[ Jürgen Elsässer analizza gli interessi in gioco dietro al progetto di
secessione del Kosovo, con particolare riferimento ai "corridoi" del
petrolio e delle droghe... ]

Jürgen Elsässer : Zu den wirtschaftlichen Interessen bei einer
Abspaltung des Kosovo

1. Konkurrenz der Pipelines
2. Drogenachse Kabul–Pristina


1) http://www.jungewelt.de/2005/01-27/005.php

27.01.2005

Ausland
Jürgen Elsässer, Belgrad

Konkurrenz der Pipelines

Zu den wirtschaftlichen Interessen bei einer Abspaltung des Kosovo (I):
USA wollen eine Öltrasse vom Schwarzen Meer durch die Albanergebiete
bauen

 
Warum machen die USA Druck für eine Abspaltung des Kosovo von
Serbien-Montenegro? Ein Grund könnten Ölinteressen sein. Schon seit
1994 plant das US-dominierte AMBO-Konsortium eine große Pipeline, die
vom bulgarischen Schwarzmeerhafen Burgas quer durch die albanischen
Gebiete Mazedoniens und das Kosovo zum albanischen Mittelmeerhafen
Vlora führen wird. Ein entsprechender Vertrag zwischen AMBO und den
beteiligten Staaten wurde Ende Dezember 2004 in Sofia unterzeichnet,
Baubeginn soll in fünf Monaten sein.

Dem Londoner Guardian konnte man entnehmen: »Für den Westen wäre das
wahrscheinlich die wichtigste Route zu dem Öl und Gas, das jetzt in
Mittelasien gefördert wird. 750 000 Barrel pro Tag. Ein notwendiges
Projekt, so die US-Agentur für Handel und Entwicklung, weil es ...
US-Unternehmen in eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung dieses
lebenswichtigen Ost-West-Korridors bringen wird.« Der Brite Michael
Jackson, der erste Kommandeur der NATO-geführten Kosovotruppe KFOR,
stellte einen direkten Zusammenhang zur Besetzung des Balkans durch die
NATO her: »Sicherlich werden wir lange hier bleiben, um die Sicherheit
der Energiekorridore zu gewährleisten, die durch Mazedonien führen.«

Rußland lenkte ein

Die AMBO-Pipeline wäre also das Gegenstück zur UNOCAL-Pipeline quer
durch Afghanistan – durch die eine soll das kaspische Öl nach Westen,
durch die andere nach Osten geleitet werden. Wegen der ersten wurde der
Krieg gegen Jugoslawien, wegen letzterer der gegen Afghanistan geführt.

Ursprünglich unterstützte Rußland eine Konkurrenzleitung, die das Öl
von Burgas nicht durch albanisches, sondern durch griechisches Gebiet
pumpen sollte. Ab Alexandroupolis wäre es dann mit Tankern
weitertransportiert worden. Doch überraschend gaben Präsident Wladimir
Putin und Wagit Alekperow, Chef des russischen Pipeline-Konzerns
Lukoil, zum Jahresende 2004 ihren Widerstand gegen das AMBO-Projekt
auf. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Möglicherweise erreichte
der Kreml als Gegenleistung für sein Zurückstecken eine andere
Streckenführung bei der transalbanischen Trasse – nach den neuesten
Planungen soll sie nicht mehr durchs Kosovo laufen und wäre damit für
die Separatisten ohne Nutzen. Wie endgültig diese Planung ist, bleibt
allerdings abzuwarten.

Jugoslawisches Trio

Die dritte balkanische Pipeline wird von der Europäischen Union sowie
dem italienischen Energiegiganten ENI und dem österreichischen
Tankstellenmonopolisten OMV unterstützt. Die Röhre soll jährlich 60
Millionen Tonnen Öl vom rumänischen Schwarzmeerhafen Constanta quer
durch Serbien, Kroatien und Slowenien leiten und in das transalpine
Netz einspeisen, das Österreich und Deutschland versorgt. Auch diese
Planung gibt es schon länger. Pikanterweise haben US-amerikanische
Bomber im Krieg gegen Jugoslawien massiv jene Gebiete in Nordserbien
angegriffen, durch die diese Pipeline laufen sollte. Erst im letzten
November konnte deswegen ein konkreter Planungsvertrag unterzeichnet
werden, Baubeginn soll Ende 2005 sein. Wichtiger als der ökonomische
ist der politische Effekt des Projektes: Es bringt drei Staaten des
ehemaligen Jugoslawien zusammen, die durch die Kriege der 90er Jahre
getrennt worden sind.


2) http://www.jungewelt.de/2005/01-28/007.php

28.01.2005
Ausland

Jürgen Elsässer, Belgrad

Drogenachse Kabul–Pristina

Zu den wirtschaftlichen Interessen bei einer Abspaltung des Kosovo (II)

 
Wird das Kosovo ein eigener Staat, obwohl die UN-Resolution 1244 die
Zugehörigkeit zu Serbien-Montenegro festgelegt hat? Albanische
Politiker wie der derzeitige Kosovo-Premier Ramush Haradinaj oder der
Oppositionsführer Hashim Thaci favorisieren diese Lösung, weil sie dann
noch ungestörter ihre Drogengeschäfte betreiben können. Wie Afghanistan
das Hauptanbaugebiet, so ist das Kosovo der wichtigste Umschlagplatz
für Heroin. Das Fachblatt Executive Intelligence Review spricht von
einer »Achse Kabul–Pristina«, über die die Finanzierung der albanischen
Untergrundbewegung UCK läuft. 40 Prozent des Heroins für Europa
vertreiben die UCK-Mafiosi, vermuten deutsche UNMIK-Polizisten.

Dies deckt sich mit dem neuen Drogenbericht von Europol. Die
Frankfurter Allgemeine Zeitung faßte Mitte Januar den noch nicht
veröffentlichten Report zusammen. Dort hieß es unter anderem:
»Kontrolliert wird der europäische Heroinmarkt von international
organisierten Gruppen, unter denen türkische und kurdische
Organisationen nach wie vor das Sagen haben. Allerdings haben
albanische Gruppen ihren Anteil am Rauschgiftmarkt im allgemeinen und
am Heroinmarkt im speziellen kontinuierlich vergrößert. Drei Faktoren
haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen: die Anwesenheit von
Albanern aus Albanien, aus dem Kosovo und aus Mazedonien in nahezu
allen westeuropäischen Ländern, die Existenz vieler Erscheinungsformen
organisierter Kriminalität unter Albanern und das Bestreben einiger
Gruppen, aus Albanien, dem Kosovo und Teilen Mazedoniens ein
selbständiges Groß-Albanien zu schaffen. Nach aller Erfahrung dient
Rauschgifthandel auch im Fall Albanien dazu, Geld für den politischen
wie den bewaffneten Kampf zu beschaffen.«

Vor diesem Hintergrund ist es kaum zu glauben, daß sich der
SPD-Vorsitzende Franz Müntefering Ende August 2004 ausdrücklich dafür
ausgesprochen hat, »daß das Kosovo in der Lage ist, ein eigener
souveräner Staat zu sein«. Wollen die deutschen Sozialdemokraten der
Heroingefahr für Europa Herr werden, indem sie den Heroinhändlern einen
eigenen Staat schenken? Noch seltsamer ist allerdings, daß die FAZ mit
Berichten über die Drogenhochburg Kosovo die proalbanische
Balkanpolitik Deutschlands blamiert, die sie ansonsten seit Jahren
unterstützt und vorantreibt. Aber vielleicht wird am Ende dieser
Widerspruch auf ganz überraschende Weise gelöst werden: Indem man die
Tatsache, daß die albanische Mafia zur Gefahr für Westeuropa geworden
ist, aus einem Contra- in ein Pro-Argument für die Selbständigkeit des
Kosovo verwandelt. Nur in diesem Fall nämlich, wird es dann heißen,
könnte man alle hierzulande straffällig gewordenen Skipetaren auf den
Balkan abschieben – in ihre eigene Republik.

Vielleicht kann man sogar die Mafiosi für diese Rochade gewinnen –
wenn man ihnen den Verzicht auf den Drogenhandel und die Rückführung in
ihre Heimat durch die Ermöglichung eines Großalbanien schmackhaft
macht. Aber vermutlich werden sie beides wollen.