[ Il generale "dissidente" della tedesca Bundeswehr Heinz Loquai spiega
da quali scelte criminali e da quali operazioni di disinformazione
strategica, operate in questi anni in Germania, derivi la attuale
gravissima situazione in Kosovo. In particolare, spiega Loquai, la
aggressione del 1999 ha reso di fatto impossibile quella convivenza
"interetnica" che prima dei bombardamenti era ancora almeno
ipotizzabile... ]

http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1080255602.php

26.03.2004

Konsequenz des Krieges


KÖLN (Eigener Bericht) - Die antiserbischen Pogrome im Kosovo sind ,,im
Grunde genommen eine Konsequenz" des von der deutschen Regierung
forcierten Überfalls auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Dies erklärt
Heinz Loquai, vor dem Beginn des Krieges am 24. März 1999
Balkan-Mitarbeiter der deutschen OSZE-Vertretung in Wien, im Gespräch
mit dieser Redaktion. Der Brigadegeneral a.D. der deutschen Bundeswehr
bezichtigt die Berliner Regierung der Mitverantwortung für die weltweit
zunehmende Kriegspolitik.

Gefragt nach den jüngsten Pogromen im Kosovo, verweist Loquai auf einen
Ausspruch des ermordeten serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic:
,,Vor dem Krieg war eine normale multiethnische Gesellschaft im Kosovo
wenigstens vorstellbar, heute kann man nicht einmal mehr darauf
hoffen." Gestützt auf Belege aus dem Verteidigungsministerium und dem
Auswärtigen Amt zeigt Loquai, wie deutsche Regierungsmitglieder in den
ersten Monaten des Jahres 1999 falsche Behauptungen über den Konflikt
in der südserbischen Provinz aufstellten - ,,Übertreibungen,
Manipulation der Wahrheit und Lügen", so der Experte, ,,um einen
Kriegsanlass zu finden und einen Krieg zu rechtfertigen".1)

Warnung

Der Krieg gegen Jugoslawien, so Loquai, ,,leitete die wirkliche
humanitäre Katastrophe erst ein": ,,Zu Beginn des Krieges gab es in den
Nachbarländern 70.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo, zum Ende des Krieges
waren es etwa 800.000". Loquai verweist auf die UN-Resolution 1244 und
warnt vor einem erneuten Verstoß gegen Beschlüsse der Vereinten
Nationen, wie ihn etwa Politikberater in Deutschland erwägen, die die
formale Abspaltung des Kosovo von Serbien vorschlagen2): ,,Bewahren der
Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik
Jugoslawien" müsse auch weiterhin zu den ,,Markierungen für zukünftige
Gespräche über den Status des Kosovo" gehören.

Deutsche Regierung: Mitverantwortlich

Der Krieg gegen Jugoslawien - ,,illegal, d.h. völkerrechtswidrig" -
versetzte einer Politik der multilateralen Konfliktsteuerung mit
nichtmilitärischen Mitteln einen schweren Schlag. Diese Entwicklung, so
Loquai, hat sich mit dem Krieg gegen den Irak fortgesetzt. Der
deutschen Regierung, die den Überfall auf Jugoslawien maßgeblich
befürwortete, schreibt der Brigadegeneral a.D. eine Mitverantwortung
für die weltweit zunehmende Kriegspolitik zu.

1) s. auch ,,Unaufhaltsamer Kriegskurs"
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1053900001.php%5d
und Heinz Loquai: Weichenstellungen für einen Krieg
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1053900000.php%5d
2) s. dazu Leitbild
[http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1080255601.php%5d

Den vollständigen Wortlaut finden Sie unter Interview mit Heinz Loquai
[hier unten]

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http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1080255600.php

26.03.2004

Interview mit Heinz Loquai


KÖLN - Über die Entwicklung im Kosovo sprach german-foreign-policy.com
mit Brigadegeneral a.D. der Bundeswehr Heinz Loquai. Loquai arbeitete
von 1995 bis 1999 bei der deutschen OSZE-Vertretung in Wien, wo er auch
für den Balkan zuständig war.

german-foreign-policy.com: Seit dem Krieg gegen Jugoslawien sind
mehrere hunderttausend Menschen aus dem Kosovo vertrieben worden, in
der vergangenen Woche kam es zu pogromartigen Attacken gegen Serben und
serbische Einrichtungen mit fast 30 Todesopfern. Wie beurteilen Sie das
inzwischen fünfjährige Besatzungsregime?

Loquai: Das Besatzungsregime, oder sagen wir die UNO-Verwaltung, hat
relativ wenig erreicht. Es ist nicht gelungen, die über 200.000
serbischen Flüchtlinge und Vertriebenen - unter den Flüchtlingen waren
ja auch Roma und andere Minderheiten - wieder zurückzuholen bzw. ein
Umfeld zu schaffen, in das sie ohne Angst und Furcht zurückkommen
können und wollen. Das, was wir jetzt erlebt haben, dieser Ausbruch von
Hass und Gewalt, ist im Grunde genommen auch eine Konsequenz des
Krieges von 1999. Ich erinnere mich an einen Ausspruch des ermordeten
serbischen Ministerpräsidenten Djindjic, der sagte: ,,Vor dem Krieg war
eine normale multiethnische Gesellschaft im Kosovo wenigstens
vorstellbar, heute kann man nicht einmal mehr darauf hoffen." Seit dem
Ende des Krieges sind nicht einmal fünf Jahre vergangen. Das ist
natürlich auch eine extrem kurze Zeit für eine Befriedung.

german-foreign-policy.com: Der Krieg wurde unter dem Vorwand geführt,
die jugoslawische Regierung plane einen Völkermord an ihren albanisch
sprechenden Bürgern. Entsprach dies nach Ihrer Kenntnis den Tatsachen?

Loquai: Es wurde nicht nur gesagt, dass die jugoslawische Regierung
einen Völkermord plane, sondern dass sie ihn schon verübe. Abgeordnete
des Bundestages und Mitglieder der deutschen Regierung haben ja zur
Rechtfertigung des NATO-Krieges behauptet, man müsse wegen eines
Völkermordes an den Kosovo-Albanern militärisch eingreifen. Das war
natürlich eine maßlose Übertreibung. Wenn man auf den Irak-Krieg
blickt, dann kann man heute sagen, dass die angeblichen
Massenvernichtungswaffen des Irak für den amerikanischen Präsidenten
Bush das waren, was für die deutsche Regierung die so genannte
humanitäre Katastrophe war ­ Übertreibungen, Manipulation der Wahrheit
und Lügen, um einen Kriegsanlass zu finden und einen Krieg zu
rechtfertigen.
Ich möchte nur zwei kompetente Quellen anführen, die kurz vor Beginn
des Krieges gegen Jugoslawien die Lage im Kosovo beurteilten. Die OSZE,
die mit 1.500 Beobachtern im gesamten Kosovo präsent war, hat die Lage
am 18. oder 19. März, also nur wenige Tage vor Kriegsbeginn, so
zusammengefasst: ,,Die Lage über die ganze Provinz hinweg bleibt
angespannt, aber ruhig." Und die Nachrichtenexperten des deutschen
Verteidigungsministeriums haben noch am 23. März, einen Tag vor Beginn
des Krieges, festgestellt: ,,Tendenzen zu ethnischen Säuberungen sind
weiterhin nicht zu erkennen." Das war die Situation, die dann Scharping
und Fischer mit dem Holocaust, mit dem Mord an sechs Millionen Juden,
verglichen haben.

german-foreign-policy.com: Der Krieg beruhte auf einem fingierten
Vorwand und war also Ihrer Auffassung nach völkerrechtswidrig?

Loquai: Der Krieg war illegal, d. h. völkerrechtswidrig. Es gab kein
Mandat des UNO-Sicherheitsrats, Jugoslawien hatte auch keinen
NATO-Staat angegriffen. Das hat auch eine hochrangige Kommission unter
dem schwedischen Ministerpräsidenten Persson festgestellt. Doch diese
Kommission kam auch zu dem Ergebnis, der Krieg sei legitim gewesen
wegen der massiven Menschenrechtsverletzungen. Es gab natürlich Gewalt,
Vertreibungen und massive Menschenrechtsverletzungen. Das Auswärtige
Amt stellte am 19. März fest: Von Flucht, Vertreibung und Zerstörung im
Kosovo sind alle dort lebenden Bevölkerungsgruppen gleichermaßen
betroffen. Es herrschte also ein Bürgerkrieg. Der Krieg der NATO
richtete sich einseitig nur gegen eine Bürgerkriegspartei, nämlich
gegen Jugoslawien. Und der Krieg leitete die wirkliche humanitäre
Katastrophe erst ein. Zu Beginn des Krieges gab es in den
Nachbarländern 70.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo, zum Ende des Krieges
waren es etwa 800.000.

german-foreign-policy.com: Das Centrum für angewandte Politikforschung
von Werner Weidenfeld schlägt vor, den Kosovo von Serbien abzuspalten
und unter direkte UN-Verwaltung zu stellen. Lief die deutsche
Jugoslawien-Politik nicht von Anfang an darauf hinaus?

Loquai: Also, wissen Sie - wenn ich mir anschaue, was jetzt angesichts
der Gewalt an Vorschlägen kommt, dann würde ich mir wünschen, dass die
Leute, die solche Vorschläge machen, sich noch einmal die
UNO-Resolution 1244 vom 10. Juni 1999 anschauen. Denn man kann ja nicht
ganz plötzlich, nur weil Gewalt ausgeübt worden ist, eine damals
eingeschlagene Politik zur Befriedung des Kosovo über den Haufen
werfen. Das würde ja bedeuten, dass die Gewalttäter ihre Ziele
erreichen. Ich kann auch nicht sehen, was der von Ihnen erwähnte
Vorschlag bewirken soll. Der jüngste Ausbruch der Gewalt wurde ja wohl
nicht von Serbien aus inszeniert. Faktisch ist Kosovo doch unter eine
UN-Verwaltung gestellt. Doch die Art und Weise, wie diese Verwaltung
ausgeführt wird, ist ein Teil des Problems.
In der UNO-Resolution steht ganz eindeutig, was zu geschehen hat,
nämlich: Alle Flüchtlinge müssen zurückkehren. Über 200.000 Serben
warten auf diese Rückkehr. Außerdem steht dort: Die NATO-Truppe müsse
ein sicheres Umfeld schaffen. Das ist ihr offenbar noch nicht gelungen.
Das heißt, bevor man jetzt etwas völlig Neues macht und Teilungspläne
auf den Tisch legt, sollte die UNO-Verwaltung erst einmal das
erreichen, was aufgrund einer UNO-Resolution ihre Aufgabe ist.
Es müsste auch geschehen, was in jedem geordneten Staatswesen
eigentlich selbstverständlich ist: Die Gewalttäter und insbesondere die
Rädelsführer müssen dingfest gemacht und vor Gericht gestellt werden.
Das heißt, man muss dort Recht und Ordnung schaffen. Dies ist Aufgabe
der UN-Vewaltung und der inzwischen aufgebauten Verwaltung im Kosovo.
Der bisher laxe Umgang mit Gewalttätern war möglicherweise eine der
Ursachen für den Ausbruch der Gewalt.
Ich bin auch der Auffassung, dass die internationale Gemeinschaft zu
ihren langjährigen Grundsätzen steht. Seit mehr als zehn Jahren war die
Vorgabe für den Status des Kosovo: Bewahren der Souveränität und
territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien (und ihres
Rechtsnachfolgers) und substantielle Selbstverwaltung für das Kosovo.
Dies sollten auch weiterhin die Markierungen für zukünftige Gespräche
über den Status des Kosovo sein.
Lassen Sie mich noch das hinzufügen: Die Mehrzahl der Menschen im
Kosovo interessiert der sogenannte Status relativ wenig. Sie wollen
endlich nach Jahren der Unterdrückung und Gewalt mit ihren Familien
sicher in Frieden leben, sie wollen Arbeit und Brot und ein sicheres
Dach über dem Kopf. Die jetzige Situation wurde geschaffen durch
organisierte Gewalt und wurde getragen von Gewalttätern, die
rücksichtslos ihre politischen Ziele mit Gewalt erreichen wollen.

german-foreign-policy.com: In Ihrem letzten Buch haben Sie den ohne
UN-Mandat geführten Überfall auf Jugoslawien als schweren Schlag gegen
die ,,multilaterale Konfliktsteuerung mit nichtmilitärischen Mitteln"
bezeichnet. Sehen Sie Ihre Einschätzung durch die aktuelle globale
Entwicklung bestätigt?

Loquai: Ja - eigentlich schon. Insbesondere natürlich im Irak. Der
Motor des Krieges gegen den Irak und des Krieges gegen Jugoslawien
waren die USA. Sie drängten mit Unterstützung besonders williger Länder
auf eine Lösung des Problems durch Krieg und ließen nichtkriegerischen
diplomatischen Lösungen kaum Chancen. Diese beiden Präzendenzfälle
waren ein schwerer Schlag gegen eine Politik der multilateralen
Konfliktsteuerung mit nichtmilitärischen Mitteln. Dass die derzeitige
US-Regierung von einer solchen Politik nichts hält, hat sie mehrfach
bewiesen. Von der Bundesregierung hört man ja zur Rüstungskontrolle
allenfalls noch Lippenbekenntnisse.

german-foreign-policy.com: Berlin hat sich am Überfall auf Jugoslawien
beteiligt. Trägt die deutsche Regierung eine Mitverantwortung für die
von Ihnen skizzierte globale Entwicklung?

Loquai: Ja selbstverständlich! Die Bundesregierung war in dieser
Hinsicht nicht nur Getriebener, sondern aktiver Gestalter.

german-foreign-policy.com: Wie würden Sie - in wenigen Worten - die
deutsche Außenpolitik gegenüber dem Kosovo charakterisieren?

Loquai: Zeitweise völlig einseitig antiserbisch bzw. antijugoslawisch
und im Gleichschritt mit den USA. Im ganzen unstetig, zu viel Taktik,
zu wenig langfristige Strategie.


Heinz Loquai, Brigadegeneral a.D. der deutschen Bundeswehr, ausgebildet
zum Generalstabsoffizier. Nach Lehrtätigkeit an der Führungsakademie
der Bundeswehr arbeitete er von 1980 bis 1989 im
Verteidigungsministerium und bei der NATO auf dem Gebiete der
Militärpolitik, 1995 bis 1999 bei der deutschen OSZE-Vertretung in
Wien, wo er auch für den Balkan zuständig war.


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Unterstützung.

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