Kosovo-Apartheid, eine... Erfolgsgeschichte?

1) Eine Erfolgsgeschichte (GFP 19.02.2010)
2) Deutschland schiebt weiter Roma in das Kosovo ab (B. Laufer 21.02.2010)


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Eine Erfolgsgeschichte
 
19.02.2010
PRISTINA/BERLIN
 
(Eigener Bericht) - Am zweiten Jahrestag seiner von Berlin forcierten Sezession drohen dem Kosovo schwere soziale Unruhen. Die wirtschaftliche Lage des Gebiets ist nach seiner Abspaltung von Serbien desolat, extreme Armut, Proteste und Streiks nehmen zu. Außerhalb der EU ist die Rede von einem "gescheiterten Staat". Während Deutschland gemeinsam mit den übrigen Führungsmächten des Westens weiter versucht, Serbien zur Anerkennung der illegalen Sezession zu zwingen, drohen kosovarische Politiker mit der Annexion weiterer Teile Serbiens. Aus den betroffenen Gebieten werden offenbar politisch motivierte Sprengstoffanschläge gemeldet. Die Lage der Minderheiten ist nach wie vor katastrophal; so sind Roma im Kosovo weiter massiver Diskriminierung ausgesetzt, Hunderte vegetieren in bleiverseuchten Lagern dahin. Berliner Pläne, nach Deutschland geflüchtete Roma in die Verfolgung abzuschieben, stoßen auf wachsenden Protest. Eine positive Entwicklung will allein die Bundeswehr erkannt haben. Die Besetzung des Gebietes durch die NATO sei eine "Erfolgsgeschichte", erklärt ein deutscher Militär und fordert die Bevölkerung auf, die "erfolgreiche Arbeit der Soldaten" zur Kenntnis zu nehmen.

Ein Pulverfass

Zwei Jahre nach der Sezession des Kosovo am 17. Februar 2008, die von Berlin energisch forciert wurde [1], ist die ökonomische Lage des Gebiets desolat. Fast die Hälfte der gesamten Erwerbsbevölkerung ist arbeitslos, Warenproduktion in nennenswertem Umfang findet nicht statt. Mehr als 90 Prozent der Güter, die im Kosovo verkauft werden, müssen importiert werden; Ausfuhren von rund 163 Millionen Euro im Jahr 2009 standen Einfuhren in zwölffacher Höhe entgegen (Volumen: 1,9 Milliarden Euro). Die ausländischen Investitionen gehen inzwischen zurück. Beinahe die Hälfte der Bevölkerung ist arm, 15 Prozent leben in extremer Armut. "Vor dem Krieg 1999 konnte ich mit meinem Gehalt eine zehnköpfige Familie ernähren", berichtet ein Kosovare: "Jetzt müssen sieben Familienmitglieder arbeiten, damit wir über die Runden kommen. Unser Lebensstandard ist sehr niedrig."[2] "Jeden Tag gibt es irgendwelche Proteste", sagt der Vizepräsident der kosovarischen Handelskammer und warnt: "Das Kosovo ist wie ein Pulverfass, das eines Tages explodieren könnte". Staatspräsident Fatmir Sejdiu erklärt, durch Streiks und weitere Formen des Protests dürfe "nicht die Stabilität des Landes bedroht werden".[3]

Gescheiterter Staat

Ähnlich desaströs gestaltet sich die Lage des Kosovo auch in anderer Hinsicht. Beobachter sprechen von grassierender Korruption. So landen laut Schätzungen von Experten rund zehn Prozent der Gelder, die für öffentliche Aufträge vorgesehen sind, in den Kassen der kosovarischen Parteien. Premierminister Hashim Thaci hat die führenden Posten in der kosovarischen Polizei an Personen vergeben, die vorher in seinem illegalen Geheimdienst SHIK tätig waren. Entsprechend pikiert vermerkt eine Schweizer Zeitung, dass der Diebstahl von 46 Kilogramm Drogen, die vor einem Jahr aus dem Prištinaer Polizeipräsidium verschwanden, bis heute nicht aufgeklärt ist. "Das Justizwesen in Kosovo besteht nur dem Namen nach" [4], bemerkt das Blatt - obwohl sich die EU seit zwei Jahren offiziell um seinen Aufbau kümmert. Zudem würden Angehörige der Organisierten Kriminalität nicht belangt. Dem Bericht zufolge hat der US-Botschafter in Priština das Kosovo kürzlich "andeutungsweise als gescheiterten Staat" eingestuft.[5] Um ihrem schlechten Image etwas entgegenzusetzen, hat die kosovarische Regierung bei der Werbeagentur Saatchi and Saatchi eine PR-Kampagne zur Verbesserung ihres Ansehens in Auftrag gegeben - Kosten: sechs Millionen Euro.

Sprengstoffanschlag

Angesichts neuer Aktivitäten der serbischen Regierung erhöhen Berlin und die übrigen Führungsmächte des Westens nun ihren Druck. Im Juni wird eine Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag zur völkerrechtswidrigen Sezession des Kosovo erwartet. Belgrad will danach erneut über den Status des Gebiets verhandeln und plant, sein Anliegen vor die Vereinten Nationen zu bringen. Nur ungefähr ein Drittel der UN-Mitgliedstaaten hat bislang die Abspaltung des Kosovo anerkannt. In einer diplomatischen Note haben vergangene Woche Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA den serbischen Außenminister aufgefordert, seine diesbezüglichen Bemühungen einzustellen; man warne vor "waghalsigen Handlungen".[6] Nicht verwarnt wurde der Sprecher des kosovarischen Parlaments, Jakup Krasniqi, der vor wenigen Tagen in Betracht zog, "die Albaner aus dem Presevo-Tal" nördlich des Kosovo könnten sich dem Abspaltungsgebiet anschließen - eine Überlegung, die auf die Annexion weiterer Teile Serbiens durch das Sezessionsregime in Priština hinausläuft. Kurz darauf wurde in Bujanovac im Presevo-Tal ein Angehöriger der serbischen Polizei bei einem Sprengstoffanschlag schwer verletzt. In dem Ort hatten Sezessionisten schon vor Jahren Attentate verübt, um den Anschluss ihres Wohngebiets an das Kosovo herbeizubomben.

Ins Elend abschieben

Anhaltend katastrophal ist nach mehr als zehn Jahren Besatzungsherrschaft unter deutscher Beteiligung die Lage der Minderheiten im Kosovo. "Armut und Diskriminierung, Arbeitslosigkeit von 90 Prozent, Ausschluss vom sozialen Sicherungssystem und ärztlicher Behandlung" seien etwa für die Roma "traurige Gegenwart", heißt es in einem Aufruf, der im Dezember 2009 von verschiedenen Flüchtlingsorganisationen veröffentlicht worden ist.[7] Letzte Woche hat der Menschenrechtskommissar des Europarats festgestellt, dass bis heute Hunderte Roma im Kosovo in bleiverseuchten Lagern dahinvegetieren müssen; trotz häufiger Beschwerden haben weder das kosovarische Regime in Priština noch die Besatzer aus Europa und den USA an ihrer desaströsen Lage etwas geändert. Berlin will im Gegenteil mehrere Tausend Roma aus Deutschland in das Kosovo abschieben - trotz heftiger Proteste, in die sich jetzt sogar das UN-Kinderhilfswerk UNICEF einreiht. UNICEF weist darauf hin, dass Roma, die aus Deutschland abgeschoben wurden, mit ihren Kindern "oft außerhalb der Gemeinden, in Holzbaracken, ohne Heizung und in verwahrlosten Verhältnissen" leben - ein Umstand, der die deutschen Behörden bislang nicht beeindruckt hat.[8]

Erstaunlich

Erstaunliche Bewertungen der Verhältnisse im Kosovo nach über zehn Jahren Besatzung und zwei Jahren von Berlin unterstützter Sezession finden sich in der Springer-Presse sowie bei der Bundeswehr. Wie die Tageszeitung Die Welt urteilt, befindet sich "die junge Republik Kosovo" auf einem "hoffnungsvollen Weg"; ihre Abspaltung habe "zur Stabilisierung der Region insgesamt beigetragen".[9] Ein Brigadegeneral der Bundeswehr stuft die Besatzung des Gebiets als "Erfolgsgeschichte" ein und fordert, die Bevölkerung müsse die "erfolgreiche Arbeit der Soldaten" im Kosovo stärker zur Kenntnis nehmen.[10] Erstaunlich und bemerkenswert ist zudem ein offenes Eingeständnis der CDU-Europaabgeordneten Doris Pack, die schon seit vielen Jahren mit Südosteuropa befasst ist. Laut Pack ist im Kosovo, seit es von der NATO besetzt wurde, "nicht sehr viel vorangegangen, im Gegenteil. In diesen zehn Jahren ist die Korruption gewachsen, sie wurde nicht bekämpft".[11] Es gebe unter anderem "Tausende von Fällen (...) von Kriminellen, die noch nicht vor Gericht gestellt wurden". Sämtliche Chefs der Besatzungsverwaltung UNMIK, die laut Pack der faktischen Unterstützung von Korruption schuldig sind, stammten aus EU-Staaten, allein zwei davon aus der Bundesrepublik. Deutschland ist der Staat, dem stets der größte Einfluss auf die UNMIK-Verwaltung zugeschrieben wurde.[12]

[1] s. dazu Deutscher Verwalter stellt territoriale Integrität Jugoslawiens in FrageNeuer VasallMit kreativen Tricks und "Danke, Deutschland!"
[2], [3] Kosovo - ein soziales Pulverfass? Deutsche Welle 16.02.2010
[4], [5] Der Frust mit der Freiheit; Basler Zeitung 16.02.2010
[6] Major powers warn Serbia to cool down Kosovo rhetoric; waz.euobserver.com 09.02.2010
[7] s. dazu Unglaubwürdig und Besondere Verantwortung
[8] Roma-Kinder im Kosovo: Abgeschoben und ausgegrenzt; www.unicef.de 16.02.2010
[9] Richard Herzinger: Kosovo - ein Staat, besser als sein Ruf; Die Welt 16.02.2010
[10] Die vergessene Erfolgsgeschichte der Kfor; Hamburger Abendblatt 25.01.2010
[11] Pack: EULEX-Mission hat große Last zu tragen; Deutschlandradio Kultur 17.02.2010
[12] s. dazu Aufs engste verflochten

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Deutschland schiebt weiter Roma in das Kosovo ab

Benjamin Laufer 21.02.2010

Die Bundesregierung schlägt ernsthafte Bedenken gegen Abschiebungen in das Kosovo, wie sie etwa der Europarats-Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg geäußert hatte, in den Wind

In einem  offenen  Brief (1) wandte sich Europarats-Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg im vergangenen November an Kanzlerin Merkel mit der Bitte, von den Abschiebungen abzusehen. Jetzt hat die Bundesregierung geantwortet mit der klaren Botschaft: Wir schieben ab!


Hammarberg hatte Merkel im November auf die aus seiner Sicht unhaltbaren Zustände vor Allem für Roma im Kosovo hingewiesen. "Das Kosovo hat keine Infrastruktur, die eine eine nachhaltige Reintegration der Flüchtlinge erlaubt", schrieb der Menschenrechtskommissar, der selbst das Kosovo bereiste. Es sei offensichtlich nicht die richtige Zeit für Abschiebungen in das Land. Insbesondere Roma seien im Kosovo nach wie vor politischer Verfolgung ausgesetzt und müssten in Lagern leben, schrieb Hammarberg.

In der Antwort vom 26. Januar habe die Bundesregierung Hammarberg mitgeteilt, jährlich bis zu 2.500 Menschen in das Kosovo abschieben zu wollen, sagte Hendrik Lörges, Sprecher des Bundesinnenministeriums gegenüber Telepolis. Dabei solle auf "ein angemessenes Verhältnis der verschiedenen Ethnien geachtet werden", um die Fokussierung auf eine Ethnie zu vermeiden.

Im Jahr 2008 habe die Bundesregierung bereits 541 Personen in das Kosovo abgeschoben, darunter 76 Roma, so Lörges. Insgesamt rund 10.000 in Deutschland lebende Roma könnten in den nächsten Jahren in das Kosovo abgeschoben werden, schätzen Flüchtlingsorganisationen. Die Flüchtlinge waren vor zehn Jahren auf der Flucht vor dem Kosovokrieg nach Deutschland gekommen. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung mit dem Kosovo ein so genanntes "Rückübernahmeabkommen" geschlossen, das die Abschiebung aller Flüchtlinge in das Land vorsieht.

Das Urteil Hammarbergs ignorieren die Deutschen Behörden dabei beharrlich. "Die Bundesregierung hat eine eigene Einschätzung der Sicherheitslage in Kosovo", sagte Innenministeriumssprecher Lörges. Demnach bestehe "keine unmittelbare Gefährdung nur aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie". Zu dieser Einschätzung sei die Regierung "unter Beiziehung von Berichten internationaler Organisationen" gelangt.

Der Bericht der Menschenrechtsorganisation  Pro  Asyl (2) gehört offenkundig nicht zu denen, auf den sich die Bundesregierung beruft. Zwar heißt es auch dort, eine " jederzeitige und allgegenwärtige akute Gefährdung von Leib und Leben nur aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit" sei pauschal nicht mehr festzustellen. Auszuschließen sei eine solche deshalb aber nicht: Statistiken der kosovarischen Polizei und auch internationaler Beobachter bildeten nur einen Teil der Realität ab. Die Betroffenen hätten kein Vertrauen zu der kosovarischen Polizei, Übergriffe würden nicht angezeigt, auch aus Angst, "das könnte die Sache noch schlimmer machen", so Pro Asyl. Zudem sei die Bereitschaft der Polizei, Anzeigen von Roma ernst zu nehmen und zu verfolgen, sehr gering ausgeprägt.

"Aus diesen Gründen ist von einer erheblichen Dunkelziffer von Straftaten und rassistischen Übergriffen gegenüber Roma auszugehen, die eine Verfolgungsfurcht auch heute begründet. Keineswegs kann pauschal gesagt werden, die Angst von Rückkehrern entbehre heutzutage der Grundlage", heißt es weiter in dem Bericht. Die Innenminister des Bundes und der Länder forderte Pro Asyl deshalb bislang erfolglos dazu auf, aus den Berichten die Konsequenzen zu ziehen und die Abschiebungen zu stoppen.

Weitere Argumente, die auch von Menschenrechtskommissar Hammarberg gegen die Abschiebungen ins Feld geführt wurden, werden von Deutschland gleich kategorisch abgewiesen. So seien "wirtschaftliche oder soziale Aspekte im Zielstaat nicht ausschlaggebend für die Frage der Rückführbarkeit einer Person", teilt Innenministeriumssprecher Lörges mit. Der "Vollzug von Rückführungen" richte sich nach dem Deutschen Aufenthaltsgesetz.


Den Abgeschobenen drohen vor allem Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung

Hammarberg selbst war erst Anfang Februar wieder im Kosovo, genauer in den bleiverseuchten Romacamps Cesmin Lug and Osterode in Nord-Kosovo. In den Camps leben hunderte Roma, auch solche, die gerade in das Kosovo abgeschoben wurden. Boden, Wasser und Luft seien verseucht, berichtet Hammarberg, und insbesondere Kinder ernsthaft erkrankt. "Ich rufe die europäischen Staaten dazu auf, die Abschiebungen zu stoppen, bis Kosovo adäquate Lebensbedingungen, Gesundheitsversorgung, Schulbildung, Sozialleistungen und Arbeitsplätze bieten kann", sagte Hammarberg. Neben Deutschland seien es hauptsächlich Österreich, Schweden und die Schweiz, die die Abschiebungen durchführten.

Die Abschiebungen aus Deutschland in das Kosovo gehen unterdessen weiter. Cornelia Ernst, Europaparlamentarierin für die Linkspartei, hat aus Deutschland abgeschobene Roma im Kosovo besucht. "Das Hauptproblem für die abgeschobenen Roma stellt die Unterbringung und die Geltendmachung von Eigentumsrechten dar", schreibt sie in ihrem Bericht. Die Eigentumsverhältnisse seien oft unklar, drohende Obdachlosigkeit die Folge. Weitere Probleme seien "eine Arbeitslosenrate von 95 % unter den Angehörigen der Roma-Minderheit, fehlende Dokumente der Abgeschobenen, was dazu führt, dass sie ihr Eigentum nicht beanspruchen können und keinen Zugang zu den ohnehin schon sehr geringen sozialen Leistungen des Staates haben, die Isolierung der abgeschobenen Kinder in der Schule, da sie nur Deutsch sprechen und erst albanisch lernen müssen." Ernst berichtet von einem Gespräch mit der aus Deutschland abgeschobenen Familie Osman Osmanaj:


 Die Familie ist im August 2008 abgeschoben worden, nachdem sie elf Jahre in Böblingen in Deutschland gelebt hat. Wir sind schockiert als wir erfahren, dass der Vater 36 Jahre alt ist, denn er sieht mindestens 15 Jahre älter aus. Die Familie hat fünf Kinder, die kranke Mutter, die im Rollstuhl sitzt, wurde ebenfalls aus Deutschland abgeschoben. Osman wirkt regelrecht verzweifelt, sehr niedergeschlagen, er erzählt uns in einwandfreiem schwäbischem Dialekt, dass sie keinerlei finanzielle Unterstützung bekommen und buchstäblich, so drückte er sich aus, "von der Straße leben".

Das Haus besteht aus zwei Zimmern, im "Wohnzimmer" stehen keine Möbel. Der Vater hat in Deutschland bei Daimler gearbeitet und sagt, er sei nie arbeitslos gewesen. Sie wohnen nun in Roma-Mahala und müssen für das Haus Miete bezahlen, denn dieses Haus ist ursprünglich für eine andere Familie gebaut worden. Die Familie ist in dieser Kommune nicht registriert, denn sie verfügen nicht über die dafür notwendigen Dokumente. In ihre alte Heimatgemeinde können sie nicht zurückkehren, dort sei es zu unsicher für sie. Deshalb möchte die Familie auch nicht, dass wir ein Foto von ihnen machen. Sie scheinen Angst zu haben, dass sie jemand findet. Die Mutter sagte: "Keine Fotos machen, das ist zu gefährlich für uns."

Die Kinder gehen zur Schule, und langsam wird ihr albanisch besser. Osman erzählt uns, dass viele Abgeschobene gleich weitergezogen sind nach Serbien, dort sei die Lage stabiler und man könnte dort besser leben. Sie haben hier keine Kontakte zu anderen Roma, denn sie sind nicht aus dieser Gegend und die Roma-Gemeinschaft ist sehr in sich geschlossen.

Bastian Wrede vom niedersächsischen Flüchtlingsrat berichtet von rassistischen Übergriffen auf Roma im Kosovo, sogar Berichte von Angriffen mit Molotowcocktails gebe es. "Die Roma leben im Kosovo noch immer extrem ausgegrenzt", sagte er. Die Wohnverhältnisse seien unzumutbar. "Teilweise sind das Barackensiedlungen, teilweise sehr, sehr arme Wohnverhältnisse in Dörfern, mit acht oder zehn Leuten in ein, zwei Zimmern." Es sei zynisch zu sagen, dass die Roma eine Chance hätten, sich dort eine Existenz aufzubauen, so Wrede. Die Situation der im Kosovo lebenden Roma sei ohnehin bereits schlimm, durch die Abschiebungen dorthin würde sie sich aber noch verschärfen. Die von der Abschiebung bedrohten Roma hätten teilweise Angst um ihr Leben, würden sie tatsächlich in das Kosovo abgeschoben werden.

Mit Bezug auf die Verfolgung und Ermordung von Roma im Nationalsozialismus sagte Wrede, es sei die Frage, ob die Deutschen heute "wieder einfach wegsehen" wollten, wenn die Polizei nachts Wohnungen aufbreche und Menschen verschleppe.


(1) http://romarights.files.wordpress.com/2009/12/comhr-merkel.pdf
(2) http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/Kosovo_Bericht_2009.pdf

Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32128/1.html