungen der Nachbarländer nachholen können
– doch ausgerechnet für Montenegrinisch war das völlig unmöglich, denn
– siehe oben – es existieren keine Unterschiede zum Serbischen, es
gibt keine montenegrinische Lexik und keine montenegrinische
Grammatik, und es kann sie auch nicht geben. Die ganze Operation dient
nur dazu, um über die Abschaffung des gemeinsamen Sprachtitels die
Menschen im Land schon von Kindesbeinen an zu spalten und vor allem
von ihrer wichtigsten Gemeinsamkeit mit Serbien abzubringen.

Im September 2004 traten 54 Serbischlehrer in Niksic gegen den
linguistischen Putsch in den Streik, ihre Schüler an den Gymnasien und
einigen Volksschulen folgten. Die Widerständler verlangten die
Respektierung der Verfassung und der durch die Verfassung garantierten
Sprache – was selbstverständlich nicht ausschließe, daß andere
Sprachen oder Dialekte zusätzlich ebenfalls unterrichtet werden
könnten. Als der Protest sich immer mehr verbreitete, zog der
Staatschef höchstpersönlich die Notbremse: In einer Fernsehansprache
an sein Natiönchen kündigte Djukanovic harte Strafen für alle an, die
den Unterricht nicht wieder aufnähmen. Ihr Verhalten sei illegal –
verkündete er, der Verfassungsbrecher. Daraufhin wollten nur noch 28
Lehrer weiterstreiken. Die Angst der anderen ist verständlich: In
einem Land mit über 50 Prozent Arbeitslosigkeit und einem
durchschnittlichen Monatseinkommen von 80 Euro bedeutet eine Kündigung
den Fall unter das Existenzminimum. Eine neue Arbeit ist kaum zu
finden, da die Industrieproduktion seit 1990 um über 40 Prozent
eingebrochen ist. Ein Drittel der ungefähr 110 000 Beschäftigten des
Landes arbeitet für die Regierung, und der Schmuggel, die einzig
florierende Branche, ist ebenfalls symbiotisch mit dem Djukanovic-Clan
verbunden (siehe jW vom 5. Juli).


Ziviler Ungehorsam

Trotz des Streikabbruchs wurden die Demonstrationen fortgesetzt: Den
Rest des Schuljahres gingen jeden Tag zwischen 500 und 1500 Menschen
in Niksic auf die Straße und protestieren friedlich für den
Serbischunterricht. Würde dieser zivile Ungehorsam in Belarus oder
Rußland geübt werden, hätten sich die Organisatoren wohl nicht vor
Auszeichnungen der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Soros Foundation, des
Europaparlaments oder ähnlicher honoriger Einrichtungen retten können.
Da aber Montenegro als ein prowestlicher Staat gilt und die NATO
Djukanovic wegen seiner Gegnerschaft zum Oberschurken Milosevic zu
Dank verpflichtet ist, findet sich kein Sterbenswörtchen über diesen
Vorgänge in den Medien der freien Welt, von Menschenrechtspreisen oder
ähnlichem ganz zu schweigen. Während im übrigen Europa mit
Unterstützung aus Brüssel die sogenannten Minderheitensprachen wie das
Baskische oder das Korsische aus der Versenkung geholt werden, wird in
Montenegro die Sprache der Mehrheitsbevölkerung abgeschafft – und
keiner will etwas davon wissen.
Die 28 Lehrer, die sich nicht einschüchtern ließen, wurden aus dem
Schuldienst geworfen und haben Berufsverbot, neun wurden darüber
hinaus mit Strafprozessen überzogen. Sie selbst haben schon vor bald
einem Jahr Verfassungsbeschwerde gegen die Schulbehörde erhoben. Das
Verfassungsgericht hat, wie in Gangsterstaaten so üblich, noch nicht
einmal reagiert. Die neue »Muttersprache« wird selbstverständlich
weiter unterrichtet. Wie schrieb Max Weinreich so treffend: »A shprakh
iz a diyalekt mit an arme un a flot.«

* Kontakt zu der Lehrerinitiative (Aktiv profesora i nastavnika
srpskog jezika i knjizevnostih srednjih i osovnih skola): srpski@...