junge Welt Ausland 04.01.2001
Abzugspläne in der Schublade?
Berater des künftigen US-Präsidenten wollen amerikanische Truppen auf
dem Balkan reduzieren
Ranghohe Sicherheitsberater von George W. Bush bestätigten dieser Tage
gegenüber der internationalen Presse erneut Berichte, wonach der
designierte US-amerikanische Präsident schon kurz nach seiner
Amtsübernahme am 20. Januar damit beginnen werde, amerikanische
Bodentruppen aus Bosnien und dem Kosovo abzuziehen. Spätestens in vier
Jahren sollen alle 10 000 GIs, die zur Zeit auf dem Balkan eingesetzt
sind, wieder zu Hause sein. Nur einige Nachschubeinheiten und
Nachrichtentruppen würden auf dem Balkan bleiben, meldete die britische
»Sunday Times« in ihrer jüngsten Ausgabe.
Nach John Hulsman, der als künftiger Balkan-Berater der neuen
Administration im Gespräch ist, sei Bush sehr über die »imperial
overstretch«, die »imperiale Überdehnung« der US- Streitkräfte besorgt.
Mit diesem Vorwurf hatten die konservativen Republikaner während der
letzten Jahre immer wieder die Regierung von Präsident William Clinton
angegriffen. Diese habe mit ihrer Einmischung in »unbedeutende
Konflikte« in der ganzen Welt die militärische Macht der USA verzettelt.
Statt sich auf die wenigen, wirklich wichtigen Weltprobleme zu
konzentrieren, die von vitalem Interesse für die USA seien, habe sich
die Clinton-Regierung im Labyrinth von »nation building«-Abenteuern wie
in Haiti und auf dem Balkan verlaufen und die strategischen Interessen
der Vereinigten Staaten grob vernachlässigt.
»Wenn Bush erst einmal im Weißen Haus ist, wird eine philosophische
Kehrtwende stattfinden«, erklärte Hulsman, Mitarbeiter der Heritage
Foundation, einer erzkonservativen Denkfabrik in Washington, der George
W. Bush junior während des Wahlkampfes zu Balkan-Fragen beraten hatte.
Hulsmann betonte, daß das Bush-Lager humanitären Militäroperationen, die
nicht im US-Interesse seien, mit großer Skepsis gegenübersteht.
Richard Perle, der wegen seiner Aggressivität auch als »Prinz der
Dunkelheit« bekannte ehemalige Verteidigungsstaatssekretär unter
Präsident Ronald Reagan, erklärte, daß die führenden Köpfe des
Nationalen Sicherheitsteams von Bush, einschließlich des designierten
Außenministers, General Colin Powell, der Nationalen
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und des künftigen
Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, die Rolle Amerikas in diesem
Teil der Welt, dem Balkan, in Frage stellen. Auch seien sie über die
Aufgaben, die vor Ort den Elitetruppen der US-Army gegeben würden,
höchst unglücklich. So müßten zum Beispiel Einheiten der 82nd Airborne,
eine als Sturmtruppe bekannte Fallschirmjägerdivision, im Kosovo als
Eskorten für Kindergärten und als Sozialarbeiter fungieren. Das neue
sicherheitspolitische Team Bushs würde deshalb die Aufgaben genau unter
die Lupe nehmen, mit der US-Truppen ihre Zeit verbringen.
Allerdings bestand Richard Perle darauf, daß der amerikanische Abzug aus
dem Balkan nicht ohne vorherige Beratung mit den Alliierten stattfinden
würde. Dabei entwickelte er Vorstellungen, die deutschen Expansionisten
als Juniorpartner der USA und stellvertretender Hegemon auf dem Balkan
und in Osteuropa sicherlich gefallen werden. Perle spekulierte nämlich,
daß »deutsche Streitkräfte die Hauptlast für zukünftige regionale
Verantwortung tragen« würden. Bereits im Oktober letzten Jahres hatte
Bushs künftige Sicherheitsberaterin Rice innerhalb der NATO eine »neue
Arbeitsteilung« für den Balkan gefordert, für die die Europäer »ihre
Verantwortlichkeiten erweitern« müßten.
Trotz aller Versicherungen, vor dem Abzug die europäischen
NATO-Alliierten zu konsultieren, scheinen beim Bush-Team in Washington
verschiedene Abzugpläne bereits fertig in den Schubladen zu liegen,
damit bereits kurz nach Amtsantritt erste, entscheidende Schritte getan
werden können. Als »symbolisches Zeichen eines Politikwechsels in
Washington könnten die ersten Einheiten aus dem Balkan bereits nach
wenigen Monaten in die USA zurückverlegt werden, betonte Balkanberater
Hulsman. Dafür gäbe es verschiedene Optionen. Berichten der »Sunday
Times« zufolge sieht ein Plan vor, daß die neue Regierung in Washington
bereits Ende Januar das NATO-Hauptquartier in Brüssel über die Absicht
informiert, die »gesamte Verantwortung für die friedenserhaltenden
Operationen (auf dem Balkan) den europäischen Alliierten zu überlassen«.
Die Vereinigten Staaten würden weiterhin lediglich logistische und
nachrichtendienstliche Unterstützung der NATO-Operationen auf dem Balkan
leisten.
Mit großer Wahrscheinlichkeit schüren die amerikanischen Pläne in Europa
unter überzeugten Atlantikern neue Ängste und Sorgen über die Zukunft
der NATO. Trotz einer gegenteiligen Fassade hat der Angriff auf
Jugoslawien die NATO tief gespalten. Diese Risse werden unter der
konservativen Regierung Bush deutlicher zutage treten. Unlängst hatte
bereits Henry Kissinger als Folge des Krieges »das Ende der NATO, so wie
wir sie kennen« vorausgesagt.
Nicht nur die Abzugpläne aus dem Balkan, sondern auch die Bush-Pläne,
ein größeres und besseres satellitengesteuertes Raketenabwehrsystem zu
bauen, als Clinton je geplant hatte, sind neue, tiefgehende Streitpunkte
innerhalb der NATO, bei denen es um das strategische »Eingemachte« geht.
Hinzu kommen die europäischen Anstrengungen, eine von der NATO
unabhängige Schnelle Eingreiftruppe der EU aufzubauen. Das aber wird von
dem Bush-Team noch radikaler abgelehnt als von der Clinton-Regierung.
John Bolton, ein Top-Berater Bushs, der stellvertretender Außenminister
werden soll, erklärte kurz vor Weihnachten, daß die neue Administration
zutiefst über die geplante EU- Armee beunruhigt sei. Besonders die
französischen Vorschläge seien »ein Dolch, der auf das Herz der NATO
ziele«.
Rainer Rupp
© junge Welt
---
Europäische Sorgen wegen Verseuchung der Friedenshüter durch DU-Munition
Für Bundeswehr kein Problem.
(von Rainer Rupp)
Deutsche Soldaten, die im Kosovo im Einsatz waren, würden von der
Bundeswehr auf etwaige Strahlenschäden von Munition aus abgereichertem
Uran (DU-Munition) überprüft erklärte ein Sprecher des deutschen
Verteidigungsministeriums am Wochenende gegenüber der «Welt am
Sonntag». Diese Untersuchungen würden stichprobenartig vorgenommen und
liefen schon seit dem vorigen Jahr. Krankheiten infolge von
radioaktiver Strahlung seien bislang aber nicht festgestellt worden.
Anlass dafür, mit dieser Meldung an die Öffentlichkeit zu gehen, dürften
wohl die alarmierenden Nachrichten über zunehmenden Erkrankungen und
Todesfälle aus anderen europäischen NATO-Ländern gewesen sein, die in
den letzten Tagen und Wochen für Unruhe gesorgt haben.
Allerdings hatte die junge Welt bereits am 25 Oktober vergangenen
Jahres von der wachsenden Beunruhigung im europäischen Ausland über die
akute Gefährdung ihrer auf dem Balkan stationierten Soldaten durch die
von der US-Airforce über dem Kosovo massenhaft verschossenen,
panzerbrechenden DU-Munition berichtet. Unter dem Vorwand, verstärkt
Hilfe in Ost Timor leisten zu müssen, hatte Portugal seinerzeit bereits
angekündigt, seine Soldaten aus dem DU-verseuchten Kosovo ganz
abzuziehen.
Das spanische Verteidigungsministerium hat ebenfalls eine
Gesundheitsuntersuchung der 32.000 Soldaten des Landes angeordnet, die
seit 1992 auf dem Balkan im Einsatz waren. Die Tests liefen seit
Februar, nachdem in Italien eine erhöhte Zahl von Leukämie-Fällen unter
Kosovo-Soldaten festgestellt worden sei, erklärte ein Madrider
Regierungssprecher am zweiten Weihnachtsfeiertag. Bislang seien keine
Erkrankungen festgestellt worden.
Anders in Italien. Von dort kam am 30. Dez. die Meldung, daß ein
weiterer, an Leukämie erkrankter Soldat gestorben sei. Von
italienischen Experten wird die zunehmende Zahl von Leukämieerkrankungen
unter Soldaten in ursächlichen Zusammenhang mit der amerikanischen
DU-Munition gebracht, der sie im Rahmen ihres Einsatzes bei der
NATO-geführten SFOR in Bosnien ausgesetzt waren. Auch während des
kurzen Luftkrieges gegen die bosnischen Serben 1995 hatte die
US-Luftwaffe diese heimtückische Munition verschossen. In der jüngsten
Ausgabe der Zeitung der italienischen Gendarmen (eine Art
Militärpolizei) war zu erfahren, dass der 31 Jahre alte Rinaldo Colombo
bereits im September gestorben sei. Damit habe sich die Zahl der
italienischen Soldaten, die nach ihrem Einsatz in Bosnien oder Kosovo
an der mittlerweile als "Balkan Syndrom" bekannten Krankheit gestorben
sind, auf fünf erhöht. Insgesamt gibt es bisher weitere 20 Erkrankungen
unter Gendarmen und Soldaten in Italien.
Letzten Freitag forderte der belgische Verteidigungsminister Andre
Flahaut seinen schwedischem Amtskollegen Bjorn von Sydow, dessen Land
im Januar 2000 die EU-Präsidentschaft übernimmt, dazu auf, eine
EU-Untersuchung die Gesundheitsprobleme der Friedenshüter auf dem
Balkan in die Wege zu leiten. Unter den 12.000 belgischen Soldaten, die
in Bosnien oder anderen Teilen im ehem. Jugoslawien eingesetzt waren,
seien bisher neun Krebsfälle aufgetreten. Fünf Soldaten seien seither
gestorben. Auch gäbe es unter den Veteranen vermehrt Beschwerden über
unerklärliche Schmerzen und Schlaflosigkeit. Die EU-Länder sollten
schleunigst ihre Forschungsanstrengungen und ihre
Untersuchungsergebnisse über entsprechende Fälle zusammentragen und
gemeinsam analysieren.
Auch von holländischen Soldaten, die im Balkan eingesetzt waren, sind
etliche Fälle von Leukämie bekannt geworden. Der Stabschef der
portugiesischen Armee erklärte letzten Donnerstag, daß etwa 900
ehemalige Friedenshüter demnächst auf Strahlenschäden von DU-Munition
getestet würden. Die Zeitung <Publico> zitierte letzte Woche einen
Krebsspezialisten aus Lisabon, der den Tod eines potugiesischen Soldaten
in Zusammenhang mit dem NATO-Einsatz von DU-Munition auf dem Balkan
brachte. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters wächst in
jüngster Zeit die Unruhe aber nicht nur unter ehemaligen NATO-Soldaten
sondern auch unter zivilen Mitarbeitern von NGOs, die auf dem Balkan im
Einsatz sind oder waren, besonders bei Mitgliedern von
Hilfsorganisationen aus England, Italien und Holland.
Für die Bundeswehrführung stellen diese Entwicklungen trotzdem keinen
Anlass zur Sorge dar. In dem von der Bundeswehr kontrollierten Gebiet
im Süden der jugoslawischen Provinz hätten zunächst 15 Orte in Verdacht
gestanden, radioaktiv verseucht zu sein. Letztlich sei jedoch nur auf
zwei Freiflächen sowie bei drei serbischen Panzerwracks eine erhöhte
Strahlung gemessen worden, schrieb <Die Welt am Sonntag> (WamS) unter
Berufung auf eine «sichere Quelle im Verteidigungsministerium».
Deutsche Soldaten hielten die notwendigen Sicherheitsabstände zu den
besagten Orten ein, so dass keine Gefährdung gegeben sei. Die
italienischen Soldaten seien möglicherweise der direkten Strahlung von
Bomben der US-Luftwaffe ausgesetzt gewesen, hieß es. Über die
Auswirkungen auf die Bewohner des Kosovo, die über die Verseuchung ihrer
von der NATO befreiten Heimat überhaupt nichts wissen, verlieren weder
die Bundeswehr noch die <WamS> ein Wort.
Saarburg den 31.12.00
---
Für Albright ist Nachfolger Powell nicht interventionistisch genug.
(von Rainer Rupp)
Am Mittwoch erklärte in Washington die aus dem Amt scheidende, als Frau
Dr. Krieg bekannte amerikanische Außenministerin Madeleine Albright,
dass bei den Vorbereitungsgesprächen mit ihrem designierten Nachfolger,
dem ehem. höchsten Offizier der US-Streitkräfte, General Powell, alles
glatt laufe. Zugleich aber äußerte sie Bedenken, dass unter der Führung
des als Taube bekannten alten Soldaten Powell die amerikanische
Diplomatie sich nach innen wenden wird.
Der nächste Präsident George Busch Junior hat mit seinem designierten
Außerminister Powell gerade zwei volle Tage mit Frau Albright im
Außenministerium verbracht. Anschließend meinte Frau Albright bei einer
Pressekonferenz, dass die Gespräche gut verlaufen seien. Allerdings
zeigte sie sich über die außenpolitische Richtung besorgt, die Bush und
Powell einschlagen wollen.
Busch hatte erklärt, daß er eine komplette Neubewertung der
amerikanischen Beteiligung an den sogenannten friedenserhaltenden
Maßnahmen will, insbesondere auf dem Balkan. Zugleich will Bush die
sogenannten "nation building" Operationen stoppen, die Washington mit
Hilfe von massiver Einmischungen in die inneren Angelegenheiten
souveräner Staaten bis hin zu militärischen Interventionen überall auf
der Welt während der acht Jahre dauernden Präsidentschaft Clintons im
Auftrag der neoliberalen Neuen Weltordnung (NWO) durchgeführt hat.
Mit besonderem Elan hatte Madeleine Albright diese Politik umgesetzt und
ausgeweitet, die im offiziellen Sprachgebrauch des State Department als
global pro-democracy outreach program, als globales Programm zur
Förderung der Demokratie bekannt war. Da nach amerikanischer
Definition Demokratie jedoch nie nur ein System der politischen
Machtausübung ist sondern auch die freie Marktwirtschaft ein festen
Bestandteil enthalten muß, versteht sich von selbst, für wessen
Interessen die amerikanische Diplomatie unter Albrights Führung die
einzig wahren und echten Demokratie notfalls mit Gewalt auf globaler
Ebene durchsetzen wollte.
Für die großen transnationalen Unternehmen, die von dieser Politik am
meisten profitieren, steht zu viel auf dem Spiel, als dass eine
Kehrtwende einfach hingenommen werden könnte. Deshalb ermahnte Frau
Albright ihren Nachfolger Powell zur außenpolitischen Kontinuität: "Es
sollte doch offensichtlich sein, daß unsere Außenpolitik in diesen Tage
weit gespannt und auch die nationalen Interessen Amerikas reflektieren
muß, die sich in unseren Werten und demokratischen Prinzipien und in den
Menschenrechten ausdrücken", erklärte Frau Albright vor der Presse und
fügte ein Kompliment für General Powell hinzu: "General Powell ist ein
Mann mit Voraussicht und während der letzten acht Jahre musste die
Außenpolitik mit mehr und mehr dieser ineinander verwobenen Problemen
fertig werden und zugleich eine große Zahl von Länder einbinden, die für
uns heute wichtiger sind als noch Anfang der 90er Jahre. (Albright
says State Department transition "smooth" but hints at concerns, AFP,
WASHINGTON, Dec 20, 00)
Ob dererlei kleine Schmeicheleien ausreichen, um den isolationistischen
Tendenzen des des ehemaligen Generals entgegen zu wirken, ist fraglich.
Da dürften alte interventionistische Falken aus der Regierung des
Präsidenten Reagan, die nun unter George Bush Junior ihr Come Back
feiern, eher für die Durchsetzung der NWO geeignet sein. Der wegen
seiner höchst aggressiven Rhetorik in der Reagan Regierung und seines
außerordentlichen Engagements für Star Wars als Prinz of Darkness
(Prinz der Dunkelheit) bekannte Richard Perle und der als Schieß zuerst
und stell Fragen später bekannte Paul Wolfowitz sollen auch unter Bush
Junior wieder hohe Ämter bekleiden. Paul Wolfowitz wird z.Z. als
zukünftiger Chef der CIA gehandelt, wo er sicherlich im Sinne Albrights
überall auf der Welt fleißig für Demokratie, freie Marktwirtschaft und
Menschenrechte arbeiten kann um ferne Länder in die NWO einzubinden.
Saarburg den 21.12.00
Abzugspläne in der Schublade?
Berater des künftigen US-Präsidenten wollen amerikanische Truppen auf
dem Balkan reduzieren
Ranghohe Sicherheitsberater von George W. Bush bestätigten dieser Tage
gegenüber der internationalen Presse erneut Berichte, wonach der
designierte US-amerikanische Präsident schon kurz nach seiner
Amtsübernahme am 20. Januar damit beginnen werde, amerikanische
Bodentruppen aus Bosnien und dem Kosovo abzuziehen. Spätestens in vier
Jahren sollen alle 10 000 GIs, die zur Zeit auf dem Balkan eingesetzt
sind, wieder zu Hause sein. Nur einige Nachschubeinheiten und
Nachrichtentruppen würden auf dem Balkan bleiben, meldete die britische
»Sunday Times« in ihrer jüngsten Ausgabe.
Nach John Hulsman, der als künftiger Balkan-Berater der neuen
Administration im Gespräch ist, sei Bush sehr über die »imperial
overstretch«, die »imperiale Überdehnung« der US- Streitkräfte besorgt.
Mit diesem Vorwurf hatten die konservativen Republikaner während der
letzten Jahre immer wieder die Regierung von Präsident William Clinton
angegriffen. Diese habe mit ihrer Einmischung in »unbedeutende
Konflikte« in der ganzen Welt die militärische Macht der USA verzettelt.
Statt sich auf die wenigen, wirklich wichtigen Weltprobleme zu
konzentrieren, die von vitalem Interesse für die USA seien, habe sich
die Clinton-Regierung im Labyrinth von »nation building«-Abenteuern wie
in Haiti und auf dem Balkan verlaufen und die strategischen Interessen
der Vereinigten Staaten grob vernachlässigt.
»Wenn Bush erst einmal im Weißen Haus ist, wird eine philosophische
Kehrtwende stattfinden«, erklärte Hulsman, Mitarbeiter der Heritage
Foundation, einer erzkonservativen Denkfabrik in Washington, der George
W. Bush junior während des Wahlkampfes zu Balkan-Fragen beraten hatte.
Hulsmann betonte, daß das Bush-Lager humanitären Militäroperationen, die
nicht im US-Interesse seien, mit großer Skepsis gegenübersteht.
Richard Perle, der wegen seiner Aggressivität auch als »Prinz der
Dunkelheit« bekannte ehemalige Verteidigungsstaatssekretär unter
Präsident Ronald Reagan, erklärte, daß die führenden Köpfe des
Nationalen Sicherheitsteams von Bush, einschließlich des designierten
Außenministers, General Colin Powell, der Nationalen
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und des künftigen
Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, die Rolle Amerikas in diesem
Teil der Welt, dem Balkan, in Frage stellen. Auch seien sie über die
Aufgaben, die vor Ort den Elitetruppen der US-Army gegeben würden,
höchst unglücklich. So müßten zum Beispiel Einheiten der 82nd Airborne,
eine als Sturmtruppe bekannte Fallschirmjägerdivision, im Kosovo als
Eskorten für Kindergärten und als Sozialarbeiter fungieren. Das neue
sicherheitspolitische Team Bushs würde deshalb die Aufgaben genau unter
die Lupe nehmen, mit der US-Truppen ihre Zeit verbringen.
Allerdings bestand Richard Perle darauf, daß der amerikanische Abzug aus
dem Balkan nicht ohne vorherige Beratung mit den Alliierten stattfinden
würde. Dabei entwickelte er Vorstellungen, die deutschen Expansionisten
als Juniorpartner der USA und stellvertretender Hegemon auf dem Balkan
und in Osteuropa sicherlich gefallen werden. Perle spekulierte nämlich,
daß »deutsche Streitkräfte die Hauptlast für zukünftige regionale
Verantwortung tragen« würden. Bereits im Oktober letzten Jahres hatte
Bushs künftige Sicherheitsberaterin Rice innerhalb der NATO eine »neue
Arbeitsteilung« für den Balkan gefordert, für die die Europäer »ihre
Verantwortlichkeiten erweitern« müßten.
Trotz aller Versicherungen, vor dem Abzug die europäischen
NATO-Alliierten zu konsultieren, scheinen beim Bush-Team in Washington
verschiedene Abzugpläne bereits fertig in den Schubladen zu liegen,
damit bereits kurz nach Amtsantritt erste, entscheidende Schritte getan
werden können. Als »symbolisches Zeichen eines Politikwechsels in
Washington könnten die ersten Einheiten aus dem Balkan bereits nach
wenigen Monaten in die USA zurückverlegt werden, betonte Balkanberater
Hulsman. Dafür gäbe es verschiedene Optionen. Berichten der »Sunday
Times« zufolge sieht ein Plan vor, daß die neue Regierung in Washington
bereits Ende Januar das NATO-Hauptquartier in Brüssel über die Absicht
informiert, die »gesamte Verantwortung für die friedenserhaltenden
Operationen (auf dem Balkan) den europäischen Alliierten zu überlassen«.
Die Vereinigten Staaten würden weiterhin lediglich logistische und
nachrichtendienstliche Unterstützung der NATO-Operationen auf dem Balkan
leisten.
Mit großer Wahrscheinlichkeit schüren die amerikanischen Pläne in Europa
unter überzeugten Atlantikern neue Ängste und Sorgen über die Zukunft
der NATO. Trotz einer gegenteiligen Fassade hat der Angriff auf
Jugoslawien die NATO tief gespalten. Diese Risse werden unter der
konservativen Regierung Bush deutlicher zutage treten. Unlängst hatte
bereits Henry Kissinger als Folge des Krieges »das Ende der NATO, so wie
wir sie kennen« vorausgesagt.
Nicht nur die Abzugpläne aus dem Balkan, sondern auch die Bush-Pläne,
ein größeres und besseres satellitengesteuertes Raketenabwehrsystem zu
bauen, als Clinton je geplant hatte, sind neue, tiefgehende Streitpunkte
innerhalb der NATO, bei denen es um das strategische »Eingemachte« geht.
Hinzu kommen die europäischen Anstrengungen, eine von der NATO
unabhängige Schnelle Eingreiftruppe der EU aufzubauen. Das aber wird von
dem Bush-Team noch radikaler abgelehnt als von der Clinton-Regierung.
John Bolton, ein Top-Berater Bushs, der stellvertretender Außenminister
werden soll, erklärte kurz vor Weihnachten, daß die neue Administration
zutiefst über die geplante EU- Armee beunruhigt sei. Besonders die
französischen Vorschläge seien »ein Dolch, der auf das Herz der NATO
ziele«.
Rainer Rupp
© junge Welt
---
Europäische Sorgen wegen Verseuchung der Friedenshüter durch DU-Munition
Für Bundeswehr kein Problem.
(von Rainer Rupp)
Deutsche Soldaten, die im Kosovo im Einsatz waren, würden von der
Bundeswehr auf etwaige Strahlenschäden von Munition aus abgereichertem
Uran (DU-Munition) überprüft erklärte ein Sprecher des deutschen
Verteidigungsministeriums am Wochenende gegenüber der «Welt am
Sonntag». Diese Untersuchungen würden stichprobenartig vorgenommen und
liefen schon seit dem vorigen Jahr. Krankheiten infolge von
radioaktiver Strahlung seien bislang aber nicht festgestellt worden.
Anlass dafür, mit dieser Meldung an die Öffentlichkeit zu gehen, dürften
wohl die alarmierenden Nachrichten über zunehmenden Erkrankungen und
Todesfälle aus anderen europäischen NATO-Ländern gewesen sein, die in
den letzten Tagen und Wochen für Unruhe gesorgt haben.
Allerdings hatte die junge Welt bereits am 25 Oktober vergangenen
Jahres von der wachsenden Beunruhigung im europäischen Ausland über die
akute Gefährdung ihrer auf dem Balkan stationierten Soldaten durch die
von der US-Airforce über dem Kosovo massenhaft verschossenen,
panzerbrechenden DU-Munition berichtet. Unter dem Vorwand, verstärkt
Hilfe in Ost Timor leisten zu müssen, hatte Portugal seinerzeit bereits
angekündigt, seine Soldaten aus dem DU-verseuchten Kosovo ganz
abzuziehen.
Das spanische Verteidigungsministerium hat ebenfalls eine
Gesundheitsuntersuchung der 32.000 Soldaten des Landes angeordnet, die
seit 1992 auf dem Balkan im Einsatz waren. Die Tests liefen seit
Februar, nachdem in Italien eine erhöhte Zahl von Leukämie-Fällen unter
Kosovo-Soldaten festgestellt worden sei, erklärte ein Madrider
Regierungssprecher am zweiten Weihnachtsfeiertag. Bislang seien keine
Erkrankungen festgestellt worden.
Anders in Italien. Von dort kam am 30. Dez. die Meldung, daß ein
weiterer, an Leukämie erkrankter Soldat gestorben sei. Von
italienischen Experten wird die zunehmende Zahl von Leukämieerkrankungen
unter Soldaten in ursächlichen Zusammenhang mit der amerikanischen
DU-Munition gebracht, der sie im Rahmen ihres Einsatzes bei der
NATO-geführten SFOR in Bosnien ausgesetzt waren. Auch während des
kurzen Luftkrieges gegen die bosnischen Serben 1995 hatte die
US-Luftwaffe diese heimtückische Munition verschossen. In der jüngsten
Ausgabe der Zeitung der italienischen Gendarmen (eine Art
Militärpolizei) war zu erfahren, dass der 31 Jahre alte Rinaldo Colombo
bereits im September gestorben sei. Damit habe sich die Zahl der
italienischen Soldaten, die nach ihrem Einsatz in Bosnien oder Kosovo
an der mittlerweile als "Balkan Syndrom" bekannten Krankheit gestorben
sind, auf fünf erhöht. Insgesamt gibt es bisher weitere 20 Erkrankungen
unter Gendarmen und Soldaten in Italien.
Letzten Freitag forderte der belgische Verteidigungsminister Andre
Flahaut seinen schwedischem Amtskollegen Bjorn von Sydow, dessen Land
im Januar 2000 die EU-Präsidentschaft übernimmt, dazu auf, eine
EU-Untersuchung die Gesundheitsprobleme der Friedenshüter auf dem
Balkan in die Wege zu leiten. Unter den 12.000 belgischen Soldaten, die
in Bosnien oder anderen Teilen im ehem. Jugoslawien eingesetzt waren,
seien bisher neun Krebsfälle aufgetreten. Fünf Soldaten seien seither
gestorben. Auch gäbe es unter den Veteranen vermehrt Beschwerden über
unerklärliche Schmerzen und Schlaflosigkeit. Die EU-Länder sollten
schleunigst ihre Forschungsanstrengungen und ihre
Untersuchungsergebnisse über entsprechende Fälle zusammentragen und
gemeinsam analysieren.
Auch von holländischen Soldaten, die im Balkan eingesetzt waren, sind
etliche Fälle von Leukämie bekannt geworden. Der Stabschef der
portugiesischen Armee erklärte letzten Donnerstag, daß etwa 900
ehemalige Friedenshüter demnächst auf Strahlenschäden von DU-Munition
getestet würden. Die Zeitung <Publico> zitierte letzte Woche einen
Krebsspezialisten aus Lisabon, der den Tod eines potugiesischen Soldaten
in Zusammenhang mit dem NATO-Einsatz von DU-Munition auf dem Balkan
brachte. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters wächst in
jüngster Zeit die Unruhe aber nicht nur unter ehemaligen NATO-Soldaten
sondern auch unter zivilen Mitarbeitern von NGOs, die auf dem Balkan im
Einsatz sind oder waren, besonders bei Mitgliedern von
Hilfsorganisationen aus England, Italien und Holland.
Für die Bundeswehrführung stellen diese Entwicklungen trotzdem keinen
Anlass zur Sorge dar. In dem von der Bundeswehr kontrollierten Gebiet
im Süden der jugoslawischen Provinz hätten zunächst 15 Orte in Verdacht
gestanden, radioaktiv verseucht zu sein. Letztlich sei jedoch nur auf
zwei Freiflächen sowie bei drei serbischen Panzerwracks eine erhöhte
Strahlung gemessen worden, schrieb <Die Welt am Sonntag> (WamS) unter
Berufung auf eine «sichere Quelle im Verteidigungsministerium».
Deutsche Soldaten hielten die notwendigen Sicherheitsabstände zu den
besagten Orten ein, so dass keine Gefährdung gegeben sei. Die
italienischen Soldaten seien möglicherweise der direkten Strahlung von
Bomben der US-Luftwaffe ausgesetzt gewesen, hieß es. Über die
Auswirkungen auf die Bewohner des Kosovo, die über die Verseuchung ihrer
von der NATO befreiten Heimat überhaupt nichts wissen, verlieren weder
die Bundeswehr noch die <WamS> ein Wort.
Saarburg den 31.12.00
---
Für Albright ist Nachfolger Powell nicht interventionistisch genug.
(von Rainer Rupp)
Am Mittwoch erklärte in Washington die aus dem Amt scheidende, als Frau
Dr. Krieg bekannte amerikanische Außenministerin Madeleine Albright,
dass bei den Vorbereitungsgesprächen mit ihrem designierten Nachfolger,
dem ehem. höchsten Offizier der US-Streitkräfte, General Powell, alles
glatt laufe. Zugleich aber äußerte sie Bedenken, dass unter der Führung
des als Taube bekannten alten Soldaten Powell die amerikanische
Diplomatie sich nach innen wenden wird.
Der nächste Präsident George Busch Junior hat mit seinem designierten
Außerminister Powell gerade zwei volle Tage mit Frau Albright im
Außenministerium verbracht. Anschließend meinte Frau Albright bei einer
Pressekonferenz, dass die Gespräche gut verlaufen seien. Allerdings
zeigte sie sich über die außenpolitische Richtung besorgt, die Bush und
Powell einschlagen wollen.
Busch hatte erklärt, daß er eine komplette Neubewertung der
amerikanischen Beteiligung an den sogenannten friedenserhaltenden
Maßnahmen will, insbesondere auf dem Balkan. Zugleich will Bush die
sogenannten "nation building" Operationen stoppen, die Washington mit
Hilfe von massiver Einmischungen in die inneren Angelegenheiten
souveräner Staaten bis hin zu militärischen Interventionen überall auf
der Welt während der acht Jahre dauernden Präsidentschaft Clintons im
Auftrag der neoliberalen Neuen Weltordnung (NWO) durchgeführt hat.
Mit besonderem Elan hatte Madeleine Albright diese Politik umgesetzt und
ausgeweitet, die im offiziellen Sprachgebrauch des State Department als
global pro-democracy outreach program, als globales Programm zur
Förderung der Demokratie bekannt war. Da nach amerikanischer
Definition Demokratie jedoch nie nur ein System der politischen
Machtausübung ist sondern auch die freie Marktwirtschaft ein festen
Bestandteil enthalten muß, versteht sich von selbst, für wessen
Interessen die amerikanische Diplomatie unter Albrights Führung die
einzig wahren und echten Demokratie notfalls mit Gewalt auf globaler
Ebene durchsetzen wollte.
Für die großen transnationalen Unternehmen, die von dieser Politik am
meisten profitieren, steht zu viel auf dem Spiel, als dass eine
Kehrtwende einfach hingenommen werden könnte. Deshalb ermahnte Frau
Albright ihren Nachfolger Powell zur außenpolitischen Kontinuität: "Es
sollte doch offensichtlich sein, daß unsere Außenpolitik in diesen Tage
weit gespannt und auch die nationalen Interessen Amerikas reflektieren
muß, die sich in unseren Werten und demokratischen Prinzipien und in den
Menschenrechten ausdrücken", erklärte Frau Albright vor der Presse und
fügte ein Kompliment für General Powell hinzu: "General Powell ist ein
Mann mit Voraussicht und während der letzten acht Jahre musste die
Außenpolitik mit mehr und mehr dieser ineinander verwobenen Problemen
fertig werden und zugleich eine große Zahl von Länder einbinden, die für
uns heute wichtiger sind als noch Anfang der 90er Jahre. (Albright
says State Department transition "smooth" but hints at concerns, AFP,
WASHINGTON, Dec 20, 00)
Ob dererlei kleine Schmeicheleien ausreichen, um den isolationistischen
Tendenzen des des ehemaligen Generals entgegen zu wirken, ist fraglich.
Da dürften alte interventionistische Falken aus der Regierung des
Präsidenten Reagan, die nun unter George Bush Junior ihr Come Back
feiern, eher für die Durchsetzung der NWO geeignet sein. Der wegen
seiner höchst aggressiven Rhetorik in der Reagan Regierung und seines
außerordentlichen Engagements für Star Wars als Prinz of Darkness
(Prinz der Dunkelheit) bekannte Richard Perle und der als Schieß zuerst
und stell Fragen später bekannte Paul Wolfowitz sollen auch unter Bush
Junior wieder hohe Ämter bekleiden. Paul Wolfowitz wird z.Z. als
zukünftiger Chef der CIA gehandelt, wo er sicherlich im Sinne Albrights
überall auf der Welt fleißig für Demokratie, freie Marktwirtschaft und
Menschenrechte arbeiten kann um ferne Länder in die NWO einzubinden.
Saarburg den 21.12.00