Auftragsmorde
Den neuen Mafia-Skandal um das Sezessionsregime in Priština hat der frühere Geheimagent Nazim Bllaca ausgelöst. Bllaca gibt an, seit dem Ende des Krieges, den die NATO und die kosovarische Terrortruppe UÇK 1999 gegen Jugoslawien führten, für den Geheimdienst SHIK tätig gewesen zu sein. Der Dienst war während des Kriegs von der UÇK aufgebaut und dann vom vormaligen UÇK-Führer Hashim Thaçi seiner 1999 gegründeten Partia Demokratike e Kosovës (PDK, Demokratische Partei des Kosovo) unterstellt worden. Die SHIK-Agenten betätigten sich auf dem Feld der Organisierten Kriminalität, auf dem auch Thaçi umfangreiche Aktivitäten nachgesagt werden [1]; so erpressten sie Schutzgeld und widmeten sich der Immobilienbranche.[2] Zu ihren Opfern wird ein Architekt aus Priština gezählt, der gegen die dort stark wuchernde illegale Bautätigkeit einzuschreiten plante. Bllaca erklärt, im Rahmen seiner SHIK-Tätigkeit 17 Verbrechen begangen zu haben, darunter Erpressung, Anschläge, Folter und Auftragsmorde. Ihm zufolge richteten sich die SHIK-Verbrechen auch gegen Thaçis Rivalen Ibrahim Rugova und dessen Mitarbeiter in der Partei Lidhja Demokratike e Kosovës (LDK, Demokratische Liga des Kosovo). Tatsächlich wurden seit 1999 mehrere Personen aus Rugovas direktem Umfeld ums Leben gebracht.
Frauenhandel
Bllacas Vorwürfe wiegen schwer, da sie das unmittelbare Umfeld des kosovarischen Ministerpräsidenten Hashim Thaçi betreffen. Berlin und die EU kooperieren mit Thaçi seit Jahren und benutzen den Einfluss seines Clans, um das Kosovo beherrschen zu können. Über seine Tätigkeit macht sich niemand Illusionen. Schon vor fast drei Jahren hieß es in einer im Auftrag der Bundeswehr erstellten Studie, Thaçi verfüge "auf internationaler Ebene" über recht weit reichende "kriminelle Netzwerke".[3] Schon zuvor hatte der deutsche Auslandsgeheimdienst BND festgestellt, Thaçi sei Auftraggeber eines "Profikillers" gewesen. Ob es sich bei diesem Profikiller um Nazim Bllaca gehandelt hat, ist bislang unbekannt. Bllaca selbst gibt an, die Befehle für seine Auftragsmorde von Azem Syla erhalten zu haben. Syla, der in den 1990er Jahren als Generalstabschef der UÇK auftrat, ist ein enger Vertrauter von Thaçi. Er wird heute in Priština als Geschäftsmann geehrt. Bllaca zufolge soll auch ein weiterer hochrangiger Politiker aus Thaçis Umfeld an SHIK-Agenten Aufträge zu Verbrechen erteilt haben - Xhavit Haliti. Haliti gehört heute dem Vorstand des kosovarischen Parlaments und dessen außenpolitischem Ausschuss an. Der BND brachte ihn schon vor Jahren mit Organisierter Kriminalität in Verbindung, insbesondere mit Frauenhandel.[4]
Druck auf Zeugen
Unklar ist die Rolle, die die EU-"Rechtsstaatsmission" EULEX in dem aktuellen Skandal spielt. Bllaca behauptet, schon vor Monaten mit einem Geständnis an EULEX herangetreten zu sein, um die Aufklärung der Verbrechen zu ermöglichen. Von entsprechenden Maßnahmen der EU-"Mission" ist nichts bekannt. Bllaca sah sich schließlich vor wenigen Tagen gezwungen, mit seinem Geständnis sowie weiteren Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen. Seitdem befindet er sich, bewacht von EU-Personal, in Haft.[5] Seine Hinweise könnten auch dem UNO-Kriegsverbrechertribunal wichtige Erkenntnisse bringen: Demnach haben SHIK-Agenten Zeugen bedroht und misshandelt, die vor dem Tribunal gegen die UÇK aussagen sollten. Das Gericht konnte mehrere mutmaßliche Kriegsverbrecher nicht überführen, weil Zeugen ihre Aussagen zurückzogen oder sogar ermordet wurden. Bllaca, der nun wegen seiner mutmaßlichen Morde vor Gericht gestellt wird, hat bislang keinen Anwalt finden können, der das Risiko auf sich nimmt, ihn in Priština vor Gericht zu vertreten.
Gebilde
Während in Priština die neuen Vorwürfe gegen Hashim Thaçi und sein Umfeld für Unruhe sorgen, hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag am 1. Dezember mit Anhörungen zur Sezession des Kosovo begonnen. Serbien hatte den Gerichtshof nach der Sezession seiner Südprovinz angerufen, um deren Rechtswidrigkeit bestätigen zu lassen. Letzte Woche wurden drei deutsche Völkerrechtler angehört, die mit abenteuerlich anmutenden Konstruktionen der Abspaltung den Anschein von Legalität zu verleihen suchten. So behauptete die Völkerrechtsberaterin der Bundesregierung, Susanne Wasum-Rainer, das Kosovo sei nach dem Einmarsch der NATO und der Installierung einer UN-Verwaltung zu einem "Gebilde" geworden, auf welches das Prinzip der territorialen Integrität keine Anwendung finden könne.[6] Eine "Unabhängigkeitserklärung" werde vom Internationalen Recht nicht verboten und sei deswegen zulässig. Der Heidelberger Völkerrechtler Jochen Frowein, der bereits mehrfach Auftragsarbeiten für Berlin erledigt hat, räumte zwar ein, eine Sezession könne internationales Recht brechen, wenn sie durch eine Intervention äußerer Mächte zustande komme; im Falle des Kosovo treffe dies aber nicht zu.[7]
Unverbindlich
Nicht ganz so erfindungsreich gab sich am gestrigen Dienstag die Vertreterin der spanischen Regierung bei der Anhörung in Den Haag. Spanien erkennt ebenso wie vier weitere EU-Staaten [8] und mehr als zwei Drittel sämtlicher Staaten weltweit die Sezession des Kosovo nicht an. Die Völkerrechtsberaterin Madrids stützte ihre Position in Den Haag darauf, dass Serbien ein Staat ist und deshalb territoriale Integrität beanspruchen kann, und darauf, dass der Westen unter deutsch-amerikanischer Führung mit der Anerkennung der Sezession die UNO hintergangen hatte. "Angesichts der Politik der vollendeten Tatsachen appellieren wir an die Kraft des Rechtes", erklärte sie.[9] Für den Fall, dass Den Haag sich nicht den juristischen Fantasien Berlins, sondern dem geltenden internationalen Recht unterwirft und die Sezession für illegal erklärt, verbreiten deutsche Medien, das Urteil des Internationalen Gerichtshofs sei nicht verbindlich. Die Bundesrepublik wird in diesem Fall das mafiöse Sezessionsregime der unter Rechtsbruch abgespaltenen Provinz Kosovo auch gegen das Votum des zentralen Gerichts der Vereinten Nationen anerkennen.
Weitere Informationen zur deutschen Kosovo-Politik finden Sie hier:
Aufs engste verflochten,
Politische Freundschaften,
Heldenfigur,
"Danke, Deutschland!",
Unter deutscher Aufsicht,
Organhandel,
Willkür an der Macht,
Nach NATO-Standards,
Der Zauberlehrling,
Die Mafia als Staat,
Keine Kompromisse und
Im dritten Anlauf (I).