Subject: Achtung: Veranstaltung mit Olschewski verschoben!
Date: Sat, 7 Oct 2000 22:42:12 +0200
From: Jug Österr Solibewegg <joesb@...>
To:
<joesb@...>
Malte Olschewski stellt sein neues Buch vor:
Von den Karawanken bis zum Kosovo
Die geheime Geschichte der Kriege in Jugoslawien
Donnerstag, 12. Oktober
19 h
Vorstadtzentrum XV
15., Meiselstr. 46/4
Die Veranstaltung, die ursprünglich für Sonntag, 8.10. angekündigt war,
musste verschoben werden, da das Buch zu diesem Zeitpunkt doch noch
nicht
vorgelegen wäre.
Subject: Deutscher General entlarvt Nato-Propaganda als Lüge
Date: Tue, 10 Oct 2000 22:39:08 +0200
From: Jug Österr Solibewegg <joesb@...>
To: <joesb@...>
Nachstehend einige Passagen aus einem Interview mit Brigadegeneral a.D.
Heinz Loquai, der, weil er öffentlich den Beweis erbrachte, dass der
"Hufeisenplan" eine Lüge war, seine Position verlor:
"Der Zusammenhang ist eindeutig. Ich habe in der TV-Sendung "Panorama"
von
einem ausführlichen Gespräch im Verteidigungsministerium berichtet, bei
dem
mir mitgeteilt worden war, daß es einen serbischen Operationsplan
Hufeisen
nicht gegeben hat, sondern daß aus einer Beschreibung der Ereignisse von
bundesdeutscher Seite ein Plan gemacht worden ist. Verteidigungsminister
Scharping hatte also während der Krieges die Unwahrheit gesagt. Auf
diese
meine Bemerkung hin hat man einer Vertragsverlängerung, die angestanden
wäre, von seiten des Verteidigungsministeriums nicht zugestimmt. Ein
Pressesprecher des Verteidigungsministers trat auf und meinte, daß sich
Loquai aufgrund seiner öffentlich getätigten Äußerungen selbst
disqualifiziert hat. Es ist grotesk. Denn ich habe die Wahrheit gesagt
und
wurde von demjenigen abgestraft, der die Unwahrheit gesagt hat."
"Die sogenannten Verhandlungen von Rambouillet waren keine
Verhandlungen.
Sie waren ein Versuch, der jugoslawischen Führung ein Diktat unter den
politischen Bedingungen der NATO aufzuerlegen."
"Bereits ein halbes Jahr nach den ersten größeren Anschlägen hatte die
UCK
bereits 40 Prozent des Kosovo unter ihrer Kontrolle. Wenn die Serben mit
ihrem Militär und der Sonderpolizei in beträchtlicher Stärke dieses
Potential wirklich rücksichtslos eingesetzt hätten - wie man immer
sagte --, dann hätte die UCK diese Geländegewinne nicht machen können."
Das ganze Interview:
http://www.vorstadtzentrum.net/cgi-bin/joesb/news/viewnews.cgi?category=all&id=971129647
********************************************
Jugoslawisch-Österreichische Solidaritätsbewegung (JÖSB)
PF 217, A-1040 Wien, Österreich
Tel/Fax +43 1 924 31 61
Mobil +43 6991 924 31 61
joesb@...
www.vorstadtzentrum.net/joesb
Kto-Nr. 9282, RB Schwechat, BLZ 32823
---
Dann wird der Ärger anfangen
(von Rainer Rupp)
Letzten Dienstag waren die Verteidigungsminister der NATO-Staaten im
britischen Birmingham zu informellen Beratungen über die Lage im Kosovo
nach dem Sturz des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic
zusammen getroffen. Dabei meinte NATO-Generalsekretär Lord Robertson,
es sei noch zu früh zu sagen, welchen Einfluss die Veränderungen in
Belgrad tatsächlich hätten. Lord Robertsons Reserviertheit deutet an,
dass die NATO die neue Regierung in Belgrad noch lange nicht im Griff
hat, wie deren sehr erboste Reaktion auf die amerikanische Haltung
zeigte. Im Unterschied zur EU scheint Washington auch weiterhin auf der
Beibehaltung der Wirtschaftssanktionen gegen Jugoslwien zu bestehen, bis
dass der ehem. Präsident Milosevic als Kriegsverbrecher ans Tribunal
nach Den Haag ausgeliefert ist.
Die rechte Hand des neu gewählten Präsidenten, Vojislav Kostunica,
erinnerte daran dass Kostunica nicht daran denkt, irgend jemand an das
Gericht in Den Haag auszuliefern. Statt dessen betonte Jankovic die
Unabhängigkeit der neuen Regierung in Belgrad: "Wir haben dies (die
Ablösung Milosevics) alleine geschafft und niemandem irgendwelche
Versprechungen gemacht. ... Sie ( die Amerikaner ) verändern jedoch die
Spielregel, nachdem das Spiel begonnen hat." Das würde Belgrad nicht
hinnehmen und er warnte alle, die versuchen sollten, das Gleiche zu
tun.
Im Unterschied zu Washington haben die Europäer Kreide gefressen. Sie
wollen sich die unverhoffte Gelegenheit, bei der Neuordnung des Balkans
die USA aus dem Feld zu drängen und selbst die Führung zu übernehmen, so
leicht nicht entgehen lassen und biedern sich beim Europa-freundlichen
Kostunica regelrecht an. Im Chor mit den anderen EU-Außenministern tönte
auch Herr Joseph Fischer aus Berlin, dass die Auslieferung Milosevics an
Den Haag nicht die oberste Priorität habe. Frankreich, das z.Z. den
EU-Ratsvorsitz hat, schickte bereits am Dienstag seinen Außenminister
Vedrine zur großen Umarmung nach Belgrad.
Unterdessen wächst im Kosovo die Sorge der Gewaltseparatisten, die
Zuneigung der NATO zu Gunsten Jugoslawiens zu verlieren. Gemäß
UNO-Resolution 1244 hätten bereits seit Sommer dieses Jahres
jugoslawische Polizei und Militäreinheiten ins Kosovo zurückkehren
dürfen. Der neue Präsident Kostunica besteht auf Einhaltung der
Resolution. Bisher war das formal am Einspruch des UNMIK-Chefs Bernard
Kouchner gescheitert, hinter dem sich jedoch lediglich die NATO-Politik
versteckt hatte. Nun sind die Karten neu verteilt und auch der
serbophobe Kouchner soll schon bald seinen UNMIK-Posten verlassen.
Selbst die Westmarionette Zoran Djindjic, der in der Kostunica-Regierung
eine einflussreiche Funktion inne hat, erklärte am Dienstag in einem
Interview mit der Belgrader Tageszeitung "Vecernje Novosti", dass "bis
zum Ende des Jahres 1,200 Mann unserer (serbischen) Polizei und unseres
Militärs wieder im Kosovo sind, um dort die Grenze nach Albanien zu
kontrollieren." ("Yugoslav troops will return to Kosovo by year's end:
Djindjic", BELGRADE, Oct 10. 00, AFP) Alle jugoslawischen Versuche,
Polizei oder militärische Einheiten wieder ins Kosovo zurückzubringen,
würden "einen neuen Krieg" entfachen, bei dem sich die NATO zwischen den
Fronten wieder finden würde", warnte der zum Politiker mutierte UCK-Chef
Hashim Thaci.
Auch der als gemäßigt geltende Ibrahim Rugova versucht in Vorbereitung
der Kommunalwahlen im Kosovo am 28. Oktober Wert auf aggressivere Töne
zu legen.
"Kosovo wird den Weg in die Unabhängigkeit gehen" ist mittlerweile die
feste Überzeugung der Kosovo-Separatisten. Das widerspricht der
UNO-Resolution 1244 und auch den politischen Zielsetzungen der
EU-Regierungen, die keinen gefährlichen Präzedenzfall in Europa in Bezug
auf Anerkennung von gewaltsam veränderten Grenzen schaffen wollen.
Während die EU sich zu Zeiten Milosevics in dieser Sache aus taktischen
Gründen eher ambivalent gezeigt hatte, liegt es nahe, dass sie in ihrer
Absicht, die neue Regierung in Belgrad ins EU-Boot zu ziehen, diese
nicht durch die Unterstützung der Unabhängigkeit des Kosovo verärgern
wird.
Gegenüber der britischen Tageszeitung, "The Telegraph" äußerte kürzlich
ein hoher Offizier der NATO-KFOR-Truppe seine Sorge, dass das von der
NATO ursprünglich unterstützte und immer noch bezahlte "Kosovo Schutz
Korps" seine Maske fallen lassen und sich wieder zur alten UCK formieren
könnte, um diesmal die neue Besatzungstruppe zu bekämpfen, nämlich die
NATO.
In Birmingham beschlossen die NATO-Minister trotzdem, den Einsatz im
Kosovo mit z.Z. 36.000 Soldaten fortzuführen.
Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping äußerte die Ansicht, dass
"die Präsenz der internationalen Friedenstruppe und damit auch der
Bundeswehr auf Jahre hinaus erforderlich" sei und begründete dies unter
anderem mit "erheblichen Spannungen, ausgeprägtem Hass und hoher
Gewaltbereitschaft" zwischen den Bevölkerungsgruppen. Daran habe sich
auch nach dem Ende der Herrschaft Milosevics nichts geändert. So könnte
die NATO im Kosovo doch noch ihren Bodenkrieg bekomme, nur nicht gegen
die Serben, sondern gegen die UCK.
"Ich glaube, dass sobald der Westen ein demokratisches Jugoslawien
unterstützt, wir mit dem Kosovo Schutz Korps große Probleme haben
werden", sagte ergänzend der britische KFOR-Offizier. "Im Augenblick
sind sie (die Albaner) alle davon überzeugt, die Unabhängigkeit zu
erhalten. Sobald klar wird, dass das nicht passiert, wird der Ärger
anfangen." Entgegen seinen früheren Andeutungen hat jetzt selbst
UNMIK-Chef Bernard Kouchner öffentlich erklärt, dass die Unabhängigkeit
des Kosovo überhaupt nicht in Frage käme.
Saarburg den 11.10.00
---
Bei Kostuniva beißt Frau Albright auf Eisen
Ein Spaltpilz für die transatlantischen Beziehungen.
(von Rainer Rupp)
Die Außenminister des Europäischen Union trafen sich gestern, um das
Ölembargo und andere Wirtschaftssanktionen gegen Jugoslawien aufzuheben.
Später in der Woche wollen die politischen Führer der EU über die
Freigabe von Finanzhilfe für die neue Regierung in Belgrad im Wert von
etwa 2 Milliarde Euro entscheiden. "Wir wollen tun, was wir versprochen
haben, dass nämlich das serbische Volk so schnell wie möglich wieder in
Europa aufgenommen wird", meinte dazu Chris Patten, EU-Kommissar für
Auswärtige Angelegenheiten. Zugleich übertreffen sich die Staats- und
Regierungschefs der Europäischen Union, dem neuen jugoslawischen
Präsidenten Kostunica mit schmeichlerischen Worten zu gratulieren und
ihn so schnell wie möglich ins europäische Boot zu ziehen. Das scheint
ohne Abstimmung mit dem großen Bruder in Washington zu geschehen, der
erhebliche Vorbehalte gegenüber einem als anti-amerikanisch bekannten
Kostunica zu haben scheint.
Mit einem Seitenhieb in Richtung USA erklärte denn auch EU-Kommissar
Patten: "Ich glaube nicht, dass wir uns bereits jetzt Gedanken darüber
machen sollten, unter welchen Umständen es schwierig werden könnte, mit
Serbien zusammen zu arbeiten. "Halb vorwurfsvoll schrieb deshalb die
Washington Post, dass Die EU fest entschlossen scheint, "die Führung in
der Aussöhnung mit Serbien zu übernehmen." ("EU Leaders Rush to Serbia's
Side", By William Drozdiak, Washington Post Foreign Service, Saturday,
October 7, 2000; Page A19)
Das scheint Washington nicht besonders zu gefallen, obwohl es vorerst
noch gute Mine zum bösen Spiel macht. Die USA hatte gehofft, dass ein
Anführer der mit US-Geldern gefütterten und von Washington geführten
Opposition die Macht in Belgrad übernehmen würde. Für einen solchen
Nachfolger hatte die US-Außenministerin Albright bereits eine
Zwangsjacke bereit, der die neuen Machthaber in Belgrad auf
amerikanische Positionen bezüglich des Kosovo und des Haager
Kriegsverbrecher Tribunals fest gelegt hätte. Bei Präsident Kostuniva
beißt Frau Albright mit ihren Forderungen jedoch - zumindest noch
vorerst - auf Eisen.
"Kostunica ist nicht der Mann der Clinton-Regierung", schrieb Martin
Sieff, der Balkananalytiker von UPI, einen Tag nach der
Präsidentschaftswahl in Jugoslawien. Er weigert sich, Milosevic an das
Haager Tribunal auszuliefern. Die Verstärkung der jugoslawischen
Souveränität über das Kosovo nennt als höchste Priorität. Und
regelmäßig hat er die NATO-Bombardierung Jugoslawiens im letzten Jahr
als Verbrechen bezeichnet. Für Washington stellt Kostunica ein weitaus
komplizierteres Problem dar als dies bisher Milosevic tat, meint Martin
Sieff, denn er hat eine, auch im Westen unbestrittene demokratische
Legitimation, nur sind seine politischen Vorstellungen nicht so, wie es
Frau Albright gerne möchte. Denn Kostunica "ist ein ebenso scharfer
Kritiker der amerikanischen Politik wie es zuvor Milosevic war".
Washington möchte deshalb für alle Fälle gerüstet sein. Das
Repräsentantenhaus des US-Kongresses hatte Montag vor einer Woche noch
flugs ein Gesetz verabschiedet (HR 1064), das weitere $60 Million für
die Stärkung der Demokratie in Serbien zur Verfügung stellt. Wenn man
den Gesetzestext liest, dann wird deutlich, dass die Gelder auch gegen
Kostunica verwendet werden können, wenn der sich nicht der "Pax
Amerikana" bedingungslos unterwirft.
Der außenpolitisch einflussreiche Senator Joseph Biden (D-DE), der
offensichtlich die Meinung der Clinton-Regierung vertrat, als er am 26.
September im Senat zur neuen Gesetzesvorlage (HR 1064), machte deutlich,
dass das Gesetz auch nach der Machtübernahme durch Kostunica solange
seine Geltung nicht verlieren wird, bis Vojislav Kostunica alle
Forderungen Washingtons erfüllt hat, "einschließlich der Auslieferung
aller angeklagten Kriegverbrecher an das Haager Tribunal."
Vorsorglich verurteilte Senator Biden bei dieser Gelegenheit den neuen
jugoslawischen Präsidenten Kostunica als einen "Ultra-Nationalisten".
Der Geist und die sich hinter dem neuen Gesetz versteckende Absicht wird
jedoch erst durch die Schlußbemerkungen von Senator Biden vollständig
klar: "Um kein Blatt vor den Mund zu nehmen: Die Anerkennung von Dayton
und Mitarbeit mit dem Haager Tribunal muß der Lackmustests für jede
demokratische Regierung in Serbien sein. ... Sollte jedoch Kostunica mit
Hilfe seiner lobenswerten demokratischen Legitimation eine aggressive
nationalistisch -serbische Politik verfolgen, dann müssen wir ihn
delegitimieren." Für eine weitere Runde der amerikanischen Einmischung
in die inneren Angelegenheiten Jugoslawiens, diesmal gegen Kostunica,
würden in diesem Fall den amerikanischen Marionetten in Belgrad $60
Millionen zur Verfügung stehen.
Diesmal dürfte es jedoch für Washington nicht so einfach werden, denn
die Europäer scheinen nicht bereit, die Initiative erneut Washington zu
überlassen. Auch daran hat Senator Biden gedacht und gewarnt: "Sollten
unsere europäischen Verbündeten sich jedoch entscheiden, ein
post-Milosevic, demokratisch gewähltes, aber ultra-nationalistisches
Serbien zu umarmen, dann kann ich ihnen nur viel Glück wünschen." Dann -
so drohte Biden den Europäern - würden die USA ausschließlich mit den
anderen ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens, einschließlich
Montenegros zusammenarbeiten und die Europäer mit Serbien alleine
lassen. Das ist eine Herausforderung, die die Europäer womöglich
annehmen. Sollte sich Kostunika nicht doch noch in Richtung USA
verbiegen lassen, dann muß entweder Washington seine Melodie gegenüber
Belgrad ändert oder es läuft Gefahr, seine Kontrolle über die Neuordnung
des Balkans vollkommen an die Europäer und an Russland zu verlieren.
Darüber könnte es zu erheblichen neuen Spannungen zwischen den USA und
Europa kommen, die wegen der militärischen Implikationen im Kosovo und
in Bosnien sogar die Grundfesten der NATO erschüttern könnten.
Saarburg den 9.10. 00
---
"Er tritt ab, sie treten an, die USA treten nicht in Erscheinung und
schicken Russland vor."
(Von Rainer Rupp)
In Kreisen der jugoslawischen Opposition und in der "Internationalen
Gemeinschaft", wie sich die NATO gerne selbst bezeichnet, herrscht nach
wie vor Verwirrung über die Haltung Moskaus, das sich im großen
Balkan-Spiel der NATO immer noch etwas quer legt. In einer Rede an der
Princeton University in New Jersey sagte US-Präsident Clinton: "Wir
hoffen, dass die Russen sich in die internationale Gemeinschaft einfügen
und Kostunica als neuen Präsidenten anerkennen." ("US backs Yugoslav
protesters, seeks Russian help", Reuters 10/06/2000 01:03:00 ET)
Deshalb muß Russland wieder ganz zurück ins NATO-Boot geholt werden.
"Es gibt Pläne für ein Treffen der Jugoslawien Kontaktgruppe für Ende
dieser Woche" , erklärte ein hoher US-Beamter gestern in Washington.
Dabei sollen unter Teilnahme Russlands "Ideen ausgetauscht und
synchronisiert" werden. ("Balkan Contact Group Meeting Expected This
Week", Reuters, WASHINGTON, Oct 5, 2000)
Trotz vollmundiger, von Kanzler Schröder zur Beruhigung der Deutschen
verkündeter Übereinstimmung mit Präsident Putin, hat es sich die
russische Seite bisher schwer getan, der NATO bei der Unterstützung der
Opposition in Belgrad zu folgen. Präsident Putin hat den von der
Opposition selbsterklärten Wahlsieg bisher nicht anerkannt. Am 3.
Oktober unterstützte das russische Außenministerium vielmehr die
Position Milosevics, indem es erklärte, daß erst eine zweite Wahlrunde
die Entscheidung über den rechtmäßig gewählten neuen Präsidenten bringen
könnte. Zugleich bot Russland an, zwischen Kostunica und Milosevic im
Interesse des inneren Friedens in Jugoslawien zu vermitteln. ("Russia
Backs Milosevic's Claim to Second-Round Vote", Bloomberg News, Moscow,
3. Oct.) Dieses Angebot haben sowohl Milosevic als auch Kostunica
abgelehnt.
Auch in Russland weiß man, dass allein Washington die jugoslawische
Opposition bisher mit 75 Millionen Dollar unterstützt hat. Jene in der
Opposition, die wie Zoran Djinjic fleißig die Hand aufgehalten, Küßchen
mit Albright austauschen und mit prinzipienlosen grünen Machtmenschen
wie Joschka Fischer konferiert haben, hatten als
Präsidentschaftskandidaten beim jugoslawischen Volk keine Chance, obwohl
viele Menschen sich durch Präsident Milosevic längst nicht mehr
repräsentiert fanden. Wie überall nach langen Perioden ungebrochener
Herrschaft so zeigte auch das System Milosevic nach 13 Jahren große
Verschleißerscheinungen.
Trotzdem lavierte die zerstrittene Opposition von NATO-Marionetten in
Belgrad über ein Jahr weitgehend ohne Erfolg. Erst im letzten
Augenblick fanden und einigten sie sich auf Vojislav Kostunica, einen
als Saubermann und strammen Nationalisten bekannten Politiker, den sie
dazu drängten, bei den Präsidentschaftswahlen gegen seinen alten Feind
Milosevic anzutreten. Allerdings kann Kostunica, der auf Grund seiner
betont anti-amerikanischen Haltung und seiner unverhohlenen Kritik am
NATO-Angriff schnell in der Wählergunst stieg, lediglich als Strohmann
gesehen werden, hinter dem sich die Belgrader NATO-Marionetten vorerst
versteckt halten. Die Tatsache allerdings, dass ausgerechnet Zoran
Djinjic der Wahlkampfmanager von Kostunica ist, spricht für sich.
Kostunicas kleine Partei, sie hatte bei der letzten Wahl um die 5%, ist
personell überhaupt nicht fähig, auch nur einen Teil der wichtigen
politischen Posten zu besetzen, so dass sich die Opposition und die NATO
gute Chancen ausrechnen können, bei einer Machtübernahme von Kostunica
schon bald in Belgrad die Weichen zu stellen, und nach einer
Übergangszeit dort ganz den Ton anzugeben. Um diesem Vorhaben nicht zu
schaden, müssen sich die NATO-Herrscher jedoch zurückhalten. DAVID E.
SANGER, der diplomatische Korrespondent der New York Times brachte
gestern in Washington die vorläufige US-Planung für Jugoslawien auf den
folgen kurzen Nenner: "Er (Milosevic) tritt ab, Sie (die Führer der
Opposition) treten an, und die USA treten nicht in Erscheinung.("He
Stepps Down, They Step Up, U.S. Lies Low", By DAVID E. SANGER, NYT,
6.10.00) Denn nach wie vor besteht die Gefahr, dass bei einer zu
offensichtlicher NATO-Unterstützung für Kostunica die Mehrheit des
jugoslawischen Volkes den Braten riechen könnten und die weitere
Entwicklung in Belgrad nicht nach NATO-Vorstellungen abläuft. Die große
Unbekannte ist nach wie vor die russische Haltung.
"Wenige zweifeln daran, dass die russische politische Elite früher oder
später den Sieger in Belgrad anerkennen wird", schreibt der
oppositionelle Jelica, ein Mitarbeiter des Institutes für Internationale
Politik und Wirtschaft in Belgrade im Bericht Nr. 181 vom 5. Oktober
2000 des von der britischen Regierung unterstützten "Institut for War an
Peace Reporting". Zugleich gibt Kurjak der NATO einen guten Rat, wie
sie es anstellen muß, damit Moskau auch den "richtigen" Sieger
anerkennt. Er weist darauf hin , daß Moskau auf $22.5 Mrd. vom
Internationalen Währungsfond und der Weltbank wartet. Bisher seien
lediglich $2.7 Mrd. ausgezahlt worden und dass Russland nicht länger
warten könne, weshalb er empfiehlt: "Nur pragmatische Interessen - in
Form finanzieller Erpressung durch den Westen - wird die Russen dazu
bringen, Mitverantwortung zu übernehmen um sicher zu stellen, dass
diesmal der Richtige gewinnt."
Daß Kostunica der Richtige ist, das steht für die "humanitären"
Militaristen der NATO trotz seiner dezidiert anti-amerikanischen Haltung
längst fest. "Was jetzt wichtig ist, ist daß Kostunika als Präsident
anerkannt wird" sorgte sich gestern Frau Madeleine Albright auf dem
Rückflug von ihrer verpfuschten Nahost-Friedenskonferenz in Ägypten. Und
Präsident Clinton freute sich im Rosengarten des Weißen Hauses darauf,
das serbische Volk "in der Demokratie, in Europa und in der
Weltgemeinschaft wieder aufzunehmen. Und dann werden wir so schnell wie
möglich die Sanktionen aufheben."
Warum es tatsächlich geht, schreibt die New York Times in ihrer
gestrigen Ausgabe: "Das hätte den Zufluß von amerikanischen und
internationalen Finanzmitteln nach Serbien zur Folge und würde
Investoren erlauben, die am Boden liegende Wirtschaft wieder
aufzubauen", womit natürlich die "Privatisierung" der volkseigenen
Betriebe gemeint ist. Denn nur so kann das neue Jugoslawien in die Neue
Weltordnung eingebettet werden. Daß das manchmal nicht ganz so fugenlos
passiert wie geplant zeigt der ebenfalls vom Westen eingefädelte Sturz
des indonesischen Diktators Suharto 1998. Er war zwar vom Westen über
Hundert Tausende von Leichen an die Macht gebracht worden, aber als er
und sein korruptes Regime sich in die veränderten Bedingungen der Neuen
Weltordnung nicht mehr einfügen wollten, musste er gehen. Seither
schlittert Indonesien immer tiefer in ein wirtschaftliches und
politisches Chaos.
"Ich hoffe es endet so wie im Rest von Osteuropa und daß sie (die
Jugoslawen) endlich vom Kommunismus befreit sind", meinte die
Erretterin der Menschheit von allem Bösen auf ihrem Rückflug von Kairo.
Unbeabsichtigt gab damit Frau Albright den waren Grund für den
hauptsächlich von ihr betriebenen Angriff auf Jugoslawien bekannt. Und
als wäre er ihr Echo ergänzte gestern in Deutschland Frau Albrights
fleißigster Schüler, der vom Steine zum Bomben werfen mutierte Joschka
Fischer: "Heute ist in Serbien das letzte Stück des Eisernen Vorhangs
gefallen. " Und schon wird an der Mär gesponnen, dass das serbische Volk
der NATO doch eigentlich für die Bombardierung dankbar sein müsste.
Schließlich hat die NATO sie dadurch vom Kommunismus befreit und gibt
ihnen nun die Chance, vom westlichen Großkapital bis auf die Knochen
ausgesaugt zu werden. Frau Albright hat selbst auf die Entwicklung in
Osteuropa seit 1990 hingewiesen. Dort hat eine seit Jahrzehnten nicht
mehr gekannte Armut und Verelendung statt gefunden. Allerdings hat dort
jetzt jeder die Freiheit, zum Shoppen nach London oder New York zu
jetten.
Saarburg den 6. 10. 2000
Date: Sat, 7 Oct 2000 22:42:12 +0200
From: Jug Österr Solibewegg <joesb@...>
To:
<joesb@...>
Malte Olschewski stellt sein neues Buch vor:
Von den Karawanken bis zum Kosovo
Die geheime Geschichte der Kriege in Jugoslawien
Donnerstag, 12. Oktober
19 h
Vorstadtzentrum XV
15., Meiselstr. 46/4
Die Veranstaltung, die ursprünglich für Sonntag, 8.10. angekündigt war,
musste verschoben werden, da das Buch zu diesem Zeitpunkt doch noch
nicht
vorgelegen wäre.
Subject: Deutscher General entlarvt Nato-Propaganda als Lüge
Date: Tue, 10 Oct 2000 22:39:08 +0200
From: Jug Österr Solibewegg <joesb@...>
To: <joesb@...>
Nachstehend einige Passagen aus einem Interview mit Brigadegeneral a.D.
Heinz Loquai, der, weil er öffentlich den Beweis erbrachte, dass der
"Hufeisenplan" eine Lüge war, seine Position verlor:
"Der Zusammenhang ist eindeutig. Ich habe in der TV-Sendung "Panorama"
von
einem ausführlichen Gespräch im Verteidigungsministerium berichtet, bei
dem
mir mitgeteilt worden war, daß es einen serbischen Operationsplan
Hufeisen
nicht gegeben hat, sondern daß aus einer Beschreibung der Ereignisse von
bundesdeutscher Seite ein Plan gemacht worden ist. Verteidigungsminister
Scharping hatte also während der Krieges die Unwahrheit gesagt. Auf
diese
meine Bemerkung hin hat man einer Vertragsverlängerung, die angestanden
wäre, von seiten des Verteidigungsministeriums nicht zugestimmt. Ein
Pressesprecher des Verteidigungsministers trat auf und meinte, daß sich
Loquai aufgrund seiner öffentlich getätigten Äußerungen selbst
disqualifiziert hat. Es ist grotesk. Denn ich habe die Wahrheit gesagt
und
wurde von demjenigen abgestraft, der die Unwahrheit gesagt hat."
"Die sogenannten Verhandlungen von Rambouillet waren keine
Verhandlungen.
Sie waren ein Versuch, der jugoslawischen Führung ein Diktat unter den
politischen Bedingungen der NATO aufzuerlegen."
"Bereits ein halbes Jahr nach den ersten größeren Anschlägen hatte die
UCK
bereits 40 Prozent des Kosovo unter ihrer Kontrolle. Wenn die Serben mit
ihrem Militär und der Sonderpolizei in beträchtlicher Stärke dieses
Potential wirklich rücksichtslos eingesetzt hätten - wie man immer
sagte --, dann hätte die UCK diese Geländegewinne nicht machen können."
Das ganze Interview:
http://www.vorstadtzentrum.net/cgi-bin/joesb/news/viewnews.cgi?category=all&id=971129647
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Jugoslawisch-Österreichische Solidaritätsbewegung (JÖSB)
PF 217, A-1040 Wien, Österreich
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Kto-Nr. 9282, RB Schwechat, BLZ 32823
---
Dann wird der Ärger anfangen
(von Rainer Rupp)
Letzten Dienstag waren die Verteidigungsminister der NATO-Staaten im
britischen Birmingham zu informellen Beratungen über die Lage im Kosovo
nach dem Sturz des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic
zusammen getroffen. Dabei meinte NATO-Generalsekretär Lord Robertson,
es sei noch zu früh zu sagen, welchen Einfluss die Veränderungen in
Belgrad tatsächlich hätten. Lord Robertsons Reserviertheit deutet an,
dass die NATO die neue Regierung in Belgrad noch lange nicht im Griff
hat, wie deren sehr erboste Reaktion auf die amerikanische Haltung
zeigte. Im Unterschied zur EU scheint Washington auch weiterhin auf der
Beibehaltung der Wirtschaftssanktionen gegen Jugoslwien zu bestehen, bis
dass der ehem. Präsident Milosevic als Kriegsverbrecher ans Tribunal
nach Den Haag ausgeliefert ist.
Die rechte Hand des neu gewählten Präsidenten, Vojislav Kostunica,
erinnerte daran dass Kostunica nicht daran denkt, irgend jemand an das
Gericht in Den Haag auszuliefern. Statt dessen betonte Jankovic die
Unabhängigkeit der neuen Regierung in Belgrad: "Wir haben dies (die
Ablösung Milosevics) alleine geschafft und niemandem irgendwelche
Versprechungen gemacht. ... Sie ( die Amerikaner ) verändern jedoch die
Spielregel, nachdem das Spiel begonnen hat." Das würde Belgrad nicht
hinnehmen und er warnte alle, die versuchen sollten, das Gleiche zu
tun.
Im Unterschied zu Washington haben die Europäer Kreide gefressen. Sie
wollen sich die unverhoffte Gelegenheit, bei der Neuordnung des Balkans
die USA aus dem Feld zu drängen und selbst die Führung zu übernehmen, so
leicht nicht entgehen lassen und biedern sich beim Europa-freundlichen
Kostunica regelrecht an. Im Chor mit den anderen EU-Außenministern tönte
auch Herr Joseph Fischer aus Berlin, dass die Auslieferung Milosevics an
Den Haag nicht die oberste Priorität habe. Frankreich, das z.Z. den
EU-Ratsvorsitz hat, schickte bereits am Dienstag seinen Außenminister
Vedrine zur großen Umarmung nach Belgrad.
Unterdessen wächst im Kosovo die Sorge der Gewaltseparatisten, die
Zuneigung der NATO zu Gunsten Jugoslawiens zu verlieren. Gemäß
UNO-Resolution 1244 hätten bereits seit Sommer dieses Jahres
jugoslawische Polizei und Militäreinheiten ins Kosovo zurückkehren
dürfen. Der neue Präsident Kostunica besteht auf Einhaltung der
Resolution. Bisher war das formal am Einspruch des UNMIK-Chefs Bernard
Kouchner gescheitert, hinter dem sich jedoch lediglich die NATO-Politik
versteckt hatte. Nun sind die Karten neu verteilt und auch der
serbophobe Kouchner soll schon bald seinen UNMIK-Posten verlassen.
Selbst die Westmarionette Zoran Djindjic, der in der Kostunica-Regierung
eine einflussreiche Funktion inne hat, erklärte am Dienstag in einem
Interview mit der Belgrader Tageszeitung "Vecernje Novosti", dass "bis
zum Ende des Jahres 1,200 Mann unserer (serbischen) Polizei und unseres
Militärs wieder im Kosovo sind, um dort die Grenze nach Albanien zu
kontrollieren." ("Yugoslav troops will return to Kosovo by year's end:
Djindjic", BELGRADE, Oct 10. 00, AFP) Alle jugoslawischen Versuche,
Polizei oder militärische Einheiten wieder ins Kosovo zurückzubringen,
würden "einen neuen Krieg" entfachen, bei dem sich die NATO zwischen den
Fronten wieder finden würde", warnte der zum Politiker mutierte UCK-Chef
Hashim Thaci.
Auch der als gemäßigt geltende Ibrahim Rugova versucht in Vorbereitung
der Kommunalwahlen im Kosovo am 28. Oktober Wert auf aggressivere Töne
zu legen.
"Kosovo wird den Weg in die Unabhängigkeit gehen" ist mittlerweile die
feste Überzeugung der Kosovo-Separatisten. Das widerspricht der
UNO-Resolution 1244 und auch den politischen Zielsetzungen der
EU-Regierungen, die keinen gefährlichen Präzedenzfall in Europa in Bezug
auf Anerkennung von gewaltsam veränderten Grenzen schaffen wollen.
Während die EU sich zu Zeiten Milosevics in dieser Sache aus taktischen
Gründen eher ambivalent gezeigt hatte, liegt es nahe, dass sie in ihrer
Absicht, die neue Regierung in Belgrad ins EU-Boot zu ziehen, diese
nicht durch die Unterstützung der Unabhängigkeit des Kosovo verärgern
wird.
Gegenüber der britischen Tageszeitung, "The Telegraph" äußerte kürzlich
ein hoher Offizier der NATO-KFOR-Truppe seine Sorge, dass das von der
NATO ursprünglich unterstützte und immer noch bezahlte "Kosovo Schutz
Korps" seine Maske fallen lassen und sich wieder zur alten UCK formieren
könnte, um diesmal die neue Besatzungstruppe zu bekämpfen, nämlich die
NATO.
In Birmingham beschlossen die NATO-Minister trotzdem, den Einsatz im
Kosovo mit z.Z. 36.000 Soldaten fortzuführen.
Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping äußerte die Ansicht, dass
"die Präsenz der internationalen Friedenstruppe und damit auch der
Bundeswehr auf Jahre hinaus erforderlich" sei und begründete dies unter
anderem mit "erheblichen Spannungen, ausgeprägtem Hass und hoher
Gewaltbereitschaft" zwischen den Bevölkerungsgruppen. Daran habe sich
auch nach dem Ende der Herrschaft Milosevics nichts geändert. So könnte
die NATO im Kosovo doch noch ihren Bodenkrieg bekomme, nur nicht gegen
die Serben, sondern gegen die UCK.
"Ich glaube, dass sobald der Westen ein demokratisches Jugoslawien
unterstützt, wir mit dem Kosovo Schutz Korps große Probleme haben
werden", sagte ergänzend der britische KFOR-Offizier. "Im Augenblick
sind sie (die Albaner) alle davon überzeugt, die Unabhängigkeit zu
erhalten. Sobald klar wird, dass das nicht passiert, wird der Ärger
anfangen." Entgegen seinen früheren Andeutungen hat jetzt selbst
UNMIK-Chef Bernard Kouchner öffentlich erklärt, dass die Unabhängigkeit
des Kosovo überhaupt nicht in Frage käme.
Saarburg den 11.10.00
---
Bei Kostuniva beißt Frau Albright auf Eisen
Ein Spaltpilz für die transatlantischen Beziehungen.
(von Rainer Rupp)
Die Außenminister des Europäischen Union trafen sich gestern, um das
Ölembargo und andere Wirtschaftssanktionen gegen Jugoslawien aufzuheben.
Später in der Woche wollen die politischen Führer der EU über die
Freigabe von Finanzhilfe für die neue Regierung in Belgrad im Wert von
etwa 2 Milliarde Euro entscheiden. "Wir wollen tun, was wir versprochen
haben, dass nämlich das serbische Volk so schnell wie möglich wieder in
Europa aufgenommen wird", meinte dazu Chris Patten, EU-Kommissar für
Auswärtige Angelegenheiten. Zugleich übertreffen sich die Staats- und
Regierungschefs der Europäischen Union, dem neuen jugoslawischen
Präsidenten Kostunica mit schmeichlerischen Worten zu gratulieren und
ihn so schnell wie möglich ins europäische Boot zu ziehen. Das scheint
ohne Abstimmung mit dem großen Bruder in Washington zu geschehen, der
erhebliche Vorbehalte gegenüber einem als anti-amerikanisch bekannten
Kostunica zu haben scheint.
Mit einem Seitenhieb in Richtung USA erklärte denn auch EU-Kommissar
Patten: "Ich glaube nicht, dass wir uns bereits jetzt Gedanken darüber
machen sollten, unter welchen Umständen es schwierig werden könnte, mit
Serbien zusammen zu arbeiten. "Halb vorwurfsvoll schrieb deshalb die
Washington Post, dass Die EU fest entschlossen scheint, "die Führung in
der Aussöhnung mit Serbien zu übernehmen." ("EU Leaders Rush to Serbia's
Side", By William Drozdiak, Washington Post Foreign Service, Saturday,
October 7, 2000; Page A19)
Das scheint Washington nicht besonders zu gefallen, obwohl es vorerst
noch gute Mine zum bösen Spiel macht. Die USA hatte gehofft, dass ein
Anführer der mit US-Geldern gefütterten und von Washington geführten
Opposition die Macht in Belgrad übernehmen würde. Für einen solchen
Nachfolger hatte die US-Außenministerin Albright bereits eine
Zwangsjacke bereit, der die neuen Machthaber in Belgrad auf
amerikanische Positionen bezüglich des Kosovo und des Haager
Kriegsverbrecher Tribunals fest gelegt hätte. Bei Präsident Kostuniva
beißt Frau Albright mit ihren Forderungen jedoch - zumindest noch
vorerst - auf Eisen.
"Kostunica ist nicht der Mann der Clinton-Regierung", schrieb Martin
Sieff, der Balkananalytiker von UPI, einen Tag nach der
Präsidentschaftswahl in Jugoslawien. Er weigert sich, Milosevic an das
Haager Tribunal auszuliefern. Die Verstärkung der jugoslawischen
Souveränität über das Kosovo nennt als höchste Priorität. Und
regelmäßig hat er die NATO-Bombardierung Jugoslawiens im letzten Jahr
als Verbrechen bezeichnet. Für Washington stellt Kostunica ein weitaus
komplizierteres Problem dar als dies bisher Milosevic tat, meint Martin
Sieff, denn er hat eine, auch im Westen unbestrittene demokratische
Legitimation, nur sind seine politischen Vorstellungen nicht so, wie es
Frau Albright gerne möchte. Denn Kostunica "ist ein ebenso scharfer
Kritiker der amerikanischen Politik wie es zuvor Milosevic war".
Washington möchte deshalb für alle Fälle gerüstet sein. Das
Repräsentantenhaus des US-Kongresses hatte Montag vor einer Woche noch
flugs ein Gesetz verabschiedet (HR 1064), das weitere $60 Million für
die Stärkung der Demokratie in Serbien zur Verfügung stellt. Wenn man
den Gesetzestext liest, dann wird deutlich, dass die Gelder auch gegen
Kostunica verwendet werden können, wenn der sich nicht der "Pax
Amerikana" bedingungslos unterwirft.
Der außenpolitisch einflussreiche Senator Joseph Biden (D-DE), der
offensichtlich die Meinung der Clinton-Regierung vertrat, als er am 26.
September im Senat zur neuen Gesetzesvorlage (HR 1064), machte deutlich,
dass das Gesetz auch nach der Machtübernahme durch Kostunica solange
seine Geltung nicht verlieren wird, bis Vojislav Kostunica alle
Forderungen Washingtons erfüllt hat, "einschließlich der Auslieferung
aller angeklagten Kriegverbrecher an das Haager Tribunal."
Vorsorglich verurteilte Senator Biden bei dieser Gelegenheit den neuen
jugoslawischen Präsidenten Kostunica als einen "Ultra-Nationalisten".
Der Geist und die sich hinter dem neuen Gesetz versteckende Absicht wird
jedoch erst durch die Schlußbemerkungen von Senator Biden vollständig
klar: "Um kein Blatt vor den Mund zu nehmen: Die Anerkennung von Dayton
und Mitarbeit mit dem Haager Tribunal muß der Lackmustests für jede
demokratische Regierung in Serbien sein. ... Sollte jedoch Kostunica mit
Hilfe seiner lobenswerten demokratischen Legitimation eine aggressive
nationalistisch -serbische Politik verfolgen, dann müssen wir ihn
delegitimieren." Für eine weitere Runde der amerikanischen Einmischung
in die inneren Angelegenheiten Jugoslawiens, diesmal gegen Kostunica,
würden in diesem Fall den amerikanischen Marionetten in Belgrad $60
Millionen zur Verfügung stehen.
Diesmal dürfte es jedoch für Washington nicht so einfach werden, denn
die Europäer scheinen nicht bereit, die Initiative erneut Washington zu
überlassen. Auch daran hat Senator Biden gedacht und gewarnt: "Sollten
unsere europäischen Verbündeten sich jedoch entscheiden, ein
post-Milosevic, demokratisch gewähltes, aber ultra-nationalistisches
Serbien zu umarmen, dann kann ich ihnen nur viel Glück wünschen." Dann -
so drohte Biden den Europäern - würden die USA ausschließlich mit den
anderen ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens, einschließlich
Montenegros zusammenarbeiten und die Europäer mit Serbien alleine
lassen. Das ist eine Herausforderung, die die Europäer womöglich
annehmen. Sollte sich Kostunika nicht doch noch in Richtung USA
verbiegen lassen, dann muß entweder Washington seine Melodie gegenüber
Belgrad ändert oder es läuft Gefahr, seine Kontrolle über die Neuordnung
des Balkans vollkommen an die Europäer und an Russland zu verlieren.
Darüber könnte es zu erheblichen neuen Spannungen zwischen den USA und
Europa kommen, die wegen der militärischen Implikationen im Kosovo und
in Bosnien sogar die Grundfesten der NATO erschüttern könnten.
Saarburg den 9.10. 00
---
"Er tritt ab, sie treten an, die USA treten nicht in Erscheinung und
schicken Russland vor."
(Von Rainer Rupp)
In Kreisen der jugoslawischen Opposition und in der "Internationalen
Gemeinschaft", wie sich die NATO gerne selbst bezeichnet, herrscht nach
wie vor Verwirrung über die Haltung Moskaus, das sich im großen
Balkan-Spiel der NATO immer noch etwas quer legt. In einer Rede an der
Princeton University in New Jersey sagte US-Präsident Clinton: "Wir
hoffen, dass die Russen sich in die internationale Gemeinschaft einfügen
und Kostunica als neuen Präsidenten anerkennen." ("US backs Yugoslav
protesters, seeks Russian help", Reuters 10/06/2000 01:03:00 ET)
Deshalb muß Russland wieder ganz zurück ins NATO-Boot geholt werden.
"Es gibt Pläne für ein Treffen der Jugoslawien Kontaktgruppe für Ende
dieser Woche" , erklärte ein hoher US-Beamter gestern in Washington.
Dabei sollen unter Teilnahme Russlands "Ideen ausgetauscht und
synchronisiert" werden. ("Balkan Contact Group Meeting Expected This
Week", Reuters, WASHINGTON, Oct 5, 2000)
Trotz vollmundiger, von Kanzler Schröder zur Beruhigung der Deutschen
verkündeter Übereinstimmung mit Präsident Putin, hat es sich die
russische Seite bisher schwer getan, der NATO bei der Unterstützung der
Opposition in Belgrad zu folgen. Präsident Putin hat den von der
Opposition selbsterklärten Wahlsieg bisher nicht anerkannt. Am 3.
Oktober unterstützte das russische Außenministerium vielmehr die
Position Milosevics, indem es erklärte, daß erst eine zweite Wahlrunde
die Entscheidung über den rechtmäßig gewählten neuen Präsidenten bringen
könnte. Zugleich bot Russland an, zwischen Kostunica und Milosevic im
Interesse des inneren Friedens in Jugoslawien zu vermitteln. ("Russia
Backs Milosevic's Claim to Second-Round Vote", Bloomberg News, Moscow,
3. Oct.) Dieses Angebot haben sowohl Milosevic als auch Kostunica
abgelehnt.
Auch in Russland weiß man, dass allein Washington die jugoslawische
Opposition bisher mit 75 Millionen Dollar unterstützt hat. Jene in der
Opposition, die wie Zoran Djinjic fleißig die Hand aufgehalten, Küßchen
mit Albright austauschen und mit prinzipienlosen grünen Machtmenschen
wie Joschka Fischer konferiert haben, hatten als
Präsidentschaftskandidaten beim jugoslawischen Volk keine Chance, obwohl
viele Menschen sich durch Präsident Milosevic längst nicht mehr
repräsentiert fanden. Wie überall nach langen Perioden ungebrochener
Herrschaft so zeigte auch das System Milosevic nach 13 Jahren große
Verschleißerscheinungen.
Trotzdem lavierte die zerstrittene Opposition von NATO-Marionetten in
Belgrad über ein Jahr weitgehend ohne Erfolg. Erst im letzten
Augenblick fanden und einigten sie sich auf Vojislav Kostunica, einen
als Saubermann und strammen Nationalisten bekannten Politiker, den sie
dazu drängten, bei den Präsidentschaftswahlen gegen seinen alten Feind
Milosevic anzutreten. Allerdings kann Kostunica, der auf Grund seiner
betont anti-amerikanischen Haltung und seiner unverhohlenen Kritik am
NATO-Angriff schnell in der Wählergunst stieg, lediglich als Strohmann
gesehen werden, hinter dem sich die Belgrader NATO-Marionetten vorerst
versteckt halten. Die Tatsache allerdings, dass ausgerechnet Zoran
Djinjic der Wahlkampfmanager von Kostunica ist, spricht für sich.
Kostunicas kleine Partei, sie hatte bei der letzten Wahl um die 5%, ist
personell überhaupt nicht fähig, auch nur einen Teil der wichtigen
politischen Posten zu besetzen, so dass sich die Opposition und die NATO
gute Chancen ausrechnen können, bei einer Machtübernahme von Kostunica
schon bald in Belgrad die Weichen zu stellen, und nach einer
Übergangszeit dort ganz den Ton anzugeben. Um diesem Vorhaben nicht zu
schaden, müssen sich die NATO-Herrscher jedoch zurückhalten. DAVID E.
SANGER, der diplomatische Korrespondent der New York Times brachte
gestern in Washington die vorläufige US-Planung für Jugoslawien auf den
folgen kurzen Nenner: "Er (Milosevic) tritt ab, Sie (die Führer der
Opposition) treten an, und die USA treten nicht in Erscheinung.("He
Stepps Down, They Step Up, U.S. Lies Low", By DAVID E. SANGER, NYT,
6.10.00) Denn nach wie vor besteht die Gefahr, dass bei einer zu
offensichtlicher NATO-Unterstützung für Kostunica die Mehrheit des
jugoslawischen Volkes den Braten riechen könnten und die weitere
Entwicklung in Belgrad nicht nach NATO-Vorstellungen abläuft. Die große
Unbekannte ist nach wie vor die russische Haltung.
"Wenige zweifeln daran, dass die russische politische Elite früher oder
später den Sieger in Belgrad anerkennen wird", schreibt der
oppositionelle Jelica, ein Mitarbeiter des Institutes für Internationale
Politik und Wirtschaft in Belgrade im Bericht Nr. 181 vom 5. Oktober
2000 des von der britischen Regierung unterstützten "Institut for War an
Peace Reporting". Zugleich gibt Kurjak der NATO einen guten Rat, wie
sie es anstellen muß, damit Moskau auch den "richtigen" Sieger
anerkennt. Er weist darauf hin , daß Moskau auf $22.5 Mrd. vom
Internationalen Währungsfond und der Weltbank wartet. Bisher seien
lediglich $2.7 Mrd. ausgezahlt worden und dass Russland nicht länger
warten könne, weshalb er empfiehlt: "Nur pragmatische Interessen - in
Form finanzieller Erpressung durch den Westen - wird die Russen dazu
bringen, Mitverantwortung zu übernehmen um sicher zu stellen, dass
diesmal der Richtige gewinnt."
Daß Kostunica der Richtige ist, das steht für die "humanitären"
Militaristen der NATO trotz seiner dezidiert anti-amerikanischen Haltung
längst fest. "Was jetzt wichtig ist, ist daß Kostunika als Präsident
anerkannt wird" sorgte sich gestern Frau Madeleine Albright auf dem
Rückflug von ihrer verpfuschten Nahost-Friedenskonferenz in Ägypten. Und
Präsident Clinton freute sich im Rosengarten des Weißen Hauses darauf,
das serbische Volk "in der Demokratie, in Europa und in der
Weltgemeinschaft wieder aufzunehmen. Und dann werden wir so schnell wie
möglich die Sanktionen aufheben."
Warum es tatsächlich geht, schreibt die New York Times in ihrer
gestrigen Ausgabe: "Das hätte den Zufluß von amerikanischen und
internationalen Finanzmitteln nach Serbien zur Folge und würde
Investoren erlauben, die am Boden liegende Wirtschaft wieder
aufzubauen", womit natürlich die "Privatisierung" der volkseigenen
Betriebe gemeint ist. Denn nur so kann das neue Jugoslawien in die Neue
Weltordnung eingebettet werden. Daß das manchmal nicht ganz so fugenlos
passiert wie geplant zeigt der ebenfalls vom Westen eingefädelte Sturz
des indonesischen Diktators Suharto 1998. Er war zwar vom Westen über
Hundert Tausende von Leichen an die Macht gebracht worden, aber als er
und sein korruptes Regime sich in die veränderten Bedingungen der Neuen
Weltordnung nicht mehr einfügen wollten, musste er gehen. Seither
schlittert Indonesien immer tiefer in ein wirtschaftliches und
politisches Chaos.
"Ich hoffe es endet so wie im Rest von Osteuropa und daß sie (die
Jugoslawen) endlich vom Kommunismus befreit sind", meinte die
Erretterin der Menschheit von allem Bösen auf ihrem Rückflug von Kairo.
Unbeabsichtigt gab damit Frau Albright den waren Grund für den
hauptsächlich von ihr betriebenen Angriff auf Jugoslawien bekannt. Und
als wäre er ihr Echo ergänzte gestern in Deutschland Frau Albrights
fleißigster Schüler, der vom Steine zum Bomben werfen mutierte Joschka
Fischer: "Heute ist in Serbien das letzte Stück des Eisernen Vorhangs
gefallen. " Und schon wird an der Mär gesponnen, dass das serbische Volk
der NATO doch eigentlich für die Bombardierung dankbar sein müsste.
Schließlich hat die NATO sie dadurch vom Kommunismus befreit und gibt
ihnen nun die Chance, vom westlichen Großkapital bis auf die Knochen
ausgesaugt zu werden. Frau Albright hat selbst auf die Entwicklung in
Osteuropa seit 1990 hingewiesen. Dort hat eine seit Jahrzehnten nicht
mehr gekannte Armut und Verelendung statt gefunden. Allerdings hat dort
jetzt jeder die Freiheit, zum Shoppen nach London oder New York zu
jetten.
Saarburg den 6. 10. 2000