Bedrohung eines Unschuldslammes.
(von Rainer Rupp)
George Bush Junior, der am 20. Januar sein Amt als amerikanischer
Präsident antreten wird, erklärte bei der Vorstellung seines
Verteidigungsministers Rumsfeld vor einer Woche: "Eine seiner ersten
Aufgaben ist es, den Status Quo innerhalb des Pentagons in Frage zu
stellen und eine Strategie zu entwickeln, die unsere Streitkräfte für
die Kriegsführung im 21. Jahrhundert vorbereitet."
Auf welche Gefahren sich das nationale Sicherheitsteam des neuen
Präsidenten vorzubereiten hat, das hatte die CIA in einem 68 Seiten
umfassenden Bericht mit dem Titel "Globale Trends 2015" bereits am 18
Dezember Bush's dargelegt. Wie in dererlei CIA-Berichten üblich wimmelt
es auch diesmal von heimtückischen Bedrohungen des harmlosen und
gutgläubigen Vereinigten Staaten, die mit ihren gutgemeinten
militärischen Einmischung überall auf der Welt doch nur das Beste will
für die Demokratie und die freie Marktwirtschaft wollen.
Trotzdem lohnt es sich diesmal, den Bericht zu lesen. Die Meinung
vertritt auch ein mit CIA-Analysen vertrauter Kommentator in der
Washington Post, nach dessen Auffassung "die analytische Arbeit der CIA
meist von atemberaubender Mittelmäßigkeit ist." Diesmal lohne sich
jedoch die Lektüre weil der Bericht, worauf bei seiner Vorstellung durch
die CIA besonders hingewiesen wurde, mit Hilfe herausragender Experten
aus führenden Forschungsinstituten außerhalb des direkten
Regierungseinflusses erstellt wurde. Diese Beteiligung von echten
Experten sorgt im CIA-Bericht für manche Überraschung. So wird z.B. die
Möglichkeit einer rapiden Verschlechterung der europäisch-amerikanischen
Beziehungen und das Abgleiten in einen transatlantischen Handelskrieg in
einem der möglichen Szenarien der nächsten 15 Jahre diskutiert.
Trotzdem stiftet der CIA-Bericht auf weiten Strecken eher Verwirrung als
Klarheit. Denn aus der Sicht der Central Intelligence Agency, die ein
jährliches Budget von umgerechnet über 60 Milliarden DM für
Spionagezwecke verwaltet (bedeutend mehr als die Gesamtausgaben für
Bundeswehr) wird die Welt zwar von fundamental wirkenden Kräften
umgestaltet, deren Macht unbezweifelbar ist, deren Wirkungsweisen aber
geheimnisvoll bleiben. Zur Liste dieser Faktoren gehören sowohl der
Aufstieg der organisierten Kriminalität und ihre zunehmende weltweite
Vernetzung als auch solch offensichtliche Entwicklungen wie die
Internet-Technologie, die Internationalisierung der Produktivkräfte and
die Entstehung des politischen Überbaus für Absicherung dieser
Entwicklung in Form der "Globalisierung", wenn auch im CIA-Bericht diese
Unterscheidung zwischen der ökonomischen und nachfolgenden politischen
Globalisierung nicht gemacht wird.
Aber die Studie enthält auch etliche Unbekannte als sogenannte "wilde
Karten": so z.B. die Wahrscheinlichkeit wiederkehrender globalen
Finanzkrisen wie des asiatische Börsenzusammenbruch 1997; die
militärischen Auswirkungen der kaum beachteten Durchbrüche in der
Biotechnologie, in der Materialwissenschaft und im Mikrokosmos der
Nanotechnologie; die politischen Auswirkungen knapper werdender
Wasserreserven, wovon innerhalb der nächsten 15 Jahre mehr als 3
Milliarden Menschen betroffenen werden, fast die Hälfte der
Weltbevölkerung; während zugleich die Bevölkerungszahlen in Europa, in
Japan, in Rußland und auf dem von Aids verwüsteten afrikanischen
Kontinent oftmals dramatisch zurückgehen werden.
Außerdem untersucht die 2015-Bedrohungstudie die gesamte Bandbreite der
traditionellen "Bedrohungen der nationalen Sicherheit", diesmal
allerdings auf eine neue, innovative Art. Die neuen Herausforderungen,
so argumentiert der Report, würden sich aus dem Spannungsfeld des
sinkenden Machtpotentials Russlands und der aufsteigenden Macht Chinas
ergeben. Obwohl beide Entwicklungen in sich selbst keine direkte
Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstellten, könnten sie trotzdem
gefährlichen werden, wenn sie nicht richtig behandelt würden.
Auch das Lieblingsprojekt der neuen Bush-Regierung, National Missile
Defence (NMD) kommt in der Studie nicht zu kurz. Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine mit einem nuklearen Sprengkopf oder einer
chemischen oder biologischen Waffe der Massenvernichtung ausgerüstete
Rakete gegen US-Streitkräfte eingesetzt werden könnte ist "heute größer
als während des größten Teils des Kalten Krieges und sie wird weiter
wachsen", heißt es in dem Bericht. r . Und die Gefahr wächst weiter,
heißt es entsichert wurde gegen STAATKRÄFTE " ist höherer heutiger Tag
verwendet würde, als während die meisten des kalten Krieges und setzt
fort zu wachsen, " der CIA voraussagt.
Allerdings beschwichtigt die Studie auch, wenn sie darauf verweist, daß
die von einer wilden, interkontinentalen ballistischen Rakete ausgehende
Gefahr, die nur mit einem NMD-Raketenabwehrsystem neutralisiert werden
könnte, möglicherweise nicht Amerikas größte Sorge sein sollte. Die
eigentliche Gefahr komme vielmehr von billigeren Offensivsystemen wie
z.B. ein Marschflugkörper oder eine nukleare Kofferbombe."Die
Wahrscheinlichkeit eines Angriffs mit diesen Mittel ist grösser, als der
einer Interkontinentalrakete", heißt es in der Studie.
Im Mittleren Osten sieht der CIA-Bericht einen "kalten Frieden" zwischen
Israel und den Palästinensern voraus. Aber sie spekuliert auch, dass
Israels Probleme mit der palästinensischen Intifada sowohl Amerika als
auch dem Rest der entwickelten Welt einen Vorgeschmack auf zukünftige
Entwicklungen geben könnte. Denn die letzten Monate hätten deutlich
gezeigt, dass sogar ein modernes, wohlhabendes, nuklear bewaffnetes Land
wie Israel durch einen lange andauernden Konflikt unterhalb der
Kriegsschwelle schwer angeschlagen werden kann.
Saarburg den 4.1.01
(von Rainer Rupp)
George Bush Junior, der am 20. Januar sein Amt als amerikanischer
Präsident antreten wird, erklärte bei der Vorstellung seines
Verteidigungsministers Rumsfeld vor einer Woche: "Eine seiner ersten
Aufgaben ist es, den Status Quo innerhalb des Pentagons in Frage zu
stellen und eine Strategie zu entwickeln, die unsere Streitkräfte für
die Kriegsführung im 21. Jahrhundert vorbereitet."
Auf welche Gefahren sich das nationale Sicherheitsteam des neuen
Präsidenten vorzubereiten hat, das hatte die CIA in einem 68 Seiten
umfassenden Bericht mit dem Titel "Globale Trends 2015" bereits am 18
Dezember Bush's dargelegt. Wie in dererlei CIA-Berichten üblich wimmelt
es auch diesmal von heimtückischen Bedrohungen des harmlosen und
gutgläubigen Vereinigten Staaten, die mit ihren gutgemeinten
militärischen Einmischung überall auf der Welt doch nur das Beste will
für die Demokratie und die freie Marktwirtschaft wollen.
Trotzdem lohnt es sich diesmal, den Bericht zu lesen. Die Meinung
vertritt auch ein mit CIA-Analysen vertrauter Kommentator in der
Washington Post, nach dessen Auffassung "die analytische Arbeit der CIA
meist von atemberaubender Mittelmäßigkeit ist." Diesmal lohne sich
jedoch die Lektüre weil der Bericht, worauf bei seiner Vorstellung durch
die CIA besonders hingewiesen wurde, mit Hilfe herausragender Experten
aus führenden Forschungsinstituten außerhalb des direkten
Regierungseinflusses erstellt wurde. Diese Beteiligung von echten
Experten sorgt im CIA-Bericht für manche Überraschung. So wird z.B. die
Möglichkeit einer rapiden Verschlechterung der europäisch-amerikanischen
Beziehungen und das Abgleiten in einen transatlantischen Handelskrieg in
einem der möglichen Szenarien der nächsten 15 Jahre diskutiert.
Trotzdem stiftet der CIA-Bericht auf weiten Strecken eher Verwirrung als
Klarheit. Denn aus der Sicht der Central Intelligence Agency, die ein
jährliches Budget von umgerechnet über 60 Milliarden DM für
Spionagezwecke verwaltet (bedeutend mehr als die Gesamtausgaben für
Bundeswehr) wird die Welt zwar von fundamental wirkenden Kräften
umgestaltet, deren Macht unbezweifelbar ist, deren Wirkungsweisen aber
geheimnisvoll bleiben. Zur Liste dieser Faktoren gehören sowohl der
Aufstieg der organisierten Kriminalität und ihre zunehmende weltweite
Vernetzung als auch solch offensichtliche Entwicklungen wie die
Internet-Technologie, die Internationalisierung der Produktivkräfte and
die Entstehung des politischen Überbaus für Absicherung dieser
Entwicklung in Form der "Globalisierung", wenn auch im CIA-Bericht diese
Unterscheidung zwischen der ökonomischen und nachfolgenden politischen
Globalisierung nicht gemacht wird.
Aber die Studie enthält auch etliche Unbekannte als sogenannte "wilde
Karten": so z.B. die Wahrscheinlichkeit wiederkehrender globalen
Finanzkrisen wie des asiatische Börsenzusammenbruch 1997; die
militärischen Auswirkungen der kaum beachteten Durchbrüche in der
Biotechnologie, in der Materialwissenschaft und im Mikrokosmos der
Nanotechnologie; die politischen Auswirkungen knapper werdender
Wasserreserven, wovon innerhalb der nächsten 15 Jahre mehr als 3
Milliarden Menschen betroffenen werden, fast die Hälfte der
Weltbevölkerung; während zugleich die Bevölkerungszahlen in Europa, in
Japan, in Rußland und auf dem von Aids verwüsteten afrikanischen
Kontinent oftmals dramatisch zurückgehen werden.
Außerdem untersucht die 2015-Bedrohungstudie die gesamte Bandbreite der
traditionellen "Bedrohungen der nationalen Sicherheit", diesmal
allerdings auf eine neue, innovative Art. Die neuen Herausforderungen,
so argumentiert der Report, würden sich aus dem Spannungsfeld des
sinkenden Machtpotentials Russlands und der aufsteigenden Macht Chinas
ergeben. Obwohl beide Entwicklungen in sich selbst keine direkte
Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstellten, könnten sie trotzdem
gefährlichen werden, wenn sie nicht richtig behandelt würden.
Auch das Lieblingsprojekt der neuen Bush-Regierung, National Missile
Defence (NMD) kommt in der Studie nicht zu kurz. Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine mit einem nuklearen Sprengkopf oder einer
chemischen oder biologischen Waffe der Massenvernichtung ausgerüstete
Rakete gegen US-Streitkräfte eingesetzt werden könnte ist "heute größer
als während des größten Teils des Kalten Krieges und sie wird weiter
wachsen", heißt es in dem Bericht. r . Und die Gefahr wächst weiter,
heißt es entsichert wurde gegen STAATKRÄFTE " ist höherer heutiger Tag
verwendet würde, als während die meisten des kalten Krieges und setzt
fort zu wachsen, " der CIA voraussagt.
Allerdings beschwichtigt die Studie auch, wenn sie darauf verweist, daß
die von einer wilden, interkontinentalen ballistischen Rakete ausgehende
Gefahr, die nur mit einem NMD-Raketenabwehrsystem neutralisiert werden
könnte, möglicherweise nicht Amerikas größte Sorge sein sollte. Die
eigentliche Gefahr komme vielmehr von billigeren Offensivsystemen wie
z.B. ein Marschflugkörper oder eine nukleare Kofferbombe."Die
Wahrscheinlichkeit eines Angriffs mit diesen Mittel ist grösser, als der
einer Interkontinentalrakete", heißt es in der Studie.
Im Mittleren Osten sieht der CIA-Bericht einen "kalten Frieden" zwischen
Israel und den Palästinensern voraus. Aber sie spekuliert auch, dass
Israels Probleme mit der palästinensischen Intifada sowohl Amerika als
auch dem Rest der entwickelten Welt einen Vorgeschmack auf zukünftige
Entwicklungen geben könnte. Denn die letzten Monate hätten deutlich
gezeigt, dass sogar ein modernes, wohlhabendes, nuklear bewaffnetes Land
wie Israel durch einen lange andauernden Konflikt unterhalb der
Kriegsschwelle schwer angeschlagen werden kann.
Saarburg den 4.1.01