Verbrechen, mit zweierlei Maß gemessen

1) Völkerrechtswidrige Machenschaften (Kaspar Trümpy, Argumente)

2) Verbrechen, mit zweierlei Maß gemessen? (Walter Manoschek, Der Standard)

3) Die Chef-Anklaegerin Del Ponte und ihre Anklage gegen das eigene Tribunal (stattweb.de)



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Völkerrechtswidrige Machenschaften

Zur Unabhängigkeit des Kosovo

Von Kaspar Trümpy

Argumente, August 2008



Während der Westen Sezessionsbewegungen auf dem eigenen Territorium mit allen Mitteln bekämpft - man denke nur an den mörderischen Sezessionskrieg des 19. Jahrhunderts in den USA - wird dies anderswo bei Bedarf tatkräftig befördert. So verweigerte das kolumbianische Parlament 1903 den USA die Konzession für den Bau des Panamakanals, worauf sich auf Betreiben und mit tatkräftiger Unterstützung der USA die kolumbianische Nord-Provinz Panama abspaltete und der Kanal wie gewünscht gebaut wurde. Seit 1949 wird die Volksrepublik China vom Westen mit der möglichen Sezession Taiwans und auch Tibets bedrängt. Im Irak, Sudan und Bolivien geschieht aktuell ähnliches. In Tschetschenien wurden Separatisten protegiert.

Unterstützung des Sezessionismus

Mit dem Prinzip «Teile und herrsche» verfolgen die USA und die EU auch im Kosovo ihre geostrategischen Interessen, indem sie durch wirtschaftliche Erpressung und einseitige Parteinahme UCK-Sezessionisten beförderten, welche nach dem Zerfall der Sowjetunion mehr oder weniger offen unterstützt wurden. Dadurch wurde Milosevic geschwächt, der in Restjugoslawien eine Politik des multiethnisch geprägten Sozialismus verfolgte. Nach dem völkerrechtswidrigen NATO-Aggressionskrieg von 1999 gegen Restjugoslawien  (Serbien-Montenegro) wurde der direkte Einfluss auf dem Balkan gefestigt (gigantische US-Militärbasis Bondsteel im Kosovo). Ausserdem konnte - entgegen dem weltweiten Trend - eine Politik zum Wohl (?) einer muslimischen Ethnie, resp. der vom Westen auserkorenen mafiösen Elite, gefördert werden.

Geschichte und Demografie des Kosovo

Zum Kosovo: Nach 1455 steht der um 1200 von Serben gegründete mittelalterliche Staat Kosovo ganz unter osmanischer Herrschaft. Zu einem ersten grossen Exodus der Serben kam es um 1690 nach einem missglückten Eroberungsversuch durch die Habsburger. Die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs betriebene Serbisierung des nun unter serbischer Hoheit stehenden Kosovo war wenig erfolgreich. Der Bevölkerungsanteil der Serben lag vor dem Zweiten Weltkrieg noch bei ca. 40%, wobei die Serben im Kriege enorme Verluste erlitten. Im sozialistischen Jugoslawien wurde das Kosovo 1974 eine autonome serbische Provinz. Seither fiel der Anteil der Serben von nun ca. 25% kontinuierlich und betrug 1989 zum Zeitpunkt des Machtantritts von Milosevic noch 10%. Nach der NATO-Intervention liegt derAnteil noch bei 5%. Die Serben wurden nach dem Zweiten-Weltkrieg von der albanischen Mehrheit sukzessive aus dem Kosovo herausgedrängt und können als erste Opfer einer ethnischen Säuberung im Nachkriegs-Jugoslawien bezeichnet werden!

Gegensätzliche Interessen des Westens und Russlands

Die schon in den 90er Jahren erfolgte Stigmatisierung Serbiens zum Schurkenstaat hatte zum Ziel, für den Westen ungünstige Resultate des Zweiten Weltkriegs rückgängig zu machen. So wurde auch Milosevics legitimes Vorgehen gegen gewalttätige UCK-Separatisten zum humanitären Verbrechen erklärt. Nachdem Russland in den Neunziger-Jahren unter Jelzin alle gegen Serbien - Auslöser war das berühmte irreführender Bild eines abgemagerten Bosniers «hinter» Stacheldrahtzaun (in Wirklichkeit befand sich das englische Kamerateam hinter dem Zaun) - verhängten schweren UNO-Sanktionen mittrug, versuchte Putin, die auch für Russland negativen Folgen der Politik seines Vorgängers auszubügeln und die beabsichtigte völkerrechtswidrige Unabhängigkeit des Kosovo abzuwenden.

Kosovo und die Schweiz

Die Verbindungen der Schweiz zum Kosovo sind vielfältig, etwa bezüglich der Berichte, wonach Jelzin von der kosovarischen Mafia bestochenen wurde: Über den in Lugano ansässigen kosovoalbanischen Bauunternehmer und Milliardär Pacolli tauchten, schon zur Zeit als Caria del Ponte noch schweizerische Bundesanwältin war, glaubwürdige Zeitungsmeldungen auf, in welchen über die Angelegenheit mafiöser Verbindungen zwischen Pacolli und Boris Jelzin (Bauauftrag im Kreml, Überweisungen auf Konto der Präsidentenfamilie) berichtet wurde. Den wichtigsten Belastungszeugen in dieser Angelegenheit, F. Turover, brachte Del Ponte in Lebensgefahr, als sie seine persönlichen Daten an die Presse weitergab. Dadurch wurden weitere Untersuchungen in diesem Fall vereitelt.

Problematische Rolle der Schweizer Aussenpolitik unter Calmy-Rey

In der Kosovofrage verfolgt die Schweiz durch die Anbiederung als Juniorpartner an die Menschenrechtsimperialisten der USA und EU eine einseitig anti-serbische Politik. Die UNO Resolution 1244, welche die territoriale Integrität Serbiens garantiert, wird im Einklang mit der NATO sehr grosszügig ausgelegt. Zur, im Vergleich zu ihrem Vorgänger J. Deiss (Sommer 1999, Empfang von Hasim Thaci im Bundeshaus), noch aggressiveren Haltung von Calmy-Rey (aktive Neutralität...) kann bemerkt werden, dass in ihrem Heimatkanton Genf eine umtriebige Kosovo-Lobby besteht (Ueli Leuenberger, Nationalrat Grüne). Die hohe Wertschätzung, welche die Aussenministerin der neutralen Schweiz diesem in völkerrechtlichem
Sinn nicht anerkannten Staat entgegen bringt, zeigte sich zuletzt darin, dass sie es sich nicht nehmen liess, an der Eröffnung der Schweizer Botschaft in Pristina persönlich anwesend zu sein. Bei uns gibt es mehrheitlich nur verhaltene Kritik an CalmyReys unglaublicher Kosovo-Politik.

Ausschaltung der UNO

Oberste Priorität geniesst im Westen die Bestrebung, das in letzter Zeit doch unerwartet kompliziert gewordene Kosovo-Dossier im Sinne des «ehrlichen Maklers» Ahtisaari abschliessen zu können. Im UNO-Sicherheitsrat wurde nie über die Kosovo-Unabhängigkeit, resp. eine Anpassung der Resolution 1244, abgestimmt, angeblich um das angekündigte russische Veto nicht zum Tragen kommen zu lassen. Die «Unabhängigkeit» des Kosovo wurde jedoch bislang nur von 41 der total 193 Staaten anerkannt, weshalb davon auszugehen ist, dass die Ab stimmung im UNO-Sicherheitsrat auch ohne russisches Veto gescheitert wäre.


Argumente ist die halbjährlich erscheinende Zeitung der PdA-Basel (pda-basel@...)


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Der Standard (Wien), 30.07.2008

Naser Oric, Kommandant der bosnisch-muslimischen Armee, wurde rehabilitiert - vom selben Strafgerichtshof, an den demnächst Karadzic überstellt wird - ein Kommentar von Walter Manoschek

Verbrechen, mit zweierlei Maß gemessen?

Über die Instrumentalisierung von Recht.


Mit der Verhaftung von Radovan Karadzic ist der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wieder in die internationalen Schlagzeilen gekommen. Diese Woche soll Karadzic an den ICTY ausgeliefert werden. Sein Prozess wird weltweites Aufsehen erregen. Nicht zuletzt wegen der politischen Verantwortung, die Karadzic für das Geschehen in Srebrenica im Juli 1995 trägt, wo bosnisch-serbische Truppen ein Massaker an bosnisch-muslimischen Männern anrichteten.

So groß die Aufmerksamkeit für dieses Massaker ist, so bescheiden war die mediale Resonanz, als Anfang Juli der ehemalige Kommandant der 28. Division der bosnisch-muslimischen Armee, Naser Oric, von einem Berufungsgericht des ICTY freigesprochen wurde, nachdem er im Sommer 2006 für die Folterung und Tötung von sieben Serben durch seine Untergebenen in der Stadt Srebrenica zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Durch die Anrechnung der Untersuchungshaft hatte er bereits nach dem Urteilsspruch den ICTY als freier Mann verlassen und war in Bosnien von der muslimischen Bevölkerung als Kriegsheld euphorisch empfangen worden. Nach dem Spruch des Berufungsgerichts ist Oric nicht nur ein freier, sondern auch ein redlicher Mann. 

So weit, so skandalös. Und es wirft ein Schlaglicht auf die politisch tendenziöse Seite des ICTY, die nicht nur von serbenfreundlicher Seite kritisiert wird. Denn um dieses Urteil als skandalös zu bezeichnen, braucht es nicht den Protest der russischen Regierung. Hier reicht es, sich das mörderische Treiben von Oric und seiner Division in der Region Srebrenica zwischen 1992 und 1995 anzusehen. Doch so moralisch empört sich die Medien dem Massaker der bosnisch-serbischen Truppen unter der politischen Verantwortung von Karadzic und General Mladic seit Jahren widmen, so uninteressiert zeigen sie sich an der Vorgeschichte, die eng mit der Präsenz von Orics Division im Raum Srebrenica verbunden ist. 

Srebrenica war ursprünglich ethnisch gemischt. Doch bereits unmittelbar nach dem Eintreffen von Orics 28. bosnisch-muslimischen Division in Srebrenica waren die serbischen Einwohner im Mai 1992 aus der Stadt geflohen. An ihre Stelle kamen Muslime aus der umliegenden Gegend, und Srebrenica wurde zu einer muslimischen Enklave mit 35.000 Menschen. Von Beginn an attackierte die 28. Division die umliegenden serbisch bewohnten Dörfer mit größter Brutalität. Eine der erbarmungslosesten Aktionen fand am 7. Jänner 1993, dem Tag des serbisch-orthodoxen Weihnachtsfestes, statt, als Oric einen Überraschungsangriff gegen das Dorf Kravice anführte, bei dem über hundert serbische Soldaten und Zivilisten getötet wurden. 

Ein großer Teil der Feindseligkeit der bosnischen Serben aus der Region gegenüber den Einwohnern Srebrenicas resultierte aus dieser Phase des Krieges. Im Frühjahr 1993 übergab die jugoslawische Staatskommission für Kriegsverbrechen dem UN-Sicherheitsrat ein Memorandum. Es beinhaltete eine Liste von etwa 1300 Serben, die von Orics Truppen von April 1992 bis April 1993 getötet und von 192 Dörfern, die niedergebrannt worden waren. Der UN-Sicherheitsrat akzeptierte das Memorandum als offizielles Dokument.

Blutige Trophäen

Im April 1993 erhielt Srebrenica den Status einer Schutzzone und UNO-Truppen wurden darin stationiert. Doch wurde die Stadt niemals erfolgreich demilitarisiert. Der UN-Report zu Srebrenica hielt fest, dass die muslimischen Truppen nicht mehr als 300 Waffen abgegeben hatten, die meisten davon waren unbrauchbar. Die etwa 5800 Mann starke 28. Division machte weiterhin Ausfälle in serbisches Territorium und tötete Soldaten und Zivilisten. Sowohl 1994 als auch 1995 lud Oric ausländische Reporter ein und zeigte ihnen seine "Kriegstrophäen" : Videos, auf denen abgeschnittene Köpfe, verbrannte und erschossene Serben, abgebrannte Häuser und Leichenberge zu sehen waren.

Die Gräueltaten der muslimischen Division unter dem Kommando von Oric sind gut dokumentiert. Doch als er im März 2003 vom ICTY angeklagt wurde, wurde er nur wegen der Ermordung von sieben Serben durch seine Untergebenen zur Verantwortung gezogen. Obwohl sich Oric öffentlich gegenüber westlichen Reportern mit dem Erschlagen von serbischen Zivilisten gebrüstet hatte, sah der ICTY die Beweislage für eine entsprechende Anklage nicht gegeben. 

Neben dem milden Urteil von zwei Jahren Haft sticht die Dekontextualisierung der von Oric und seinen Truppen begangenen Verbrechen mit den blutigen Ereignissen in Srebrenica vom Juli 1995 ins Auge. Mit einer Anklage, die die offensichtlich schweren Verbrechen von Oric vor dem Juli 1995 ausklammerte, vermied das ICTY, einen Zusammenhang mit dem Massaker in Srebrenica herzustellen.

Dass das systematische Abschlachten der serbischen Zivilbevölkerung in der Umgebung von Srebrenica durch Orics Truppen vom ICTY nicht als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" qualifiziert wurde, sagt einiges über die politische Agenda dieses Gerichtshofes aus. Damit war es möglich, das Massaker der bosnisch-serbischen Armee in Srebrenica vom Juli 1995 als eine zusammenhanglose Tat darzustellen und Srebrenica als Symbol des serbischen Bösen und für die muslimische Opferrolle zu instrumentalisieren.

Die Rehabilitierung von Naser Oric durch den ICTY ist ein weiterer Höhepunkt in diesem zynischen Spiel mit der traurigen, blutigen und komplexen Geschichte des Zerfalls Ex-Jugoslawiens. Es ist zu befürchten, dass sich auch der Prozess gegen Karadzic in diese politisch tendenziöse Liste einfügen wird. 

(DER STANDARD, Printausgabe, 30.7.2008)

Walter Manoschek ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Wien

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Siehe auch die Kommentare: Postings anzeigen



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stattweb.de-News und -Mitteilungen, 30.Juni 2008

Strasbourg/Bern: Die Chef-Anklaegerin Del Ponte und ihre Anklage gegen das eigene Tribunal

So lange sie als oberste Staatsanwaeltin in Den Haag amtierte, versuchte sie konsequent, die Veranstaltungen des Tribunals als Gottesdienste hoechster Gerechtigkeit hinzustellen. Gerade der Prozess gegen Milosevic war einfach Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. 

Kaum war die Dienstzeit vorueber, nutzte Frau Del Ponte ihre freien Stunden in der schweizer Botschaft in Argentinien, um Hintergruende aufzudecken. Leider hat die deutsche Presse die Berichterstattung voellig abgeblockt, vielleicht, weil deren Enthuellungen zum Loblied dieser Presse fuer DenHaag nicht besonders passten.Nur die Neue Zuercher Zeitung berichtete zweimal ausfuehrlich. Denn Frau Del Ponte rechnete herb ab -mit den Serben, den Kosovo-Albanern, der internationalen Gemeinschaft und dem Vatikan. 

Leider scheint das im Original italienisch geschriebene Buch weder in Franzoesisch noch Deutsch inzwischen erschienen. Da die Schweizer Regierung anlaesslich einer Pressekonferenz brutal einen Maulkorb verpasste, ist es nicht unwahrscheinlich, dass das spaete oder gar Nicht-Erscheinen des Buches auf politische Drohungen zurueckgeht. 

Immerhin scheint der Europa-Rat einer der am meisten Zweifel erregenden Aussagen Del Pontes Beachtung zu schenken. 

Was eher an die peinlichen Halluzinationen eines Scharping erinnert. Demnach haetten UCK-Rebellen nach dem Krieg 1999 zwischen einhundert und dreihundert Personen nicht nur als Geisel entfuehrt, sondern einigen der dann getoeteten Serben Organe entnommen und im Ausland an zahlende transplantationsbeduerftige Patienten verkauft haben. Da die UCK vor der Zeit, da Kinkel sie reinwusch, als mehr oder weniger ordinaere Banditen gegolten hatten, dann aber unter Rot-Gruen mit einem schwarz-rot-goldenen Heiligenschein versehen wurden und jetzt die respektable Regierung eines Staates ohne Regierungsmacht darstellen, ist anzunehmen, dass von deutschen Stellen wenig Unterstuetzung bei der Untersuchung der Vorfaelle zu erwarten sein wird.

Von vielen Seiten wurde die medizinische Moeglichkeit solcher Organentnahmen auf Vorrat bezweifelt. Muesste nicht vor der Organ-Entnahme zwischen Spender und Empfaenger eine Vertraeglichkeitspruefung nach Blutgruppe stattfinden? 

Um nichts zu versaeumen hat jetzt der Europarat Marty mit der Untersuchung der Vorfaelle beauftragt. Marty hatte immerhin einiges ueber die menschenrechtswidrigen Kidnapper-Aktionen der CIA in Deutschland und Italien herausbekommen. 

Marty wird im September auf den Balkan fahren, Zeugen vernehmen und vor allem das Haus im nordalbanischen Burell untersuchen, in dem die Operationen zur Organentnahme vorgenommen worden sein sollen.

Quelle: Spiegel-print, 30.6.08, Artikel "Handel mit Organen" S.85
AutorIn: fg