[Un reportage di Juergen Elsaesser dal Montenegro, dove impera un
regime antidemocratico e mafioso del quale nessuno parla...]

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05.07.2005

Thema
Jürgen Elsässer, Niksic

Besuch im Schurkenstaat

Zweieinhalb Flugstunden von Berlin entfernt hat sich ein despotisches
Mafiaregime etabliert, das jede Opposition unterdrückt

Wenn das kein Schurkenstaat ist: Der Präsident herrscht wie ein
Autokrat und finanziert seine Klientel aus den Schwarzgeldkassen der
Mafia; zehn Prozent der Bevölkerung hat er in Polizeiuniformen
gesteckt, das ist einsamer Weltrekord; der Chefredakteur der einzigen
oppositionellen Zeitung des Landes wurde erschossen, die
regierungshörige Justiz blockiert jede Aufklärung des Verbrechens; zur
Verhinderung eines Regime-Change verweigert die Staatsmacht der Hälfte
der Bürgerschaft das Stimmrecht; last but not least wurde sogar damit
begonnen, per Dekret eine eigene Sprache einzuführen, um den
Untertanen vermittels dieses »Neusprech« (George Orwell, »1984«) jede
Erinnerung an ihre eigene Kultur – und damit an die besseren Zeiten
vor der Gangsterherrschaft – zu nehmen.

Wo befindet sich dieses Absurdistan? Ist es ein Stammeskönigreich im
finstersten Herzen Afrikas, wo die Menschenfresser hausen? Oder
handelt es sich um eine asiatische Despotie von der Gnade Putins? Etwa
ein Kalifat, in dem Al Qaida Drogengelder wäscht und Frauen steinigt?
Ist vielleicht die Rede von Belorußland, das für Berlin und Brüssel
ganz oben auf der Liste der Schurkenstaaten steht? Alle diese
Klischees der westlichen Propaganda führen in die Irre. Man muß längst
nicht so weit reisen, um in den Abgrund unserer Zivilisation zu
schauen und ein Gesellschaftsmodell zu besichtigen, das auch bei uns
Schule machen könnte, wenn alles so weitergeht wie bisher. Folgen Sie
dem Autor nach Montenegro, in der Landesprache Crna Gora genannt, das
Land der Schwarzen Berge.

Ankunft in Tivat

Kommt man aus Belgrad auf dem Flughafen von Tivat an, muß man als
erstes durch die Paßkontrolle. Das ist bemerkenswert, weil man
eigentlich einen Inlandsflug genommen hat: Belgrad ist die Haupt- und
Tivat eine Küstenstadt eines gemeinsamen Staates, der früher einmal
Jugoslawien hieß, sich aber seit Frühjahr 2003 nur noch prosaisch
Serbien-Montenegro nennen darf. Weil der Vorschlag vom
Außenpolitikmanager der Europäischen Union kam, sprechen Spötter von
Solanien.

Als nächstes fällt der Blick auf die Uniformen der herumlungernden
Polizisten. Jacken und Mützen erinnern an die »Straßen von San
Francisco« oder andere US-Serien und unterscheiden sich deutlich von
der noch immer bieder-sozialistischen Kluft der Ordnungshüter in
Serbien. In Tivat befindet man sich nämlich in der Teilrepublik
Montenegro, und sowohl die Verkleidungskomödie der Staatsmacht, die
Einreiseschikane, als auch – ein einmaliger Vorgang im
Einstein-Universum – die Blockade des serbischen Mobiltelefonnetzes
auf montenegrinischem Boden haben ihren Grund im Abgrenzungsbedürfnis
der hiesigen Oligarchie von den Brüdern und Schwestern jenseits der
rein administrativen Grenze. An der Spitze der Minirepublik herrscht
Präsident Milo Djukanovic, und er will daraus mit aller Gewalt einen
selbständigen Staat machen.

Das ist nicht ganz einfach. Zum einen ist das Ländchen mit seinen
schroffen Höhen und der traumhaften Adriaküste zwar ein Paradies, aber
eben – wie bei Paradiesen so üblich – auch verzweifelt klein. Das
Territorium entspricht etwa dem Gebiet der oberitalienischen Seen, und
auch die Bevölkerungszahl dürfte sich mit 650 000 in derselben
Kategorie bewegen. Die serbische Bruderrepublik jedenfalls hat mit
acht Millionen Bürgern fast vierzehn mal soviel Einwohner. Kurz und
gut, ein unabhängiges Montenegro macht etwa soviel Sinn wie ein neuer
Staat am Gardasee, und der einzige, der das bisher versucht hat, war
Benito Mussolini zu Ende des Zweiten Weltkriegs in Gestalt der
Republik von Salo. Man weiß, wie das geendet hat.

Auch die Begeisterung von Djukanovics Untertanen für das Projekt hält
sich in Grenzen. 1992 hatten sich bei einem Referendum satte 94
Prozent der Montenegriner für das Zusammenbleiben mit Serbien in der
neuen Bundesrepublik Jugoslawien ausgesprochen. Diese Mehrheit war
zwar in den kommenden Jahren immer stärker abgebröckelt. Doch auch
1997, als Djukanovic erstmals sein Blatt aufdeckte und sich von seinem
politischen Ziehvater Slobodan Milosevic lossagte, gewann er trotz
Westunterstützung und Yuppie-Bonus die Präsidentschaftswahl gegen
seinen pro-jugoslawischen Mitbewerber Momir Bulatovic nur mit dem
hauchdünnen Vorsprung von 5 000 Stimmen. Seither schwingt das Pendel
bei jeder Wahl mal ein bißchen mehr in die eine, mal in die andere
Richtung.

Grund für die pro-serbischen Sympathien bei etwa der Hälfte der
Bevölkerung ist die Tatsache, daß sich die meisten Montenegriner – im
Unterschied zu Kroaten, Muslimen oder Albanern – niemals von den
Serben unterdrückt gefühlt haben, sondern sich – ganz im Gegenteil –
als deren bessere Hälfte betrachten. »Jeder Montenegriner ist Serbe,
aber nicht alle Serben können Montenegriner sein«, lautet ein
Sprichwort. Die kulturellen, religiösen, historischen und sprachlichen
Unterschiede zwischen Belgrad und der hiesigen Hauptstadt Podgorica
(früher Titograd) sind jedenfalls geringer als die zwischen Unter- und
Oberbayern. Als 1918 das erste Jugoslawien als »Königreich der Serben,
Kroaten und Slowenen« gegründet wurde, verzichteten die Montenegriner
im Überschwang der pro-serbischen Gefühle auf die Nennung ihrer
Nationalität im Staatstitel. Wie erfreulich wurscht den meisten Söhnen
und Töchtern der Schwarzen Berge der Ethno-Quatsch ist, zeigt nicht
zuletzt das Beispiel der Familie Milosevic: Slobodan bezeichnet sich
als Serbe, sein Bruder Borislav als Montenegriner.

Der DM-Putsch

In den letzten Jahren hat allerdings die zweite Natur, die
kapitalistische Ökonomie, einen landsmannschaftlichen Unterschied
hervorgetrieben: In Montenegro gibt es pro Kopf mehr Geldkapitalbesitz
als in Serbien. Dieser relative Reichtum mußte von der serbischen
Ökonomie und ihren Unwägbarkeiten abgekoppelt werden, und die
entscheidende Maßnahme hierfür war die Aufgabe der gemeinsamen
Währung. Für die Ablösung des Dinar durch die Deutsche Mark im
November 1999 leistete die Bundesbank Hilfestellung und schickte in
einer Nacht- und Nebelaktion über einen kroatischen Flugplatz 47
Millionen Mark an Hart- und Kleingeld ins Land. Notwendig für die
Umstellung waren darüber hinaus genügend Reserven in der gewünschten
Neu-Währung, die die Regierung in den inneren Geldkreislauf einspeisen
und dadurch die angestammte Währung verdrängen konnte. Dieser
Devisenschatz wurde nicht von den Deutschen zur Verfügung gestellt –
die Luftfracht aus Frankfurt stopfte nur die Kleingeldlücke in
Podgorica und garantierte so die paßgerechte Auszahlung der
Staatslöhne am nächsten Tag –, sondern war von der montenegrinischen
Oligarchie selbst angehäuft wurden: Ihre Devisenpolster waren zum
Zeitpunkt des monetären Putsches höher als die des wirtschaftlich
weitaus stärkeren Serbien, nämlich 150 Millionen Mark. Woher kam diese
stattliche Summe in einem Land, das damals unter UN-Embargo fiel? Sie
ist »im Laufe der Jahre über Schwarz- und Graumarktoperationen
zusammengebracht worden«, erklärte der Djukanovic-Berater Veselin
Vukotic ungeniert der Neuen Zürcher Zeitung (19.11.1999).

Genaueres berichtete die Berliner Zeitung am 8. Januar 1998. »Seinen
Ruhm begründete Djukanovic während des Bosnienkrieges. Er unterlief
das Embargo gegen Restjugoslawien und betrieb einen schwunghaften
Handel mit Treibstoff und Waffen, die er über den Shkodra-See
verschob,« Die Welt ernannte ihn ohne viel Federlesen zum
»Schmugglerkönig« (Ausgabe vom 3.7.1999). Mittlerweile hat die
italienische Justiz Beweise für diese Behauptungen vorgelegt: Im
Herbst 1999 erhob sie Anklage gegen Djukanovics Außenminister Branko
Perovic. Nach den Ermittlungen soll Perovic der Mittelsmann zwischen
der Camorra und der Regierung in Podgorica beim großangelegten
Zigarettenschmuggel gewesen sein, er persönlich soll sowohl den Waren-
wie den Zahlungsverkehr gemanagt haben. Als leitender Angestellter der
jugoslawischen Fluglinie JAT in Italien traf sich Perovic ab 1992
mehrfach mit einem Boß des Mazzarella-Clans, die Gespräche wurden von
der Polizei abgehört. Unter der Beweislast ist Perovic zurückgetreten
– nur um seinen Reichtum als Privatier heute um so ungestörter
genießen zu können.

Das Ausmaß der illegalen Transaktionen ist gewaltig: Nach Berechnungen
der italienischen Staatsanwälte finanziert Montenegro 60 Prozent
seines Haushaltes über den Zigarettenschmuggel, weswegen der
Zwergstaat bisweilen auch als »Philip-Morris-Republik« bezeichnet
wird, und umgekehrt gehen Italien dadurch jährlich umgerechnet vier
Milliarden Mark an Steuereinnahmen verloren. Doch es handelt sich
nicht nur um Gaunerei, sondern auch um Terror: Wenn Camorra und
montenegrinische Mafiosi die Konterbande auf Schnellbooten von Bar und
Kotor über die Adria transportieren und in Apulien auf LKWs umladen,
lassen sie sich ungern von Carabinieri oder auch nur Schaulustigen
stören. Des öfteren weichen die Gangster Polizeikontrollen nicht aus,
sondern suchen die Auseinandersetzung, für die sie mit ihren
gepanzerten Schnellbooten und Militärjeeps gut gerüstet sind. Zwischen
Januar und August 1999 hat es – so die Wochenzeitung Espresso – 500
bewaffnete Zusammenstöße zu Wasser und zu Land gegeben, bei denen 75
Personen verletzt und zwei getötet wurden – Sachbeschädigungen mit
aufgeschlitzten Motorbooten oder geschrotteten Autos nicht mitgerechnet.

Djukanovic und der Zigarettenkönig

Wie symbiotisch die Verbindungen zwischen Verbrechern und Politikern
sind, konnte man einem Sittengemälde entnehmen, das das Zagreber
Wochenmagazin Nacional im Jahre 2001 zeichnete. Im Zentrum steht ein
gewisser Stanko Subotic Cane. Der Serbe mit mittlerweile kroatischem
Paß ist laut Nacional der »Kopf der gesamten Balkan-Mafia«. Sein
Kapital kommt aus dem Verkauf unverzollter Zigaretten – allein in
Serbien soll ihm das jährlich zwei Milliarden Mark Profit bringen.
Nacional hat 300 Stunden Telefongespräche zwischen Cane und Djukanovic
abgehört und berichtet über die Finanzierung der Wahlkämpfe
Djukanovics aus der Schwarzkasse des Mafioso: 50 Millionen Mark sollen
dafür seit 1995 geflossen sein, weitere 130 Millionen seien auf
Privatkonten unter anderem in Zypern geparkt. Daneben ging es um die
Jetset-Aktivitäten der beiden, unter anderem teure Gespielinnen, wüste
Parties und den Mißbrauch Minderjähriger.

Selbst Djukanovics zahme Justiz hat schon einmal aufgemuckt und am 30.
November 2002 den montenegrinischen Oberstaatsanwalt Zoran Piperovic
verhaften lassen. Eine moldawische Prostituierte hatte zuvor gegenüber
der EU-Frauenbeauftragten Helga Konrad ausgesagt, sie sei vier Jahre
als Sexsklavin in dem Örtchen Orahovac gehalten worden, und nannte 20
hochrangige Kunden mit Namen, unter anderem den erwähnten Piperovic.
Die Frau war laut Konrad in einem »entsetzlichen Zustand«, ihr Körper
wies die Spuren schlimmer Mißhandlung auf. Die Anschuldigungen waren
so glaubhaft, daß Innenminister Jovicevic den gewalttätigen Freier
hinter Gittern bringen ließ. Djukanovic aber hatte nichts besseres zu
tun, als sowohl Jovicevic wie Piperovic zu entlassen – den
Innenminister aus dem Amt, Piperovic aus der Haft.

Der Londoner Independent berichtete Ende 2002, daß der Mädchenhandel
den Zigarettenschmuggel als Haupteinnahmequelle der montenegrinischen
Schattenwirtschaft ersetzt habe. Jedes Jahr würden 1 400
Osteuropäerinnen in den Puffs zwischen Cetinje und Kotor verschwinden
und dann nach Westeuropa weiterverkauft.

Mit der Einführung der Deutschen Mark und der späteren Umstellung auf
den Euro schuf die Djukanovic-Mafia die Voraussetzung zur
langfristigen Sicherung ihrer Profite: Da sie nun ihr Kapital nicht
einmal mehr teilweise und vorübergehend in schwachen Dinars halten
muß, ist sie vor Inflationsverlusten gefeit. Die angelaufene
Privatisierung hat ihr erlaubt, das Schmutzgeld für den Aufkauf
legaler Firmen zu verwenden und so zu waschen. Innerhalb der letzten
fünf Jahre sind so aus steckbrieflich gesuchten Banditen angesehene
Geschäftsleute geworden – der typische Konstitutionsprozeß einer
Bourgeoisie.

Abgeschlossen wäre der Prozeß freilich erst nach einer erfolgreichen
Staatsgründung. Solange Montenegro zusammen mit Serbien eine
gemeinsame Bundesrepublik bildet, besteht immer die Gefahr, daß ein
entschlosseneres Regime wie das derzeitige in Belgrad die Neureichen
in Podgorica enteignet oder ihnen wenigstens wieder die Kapital- und
Vermögenssteuern auferlegt, die Djukanovic längst abgeschafft hat.
Daneben hat Djukanovic noch ein ganz persönliches Motiv für den
Separatismus: Mittlerweile haben die italienischen
Strafverfolgungsbehörden nämlich gegen ihn selbst zwei Verfahren wegen
des Schwarzhandels eröffnet, wobei die Staatsanwaltschaft Augsburg
Hilfestellung leistete. Die römische Justiz hat ausdrücklich
bestätigt, daß sich Djukanovic diesen Klagen nicht mit Verweis auf
seine Immunität als Republikchef entziehen kann. Genau deswegen, so
die Kritiker, wolle er einen selbständigen Staat gründen: Dann könne
er höchstens noch von Den Haag belangt werden, aber nicht mehr von der
Gerichtsbarkeit eines anderen Staates.

Aufstand in Niksic

Am 28. Juni 2005, dem serbischen Nationalfeiertag Vidovdan, trafen
sich in der nordmontenegrischen Industriestadt Niksic die Gegner
dieses Raubseparatismus zu einer eindrucksvollen Kundgebung.
Eingeladen hatte die »Bewegung für einen gemeinsamen Staat«, in der
sich sämtliche projugoslawischen und proserbischen Oppositionsparteien
zusammengefunden haben und die in beiden Teilrepubliken prominente
Protagonisten hat. So stehen in Belgrad Ljubisa Tadic, der
angesehenste Philosoph des Landes und Vater des serbischen Präsidenten
Boris Tadic, und der bekannte Schriftsteller Matija Beckovic an der
Spitze der Initiative. In Niksic traten unter anderem politische
Schwergewichte wie Branko Kostic, der letzte Staatspräsident des
sozialistischen Jugoslawien, und Zoran Zizic, Premier in der
jugoslawischen Übergangsregierung nach dem Sturz Milosevics, an die
Mikrophone. Die Stimmung unter den etwa 800 Menschen im schwülheißen
Saal entsprach den Temperaturen: Sobald der Name irgendeines
Regierungsmitgliedes genannt wurde, ging ein gellendes Pfeifkonzert
durch die Menge. Die Bewegung will durch Massenkundgebungen wie diese
den beinahe geschlossenen Medienboykott durchbrechen und so ein für
Frühjahr 2006 von Djukanovic angekündigtes Referendum über die
Eigenstaatlichkeit gewinnen.

Ein geschickter Schachzug der Belgrader Diplomatie hat Mitte Juni das
Regime in Podgorica verunsichert: Premier Kostunica legte der EU eine
detaillierte Liste von 270 000 Montenegrinern vor, denen Djukanovic
bei der Volksabstimmung die Teilnahme verweigern will, weil sie in
Belgrad wohnen. Kurz darauf beschloß der Europarat in einer
Resolution, daß bei Referenden nach europäischem Standard allen
Staatsbürgern unabhängig vom jeweiligen Wohnsitz eine Beteiligung
zusteht. Djukanovic bestreitet, daß sich diese allgemeine Richtlinie
auch auf Montenegro anwenden lasse, doch die juristische Grundlage
seiner Argumentation ist brüchig. Kann man sich vorstellen, daß bei
einer Bundestagswahl die Hunderttausenden im Ausland lebenden
Deutschen nicht mitwählen dürfen? Und die montenegrinischen
Gastarbeiter leben noch nicht einmal im Ausland, sondern nur in der
anderen Teilrepublik des gemeinsamen Staates. Mit diesen 270 000
Stimmen, mehr als die Hälfte des Elektorats in Montenegro, dürfte beim
Referendum nächstes Frühjahr nichts anbrennen, freuen sich die Gegner
Djukanovics schon heute.

Während die Redner an diesem Abend in Niksic die neue Beschlußlage in
Brüssel loben und hinter der Tribüne das Sternenbanner der EU
einträchtig neben der serbischen Fahne hängt, spürt man bei Gesprächen
vor dem Saal etwas von der aufgestauten Wut. Alte Männer in
zerschlissenen Anzügen schütteln die Fäuste, Kids in Muscle-Shirts
zeigen den Bizeps und bei den Montenegrinerinnen blitzen die Augen
anstelle der Juwelen: Wenn Djukanovic durchzocken wolle und wenn die
EU das nicht verhindere, gebe es einen Bürgerkrieg. Im Land der
Schwarzen Berge, das türkischer Herrschaft immer getrotzt habe,
während sie im Paschalik Belgrad jahrhundertelang geduldet worden sei,
gebe es in jedem Haus noch genügend Revolver und Gewehre, um den
Polizisten Djukanovics einzuheizen. Und wenn dann die USA und die NATO
den Separatisten zu Hilfe kämen? »Dann werden sie dasselbe erleben wie
jetzt im Irak. Niksic wird das zweite Bagdad werden.«