(Il Kosovo si trova oggi al centro della ridefinizione delle sfere di influenza in Europa, preso in particolare tra le nuove ambizioni geopolitiche tedesche, la massiccia presenza e attività militare statunitense nei Balcani, e l'attività diplomatica "europea" della Russia, come spiega l'articolo del sito German Foreign Policy che riportiamo di seguito.
Sulla restaurazione coloniale in Kosovo ricordiamo che in lingua tedesca è uscito anche il recente libro di Hannes Hofbauer "Experiment Kosovo. Die Rückkehr des Kolonialismus", di cui avevamo già segnalato una recensione - [JUGOINFO 28 novembre 2008] http://it.groups.yahoo.com/group/crj-mailinglist/message/6246 - e di cui qui ne presentiamo una seconda. a cura di IS)

Kosovo: Kampf um den "Vorhof"

1) Kampf um den "Vorhof" (GFP)
2) Hannes Hofbauer: Experiment Kosovo (GFP)
 

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Kampf um den "Vorhof"
 
14.07.2009
BERLIN/BELGRAD/PRISTINA
 
(Eigener Bericht) - Die EU soll den Einfluss der Vereinigten Staaten in Südosteuropa zurückdrängen und dort die alleinige Hegemonie an sich ziehen. Dies fordern Berliner Regierungsberater und plädieren deshalb für eine rasche Ernennung sämtlicher Staaten des "Westbalkan", darunter Serbien, zu EU-Beitrittskandidaten. Brüssel dürfe keinesfalls zulassen, dass Südosteuropa als "Vorhof" der USA eingestuft werde, heißt es in einem vor kurzem publizierten Strategiepapier der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), das zu einem Ausgleich mit Russland rät. Das Land sei wirtschaftlich mittlerweile "in der Lage", "als Führungsmacht" nach Südosteuropa zurückzukehren, erklärt der Autor und verlangt, eine neue Phase der Kooperation mit Moskau einzuleiten - unter anderem über ein gemeinsames Pipelineprojekt ("South Stream"). Die bislang üblichen scharfen Offensiven gegen russische Interessen in dem Gebiet führten heute nicht mehr zum Erfolg, heißt es in dem Papier, das ein Schlaglicht auf die geostrategischen Hintergründe der Abspaltung des Kosovo wirft. Die katastrophale Entwicklung der südserbischen Provinz unter westlichem Protektorat beleuchten aktuelle Berichte von Menschenrechtsorganisationen.

Orientierungshilfe

Wie die SWP in einem kürzlich publizierten Strategiepapier verlangt, soll die EU ihre Einflussarbeit in Südosteuropa deutlich ausbauen. Dies gelte vor allem für den Westen der Region ("Westbalkan"): für Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Makedonien, Montenegro und Serbien inklusive der Provinz Kosovo, die von 22 Mitgliedsländern der EU als "Staat" bezeichnet wird. Die SWP hat die Südosteuropa-Reise von US-Vizepräsident Joseph Biden im Mai sorgfältig beobachtet und rechnet mit verstärkten Aktivitäten Washingtons in dem Gebiet. Brüssel dürfe "nicht zulassen, dass dieser Raum" als "Vorhof" der Vereinigten Staaten betrachtet werde, heißt es in dem Strategiepapier. "Der Westbalkan" könne "nicht anders als ein zukünftiger Teil der EU behandelt werden", verlangt der Autor. Um den deutsch-europäischen Hegemonialanspruch zu verdeutlichen, müssten umgehend sämtliche Staaten der Region zu EU-Beitrittskandidaten erklärt werden. Dies gelte insbesondere auch für den größten und bevölkerungsreichsten von ihnen, Serbien. Dabei diene die Aussicht auf EU-Mitgliedschaft laut dem Brüsseler Erweiterungskommissar Olli Rehn als "Kompass, der den Ländern in der Region hilft, sich zu orientieren".[1]

Erstarkt und entschlossen

Zugleich plädiert die SWP für einen Kurswechsel in der deutsch-europäischen Südosteuropapolitik mit Blick auf Russland. Wie es in dem Strategiepapier heißt, ist Moskau erstarkt und "wirtschaftlich in der Lage", "als Führungsmacht in diese Gebiete zurückzukehren".[2] Dazu sei es "politisch auch entschlossen". Berlin und Brüssel dürften das russische Störpotenzial nicht ignorieren: Maßnahmen der EU drohten "verhindert oder zumindest stark beeinträchtigt" zu werden, wenn man "Russlands Möglichkeiten, die politischen Abläufe dort mitzubestimmen, übersehe". Der Westen habe bislang "auf das Nachgeben oder schlicht das Unvermögen Moskaus gesetzt, Alternativen zu erzwingen". Wie die Weigerung Russlands, die Sezession des Kosovo anzuerkennen, beweise, könne heute aber nicht mehr "erwartet werden, dass sich Moskau den Vorgaben der USA immerzu anschließen wird".

South Stream

Die Vorschläge der SWP für die deutsch-europäische Südosteuropapolitik laufen darauf hinaus, Russland punktuell einzubinden und damit den Einfluss der USA zu schmälern. "Die EU sollte es sich (...) zur Aufgabe machen", heißt es in dem Papier, "Russland so umfassend wie möglich in die Gestaltung der politischen Entwicklung des Westbalkans einzubeziehen."[3] Der Autor spricht sich zu diesem Zweck für "die Verwirklichung des Projekts South Stream" aus. "South Stream" ist ein italienisch-russisches Pipelineprojekt, das in zwei Röhrensträngen Erdgas aus dem russischen Teil des Kaukasus nach Nord- und Süditalien führen soll und dabei mehrere südosteuropäische Staaten kreuzt. In Südosteuropa genießt das Projekt, das als Gegenstück zur deutsch-russischen Pipeline "Nord Stream" gilt, erhebliche Sympathie. "Für die Festigung der politischen Kooperation zwischen der EU und Russland im Westbalkan" wäre seine Realisierung "von Vorteil", heißt es bei der SWP.

Staatenkette

Die Einbindung Russlands in Südosteuropa ist der SWP zufolge nicht nur unumgänglich - so sei Serbien wegen seiner Weigerung, die Sezession des Kosovo anzuerkennen, ebenso an Moskau gebunden wie Montenegro, dessen Wirtschaft sich heute "fest in russischer Hand" befinde.[4] Die Einbindung Russlands sei allerdings inzwischen auch ohne Schaden möglich. Seitdem sich "eine ununterbrochene Kette von Staaten zwischen dem Baltikum und dem Schwarzen Meer der NATO angeschlossen hat, steht fest, dass Moskau nicht mehr damit rechnen kann, seine militärische Macht bis zum Adriatischen Meer zu projizieren", urteilt die SWP. Es scheint Berlin daher möglich, beruhigt und mit klarem Nutzen zu einer neuen Phase der Kooperation überzugehen und mit Moskau auf dem Energiesektor zusammenzuarbeiten, ohne ernsthafte russische Hegemonialbestrebungen befürchten zu müssen.

Westliche Hegemonie

Zu den Ausflüssen der geostrategischen Hegemonialkämpfe zwischen dem Westen und Russland, die das SWP-Papier beleuchtet, gehören auch der Krieg gegen Jugoslawien und die Besetzung des Kosovo inklusive des Sezessionsversuchs im vergangenen Jahr. Die Folgen der Inbesitznahme der Provinz durch den Westen, die unter anderem Moskau noch weiter zurückdrängen sollte, beleuchten einmal mehr aktuelle Berichte von Menschenrechtsorganisationen. Demnach stagniert nicht nur die Arbeitslosigkeit bei geschätzten 40 bis 60 Prozent, weshalb fast die Hälfte aller jungen Kosovaren zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit im Ausland bereit sind.[5] Auch die Lage der Minderheiten ist nach wie vor katastrophal. Besonders betroffen sind Roma, deren Lebensverhältnisse sich unter der Herrschaft des Westens dramatisch verschlechtert haben.

Kein Thema

Erst kürzlich hat etwa Human Rights Watch darauf hingewiesen, dass die westlichen Besatzer seit zehn Jahren Hunderte Roma in bleiverseuchten Lagern unterbringen. Wie die Organisation schreibt, sind davon zahlreiche Bewohner eines Roma-Viertels in Mitrovica betroffen, das im Juni 1999 von Kosovo-Albanern geplündert und gänzlich niedergebrannt wurde. Rund 8.000 Menschen mussten damals fliehen. Viele von ihnen wurden von den westlichen Besatzern in Lager auf einem stark mit Blei kontaminierten Gelände gebracht. "Dieser Umzug sollte ursprünglich nur eine Zwischenlösung sein", berichtet Human Rights Watch.[6] Die hohe toxische Belastung wurde erstmals im Jahr 2000 dokumentiert, besonders Kinder sind gefährdet. Dennoch vegetieren bis heute fast 700 Roma in den verseuchten Lagern. Für den Westen ist ihre Lage bis heute kein Thema.

[1], [2], [3], [4]s Russlands Rückkehr auf den Westbalkan; SWP-Studie S 17, Juli 2009
[5] Fast die Hälfte der jungen Bürger will auswandern; Der Standard 08.06.2009
[6] Kosovo: Vergiftete Lager sollen umgehend geschlossen werden; Human Rights Watch 24.06.2009. S. auch Unter deutscher AufsichtWillkür an der Macht,Die Mafia als Staat und Hannes Hofbauer: Experiment Kosovo

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Siehe auch: 
Rezension auf jungeWelt.de - http://www.jungewelt.de/2008/11-17/002.php 

Hannes Hofbauer: Experiment Kosovo
 
Die Rückkehr des Kolonialismus
Wien 2008 (Promedia Verlag)
264 Seiten
17,90 Euro
ISBN 978-3-85371-285-6

23.03.2009
Das Kosovo, resümiert Hannes Hofbauer trocken, startet als "failed state". "Die Kernelemente seiner Wirtschaft funktionieren nicht, sozialer Aufstieg findet zwischen Schwarzmarkt und Massenemigration statt und seine politische Elite steht unter äußerem Druck." Militärisch wird das Gebiet völlig von der NATO kontrolliert, in Zivil herrschen unter dem Deckmantel der UNO vor allem die großen Staaten aus der EU - über den Ausverkauf ehemals staatlichen Eigentums ebenso wie über Polizei und Justiz. Dominant ist in jedem Falle das Ausland, während sich im Innern brutale Mafiastrukturen an die Macht gebracht haben. All dies, schreibt Hofbauer, erinnert stark an die unterschiedlichen Fremdherrschaften in Südosteuropa vor dem Ersten Weltkrieg: Die "Verzahnung von militärischer Präsenz, politischer Oberherrschaft und wirtschaftlicher Macht in den Händen auswärtiger Institutionen schließt (...) an koloniale Traditionen an."

Die Zurichtung des Kosovo zur europäischen Kolonie hat Hannes Hofbauer in seinem neuen Band "Experiment Kosovo" systematisch dokumentiert. Einem eingehenden Überblick über die geschichtlichen Hintergründe des Gebiets folgt ein Abriss der Zerstörung Jugoslawiens in den 1990er Jahren, eine detaillierte Darstellung der Entwicklung des Kosovo unter westlicher Protektoratsherrschaft und ein Ausblick auf die wichtigsten Tendenzen nach der völkerrechtswidrigen Sezession. Hofbauer schreibt in historischer Perspektive, nutzt für den Band seine umfangreichen Recherchen vor Ort, kann dabei auf zahlreiche Interviews mit nicht nur einfluss-, sondern auch einblicksreichen Persönlichkeiten zurückgreifen und gestaltet seinen Bericht mit reportageähnlichen Passagen erfreulich bildhaft. Präzise Beobachtungen zu den zentralen Triebkräften der Entwicklung verleihen seinem Buch Gewicht.

Man könnte Hofbauers Ausführungen zu dem erstaunlichen kosovarischen Handelsbilanzdefizit erwähnen. 200 Millionen Euro betrugen 2008 die Ausfuhren, 1,9 Milliarden Euro - fast das Zehnfache - die Einfuhren. "Kosovo hat eines der liberalsten Handelsregime der Welt", zitiert Hofbauer das fast zynische Lob der Weltbank, "mit zwei Zolltarifsätzen, einem 0%igen und einem 10%igen Tarif sowie ohne jede Mengenbeschränkung". Die Folge: "Massenhafte und billige Einfuhren überschwemmen den kosovarischen Markt und verhindern damit konkurrenzfähige Produktion auf dem Binnenmarkt." Der Ökonom Musa Limani hat diesen Sachverhalt gegenüber Hofbauer folgendermaßen ausgedrückt: "Es gibt keinerlei Schutz für lokale Produzenten - im Gegenteil: Die UNMIK fährt ein auf den Kopf gestelltes merkantilistisches System." "Die örtlichen Strukturen", resümiert Limani, "wurden und werden zerstört."

Eindrücklich ist das Gespräch mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Pristina, das Hofbauer Ende 1999 geführt hat - in Belgrad. "Aus unserem Viertel wurden alle vertrieben", berichtet der Vorsitzende der Gemeinde, dessen Mutter, im Jahr 1943 von der SS aus dem Kosovo in das KZ Bergen-Belsen verschleppt, 1999 einen Herzanfall erlitt - "als Albaner im Schutz der NATO ihre Wohnung stürmten". Brutal gingen die nichtjüdischen Kosovaren gegen ihre jüdischen Mitbürger vor: "Die jüdische Gemeinde in Pristina", schreibt Hofbauer, "gibt es nach dem Einmarsch der NATO nicht mehr."

Folgt man Hofbauer, haben die Geschehnisse im Kosovo paradigmatischen Charakter. "Von der Rechtsprechung über die politische Verwaltung bis zur polizeilichen und militärischen Exekutive öffnet sich ein weites Experimentierfeld für hauptsächlich westeuropäische und nordamerikanische Institutionen", schreibt der Wiener Publizist: "Gesellschaftliche Abläufe jenseits bürgerlicher Gewaltenteilung und demokratischer Selbstbestimmung können nach erfolgreichen Probeläufen im Kosovo später anderswo Platz greifen."