### B u c h v o r s t e l l u n g:

In Memoriam Slobodan Milošević

„Meine Herren, Sie wissen gar nicht, was für ein Privileg es selbst
unter den Bedingungen, die Sie mir auferlegt haben, ist, dass ich
Wahrheit und Gerechtigkeit als meine Verbündeten habe."

DIE ZERSTÖRUNG JUGOSLAWIENS
SLOBODAN MILOŠEVIC ANTWORTET SEINEN ANKLÄGERN
Zambon-Verlag 2006, ISBN 3-88975-135-0, 298 Seiten, 10,-- Euro

Leibziger Buchmesse, 17.03.06, 12:30, Halle 3, Stand C506

Weitere Informationen: www.free-slobo.de
Gegen Angriffskrieg und Justizmord –
für das Menschenrecht auf Verteidigung! ###


Da: Klaus von Raussendorff
Oggetto: Justizmord an Slobodan Milosevic
Ricevuto il: 13/03/2006 11:42


Liebe Leute,
zum Justizmord an dem ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik
Jugoslawien dokumentiere ich:

SLOBODAN MILOŠEVIC IST TOT
Von Klaus Hartmann
- A b d r u c k z u r f a i r e n V e r w e n d u n g e r w ü n s c h t -
[ 1 ]

»DIE RICHTER SIND EINE FEIGE MÖRDERBANDE«
Milosevic fürchtete, vergiftet zu werden. Er bat die russische
Regierung, ihn zu schützen. Ein Gespräch mit Klaus Hartmann
Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/020.php
[ 2 ]

DER HELD VON DEN HAAG
Slobodan Milosevic hat sich nur dem Tod gebeugt. Der ehemalige
Präsident Serbiens und Jugoslawiens zerbrach an einer mörderischen
Gerichtsmaschinerie
Von Werner Pirker
Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/002.php
[ 3 ]

DIE MEDIEN UND MILOSEVIC: WIE AUF KNOPFDRUCK
Von Arnold Schölzel
Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/046.php
[ 4 ]

LEICHEN PFLASTERN DEN WEG DES TRIBUNALS
Slobodan Milosevic ist nicht der erste Tote auf dem Schuldkonto der Haager
Fahnder
Von Jürgen Elsässer
Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/003.php
[ 5 ]

MITTEILUNG VON »SLOBODA« ZUM TOD VON SLOBODAN MILOSEVIC
Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/004.php
[ 6 ]


B u c h v o r s t e l l u n g:

In Memoriam Slobodan Milošević

„Meine Herren, Sie wissen gar nicht, was für ein Privileg es selbst
unter den Bedingungen, die Sie mir auferlegt haben, ist, dass ich
Wahrheit und Gerechtigkeit als meine Verbündeten habe."

DIE ZERSTÖRUNG JUGOSLAWIENS
SLOBODAN MILOŠEVIC ANTWORTET SEINEN ANKLÄGERN

Zambon-Verlag 2006, ISBN 3-88975-135-0, 298 Seiten, 10,-- Euro

Leibziger Buchmesse, 17.03.06, 12:30, Halle 3, Stand C506

Weitere Informationen: www.free-slobo.de
Gegen Angriffskrieg und Justizmord –
für das Menschenrecht auf Verteidigung!


Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff

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[ 1 ]

SLOBODAN MILOŠEVIC IST TOT

Von Klaus Hartmann
Vizepräsident und Vorsitzender des Vorstandes des ICDSM,
Sprecher der Deutschen Sektion

Am Samstag, dem 11. März 2006, verbreitete sich die Nachricht:
Slobodan Milošević wurde in seiner Zelle im Haager Gefängnis „tot
aufgefunden".

In den Massenmedien hat die Nachricht automatische Abwehrreflexe
hervorgerufen – als „Verschwörungstheorie" gilt ihnen jeder Zweifel an
einer „natürlichen" Todesursache. Das wissen sie, bevor ein
Obduktionsergebnis vorliegt, bereits so sicher, wie für sie die
„Schuld" von Slobodan Milošević schon vor Eröffnung des Haager
Spektakels zweifelsfrei feststand.

Fakt ist jedenfalls, dass am Vortag beim Vorbereitungstreffen mit dem
nächsten Zeugen Momir Bulatović, Expräsident Montenegros, Milošević
gegenüber Rechtsberater Zdenko Tomanović die Befürchtung äußerte, im
Gefängnis vergiftet und mit falschen Medikamenten behandelt zu werden.
Milosevic bat in einem Brief die russische Regierung dringend um
Schutz, Tomanović übergab ihn noch am 10. März 2006 der russischen
Botschaft in den Niederlanden.

Fakt ist, dass bei der Blutuntersuchung „unerklärliche" Spuren von
Tuberkulose- und Lepra-Medikamenten festgestellt wurden, die die
Wirkung der Blutdruckmittel neutralisiert haben. Fakt ist auch, dass
Milošević vor zwei Jahren dem „Tribunal" berichtete, dass sein Essen
im Gefängnis, das sich äußerlich in keiner Weise von dem der anderen
Gefangenen unterschied, von einem Wärter hektisch ausgetauscht wurde –
was bei den „Richtern" auf taube Ohren und bei den Medien auf völliges
Desinteresse stieß.

Unabhängig vom Ausgang der Untersuchungen, falls diese unabhängig und
objektiv stattfinden, wurden die Warnungen vor einer kalkulierten
„biologischen Lösung" des „Falls Milošević" in tragischer Weise
bestätigt. Unter den gegebenen Umständen ist auch eine „natürliche
Todesursache" Ergebnis seiner absichtlichen Liquidierung. Die
menschenverachtenden Worte der „Chefanklägerin" Carla Del Ponte in der
Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Juli 2003 sprechen Bände: „Es geht ihm
gesundheitlich sehr, sehr gut. Viele Menschen leiden mit 60 Jahren
oder mehr an einem zu hohen Blutdruck. Wir schonen ihn nicht. Ich
hoffe nicht, dass Sie diesen Eindruck haben."

Sie zeigen, dass hinter der falschen Justizfassade ein Femegericht der
NATO agiert, bei dem die Anklägerin als Todesengel fungiert und
gedungene Richter in Personalunion als Henker. Sie haben nicht nur die
Verletzung der UNO-Normen zur Behandlung Inhaftierter zu verantworten,
sie sind feige, skrupellose Mörder. Sie und ihre Hintermänner gehören
auf die Anklagebank, ihre Institution gehört ebenso aufgelöst wie Abu
Ghraib und Guantanamo.

Die NATO und ihre publizistischen Helfer jammern, dass sie mit dem Tod
von Milošević um das Urteil ihres Showprozesses betrogen würden. Sie
wollen negieren, dass es der „Anklage" bis zum letzten Prozesstag
nicht gelungen ist, einen einzigen Beweis zu erbringen, der
„Angeklagte" aber bisher jeden Punkt widerlegt hat, sein Tod für
dieses falsche „Tribunal" der rettende Ausweg aus einem unlösbaren
Dilemma ist. Alle, denen die Medien jahrelang systematisch jede
Information über den Verhandlungsverlauf vorenthalten haben, sollen
weiter daran glauben, dass Bombardierung Humanismus bedeutet und der
Angegriffene im Angriffskrieg der Schuldige ist.

Die Mitglieder der deutschen Sektion des Internationalen Komitees für
die Verteidigung von Slobodan Milošević (ICDSM) trauern mit den
Angehörigen, mit den Serben, mit fortschrittlichen Menschen der ganzen
Welt um das Opfer einer mörderischen Maschinerie, um einen großen
Staatsmann und Politiker, um einen Internationalisten und
Antiimperialisten. Wir werden nicht zulassen, dass die Wahrheit über
die Zerstörung Jugoslawiens zum Schweigen gebracht wird.


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[ 2 ]

Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/020.php

»DIE RICHTER SIND EINE FEIGE MÖRDERBANDE«

Milosevic fürchtete, vergiftet zu werden. Er bat die russische
Regierung, ihn zu schützen. Ein Gespräch mit Klaus Hartmann

* Klaus Hartmann ist Vizevorsitzender des Internationalen Komitees zur
Verteidigung (ICDSM) des früheren Präsidenten von Jugoslawien,
Slobodan Milosevic

F: Am Samstag wurde der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan
Milosevic tot in seiner Gefängniszelle im niederländischen
Scheveningen gefunden. Seine Unterstützer bangten seit langem um ihn,
Sie selbst sahen schon vor Jahren die Gefahr einer »biologischen
Lösung«, mit der das sogenannte Kriegsverbrechertribunal in Den Haag
Milosevic, falls nötig, für immer mundtot machen könne.

Für diese »biologische Lösung« gab es bereits im Jahr 2002 vermehrte
Indizien. Hauptgesichtspunkt war der Umgang mit den ärztlichen
Empfehlungen angesichts Milosevics kritischem Gesundheitszustand.
Schon damals wandte sich eine Gruppe deutscher Ärzte »in Sorge um
Leben und Gesundheit von Slobodan Milosevic« an das Tribunal, weil
ärztliche Vorschläge zur Prozeßführung nicht umgesetzt wurden, weil
keine ärztliche Kontrolle und keine adäquate Therapie stattfanden. Auf
die Antwort des Tribunals, daß »eine gute und hoch qualitative
medizinische Betreuung durch den medizinischen Stab des Gefängnisses«
stattfinde, antwortete die Ärzteinitiative, daß dieser Stab nur aus
einem nicht spezialisierten Arzt und einer Schwester besteht und die
»Qualität darin, daß statt blutdrucksenkenden blutdruck- steigernde
Medikamente verabreicht wurden«. Die damals schon diskutierte
Bestellung eines Pflichtverteidigers gegen den Willen von Milosevic
erhöhe den Streß und die Gefährdungslage.

F: Wie ist das Tribunal mit den ärztlichen Warnungen umgegangen?

Ein vom Tribunal selbst eingesetzter niederländischer Arzt attestierte
»essentiellen Bluthochdruck, sekundären Organschaden und
Hochdrucknotfälle sowie die Möglichkeit von Hirnschlag, Herzinfarkt
und Tod«. Das kommentierte die Chefanklägerin des Tribunals, Carla Del
Ponte, in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Juli 2003 mit den Worten:
»Es geht ihm gesundheitlich sehr, sehr gut. Viele Menschen leiden mit
60 Jahren oder mehr an einem zu hohen Blutdruck. Wir schonen ihn
nicht. Ich hoffe nicht, daß Sie diesen Eindruck haben.« Weitere
Appelle der deutschen Ärzte blieben ungehört. Einen Tag bevor
Milosevics Tod festgestellt wurde, wandten sich führende Mitglieder
des ICDSM an den UN-Sicherheitsrat, um gegen die Ablehnung einer
kardiologischen Behandlung in einer Moskauer Spezialklinik zu
protestieren. Obwohl die russische Regierung die geforderte
Garantieerklärung für seine Rückkehr vorgelegt hat, leisteten sich die
Henker des Tribunals den beispiellosen diplomatischen Affront einer
Ablehnung, womit sie Rußland implizit als Schurkenstaat stigmatisierten.

F: Im Umkreis von Milosevic wird von einer möglichen Vergiftung
gesprochen …

Nicht ohne Grund. Ebenfalls am Freitag fand im Scheveninger Gefängnis
ein Vorbereitungstreffen mit dem nächsten Zeugen, dem Expräsidenten
Montenegros, Momir Bulatovic, statt. Dabei äußerte Milosevic gegenüber
seinem Rechtsberater Zdenko Tomanovic die Befürchtung, im Gefängnis
vergiftet zu werden. Milosevic setzte ein persönliches Schreiben auf,
in dem er die russische Regierung dringend um Schutz bat. Tomanovic
übergab dieses Schreiben noch am Freitag der russischen Botschaft in
den Niederlanden.

Schon vor zwei Jahren hatte Milosevic angegeben, daß sein Essen im
Gefängnis, das sich äußerlich in keiner Weise von dem der anderen
Gefangenen unterschied, von einem der Wärter hektisch ausgetauscht
wurde. Diese Information über den alarmierenden Vorfall stieß bei den
Richtern jedoch auf taube Ohren. All das zeigt, daß hinter der
falschen Justizfassade ein Femegericht der NATO agiert, bei dem die
Anklägerin als Todesengel fungiert und die gedungenen Richter in
Personalunion als Henker. Sie haben nicht nur eine Verletzung der
UNO-Normen zur Behandlung Inhaftierter zu verantworten, sie sind eine
Bande feiger, skrupelloser Mörder. Ihre Institution mit der auffällig
hohen Todesrate gehört ebenso aufgelöst wie Abu Ghraib und Guantanamo.

Interview: Anna Gutenberg


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[ 3 ]

Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/002.php

DER HELD VON DEN HAAG

Slobodan Milosevic hat sich nur dem Tod gebeugt. Der ehemalige
Präsident Serbiens und Jugoslawiens zerbrach an einer mörderischen
Gerichtsmaschinerie

Von Werner Pirker

Der Prozeß gegen Slobodan Milosevic vor dem illegalen
Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ist zu Ende gegangen. Die
Todesstrafe wurde ohne Gerichtsurteil vollzogen. Der ehemalige
Präsident Serbiens und Jugoslawiens starb geistig und moralisch
ungebrochen. Er zerbrach an der physischen Gewalt, der er von einer
mörderischen Gerichtsmaschinerie ausgesetzt wurde.

In der Person des Verstorbenen verdichtete sich die Tragödie
Jugoslawiens. Geboren am 20. August 1941 im serbischen Pozaravac,
betrat Slobodan Milosevic, der als ausgebildeter Jurist zuvor in der
Wirtschaft tätig gewesen war, die politische Bühne zu einem Zeitpunkt,
als sich der jugoslawische Vielvölkerstaat bereits in einem Zustand
der inneren Zersetzung befand. Das System der sozialistischen
Selbstverwaltung, das eine verselbständigte Managerschicht
hervorgebracht hatte, drängte, indem es sich zunehmend der Marktlogik
unterwarf, zur Selbstauflösung. Die jugoslawische Staatsidee, die auf
dem nationalen Pluralismus gründete, war in Widerspruch zu sich selbst
geraten. Der Gesamtstaat erodierte, der entwickelte Norden strebte
nach Separatlösungen. Das Zentrum war von Befehlsempfängern des
Internationalen Währungsfonds besetzt. Die »marktwirtschaftlichen
Reformen« folgten damals schon den fundamentalen Glaubenssätzen des
Neoliberalismus. Das Gesellschaftseigentum geriet unter das Diktat der
Privatisierung.

Milosevic selbst war ein Geschöpf der inneren Widersprüche des
jugoslawischen Selbstverwaltungssozialismus. Auch er war von der Idee
einer Transformation des Systems in Richtung Marktwirtschaft und
Parteienpluralismus beherrscht. Die Umgestaltung Serbiens zur
bürgerlich-demokratischen Rechtsstaatlichkeit vollzog sich unter
seiner Führung. Doch er hielt auch an den jugoslawischen Grundwerten –
Unabhängigkeit, Blockfreiheit und soziale Gerechtigkeit – fest. Er bot
dem internationalen Finanzkapital die Stirn, als er IWF-Kredite, die
als Startkapital für die neoliberale Durchdringung gedacht waren, zur
Bezahlung von ausstehenden Gehältern für Lehrer und Militärangehörige
zweckentfremdete.

Slobodan Milosevic ist am aktivsten gegen den Nihilismus der
jugoslawischen Staatsführung aufgetreten. Als er erkannte, daß die
jugoslawische Staatlichkeit nur mehr die Summe ihrer Republiken
darstellte, warf er die serbische Frage auf. Serbien war die einzige
jugoslawische Teilrepublik, die nicht die Souveränität über ihr ganzes
Territorium ausübte. Diesen verfassungsrechtlich absurden Zustand –
die Vojvodina und das Kosovo waren als autonome Gebiete nicht Subjekte
Serbiens, sondern der Föderation –, galt es aufzuheben. Milosevic sah
in der Wiederherstellung der Autorität Serbiens über seine Gebiete
eine Grundvoraussetzung für die Neufundierung der gesamtstaatliche
Autorität über die Republiken. Er verwarf Titos falsche These, daß ein
starkes Jugoslawien ein schwaches Serbien erfordere und stellte die
Bestrebungen der serbischen Volksbewegung nach nationaler
Gleichberechtigung ins Zentrum einer Erneuerungsstrategie für Jugoslawien.
Der von der serbischen Parteiführung losgetretenen »antibürokratischen
Revolution« lag aber auch eine spontane Tendenz zur Verteidigung der
Errungenschaften der sozialistischen Selbstverwaltung zugrunde. Indem
Milosevic der serbischen nationalen Emanzipation den Weg bereitete,
untergrub er gleichzeitig die Möglichkeit der Formierung einer
übernationalen Bewegung zur Verteidigung Jugoslawiens. Denn außerhalb
Serbiens und Montenegros wurden die Dauermeetings in Belgrad als
chauvinistische Manifestationen mit dem Ziel einer dauerhaften
serbischen Hegemonie wahrgenommen. Die vielbeschworene »Einheit und
Brüderlichkeit der Völker Jugoslawiens« löste sich auf. Dem
Sozialismus auf dem Balkan war ein gewaltsamer Tod beschieden.

Die Ursache für den Bürgerkrieg lag in der völkerrechtswidrigen, vom
Westen, allen voran Deutschland, beförderten Sezession. Der Austritt
Kroatiens und Bosniens aus dem Vielvölkerstaat erfolgte gegen den
Willen der Serben in diesen beiden Republiken. Sie bestanden auf ihrem
legitimen Recht auf nationale Selbstbestimmung. Im Ergebnis dieses
Krieges hat Kroatien serbische Gebiete mit Gewalt annektiert. Das
Massenmorden in Bosnien endete mit dem »Frieden von Dayton«, der ohne
die konstruktive Rolle, die Slobodan Milosevic bei den Verhandlungen
einnahm, nie möglich geworden wäre.

Den letzten Akt der antijugoslawischen Aggression schrieben die
Bombenkrieger der NATO. Serbiens tragisches Schicksal vollzog sich ein
weiteres Mal auf dem Amselfeld. Jugoslawien verlor den Krieg – und
Milosevic verlor die Wahlen. Seine Auslieferung nach Den Haag erfolgte
unter Bruch der jugoslawischen Verfassung. Vor einem Gericht, das er
nie anerkannt hatte, wuchs Milosevic vom Angeklagten zum Ankläger. Er
hat den serbischen Mythos vom Sieg in der tiefsten Niederlage
fortgeschrieben. So wie Georgi Dimitroff vor den Nazirichtern zum
»Helden von Leipzig« wurde, wird Slobodan Milosevic früher oder später
als der »Held von Den Haag« in den Geschichtsbüchern Eingang finden.


***************************************************************
[ 4 ]

Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/046.php

DIE MEDIEN UND MILOSEVIC: WIE AUF KNOPFDRUCK

Von Arnold Schölzel

Die tödliche Skrupellosigkeit des Haager Tribunals gegenüber dem
Angeklagten Milosevic bedarf publizistischer Schützenhilfe. Die kam am
Sonntag reichlich. Von »Er hat sich dem Henker entzogen« (Corriere
della Sera) bis zu »die Richter hatten keine Kontrolle über ihn«
(Observer) wurde gleichgeschaltet fabuliert. Immerhin war der
Ex-Präsident gerade unter der offensichtlich tödlichen Kontrolle
seiner »Richter«, die mit der Vokabel »Henker« ziemlich gut getroffen
sind. Bild am Sonntag erinnerte immerhin an den deutschen
Angriffskrieg 1999 und analysierte kühl: »Milosevic' blutiger Kampf
für ein Groß-Serbien zwang die Bundeswehr 1999 in ihren bisher
einzigen Kriegseinsatz. Deutsche Kampfpiloten warfen damals – an der
Seite von US-Amerikanern, Briten, Franzosen und Soldaten vieler
anderer Nationen – Bomben über Belgrad ab.«

Milosevic für ein deutsches Bombardement auf Belgrad verantwortlich zu
machen, paßt zum Rechtsverständnis des Haager Tribunals: Wer einen
Angriffskrieg gewinnt, muß die Angegriffenen zu Schuldigen erklären.
Das Recht als Groteske. Hätte sich der einstige NATO-Pressesprecher
Jamie Shea, der von seinen Propagandalügen während des Krieges 1999
noch immer begeistert ist, in Den Haag die Robe des Richters
umgeworfen, es ginge dort angemessen zu: eine Inszenierung der
NATO-Abteilung für psychologische Kriegführung.

Die hielt es für nötig, Milosevic in einer Show, die Rechtsförmigkeit
vorspiegelt, weltweit an den Pranger zu stellen. Juristisch handelte
es sich um eine Art magische Veranstaltung, wie sie in
Fernsehgerichten üblich wurde: Ist der Böse gefunden, verschwindet mit
der Bestrafung alle Schuld. Es kann weitergezappt werden. Die
Kriegsurheber – allen voran Deutschland mit seinem Anteil bei der
Zerschlagung Jugoslawiens – demonstrieren zudem: Bombardierung ist
Humanismus. Wer IWF und Weltbank nicht pariert, ist Unmensch.

Offensichtlich ist die Rechnung nicht aufgegangen. Die Reihe der
Staatsoberhäupter, die vor eine selbstmandatierte Kammer gezogen
werden, nimmt allerdings zu. Erich Honecker sah Moabit wieder, weil u.
a. die spätere Chefin des Bundesverfassungsgerichts seine Krankheit
für keine hielt. Saddam Hussein nimmt an einer Veranstaltung teil, die
auf einer Marionettenbühne spielt. Man muß keine Sympathien mit den
Angeklagten haben, um zu fragen: Ginge es nicht mal wieder nach den
westlichen Werten? Muß da am Ende immer eine Leiche vorgezeigt werden?

In Zeiten von Guantánamo ergibt ein Verfahren nach den selbst
gesetzten Normen nicht mehr das Gewünschte. Das Verfahren gegen
Milosevic hatte keinen Showwert mehr. Es mußte liquidiert werden. Den
Rest übernehmen die Medien. Wie auf Knopfdruck.


*******************************************************************
[ 5 ]

Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/003.php

LEICHEN PFLASTERN DEN WEG DES TRIBUNALS
Slobodan Milosevic ist nicht der erste Tote auf dem Schuldkonto der
Haager Fahnder

Von Jürgen Elsässer

Das Haager Tribunal für das ehemalige Jugoslawien (engl. Abkürzung
ICTY) wird gemeinhin als UN-Gerichtshof bezeichnet, was der
Institution das Flair des Unparteiischen verleihen soll. Das stimmt
jedoch nicht. Den entsprechenden Beschluß faßte 1993 nämlich nicht die
UN-Vollversammlung, sondern nur der UN-Sicherheitsrat – ganz so, als
ob die internationale Rechtssprechung auch zu den Aufgaben der
Friedenserhaltung und Friedenssicherung gehörten, die nach der
UN-Charta allein in den Kompetenzbereich dieses höchsten Gremiums fallen.

Gegen die Unvoreingenommenheit des Tribunals spricht auch, daß dort
mehr Serben als Angehörige anderer Nationalitäten angeklagt sind. So
sitzen nach dem Tod von Milosevic noch zwei andere serbische
Staatsführer in der Zelle – die ehemalige Präsidentin der serbischen
Republik (Republika Srpska) in Bosnien, Biljana Plavsic, sowie der
serbische Präsident Milan Milutinovic. Nach einem weiteren ehemaligen
Präsidenten der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, wird ebenso
gefahndet wie nach dessen Oberbefehlshaber Ratko Mladic. Auch der
jugoslawische Oberbefehlshaber des Kosovo-Korps Nebojsa Pavkovic ist
ausgeliefert worden. Von den Präsidenten und Oberbefehlshabern der
Kriegsgegner der Serben sitzt dagegen im Scheveninger Knast nur ein
einziger, und zwar der kroatische Oberbefehlshaber Ante Gotovina. Die
Spitzen der albanischen Untergrundarmee UCK, Hashim Thaci und Agim
Ceku, üben heute noch höchste politische Funktionen im Kosovo aus.
Letzterer wurde am vergangenen Freitag zum Ministerpräsidenten der
Provinz gewählt.

Der Fahndungsdruck und die unverblümte Serbenfeindlichkeit der
derzeitigen Haager Chefanklägerin Carla del Ponte (Schweiz) und ihrer
Vorgängerin Louise Arbour (Kanada) haben zu einer hohen Zahl an
Todesfällen unter den Angeklagten bzw. Gesuchten geführt –
selbstverständlich nur bei jenen serbischer Nationalität. Eine
unvollständige Auswahl:

Am 30. Januar 1996 wurde Djordje Djukic bei einer mit der
Besatzungstruppe IFOR abgesprochenen Fahrt in Zentralbosnien von
muslimischen Truppen gekidnappt und über Sarajevo nach Den Haag
gebracht, obwohl zunächst kein Haftbefehl vorlag. Der Krebskranke
wurde dort nicht sachgemäß medizinisch versorgt und erlag am 18. Mai
1996 seinem Leiden.

Am 10. Juli 1997 töteten britische SAS-Spezialeinheiten der
Bosnien-Besatzungstruppe SFOR Simo Drljaca. Die Leiche wies drei
Distanzschüsse in den Rücken und einen finalen Todesschuß aus kurzer
Entfernung auf.

Am 29. Juni 1998 soll sich Slavko Dokmanovic in der Haager Zelle
erhängt haben, obwohl der angebliche Selbstmordkandidat unter
besonderer Beobachtung stand und eine Woche später das Urteil
gesprochen werden sollte.

Am 3. August 1998 starb Milan Kovacevic in einer Haager Zelle an einer
Herzattacke. Seine Anwälte beklagten, daß seine gesundheitlichen
Probleme bekannt waren und er bei rechtzeitigem Eingreifen hätte
gerettet werden können.

Am 9. Januar 1999 erschossen SFOR-Einheiten Dragan Gagovic im Beisein
von fünf Minderjährigen, die sich im Auto des Karatelehrers befanden.

Am 13. Oktober 2000 entzog sich Janko Janjic der Festnahme durch u.a.
deutsche SFOR-Soldaten und sprengte sich mit einer Handgranate in die
Luft.

Am 11. April 2002 verabschiedete das serbische Parlament unter Bruch
der Verfassung ein Gesetz, das Überstellungen an Den Haag ermöglicht.
Aus Protest erschoß sich der sozialistische Abgeordnete Vlajko
Stojiljkovic, der auf der Haager Fahndungsliste stand, auf den Stufen
des Hohen Hauses.

Am 5. Januar 2006 erschossen italienische Soldaten der
Bosnien-Besatzungstruppe EUFOR bei der Festnahme von Dragomir Abazovic
dessen Frau Rada, die ihren Mann angeblich mit eine Kalaschnikow
verteidigt hatte. Seitens EUFOR gab es seltsamerweise keine
Verletzten, die Serbin wurde mit einem einzelnen Schuß getötet.

Am 5. März 2006 soll sich Milan Babic, Präsident der kurzlebigen
serbischen Krajina-Republik (1991–1995), in seiner Haager Zelle
getötet haben. Babic hatte sich dem Tribunal 2003 selbst gestellt. Vuk
Draskovic, Außenminister von Serbien-Montenegro, kritisierte, daß die
Verantwortlichen der Haftanstalt die Tat hätten verhindern können.


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[ 6 ]

Aus: junge Welt v. 13. März 2006
http://www.jungewelt.de/2006/03-13/004.php

MITTEILUNG VON »SLOBODA« ZUM TOD VON SLOBODAN MILOSEVIC

Das Nationale Komitee für die Befreiung von Slobodan Milosevic
»Sloboda«, Belgrad, gab am Sonnabend folgende Erklärung heraus:

Präsident Slobodan Milosevic, der größte Kämpfer für die Freiheit und
die Würde des serbischen Volkes, dessen Name für den weltweiten Kampf
für das Völkerrecht steht, wurde heute morgen im Gefängnis in
Scheveningen getötet.

Für dieses Verbrechen ist das Haager Tribunal direkt verantwortlich,
indem es Präsident Slobodan Milosevic trotz seines kritischen
Gesundheitszustandes eine Behandlung in Moskau verweigert hat.

Wir fordern den Generalsekretär der UNO auf, die Arbeit dieser
kriminellen Institution sofort einzustellen, und den Sicherheitsrat
der UNO, sie abzuschaffen.

Die serbische Regierung fordern wir auf, jegliche Zusammenarbeit mit
dem Tribunal unverzüglich zu beenden und warnen sie davor, dem Volk zu
verbieten, Präsident Milosevic seine Ehrerbietung zu erweisen.
Andernfalls wird das Volk sein Urteil über sie fällen.

Wer Milosevic war und wofür er gekämpft hat, weiß das serbische Volk
am besten, aber auch alle freiheitsliebenden Menschen auf der ganzen
Welt. Sein Tod muß der Politik des Verrats und der Spaltung ein Ende
setzen, die das Land und seine Menschen in den Untergang führt.

Wir rufen das Volk zur Einheit auf, um nach dem Beispiel Milosevics
seine Freiheit und Würde zu verteidigen.


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E N D E