1. Redebeitrag der INTERNATIONALEN JUGOSLAWIEN
SOLIDARITÄT auf der Antikriegsdemonstartion am 22.
März 2003 in Hamburg. (W. Mueller)

2. Vor vier Jahren wurde Belgrad bombardiert, heute ist Bagdad an der
Reihe – wer wird der nächste sein?
(Jugoslawisch-Österreichische Solidaritätsbewegung)


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Redebeitrag der INTERNATIONALEN JUGOSLAWIEN
SOLIDARITÄT auf der Antikriegsdemonstartion am 22.
März 2003 in Hamburg.

Heute vor fast vier Jahren, gingen genau die gleichen
entsetzlichen Bilder aus der jugoslawischen Hauptstadt
Belgrad um die Welt, wie sie in der vergangenen Nacht
aus Bagdad gesendet wurden. In der Nacht des 24. März
1999 begann die 78tägige Bombardierung Jugoslawiens
durch NATO-Streitkräfte.

So wie heute war die Aggression der 19 teilnehmenden
Staaten durch keinerlei UN-Mandat gedeckt.
So wie heute wurde behauptet, die Aggression richte
sich nicht gegen die Bevölkerung des angegriffenen
Landes, sondern lediglich gegen einen "blutigen
Diktator".
So wie heute wurde behauptet, der Bombenterror
verfolge rein humanitäre Ziele und bringe den Menschen
mehr Freiheit, Sicherheit, Wohlstand und Demokratie.
So wie heute wurde behauptet, es würden ausschließlich
militärische Ziele getroffen.
So wie heute war der Krieg gegen Jugoslawien
vorbereitet und begleitet durch eine Flut von
ungeheuerlichen Lügen, die in die Weltöffentlichkeit
herausposaunt wurden. - Viele erinnern sich vielleicht
noch an die erfundenen Berichte von KZ's im Kosovo
oder den sogenannten "Hufeisenplan", wie sie von der
Bundesregierung seinerzeit verbreitet wurden.

Anders als heute waren damals jedoch viele derer, die
sich heute gegen den Irakkrieg aussprechen eifrige
Befürworter der Bomben auf Belgrad. Unvergessen die
Kriegserklärung des Bundeskanzlers Schröder am Abend
des 24. März 1999 in der er behauptete: "Wir führen
keinen Krieg gegen Jugoslawien, sondern lediglich
Luftschläge gegen einen Diktator."

Die Tatsachen des Jugoslawienkrieges sahen anders aus:

Die Bomben und Raketen zerstörten weitgehend die
zivile Infrastruktur des Landes, wie Wohnhäuser,
Straßen, Brücken, Schulen, Krankenhäuser,
Elektrizitätswerke, sowie den Fernsehsender RTS und
kosteten Tausende Menschenleben.

Die systematische Bombardierung petrochemischer
Fabriken, sowie die Verwendung uranhaltiger Munition
verursachte nachhaltige ökologische Schäden, deren
Folgen noch bis heute wirken, wie ein sprunghafter
Anstieg von Krebserkrankungen und die Geburt
mißgebildeter Kinder es belegen.

Die kürzliche Auflösung des jugoslawischen Staates und
die Erschießung des serbischen Ministerpräsidenten vor
wenigen Tagen, die zur Einführung des
Ausnahmezustandes in Serbien, verbunden mit
Massenverhaftungen und dem Verbot oppositioneller
Tageszeitungen führte, zeigen, dass dort alles andere
als freiheitliche oder demokratische Zustände
eingetreten sind.

Unter dem Besatzungsregime der NATO, das ursprünglich
für ein Jahr vorgesehen war und mittlerweile
unbegrenzt aufrecht erhalten bleiben soll, ist die
Bevölkerung in den ehemaligen jugoslawischen
Republiken mit Lebensbedingungen konfrontiert, die für
die meisten von uns unvorstellbar sind und aus gutem
Grund in den hiesigen Massenmedien verschwiegen werden
und hier nur stichwortartig aufgezählt werden können:

Massenarmut und -arbeitslosigkeit von mehr als 50%,
bei einem rasanten Anstieg der Lebenshaltungskosten,
weitgehend zusammengebrochene Gesundheitsfürsorge, bei
zunehmenden Armutskrankheiten und hoher
Kindersterblichkeit. Dazu kommen bislang unbekannte
Erscheinungen, wie Angst vor kriminellem Bandenwesen
und terroristischen Anschlägen separatistischer
Banden, besonders im Süden Serbiens, Mazedonien und im
Kosovo, trotz (vielleicht auch wegen) der Anwesenheit
von rund zehntausend NATO-Soldaten.

Aber es gibt auch Gewinner des NATO-Krieges:

Die ehemals jugoslawischen Wirtschaftsbetriebe
befinden sich, wenn sie nicht zerschlagen wurden,
weitgehend in den Händen westeuropäischer Konzerne,
die aus dem Elend der Menschen saftige Profite
schöpfen. Der Löwenanteil ging dabei in die Hände
deutscher Monopolgruppen, weswegen die Redewendung von
der "neuen deutschen Invasion" heute in Belgrad zu den
geflügelten Worten gehört.

Der 24. März 1999 steht auch für ein wichtiges Datum
in der deutschen Geschichte. Zum ersten mal seit 1945
nahmen wieder deutsche Truppen an einem Angriffskrieg
teil. Damit hatte die Regierung Schröder/Fischer etwas
erreicht, was seit dem Beginn der 90er Jahre mit der
Einverleibung der DDR auf der deutschen Tagesordnung
stand und vom Bundeskanzler selbst mit dem Wort von
der "Enttabuisierung des Militärischen" umschrieben
wurde: Deutschland wurde wieder als Militärmacht auf
die internationalen Kriegsschauplätze geführt. Die
Aussage des deutschen Verteidigungsministers "Die
Verteidigung Deutschlands findet heute am Hindukusch
statt", zeigt, wie weit diese Regierung mittlerweile
auf dem Weg der Militarisierung ihrer Außenpolitik
fortgeschritten ist. Die Tatsache, dass sich
gegenwärtig Zehntausende deutscher Truppen weltweit
verstreut in Kriegseinsätzen befinden, die
scheinheilig als "Friedensmissionen" verklärt werden,
unterstreicht dies nachdrücklich.

Mit dem Krieg gegen Jugoslawien wurde 1999 der Weg zu
einer gefährlichen Entwicklung in der Welt geebnet,
deren Weiterentwicklung wir heute erleben, indem das
Völkerrecht mit Füßen getreten und außer Kraft gesetzt
wurde.

Auch damals gab es keine Ermächtigung durch den
UN-Sicherheitsrat, weil bedeutende
Sicherheitsratsmitglieder, wie die VR China, dagegen
waren, wofür dann auch die chinesische Botschaft in
Belgrad durch einen Raketenangriff zerstört und
mehrere Botschaftsangehörige getötet wurden.

Der Krieg gegen Jugoslawien war das größte Verbrechen
in Europa seit 1945 und wäre ohne die Beteiligung der
deutschen Bundesregierung so niemals möglich gewesen!

Wir haben 1999 gegen den Krieg gegen Jugoslawien
protestiert, so wie wir heute gegen den Irakkrieg
protestieren. Wir freuen uns, wenn heute viele, die
damals die Jugoslawen allein gelassen haben mit uns
demonstrieren, sei es aus dem Bereich der
Gewerkschaften, Kirchen oder auch der
Regierungsparteien, die den Kriegskurs von
Fischer/Schröder seinerzeit unterstützt haben.

Die heutige Haltung der Bundesregierung zum Irakkrieg
sehen wir jedoch im wesentlichen taktisch bedingt. Sie
entspringt einer anderen Interessenlage im Nahen Osten
als sie die USA dort haben und keiner Läuterung von
einer Kriegsregierung zu einer Friedensregierung. Das
zeigt sich schon daran, dass immer wieder von
führenden Vertretern der Regierungsparteien die
Ablehnung des Irakkkrieges mit einer nachträglichen
Rechtfertigung des Krieges gegen Jugoslawien verbunden
wird.

Das jüngste Interview des deutschen Außenministers
Fischer in der FAZ vom 17. März, in dem er zu einer
Stärkung der europäischen Militärkraft aufruft,
der beschleunigte Ausbau der EU-Armee unter
deutsch-französischer Führung
und die Übernahme des Mandats auf dem Balkan durch
EU-Streitkräfte in diesen Tagen,
zeigen, wo die Reise nach dem Willen dieser
Bundesregierung lang gehen soll

Sie will die weitere Militarisierung der Außenpolitik
vorantreiben und dabei eine größere Selbständigkeit
erlangen, getreu dem Motto: "Ablehnung von Kriegen,
die den deutschen Interessen schaden und Zustimmung zu
Kriegen, die den deutschen Interessen nützen!".

Versuche führender Vertreter der Grünen Partei oder
der Sozialdemokraten, wie Olaf Scholz, die
Friedensbewegung in diesem Sinne zu
instrumentalisieren, sind von uns entschieden
zurückzuweisen. Eine Friedensbewegung, die sich auf
solche Logik einläßt, hat den Namen Friedensbewegung
nicht verdient. Sie wäre ein reines Anhängsel
deutscher imperialistischer Großmachtpolitik.

Kämpfen wir gegen alle imperialistischen Kriege!
Unterstützen wir die weltweiten Proteste und
Aktivitäten gegen den Irakkrieg!
Vergessen wir dabei nicht die leidvollen Erfahrungen
Jugoslawiens!
Fordern wir den sofortigen Rückzug aller deutschen
Truppen vom Balkan, Hindukush oder vom Golf!

Stoppt den Krieg gegen den Irak!

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aus der DDR - international)
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W.Mueller


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Vor vier Jahren wurde Belgrad bombardiert, heute ist Bagdad an der
Reihe – wer wird der nächste sein?

Demonstration
Jahrestag der NATO-Aggression
24. März 2003, 18 Uhr Stephansplatz Wien

Das Muster ist überall gleich: Jahrelangem Embargo, politischer
Isolierung und militärischem Druck folgt der Krieg. Die über die
Medien ins Treffen geführten Gründe erweisen sich nach genauerer
Betrachtung als Vorwände für ein völkerrechtswidriges Vorgehen, das
letztlich nur die geostrategische Vorherrschaft der USA im Sinn hat.

Über die Abspaltung Sloweniens, Kroatiens und Bosniens hatte der
Westen Jugoslawien zerschlagen geholfen und dabei versucht sich den
verbliebenen Rest botmäßig zu machen. Doch die Regierung Milosevic
leistete vor allem mit Unterstützung in den unteren
Bevölkerungsschichten fortgesetzten Widerstand gegen die nationale
Zerstückelung sowie gegen das neoliberale Diktat. Um den unliebsamen
Herausforderer der imperialen Weltordnung doch noch in die Knie zu
zwingen, leistete der Westen Beihilfe zur Eskalation des
jahrzehntelangen Konflikts im Kosovo.

In völkerrechtswidriger Einmischung in die inneren Angelegenheiten
eines souveränen Staates legte man Jugoslawien immer schärfere
Bedingungen auf, die den schrittweisen Verlust der staatlichen Macht
über den Kosovo zur Folge haben mussten. Jugoslawien akzeptierte und
genehmigte auch die Überwachung der Vereinbarungen durch
Monitoring-Missionen. Der Westen stachelte jedoch die albanische
Nationalbewegung zu immer neuen Gewaltakten und damit auch
Verletzungen der Abkommen an, auf die Jugoslawien reagieren musste,
und welches ihm dann als Verstoß ausgelegt wurde. Schließlich
inszenierte man dann das Medienspektakel von Racak, bei dem albanische
Kämpfer, die bei Gefechten umgekommen waren, so platziert wurden, dass
es wie eine willkürliche Massenexekution von Zivilisten aussehen
sollte. Vor dem Hintergrund dieses Propagandatricks wurde in
Rambouillet bei Paris ein Ultimatum gestellt, das auf eine Abtretung
des Kosovo und auf den Status eines von der Nato besetzten Landes hinausli
ef. Nachdem Jugoslawien dies nicht akzeptieren konnte, wurde es
bombardiert, trotz zähen Widerstands gegen die Übermacht
niedergerungen und schließlich in Belgrad ein Marionettenregime
installiert.

Gegenüber dem Irak läuft ein sehr ähnliches zynisches Spiel. Nachdem
das Zweistromland nach mehr als zehn Jahren Embargo sich Washington
nach wie vor nicht vollständig unterordnet und seine Ölreserven
staatlich bleiben, soll es nun angegriffen werden. So wie es den USA
gegen Jugoslawien nicht um die Menschenrechte (sonst hätten nicht
Hunderttausende Nichtalbaner vertrieben und der Kosovo der Willkür der
Mafia ausgeliefert werden können), sondern höchstens um billiges
Kanonenfutter geht, so geht es auch gegen den Irak keineswegs um
Demokratie, sondern um den Machtanspruch auf eine Region, die nicht
nur aufgrund der Ölreserven zentral ist. Die Demokratie, die die USA
mit Feuer und Schwert bringen, ist nicht jene der Herrschaft des
Volkes, sondern der Privatisierung des Öls und des Landes, der
Zerschlagung des öffentlichen Gesundheits- und Schulwesens, sprich:
ihrer ungezügelten Bereicherung.

Entgegen den Bestimmungen des Völkerrechts wird dem Irak das Recht auf
Selbstverteidigung und die entsprechende Bewaffnung abgesprochen,
während die USA sich und ihren Verbündeten das Monopol auf
Massenvernichtungswaffen sichern. So wie Jugoslawien hat der Irak
bisher jede noch so ungerechte und ungerechtfertige Bedingung
akzeptiert um den Krieg abzuwenden. Darum legen die USA die Latte
immer höher um daraus letztlich einen Kriegsgrund konstruieren zu
können. Egal ob mit oder ohne UNO-Mandat, sie werden angreifen.

Auch wenn unter den Bedingungen der monopolaren Weltordnung kein
kleines, auf sich allein gestelltes Land in der Lage ist der
US-Militärmaschine zu trotzen, so ist die amerikanische Soldateska
keineswegs fähig die sich immer weiter auftuenden sozialen,
politischen und kulturellen Widersprüche zu lösen. Im Gegenteil, der
von Washington ausgerufene permanente präventive Krieg verstärkt sie
nur noch. Am Balkan bleiben die Nationalitäten nicht nur gegeneinander
aufgehetzt, sondern die neuen und alten Grenzen warten nur darauf,
durch neue Konflikte verändert zu werden. In Afghanistan verstärkten
die amerikanischen Bomben paradoxerweise den russischen und iranischen
Einfluss. Welche Kräfte sich im Gefolge des Krieges am Euphrat und
Tigris festsetzen werden, kann noch nicht abgeschätzt werden. Es ist
nicht unwahrscheinlich, das auch dort Fraktionen zum Zug kommen, deren
Interessen zum gegebenen Zeitpunkt mit jenen der USA divergieren können.

Der Unterschied zwischen heute und vor vier Jahren ist allerdings,
dass der europäischen Bevölkerung nach der amerikanischen Parteinahme
mit der israelischen Besatzungsmacht gegen die palästinensische
Intifada und dem Angriff auf Afghanistan die der amerikanischen
globalen Vormacht innewohnenden Gefahr bewusst geworden sind. Es ist
ein großer Schritt vorwärts, dass sich die Mehrheit gegen den Krieg
ausspricht!

Doch das ist noch bei weitem nicht genug, um den Kriegstreibern
wirklich etwas entgegenzusetzen. Nicht nur, dass Massenproteste
notwendig wären, die die militärischen Vorbereitungen ernsthaft
behindern könnten – wie zum Beispiel Blockaden gegen
verfassungswidrige US-Transporte durch Österreich. Politisches Ziel
der Bewegungen muss der Sturz der westlichen Kriegsregierungen sein.

Vielfach hegen die FriedensdemonstrantInnen die Illusion, sie könnten
den liebgewonnenen globalen Status quo, der ihnen einen ansehnlichen
Lebensstandard sichert, verteidigen. Doch dieser selbst ist die Quelle
der Kriege. Denn letztendlich dreht sich alles um einen
unversöhnlichen Konflikt zwischen der Armut im Süden und dem Reichtum
im Norden. Es kann also nicht nur darum gehen einzelne Kriege zu
verhindern, sondern das ganze System zu bekämpfen, das diese notwendig
hervorbringt. Der Motor dieses Kampfes sind die Verdammten dieser
Erde, auf deren Seite wir uns stellen müssen, ob es nun in
Jugoslawien, Kolumbien oder im Irak ist. Die Äquidistanz, wie sie in
der Aggression gegenüber Jugoslawien allerorts auch unter den
Kriegsgegnern zu spüren war und bis heute nachwirkt, muss überwunden
werden, denn sie hilft letztendlich dem Aggressor.

Nieder mit der US-Weltherrschaft!


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