[Una vera e propria inversione delle priorità del Diritto
internazionale, a partire dalla versione bugiarda fornita dai media:
di questo si è trattato e si tratta in Jugoslavia, come viene bene
argomentato in una tesi recentemente pubblicata in Germania...]

Umkehr der voelkerrechtlichen Normenhierarchie

http://www.jungewelt.de

jw 23.05.2005

Cathrin Schütz

Umkehrung der Normen

Eine Dissertation über westliche Leitmedien und die Kriege zur
Zerschlagung Jugoslawiens.

Mit dem Buch »Die Jugoslawien-Kriegsberichterstattung der Times und
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung« von Alexander S. Neu erscheint
bei Nomos nach den Büchern von General a. D. Heinz Loquai über den
Konflikt im Kosovo und die Vorbereitung des NATO-Krieges gegen
Jugoslawien erneut eine beachtenswerte Studie, die sich kritisch mit
der Periode des Zerfalls Tito-Jugoslawiens auseinandersetzt. Neu nimmt
die Medienberichterstattung über den Balkan-Konflikt unter die Lupe
und zeigt, wie die herrschende Meinung, wonach Slobodan Milosevic bis
heute in den Augen der deutschen Bevölkerung unbestritten der »Hitler«
vom Balkan ist, entstanden ist. Wie konnte es geschehen, daß Serbien
für alle Kriege im zerfallenden Jugoslawien verantwortlich gemacht
wird und der deutsche Außenminister Joseph Fischer fast
unwidersprochen zur Rechtfertigung der deutschen Beteiligung am
NATO-Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999, in dem es
angeblich darum ging, die Menschenrechte der Kosovo-Albaner zu
beschützen, sagen konnte: »Ich habe nicht nur nie-wieder-Krieg gehört,
sondern auch nie-wieder-Auschwitz«?

Reduktion, Dämonisierung

Neus Dissertation im Fachbereich Politikwissenschaft analysiert die
Kriegsberichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und
der britischen Times zwischen der Zeit kurz vor Ausbruch bewaffneter
Kämpfe Anfang 1991 und deren Beilegung nach dem Dayton-Abkommen Ende
1995. Detailliert zeigt er, wie das vorherrschende Bild über den
Balkankonflikt durch Reduktion und Simplifizierung seitens der Medien
aufgebaut wurde und zu welchem Zeitpunkt welche Falschdarstellungen
über den Konflikt verbreitet wurden. Neu verfügt über eine
ausgesprochen gute Kenntnis der Fakten, etwa wenn er auf die falschen
Interpretationen der jugoslawischen Verfassung Bezug nimmt. Diese
wurde von Times und FAZ instrumentalisiert, um die Argumente für die
Auflösung der jugoslawischen Förderation zu untermauern.
Sie wurde selektiv zitiert, »wodurch die Aussagen, da aus dem
Verfassungskontext isoliert, stets darauf hinausliefen, daß die
bundesstaatlichen Organe Jugoslawiens Verfassungsbruch begangen
hätten«. Vor allem die FAZ versuchte, »den jugoslawischen Bundesstaat
aus ideologischen und anti-jugoslawischen Motivationen heraus ...
geradezu pathetisch zu unterminieren«.

Ganz im Sinne der Regierung Kohl/Genscher, die mit der überstürzten
Anerkennung von Kroatien Ende 1991 die Möglichkeit einer friedlichen
Lösung gänzlich vom Tisch fegte, forderten Times und FAZ für die
jugoslawischen Gliedstaaten die Wahrung der territorialen Integrität,
ungeachtet der Tatsache, daß deren Grenzen mit den ethnischen Grenzen
nicht zusammenfielen.
Indem sie das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts für ihre
Argumentation selektiv nutzten, betrieben die Zeitungen, so Neu, eine
»Umkehr der völkerrechtlichen Normenhierarchie«, an dessen Ende nicht
das Selbstbestimmungsrecht der Völker, sondern das der Republiken
stand. Dabei wurde ideologisch für einen Systemwechsel »weg vom
Sozialismus«, an dem die Teilrepublik Serbien festhielt, argumentiert.
»Die Verfassung eines Staates hat nur dann die Chance auf
Respektierung seitens der FAZ, wenn es sich um ein ihr genehmes
Gesellschaftssystem handelt.« Durch Analogien, »bei denen die Serben
dämonisiert wurden«, wurden sie zum »Inbegriff des Monströsen«.
Neu gelingt es, Behauptungen der FAZ, wonach Jugoslawien etwa ein
»Mißgebilde« und das Staatspräsidium »Werkzeug« des »serbischen
militärisch-bolschewistischen Komplexes« war, ebenso dezidiert zu
widerlegen wie das gängige Bild vom multiethnischen Bosnien, vom
freiheitsliebenden Kroatien und den laut FAZ ausschließlich freiwillig
fliehenden Krajina-Serben.

Entgegen der Realität

Laut Neu erschien der FAZ »keine Analogie zu abstrus«, um entgegen der
Realität auf dem Kriegsschauplatz dieses Konfliktbild aufrecht zu
erhalten. Durch die Abbildung der serbischen Volksgruppe als
»Herrenvolk« Jugoslawiens gelang es, »die einstigen Opfer der
nationalsozialistischen Kriegspolitik auf dem Balkan ... selbst zu den
Trägern der völkischen Ideologie« zu machen.
Der Frage nach der Ursache der Manipulation geht Neu leider
unzureichend nach. Ihm ist nicht zu widersprechen, wenn er die mediale
Dämonisierung des Konfliktgegners als »geeignete publizistische Waffe«
beschreibt, um »die Emotionen der (Welt-)Öffentlichkeit und der
politischen Entscheidungsträger auf Kriegskurs zu bringen«. Ist die
Macht der Medien nicht zu unterschätzen, wäre es ein doch allzu
kurzschlüssiges Bild, daß sie allein die politische Agenda bestimmten.
Medien wie die FAZ haben diese Politik nicht erzwungen, aber sofort
erkannt, was auf der politischen Agenda steht. Sie haben den zum Krieg
treibenden Politikern die Bälle zugespielt, so daß deren Kurs
alternativlos erschien, und die Militarisierung der Außenpolitik
Rückhalt in der deutschen Bevölkerung gewann.
Alles in allem ist die inhaltliche Analyse von 827 Beiträgen, die die
Technik der Medienmanipulation transparent macht, nicht nur für am
Balkan interessierte Leser ein echtes Fundstück.

* Alexander S. Neu: Die Jugoslawien-Kriegsberichterstattung der Times
und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ein Vergleich. Nomos
Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2004, 271 Seiten, 49 Euro, ISBN
3-8329-0797-1

(Quelle: W. Schulz)