Serbien/Deutschland

Erntezeit. Die Regierung von Serbien und Montenegro wird die
Profitchancen für deutsche Unternehmen in ihrem Land verbessern
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Erntezeit (I)

BELGRAD - Die Regierung von Serbien und Montenegro wird die
Profitchancen für deutsche Unternehmen in ihrem Land verbessern. Dies
ist das Ergebnis der ersten Belgrad-Reise eines deutschen Kanzlers seit
dem Beginn der systematischen Zerstörung Jugoslawiens und seiner
Wirtschaft durch Embargo und Krieg. Der Präsident von Serbien und
Montenegro, das mit maßgeblicher Beteiligung Berlins zu einem der
ärmsten Länder der Welt gebombt wurde, bedankte sich beim deutschen
Kanzler für die ,,politische Unterstützung", die serbische Polizei
begann währenddessen mit der Niederschlagung von Protesten gegen die
wirtschaftliche Ausplünderung des Landes.

Die Regierung Jugoslawiens, dessen größter Handelspartner bis Ende der
1990er Jahre Russland war, hatte sich trotz der von Berlin maßgeblich
geförderten Embargo- und Kriegspolitik1) standhaft geweigert, die
jugoslawische Industrie an westliche Konzerne zu veräußern. Erst die
neue prowestliche Regierung, die - nach tatkräftiger deutscher
Förderung2) - im Oktober 2000 durch einen illegalen Umsturz die Macht
an sich gerissen hatte, begann mit dem Ausverkauf jugoslawischen
Volksvermögens (,,Privatisierung"). Auch den russischen Handelseinfluss
hat sie zurückgedrängt; heute ist Deutschland stärkster
Wirtschaftspartner des Landes.3)

Deutsche Wirtschaftsexpansion: ...

Der deutsche Kanzler forderte jetzt die Belgrader Regierung auf, die
deutsche Wirtschaft stärker bei ihren Expansionsbestrebungen zu
unterstützen.4) Deutsche Unternehmen verlangten entsprechende
Rahmenbedingungen (,,Investitionssicherheit"), die Belgrad garantieren
müsse, erklärte der Kanzler und nahm demonstrativ an der
Gründungsveranstaltung des ,,Wirtschaftskooperationsrates Deutschland -
Serbien und Montenegro" teil. Der Wirtschaftskooperationsrat, der
verstärkte deutsche Investitionen vorbereiten soll, wird auf deutscher
Seite direkt vom zuständigen Parlamentarischen Staatssekretär im
Bundeswirtschaftsministerium geleitet; Co-Vorsitzende sind der
Außenwirtschaftsminister Serbiens und die Außenhandelsministerin
Montenegros. Der Gesamtstaat Serbien und Montenegro ist im Vorsitz des
Gremiums nicht vertreten.

... Übernahmepläne...

In wenigen Monaten soll Belgrad nun die Rahmenbedingungen für deutsche
Investitionen so weit verbessert haben, dass gezielte Übernahmen
beginnen können. Im Frühjahr wird der deutsche Wirtschaftsminister mit
einer deutschen Wirtschaftsdelegation Serbien und Montenegro bereisen
und die Ergebnisse der ,,Restrukturierungsmaßnahmen" in Augenschein
nehmen; das Auswärtige Amt empfiehlt Investitionen in die
kriegszerstörte Infrastruktur und in die montenegrinische
Tourismusbranche als besonders lukrativ. ,,Deutschland unterstützt
Serbien und Montenegro nach Kräften bei der demokratischen und
wirtschaftlichen Erneuerung des Landes", erklärt der deutsche Kanzler
der serbisch-montenegrinischen Öffentlichkeit in einem Interview mit
der deutsch kontrollierten serbischsprachigen Zeitung Politika.5)

... und Widerstand

Währenddessen haben serbisch-montenegrinische Sondereinheiten mit der
Niederschlagung von Protesten gegen die wirtschaftliche Ausplünderung
des Landes begonnen, das noch vor 15 Jahren als einer der
wohlhabendsten Staaten Ost- und Südosteuropas galt und heute nach
Angaben der Weltbank zu den ärmsten Ländern der Welt zählt.
Gewerkschaften demonstrieren in Belgrad und wollen dort zur
Bekräftigung ihrer Forderungen eine ,,Stadt der Hungrigen" errichten.
Sie verlangen die sofortige Einstellung der Privatisierungen.


1) s. dazu ,,Unaufhaltsamer Kriegskurs"
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1053900001.php%5d
und Kurt Köpruner: Reisen in das Land der Kriege
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1052346901.php%5d
sowie Es begann mit einer Lüge. Fälschungen in der Berichterstattung
zum Kosovo-Krieg enthüllt
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/989186400.php%5d
2) s. dazu Tod eines ,,Deutschen"
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1047772983.php%5d
3) s. auch Deutsche Unternehmen wollen jugoslawische Wirtschaft erobern
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1012345200.php%5d
4) s. auch Berlin droht Belgrad
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1055023200.php%5d
5) s. auch Hombach eröffnet der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung den
Medienmarkt in Jugoslawien
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1014073200.php%5d
und ,,Deutscher Blitzkrieg" auf dem Pressemarkt
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1029500348.php%5d
sowie Deutsche Medienmacht in Südosteuropa
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1066428000.php%5d


Quellen:
Bundeskanzler Schröder im Interview mit der serbischen Tageszeitung
Politika; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 29.10.2003
Erstaunlich beliebt. Schröder ist willkommen, denn in
Serbien-Montenegro stehen Deutsche für Erfolg; Frankfurter Rundschau
29.10.2003
Kooperationsrat Wirtschaft Deutschland - Serbien und Montenegro
gegründet; Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Arbeit 30.10.2003
Besuch des Bundeskanzlers in Bratislava und Belgrad; Presse- und
Informationsamt der Bundesregierung 30.10.2003
Serbiens Gewerkschaften proben den Aufstand. Proteste für Neuwahlen und
ein Ende der Privatisierung; die tageszeitung 30.10.2003

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