Sulla causa intentata in Germania per il bombardamento del ponte di
Varvarin si veda anche:
> http://groups.yahoo.com/group/crj-mailinglist/message/1485

===*===


http://www.faz.com/IN/INtemplates/eFAZ/
docmain.asp?rub={B1311FCC-FBFB-11D2-B228-00105A9CAF88
}&doc={84C4D7EB-C402-4F19-A08C-C02A29326494}



Frankfurter Allgemeine Zeitung
Jan. 9, 2002

Lawyer Files Suit Over NATO Attack

BERLIN. A lawyer for relatives of civilians killed in
a NATO bombing raid on a bridge in Serbia during the
1999 Kosovo war has filed a lawsuit seeking damages
from the German government, a spokeswoman for the
justice authorities here said on Tuesday.


The suit was filed on Dec. 24 by the Berlin-based
lawyer Ulrich Dost, she said, confirming news reports.


Ten people were killed and more than 30 injured, 17 of
them seriously, when North Atlantic Treaty
Organization jets attacked the bridge in the town of
Varvarin, south of the Yugoslav capital, Belgrade, on
May 30, 1999. Mr. Dost, who says Germany carries
responsibility for the casualties as a NATO member,
even though its planes were not involved, claims that
the attack was a war crime, and that NATO commanders
broke the Geneva Conventions by deliberately attacking
civilians.The suit does not specify how much he is
seeking for his clients, but in a letter to the German
Defense Ministry last June, he reportedly demanded a
total of DM2.58 million ($1.2 million) for his
clients. (AP)

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FRANKFURTER RUNDSCHAU (4.01.02)

Anwalt will "Kollateralschäden" nicht akzeptieren
Dost klagt Deutschland wegen des Nato-Angriffs auf
eine Brücke im serbischen Varvarin an
Von Rainer Jung (Berlin)

In Afghanistan stellen sich die Fragen dieser Tage wieder blutig und
direkt: Wie gehen demokratische Staaten, die einen High-Tech-Krieg aus
der Luft führen, mit den Zivilisten am Boden um? In welchem Maße dürfen
sie bei Schlägen gegen Soldaten und Terroristen unbeteiligte Opfer in
Kauf nehmen?
"Kollateralschaden" oder Kriegsverbrechen - dieser Grundsatzstreit soll
nun am Beispiel Jugoslawien vor einem deutschen Gericht verhandelt
werden. Es ist ein ganzer Koffer voll Papier, den Ulrich Dost am
Heiligabend beim Berliner Landgericht abgeladen hat. 150 Seiten
Klageschrift und mehr als 1000 Blatt Zeugenaussagen, die beispielhaft
die bleibenden Schäden eines fast schon vergessenen Krieges
dokumentieren. Am 30. Mai 1999, als der Weltverbrecher Nummer eins noch
nicht Osama bin Laden, sondern Slobodan Milosevic hieß, bombardierten
Nato-Kampfjets, geflogen von US-Amerikanern oder Briten, die
Morava-Brücke in der serbischen Kleinstadt Varvarin. Nach
Einschätzung des westlichen Bündnisses ein Angriff gegen ein "legitimes
militärisches Ziel". Getroffen wurden ausschließlich Zivilisten. Zehn
Menschen starben, 30 wurden verletzt. Rechtsanwalt Dost verklagt
Deutschland als Nato-Mitglied auf Schadenersatz - im Namen von
Hinterbliebenen und Versehrten aus Varvarin. "Ich bin froh, dass wir das
endlich bei Gericht haben", sagt der Ost-Jurist.
Zunächst müssen die Richter allerdings entscheiden, ob sie sich
überhaupt zuständig fühlen. Eine komplizierte Sache. Die Bundesregierung
jedenfalls winkte im Spätsommer ab, als Dost seine Forderung direkt
vorbrachte. Zwar hieß es in einem Brief aus dem
Verteidigungsministerium, man bedaure "das bei der Zivilbevölkerung der
Stadt Varvarin verursachte Leid zutiefst".
Ansprüche ließen sich daraus aber nicht ableiten. Denn erstens könnten
Kriegsopfer nicht individuell klagen. Zweitens seien Deutsche an dem
Bombardement nicht direkt beteiligt gewesen. Eine "Gesamthaftung" für
Aktionen des westlichen Bündnisses bestehe nicht. Dost behauptet eben
das. Zudem glaubt der Berliner, beweisen zu können, dass deutsche
Militärs dem Angriff zugestimmt hätten.
Welche Fußangeln das internationale Recht bereithält, ließ sich kürzlich
an einem anderen Fall beobachten. Hinterbliebene von Journalisten, die
beim Angriff auf die Zentrale des jugoslawischen Fernsehens getötet
worden waren, hatten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
gegen die europäischen Nato-Länder geklagt. Ihre Argumentation: Bei der
Attacke sei das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbriefte
Recht auf Leben verletzt worden. Die Straßburger Richter wiesen den
Antrag zurück, weil die Konvention nur auf dem Territorium von
Unterzeichnerstaaten gelte. Jugoslawien gehört nicht dazu.
Dost lässt sich durch die Ablehnung nicht entmutigen. Seine Klage stützt
sich auf eine andere Rechtsvorschrift, das Erste Zusatzprotokoll zu den
Genfer Verträgen von 1977. Das verpflichtet Soldaten, vor jedem
Militärschlag sicherzustellen, dass Zivilisten nicht "unverhältnismäßig"
in Mitleidenschaft gezogen werden. "Kollateralschäden" - bedauerlich,
aber nicht zu vermeiden - gebe es deshalb nach dem Völkerrecht überhaupt
nicht, meint Dost: "Das ist ein reiner Propagandabegriff."

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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Ulrich Dost
Gesendet: Donnerstag, 17. Januar 2002 06:18

Neben dem Material für die Pressekonferenz in Berlin am 17. Januar 2002
(siehe Anlage) noch einen Hinweis auf eine Fernsehsendung. Das ARD wird
am kommenden Samstag, 19. Januar 2002, im »Europamagazin« 16:30 eine
Dokumentation über Varvarin senden. So jedenfalls die Auskunft des
Journalisten, der in der vergangenen Woche während meines Aufenthalts in
Jugoslawien in Varvarin Dreharbeiten gemacht hat.

Ulrich Dost

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Presseinformationen zu der Zivilrechtsklage jugoslawischer Staatsbürger
wegen Luftangriffen der NATO am 30. Mai 1999 in der serbischen
Kleinstadt Varvarin

I. Sachverhalt: die serbische Kleinstadt Varvarin (4000 Einwohner)
wurde am Sonntag, den 30. Mai 1999 zwischen 13:00 und 13:25 von zwei
Kampfflugzeugen der NATO attackiert. In zwei kurz hintereinander
folgenden Angriffswellen wurden auf eine alte Brücke (Baujahr 1924)
insgesamt 4 Raketen abgeschossen. Dabei kamen 10 Menschen ums Leben,
über 30 Personen wurden verletzt (sämtlichst Zivilpersonen). Das
jüngste Todesopfer war die damals 15jährige Sanja Milenkovic, die mit
zwei gleichaltrigen Freundinnen zu Fuß die Brücke überquerte.

II. Ziel der Klage: die Hinterbliebenen der 10 Todesopfer und 17
Schwerverletzte haben am 24. Dezember 2001 am Landgericht Berlin
Schadensersatzklage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben. Mit
der Klage verfolgen die Kläger insbesondere folgende Ziele:
1. die Feststellung der Verletzung geltenden Kriegsrechts und somit
elementarster Menschenrechte;
2. die Feststellung der Verantwortlichkeit der Bundesrepublik
Deutschland für die Verletzung und Tötung von Zivilpersonen;
3. den Ausgleich der erlittenen Schäden und Folgeschäden (durch Zahlung
einer Geldentschädigung, die Klageforderungen belaufen sich auf über 8
Millionen DM).

III. Rechtsgrundlage der Klage: sind die Verletzung der allgemeinen
Regeln des humanitären Völkerrechts, so die Genfer Abkommen vom 12.
August 1959 und insbesondere die Verletzung des Zusatzprotokolls I über
den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni
1977 (vgl. BGBl Teil II, Seite 1551), ratifiziert durch die
Bundesrepublik Deutschland und somit unmittelbar geltendes Recht für
Deutschland.
Das Zusatzprotokoll I enthält das strikte Angriffsverbot für alle an
einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien auf die
Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte. Es
verbietet den Angriff auf unverteidigte Orte und Angriffe ohne
Vorwarnung.
Es verpflichtet die an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien
vor einem Angriff aufzuklären, ob durch einen Angriff Zivilbevölkerung
und zivile Objekte in Mitleidenschaft gezogen werden und verpflichtet
sie für diesen Fall, von einem Angriff abzusehen. Alle diese
Rechtsnormen wurden bei dem Luftangriff auf Varvarin verletzt, denn:
- die Stadt Varvarin lag außerhalb von Kampfgebieten (ca. 200 Kilometer
vom Kosovo entfernt), in ihr waren keine militärischen Einheiten
stationiert, die Stadt war auch nicht von militärischen Transporten
tangiert, die nächstgelegene Kaserne befindet sich ca. 22 Kilometer von
der Stadt entfernt;
- es handelt sich um eine ausschließlich von der Zivilbevölkerung zivil
genutzte und zudem unverteidigte Stadt;
- dem Luftangriff ging keine Warnung voraus.

IV. Die Bundesrepublik Deutschland trägt (auch) für den
kriegsrechtswidrigen Luftangriff auf Varvarin unmittelbar
Verantwortung. Sie hatte Kenntnis von dem beabsichtigten Angriff und
hat sich darüber hinaus mit dem Angriff ausdrücklich einverstanden
erklärt. Das ergibt sich aus den Erklärungen der deutschen Regierung
und eines deutschen Generals über die Zielplanung in der NATO und das
Zustimmungserfordernis aller Mitgliedstaaten als Voraussetzung für den
tatsächlichen Angriff:

1. nach Auskunft der deutschen Regierung im Deutschen Bundestag wurde
die sogenannte Zielplanung durch die Organe der NATO vorgenommen.
Mangels eigener Aufklärungsmittel in der NATO stellten die
Mitgliedsstaaten die dafür erforderlichen Informationen den Organen der
NATO zur Verfügung (Bundestagsdrucksache 14/1788, dort unter I., Seite
3).
Auf Grundlage dieser Zuarbeiten nahm die NATO die sogenannte
Zielauswahl vor. Die für Angriffe in Betracht kommenden Ziele wurden
auf sogenannten Ziellisten zusammengestellt.
Anschließend stimmten die NATO - Mitgliedsstaaten die Zielauswahl
zwischen den NATO - Mitgliedsstaaten ab (vgl. Antwort der deutschen
Regierung vom 28.3.2001 auf eine Große Anfrage im Deutschen Bundestag,
14.Wahlperiode, Drucksache 14/5677, dort Antwort auf die Frage unter
Nr. 42, S. 35);

2. der deutsche Generalleutnant Walter Jertz erklärte in diesem
Zusammenhang, daß zum einen zwischen allen Staaten der NATO zu den
beabsichtigten Luftoperationen gegen die auf den Ziellisten
zusammengestellten Zielobjekten Übereinstimmung erzielt werden mußte
und zum anderen Ziele von den =Ziellisten gestrichen wurden, wenn nur
einer der Staaten sein =Einverständnis mit der Luftoperation
verweigerte:
»(Die NATO) besteht aus 19 Staaten, und die Führungsebene setzt sich
aus 19 Nationen zusammen. Ihre militärischen Vorstellungen und Wünsche
mußten die einzelnen Nationen vor einer Militäroperation einbringen und
mit den Partnern abstimmen. Auch in der Zielauswahl und der Frage,
welche Ziele überhaupt angegriffen werden durften, mußten die
Beteiligten vorher übereinstimmen. Wenn eine Nation mit einem Ziel
nicht einverstanden war, wurde es von der Liste gestrichen.« (vgl.
Interview mit Generalleutnant Jertz, »Focus«, Heft 41/2000)

V. Der Luftangriff auf Varvarin war ein vorsätzlicher Angriff auf die
Zivilbevölkerung und zivile Objekte. Es war beabsichtigt, Zivilpersonen
zu verletzen und zu töten.
Denn zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich ca. 3500 Menschen in
unmittelbarer Nähe der Brücke. Wer unter diesen Umständen ohne jede
Vorwarnung mit modernsten Kampfflugzeugen völlig ahnungslose Menschen
mit zwei Raketen extremsten Wirkungsgrades in einer 1. Angriffswelle
beschießt, handelt in Tötungsabsicht. Und wer dann nur wenige Minuten
später in einer 2. Angriffswelle nochmals zwei Raketen abschießt, kann
sich den Vorwurf menschenverachtenden und menschenrechtsverachtenden
Verhaltens nicht entziehen.

VI. Auf Pressekonferenzen der NATO in Brüssel am 31. Mai und 1. Juni
1999 wurde der Angriff auf Varvarin als militärisch legitim bezeichnet,
ohne weitere Erklärungen abzugeben. Die Bundesrepublik Deutschland hat
über ihr Verteidigungsministerium ausdrücklich versichern lassen, daß
das bei der Zivilbevölkerung der Stadt Varvarin verursachte Leid
zutiefst bedauert werden würde und gleichzeitig die Anerkennung
individueller Schadenersatzforderungen der Opfer abgelehnt. Zur
Begründung wurde unter anderem ausgeführt, »... das Verhalten der
Piloten bei der Zerstörung der Brücke von Varvarin (ließe sich nicht)
der Bundesrepublik Deutschland zurechnen.«
Klageerhebung war daher geboten.

Berlin, den 17. Januar 2002
Vesna Milenkovic (Mutter der getöteten Sanja Milenkovic, Klägerin und
Sprecherin für alle Opfer aus Varvarin), Rechtsanwalt Ulrich Dost
(Prozeßbevollmächtigter der Kläger).

Für die Prozeßführung sind die Kläger auf Spenden angewiesen. Das
Landgericht Berlin hat den Streitwert erwartungsgemäß auf 4.155.541,80
EUR und den Gerichtskostenvorschuß auf 42.189,25 EUR festgesetzt. Erst
nach Zahlung des Gerichtskostenvorschusses wird die Klage an den
Prozeßgegner zugestellt. Kontoinhaber des Spendenkonto ist die
Vereinigung Demokratischer Juristen e.V.,
Kontonummer: 33 52 20 14, BLZ: 100 500 00 (Berliner Sparkasse),
Stichwort: »Schadenersatzklage NATO - Kriegsopfer«.