(Di seguito un excursus nell'impero mediatico di Bodo Hombach: figura di spicco della "socialdemocrazia" tedesca, responsabile della aggressione militare del 1999, e padrone del monopolio mediatico dei Balcani - soprattutto in Serbia, dove il suo gruppo editoriale WAZ detiene da ormai un decennio il controllo del principale quotidiano, "Politika". Prima del golpe del 2000 vigeva in Serbia un pluralismo editoriale consistente nella dicotomia tra media, soprattutto statali, vicini ai governi di sinistra, e media, soprattutto privati, vicini alla opposizione. Oggi tale pluralismo è stato cancellato e in Serbia, come in Italia e negli altri paesi occidentali, ha spazio assicurato solo la dittatura del mercato capitalista. Per di più, il controllo imperialista tedesco (WAZ) e statunitense (B92) sui media è uno degli aspetti dello status coloniale di quello che un tempo era uno stato sovrano - la Jugoslavia. In Serbia Hombach si adopera ora per porre sotto il suo controllo anche il gruppo Novosti; ma anche negli altri paesi balcanici la sua presenza è più che influente...)



Meinung bilden (I)
 

23.06.2010

BELGRAD/ESSEN
 
(Eigener Bericht) - Dubiose Geschäfte begleiten einen Expansionsversuch der deutschen WAZ Mediengruppe in Serbien. Der Essener Konzern, der vor beinahe neun Jahren mit einem 50-Prozent-Anteil bei einer der zwei bedeutendsten serbischen Tageszeitungen eingestiegen ist, bemüht sich schon lange, auch Anteile an der zweiten maßgeblichen Tageszeitung des Landes zu erwerben. Der Versuch, dies wegen rechtlicher Schwierigkeiten über einen Mittelsmann zu tun, droht gegenwärtig am serbischen Kartellamt zu scheitern. Bemühungen der WAZ, mit politischem und wirtschaftlichem Druck die Expansion auf dem serbischen Pressemarkt erzwingen zu können, haben bislang ebenfalls nicht zum Erfolg geführt. Das deutsche Unternehmen droht nun, es werde sich gänzlich aus Serbien zurückziehen - mit negativen Folgen für die Beziehungen Serbiens zum mächtigen Deutschland. Bei ihren Geschäften in Belgrad, die erst nach dem Sturz von Slobodan Milošević möglich wurden, ließ sich die WAZ vom einstigen Ministerpräsidenten Jugoslawiens, Zoran Djindjić, Geschäftskontakte zu zweifelhaften Kreisen vermitteln. Ein Geschäftsmann, der heute angibt, mit WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach (SPD) zwielichtige Deals diskutiert zu haben, wurde zum Zeitpunkt seiner Kontaktaufnahme zur WAZ in der deutschen Presse als ein "Kopf der Balkan-Mafia" bezeichnet.

Türöffner

Die WAZ Mediengruppe ist auf dem serbischen Medienmarkt seit Oktober 2001 präsent. Damals, gut zwei Jahre nach dem Kosovokrieg und rund ein Jahr nach dem Sturz von Slobodan Milošević, übernahm sie 50 Prozent an dem Belgrader Verlagshaus Politika AD, einem der traditionsreichsten Zeitungsverlage in ganz Südosteuropa. Politika AD gibt die Tageszeitung Politika heraus, die bis heute zu den auflagenstärksten Blättern in Serbien gehört; ihr wird meinungsbildende Funktion für die serbische Oberschicht zugeschrieben. Die Umstände, die 2001 den Einstieg der WAZ bei Politika ermöglichten, sind zum Verständnis der Auseinandersetzungen um die Konzernaktivitäten in Serbien nach wie vor von erheblicher Bedeutung. Medienberichten zufolge diente der damalige jugoslawische Ministerpräsident Zoran Djindjić, der im Januar 2001 - unmittelbar nach dem Sturz von Slobodan Milošević - in sein Amt gewählt worden war, der WAZ als Türöffner in Serbien.[1] Djindjić war mit dem deutschen SPD-Politiker Bodo Hombach befreundet, der im Februar 2002 - nur wenige Monate nach dem Einstieg der WAZ bei Politika - von dem deutschen Medienkonzern als Geschäftsführer engagiert wurde. Hombachs vorherige Tätigkeit ist in Serbien unvergessen: Er koordinierte im Frühjahr 1999 während des Kosovokriegs als Chef des Kanzleramts unter Gerhard Schröder die Politik der deutschen Aggressoren und übernahm im Sommer 1999 den Posten des EU-Sonderkoordinators für den sogenannten Südosteuropa-Stabilitätspakt.

Dominant

Unter Hombachs Ägide gab sich die WAZ mit ihren Politika-Anteilen beileibe nicht zufrieden. Im Jahr 2003 übernahm sie 55 Prozent an der Tageszeitung Dnevnik aus Novi Sad, die sich allerdings weder hinsichtlich ihrer Auflage noch hinsichlich ihres Einflusses mit Politika messen kann. Die WAZ verlegt daneben in Lizenz über ihre Tochter Mediaprint die serbische Ausgabe der Zeitschrift AUTO BILD. Im Jahr 2008 übernahm der deutsche Konzern die Kiosk-Kette Stampa und sicherte sich damit erheblichen Einfluss auf den Pressevertrieb. Von Anfang an hatte die WAZ jedoch vor allem die zweite bedeutende Tageszeitung des Landes, Večernje Novosti ("Abendnachrichten"), im Blick. Politika und Večernje Novosti sind die auflagenstärksten sowie einflussreichsten serbischen Tageszeitungen und dominieren die Meinungsbildung.

Zwielichtige Geschäfte

Die Versuche der WAZ, beim Verlag Novosti AD einzusteigen, der die Zeitung Večernje Novosti publiziert, gingen von Anfang an mit dubiosen Geschäften einher. So heißt es in Medienberichten, Hombach-Freund Zoran Djindjić habe dem deutschen Konzern bereits im Jahr 2001 einen Kontakt zu dem ihm nahestehenden Geschäftsmann Stanko Subotić vermittelt, dessen Dienste in Anspruch genommen werden könnten, solange der WAZ aus rechtlichen Gründen der direkte Zugriff bei Novosti AD verwehrt sei.[2] Über Subotić konnten auch WAZ-Funktionäre zu dieser Zeit in der deutschen Presse lesen, er sei eine zentrale Figur des Zigarettenschmuggels in Südosteuropa; eine Sprecherin des kroatischen Innenministeriums habe ihn gar als einen "Kopf der Balkan-Mafia" bezeichnet.[3] Heute erinnert sich Subotić, die WAZ habe, "seit sie in Serbien präsent ist", Anteile an Novosti AD übernehmen wollen.[4] Subotić berichtet auch, wie er dem Essener Konzern und dessen Geschäftsführer Hombach zwielichtige Händel unterbreitet habe, damit die WAZ mit Hilfe eines Strohmannes bei Novosti AD einsteigen könne.[5] Hombach bestreitet das. Tatsache ist, dass heute ein Mittelsmann namens Milan Beko beträchtliche Anteile an Novosti AD besitzt - und nicht bereit ist, diese Anteile an die WAZ zu verkaufen.

Fürsprecher

Als Grund dafür wird in Serbien genannt, dass das Kartellamt bisher seine Zustimmung verweigert - angesichts der Macht, die sich durch den Besitz der beiden führenden meinungsbildenden Blätter Politika und Večernje Novosti ergäbe, eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung. Über WAZ-Geschäftsführer Hombach hingegen wird berichtet, er habe "alles" versucht, um den Einstieg bei Novosti AD durchzusetzen. Angesichts der immer noch ausstehenden kartellrechtlichen Genehmigung frage er sich jedoch, "ob die Regierung in Belgrad wirklich Herr ihres Landes ist".[6] Wie es heißt, habe Hombach "ein halbes Fußballteam an Fürsprechern" aufgeboten, um Novosti AD in den Besitz des Essener Konzerns zu bringen: die Altkanzler Gerhard Schröder (Deutschland) und Alfred Gusenbauer (Österreich, heute WAZ-Berater), den deutschen Botschafter in Serbien, EU-Kommissar Günther Oettinger und den Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold. Obwohl die genannten "Fürsprecher" sämtlich beim serbischen Präsidenten Boris Tadić intervenierten, blieb ein Erfolg für die WAZ aus.

Ein Alarmsignal

Anfang Juni hat die WAZ nun eine letzte Offensive gestartet. "In anderen Ländern Südosteuropas" sei man "positiv aufgenommen" worden, heißt es in einem Brief von Geschäftsführer Hombach an Präsident Tadić.[7] Nur in Serbien habe man "finanzielle Verluste und öffentliche Verleumdungen hinnehmen müssen". Man werde sich daher aus dem Land zurückziehen. Kurz danach äußerte sich erneut der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft zur Sache. Er hoffe, "dass der angekündigte Rückzug als Alarmsignal wahrgenommen" werde und die WAZ ihre Konzernaktivitäten in Serbien fortführen könne, erklärte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Klaus Mangold.[8] Mangold wies darauf hin, dass Deutschland mittlerweile der wichtigste Handelspartner Serbiens ist und außerdem seine Direktinvestitionen von 278 Millionen Euro im Jahr 2004 auf aktuell gut 1,2 Milliarden Euro ausgedehnt hat. Die deutsche Wirtschaft sei "bereit, ihr Engagement (in Serbien, d. Red.) deutlich zu steigern". Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass die deutschen Firmen Wert darauf legten, von Belgrad Forderungen wie etwa diejenige der WAZ nach einem Einstieg bei Novosti AD erfüllt zu bekommen. Mangolds Äußerungen besitzen Gewicht, da das weithin verarmte Serbien auf Geschäfte mit dem mächtigen Deutschland angewiesen ist. Dem Präsidium von Mangolds Ost-Ausschuss gehört auch WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach an.

Rechtliche Schritte

Die weitere Entwicklung ist ungewiss. Die WAZ gibt an, sie habe jetzt eine Firma mit dem Namen Ardos Holding GmbH übernommen, die in Salzburg ihren Sitz habe und dem Mittelsmann Milan Beko gehöre. Damit seien zwar die 23 Prozent der Novosti-Anteile, die Ardos gehörten, in ihren Besitz gelangt; dennoch halte sie am Ausstieg aus ihren serbischen Geschäften fest.[9] Večernje Novosti berichtet hingegen, die angebliche Ardos-Übernahme durch die WAZ sei in Österreich formal inkorrekt und "betrügerisch" durchgeführt worden; das Vorgehen des Essener Konzerns sei ungültig und untergrabe das serbische Rechtssystem. Man behalte sich rechtliche Schritte vor.[10]

Nur ein Teil

Die Machtkämpfe in Serbien sind nicht die einzigen, die die WAZ bei ihrer Expansion nach Ost- und Südosteuropa führte. Seit Beginn seines Ausgreifens in die Region im Jahr 1990 hat es der deutsche Konzern geschafft, sich allein in Südosteuropa 26 Tageszeitungen und eine Vielzahl an Zeitschriften ganz oder teilweise anzueignen - unter zuweilen bemerkenswerten Umständen. Über die Expansion der WAZ in weiteren Ländern Südosteuropas berichtet german-foreign-policy.com am morgigen Donnerstag.

[1], [2] Hombach, Hitler und die Oligarchen; Süddeutsche Zeitung 19.06.2010
[3] Die Belgrad-Connection; Financial Times Deutschland 13.08.2001
[4] Subotić expands on recent remarks; www.b92.net 23.03.2010
[5] "'I spoke with WAZ, with Mr. (Bodo) Hombah, about the information I received and he said it was alright, if they can get that done, as far as they are concerned, it was acceptable. I met with Mišković and Beko, we spoke about the details and they asked me for EUR 26mn, adding that with that money they could buy 60-65 percent of the Novosti shares, which would then naturally be given to WAZ,' Subotić said. 'I gave Mr. Hombah the details of the conversation, and he accepted that. I made a contract, I received a mandate from WAZ that gave precise details for the contract. I made the same agreement with Beko and Mišković through several of their companies, I can give you the names later so that you can get the documents from them. I paid them EUR 26mn and they bought the shares. They paid EUR 8-9mn for the shares, which means that EUR 26mn minus eight or nine was their profit, the profit they took as people organizing a sale outside of the stock exchange, as mediators and practically sellers of state goods,' Subotić said. When B92 asked WAZ for a reaction, the company said in a written statement that all money for the purchase of Novosti was given directly by the company and that all other claims are false." Subotić expands on recent remarks; www.b92.net 23.03.2010
[6], [7] Hitler und die Oligarchen; Süddeutsche Zeitung 19.06.2010
[8] Ost-Ausschuss bedauert Rückzug der WAZ-Gruppe aus Serbien; www.ost-ausschuss.de 18.06.2010
[9] WAZ hält an Ausstieg aus Serbien fest; derstandard.at 22.06.2010
[10] Hombah pokušava da ukrade "Novosti"; www.novosti.rs 22.06.2010


Meinung bilden (II)
 
24.06.2010

ESSEN/SKOPJE/BELGRAD
 
(Eigener Bericht) - Der serbische Wirtschaftsminister Mladan Dinkić fordert den deutschen Medienkonzern WAZ wegen dubioser Machenschaften zum Rückzug aus Serbien auf. Es könne nicht angehen, dass die WAZ mit zweifelhaften "Hinterzimmergeschäften" sich die Kontrolle über eine der wichtigsten Tageszeitungen des Landes verschaffe, erklärt Dinkić nach Bekanntwerden eines Deals, der dem Essener Konzern eine marktbeherrschende Stellung in Serbien verschaffen sollte. Dabei versuchten die WAZ und WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach (SPD), sich mit Hilfe eines Strohmannes stückweise in den Besitz der Anteilsmehrheit an Večernje Novosti, der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes, zu bringen. Der Strohmann, ein serbischer Oligarch, will die bei ihm zwischengeparkten Anteile nun offenbar nicht herausrücken. Hintergrund des Deals ist, dass die WAZ zunächst wegen kartellrechtlicher Bedenken Večernje Novosti, ein in Serbien meinungsbildendes Blatt, nicht kaufen konnte - und deshalb die Dienste des Strohmannes in Anspruch nahm. Der Essener Medienkonzern ist das stärkste westeuropäische Unternehmen auf dem Pressemarkt in Südosteuropa und hält in mehreren Staaten eine marktbeherrschende Position von bis zu 70 Prozent - abgefedert durch beste Beziehungen ins politische und wirtschaftliche Establishment.

Hinterzimmergeschäfte

Der WAZ-Konzern hat die dubiosen Geschäfte am gestrigen Mittwoch [1] in einer ausführlichen Erklärung eingestanden. Demnach hat sich ein nicht genannter "Vertragspartner" - Bodo Hombach nennt ihn einen "serbischen Oligarchen" - im Dezember 2008 verpflichtet, drei Gesellschaften mit den Namen "Ardos" (Österreich), "Trimax" (Österreich) und "Karamat" (Zypern) an die WAZ zu verkaufen. Die drei Gesellschaften halten insgesamt fast zwei Drittel der Anteile an Novosti AD, dem Verlag, der Večernje Novosti ("Abendnachrichten") herausgibt. Als Novosti AD vor einigen Jahren privatisiert wurde und die WAZ wegen möglicher kartellrechtlicher Einwände nicht selbst zum Zuge kam - sie besitzt bereits 50 Prozent an Politika, der zweiten meinungsbildenden Zeitung des Landes -, da hatte der "Oligarch" die Anteile übernommen und damit den Verkauf des Verlages an einen anderen serbischen Investor verhindert. Das Bekanntwerden des Deals ruft ernsten Ärger in Belgrad hervor. Es könne nicht angehen, dass die WAZ sich mit "Hinterzimmergeschäften" in den Besitz eines "Markenzeichens" wie Večernje Novosti bringe, erklärt der Wirtschaftsminister Serbiens, Mladan Dinkić.[2]

Österreich, Ungarn

Die WAZ, die in diesen Tagen mit ihren Machenschaften für Unmut in der serbischen Hauptstadt sorgt, ist seit Jahren der mächtigste ausländische Konzern auf dem Pressemarkt in Südosteuropa. Die ersten Sondierungen der "WAZ Mediengruppe" in Richtung Ost- und Südosteuropa erfolgten bereits Ende der 1980er Jahre. 1987 stieg der Essener Konzern bei zwei bedeutenden Verlagen in Österreich ein: Er übernahm 50 Prozent der Kronen Zeitung, die mit einer Reichweite von gut drei Millionen Lesern bei einer Gesamtbevölkerung von 8,4 Millionen eine singuläre Stellung im Land besitzt, und 49,4 Prozent an der Wiener Tageszeitung Kurier (Auflage: 200.000). "Damit haben wir uns das Tor nach Südosteuropa geöffnet", urteilte Anfang 2007 der einige Jahre für Südosteuropa zuständige WAZ-Mitarbeiter Andreas Ferlings.[3] In der Tat gelang dem deutschen Unternehmen unmittelbar nach dem Umbruch in Ost- und Südosteuropa der Einstieg in das erste zuvor realsozialistische Land: 1990 übernahm es die ungarische Verlagsgruppe Pannon Lapok Társasága, deren fünf Regionalblätter der WAZ zufolge "in vier Komitaten von der österreichischen Grenze bis vor die Tore Budapests" [4] erscheinen - Gesamtauflage: 225.000 Exemplare.

Große Schlagzeilen, knappe Sprache

Größeren Unmut rief die Südostexpansion der WAZ erstmals in Bulgarien hervor, wo der Konzern 1996 tätig wurde. Zunächst übernahm er die zweitgrößte Tageszeitung des Landes (24 Tschassa), danach zusätzlich auch die größte (Dneven Trud). Dabei wurde der WAZ nicht nur vorgeworfen, sich mit Dumpingpraktiken eine monopolartige Stellung verschafft zu haben [5]; in der Tat beläuft sich der Marktanteil des Unternehmens, das sich in Kartellprozessen in Sofia mit Erfolg behaupten konnte, in Bulgarien heute auf gut 70 Prozent. "Eine unserer Strategien ist es, in Länder zu gehen, in denen das Kartellrecht nicht so weit entwickelt ist", erklärte der ehemalige WAZ-Mitarbeiter Ferlings im Januar 2007 dazu - man versuche Marktanteile aufzukaufen, bevor das Kartellrecht verschärft werde.[6] Bis heute werden daneben Vorwürfe laut, die die qualitative Entwicklung der von der WAZ übernommenen Zeitungen kritisieren. So sei "das Potenzial", die bulgarischen Leser an höhere "Qualitätsstandards heranzuführen", von der WAZ damals "nicht genutzt" worden, sagt ein Medienwissenschaftler in Sofia. Ganz im Gegenteil, klagt eine Journalistin: "Sie brachten ein neues Grafikdesign mit: Größere Schlagzeilen, eine knappere Sprache, große Bilder auf der ersten Seite".[7]

Exklusive Kontakte

Seit Februar 2002 verfügt die WAZ, der zuvor bereits der Einstieg in Kroatien (Dezember 1998), Rumänien (März 2001) und Serbien (Oktober 2001 [8]) gelungen war, über einen Geschäftsführer mit herausragenden Beziehungen nach Südosteuropa. Bodo Hombach (SPD) hatte zwischen 1998 und 2001 exklusive Kontakte knüpfen können, zunächst als Kanzleramtschef bei der Vorbereitung des Kosovokriegs und während der NATO-Bombardements, ab Mitte 1999 als Sonderkoordinator der EU für den sogenannten Südosteuropa-Stabilitätspakt. Der "Stabilitätspakt", der Kooperation und Aufbaumaßnahmen in Südosteuropa fördern sollte, brachte den EU-"Sonderkoordinator" mit dem politischen und ökonomischen Führungspersonal in ganz Südosteuropa in direkten Kontakt. Hombach hatte bereits mit seinen Aktivitäten in Deutschland zuweilen ernsthaften Unmut erregt; ein Landespolitiker in Nordrhein-Westfalen, wo Hombach bis zum Herbst 1998 tätig war, wurde 1999 mit den Worten zitiert, "die Zahl der Intrigen in NRW" habe mit Hombachs Wechsel in das Bundeskanzleramt "signifikant abgenommen".[9] Hombachs Tätigkeit für den WAZ-Konzern in Südosteuropa verlief ebenfalls nicht ohne Konflikte.

Positive Berichterstattung

Schlagzeilen gemacht hat vor allem ein Streit mit der Redaktion der rumänischen Tageszeitung România Liberă in der zweiten Jahreshälfte 2004. Der Streit entzündete sich an Vorgaben seitens der WAZ, die in der Öffentlichkeit unterschiedlich interpretiert wurden. Die WAZ habe România Liberă, eine konservative Zeitung, die zu 70 Prozent dem deutschen Medienkonzern gehörte, von kritischer Berichterstattung über die sozialdemokratische rumänische Regierung abhalten wollen, klagte die Redaktion des Blattes; sie brachte das mit Hombachs SPD-Vergangenheit und mit den engen Kontakten zwischen der deutschen und der rumänischen Sozialdemokratie in Verbindung. Man habe sich nur für Qualitätsstandards und für "positive Berichterstattung" eingesetzt, hieß es hingegen bei der WAZ.[10] Einige Wochen lang beschäftigte der Streit um die Einmischung des deutschen Pressekonzerns in die redaktionelle Arbeit die europäische Öffentlichkeit. Heute wäre dies wohl nicht mehr der Fall. "Hatte die WAZ sich früher rein kommerziell und politisch streng neutral gegeben", urteilte im Frühjahr 2006 ein Kenner, "so rutscht sie mit ihren Balkan-Blättern jetzt in ein betont liberales, pro-westliches Segment." Damit werde "der Konzern auf dem Balkan seiner zunehmend politischen Rolle gerecht".[11] Aufmerksamkeit erregt dies heute nicht mehr.

Vom Außenminister zum Zeitungsmann

Ein herausragendes Beispiel für die engen Verbindungen der WAZ zu den politischen Eliten der Staaten Südosteuropas bieten die Konzernaktivitäten in Mazedonien. Dort kaufte die WAZ im Mai 2003 die drei auflagenstärksten Tageszeitungen des Landes (Dnevnik, Utrinski Vestnik, Vest). Nur wenig später fasste sie ihre Mazedonien-Aktivitäten in der Firma Media Print Mazedonien (MPM) zusammen - wie sie betont, "mit der Genehmigung des Kartellamts".[12] Das muss hervorgehoben werden, denn MPM bündelt nicht nur die vollständige Wertschöpfungskette vom Druck bis zum Vertrieb, sondern kontrolliert mit den drei Zeitungen auch mehr als 70 Prozent des Printmarktes in Mazedonien.[13] Begünstigt werden die mazedonischen Konzernaktivitäten jedenfalls durch beste Beziehungen zum politischen Establishment. Als die WAZ in Skopje einstieg, engagierte sie Srgjan Kerim als Geschäftsführer von MPM. Kerim kennt Deutschland unter anderem aus seiner Zeit als Botschafter seines Landes in der Bundesrepublik (1994 bis 2000), arbeitete im Jahr 2000 kurz als "Sonderbeauftragter für Regionalfragen" des Südosteuropa-Stabilitätspaktes unter Bodo Hombach und amtierte als mazedonischer Außenminister (2000 bis 2001), bevor er im Jahr 2003 den Vorsitz in der Deutsch-Mazedonischen Wirtschaftsvereinigung übernahm - und für die WAZ zu arbeiten begann.

Noch ärmer

"Kein anderer westeuropäischer Verlag ist in Südosteuropa so präsent wie die WAZ Mediengruppe", urteilt der Essener Medienkonzern über sich selbst.[14] Angesichts der Tatsache, dass das deutsche Unternehmen inzwischen 40 Prozent seines Umsatzes und 70 Prozent seines Erlöses im Ausland erzielt, bilanzieren südosteuropäische Kritiker die Aktivitäten der WAZ etwas anders. Beispielhaft hierfür steht der Chefredakteur der heftig umkämpften Tageszeitung Večernje Novosti, Manojlo Vukotić. "Sie sind aufgebrochen, die Medienszene auf dem verarmten Balkan zu erobern", sagte Vukotić kürzlich auch mit Blick auf die Hinterzimmergeschäfte der WAZ mit zum Teil dubiosen Oligarchen, "und sie schaffen es, den Balkan noch ärmer zu machen".[15]

[1] "Serbiens Bürger haben ein Recht auf Wahrheit"; www.derwesten.de 23.06.2010
[2] Probe ordered into newspaper privatization; www.b92.net 23.06.2010
[3] "Wir grasen den Markt ab"; www.medien-monitor.com 30.01.2007
[4] Ungarn; www.waz-mediengruppe.de
[5] European Federation of Journalists: Media Power in Europe: The Big Picture of Ownership, Brussels, August 2005
[6] "Wir grasen den Markt ab"; www.medien-monitor.com 30.01.2007
[7] Staatsfeind Nummer eins; Berliner Zeitung 03.08.2009
[8] s. dazu Meinung bilden (I)
[9] Schröders play-back; Der Freitag 25.06.1999
[10] Lebenslauf Dr. Srgjan Kerim; www.dgvn.de
[11] Flaggschiffe im Visier; Berliner Zeitung 04.05.2006
[12] Mazedonien; www.waz-mediengruppe.de
[13] Vladimir Zlatarsky, Dirk Förger: Die Medien in Mazedonien; www.kas.de 31.08.2009
[14] Das internationale Engagement der WAZ Mediengruppe; www.waz-mediengruppe.de
[15] Serbischer Chefredakteur beschimpft WAZ-Boss; Spiegel Online 24.03.2010