(deutsch + english)
 
[L'annuncio dell'omaggio pubblico e del funerale di Slobodan Milosevic, pervenutoci dall'ICDSM, e poi il testo integrale dell'ultima sua lettera ed altra preziosa documentazione dagli eccezionali compagni tedeschi.]
 
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From:   icdsm-italia
Subject: [icdsm-italia] FUNERAL OF PRESIDENT MILOSEVIC
Date: March 17, 2006 8:35:48 PM GMT+01:00
To:   icdsm-italia @yahoogroups.com
 
---------- Initial Header -----------
 
 From      : "Vladimir Krsljanin"
Date      : Wed, 15 Mar 2006 23:06:23 +0100
Subject : FUNERAL OF PRESIDENT MILOSEVIC
 
 
FUNERAL OF PRESIDENT MILOSEVIC
 
Wednesday, 15 March 2006
 
Remains of President Milosevic arrived to Belgrade
 
Thursday, 16 March
 
Casket with remains of President Milosevic will be from 12:00 pm  placed in the Museum "25 May" (Bulevar Mira, Belgrade) where the people will be   able to pay their respect
 
Friday, 17 March
 
Casket with remains of President Milosevic will be whole day in the  Museum "25 May" (Bulevar Mira, Belgrade) where the people will be able to pay their respect
 
Saturday, 18 March
 
Casket with remains of President Milosevic will be in the morning in the Museum "25 May" (Bulevar Mira, Belgrade) where the people will be able to pay their respect and then the casket will be moved to
 
12:00 Central commemoration - farewell rally in front of the Federal Parliament in Belgrade
 
and finally to his home town Pozarevac for burial.
 
 
All people, all friends, supporters, ICDSM members, parties, organizations and officials from Serbia and abroad are welcome to attend all parts of the funeral.
 
Last minute changes of the above schedule are possible due to obstruction by the Belgrade puppet authorities.
 
To announce the arrival of the foreign guests or for any further inquiry that can ease their stay in Serbia on this sad occasion, please contact:
 
Vladimir Krsljanin of Sloboda/Freedom Association at
+381 63 8862 301
or
Branislav Popovic of SPS International Department at
+381 64 170 2869
 
 
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Da: Klaus von Raussendorff
Oggetto: Tödliche Verschwörung gegen Milosevic: Faschistische NATO-Praxis und flankierende Medien-"Theorie"
Ricevuto il: 15/03/2006 11:55
 
 
 Liebe Leute,
 
zur tödlichen Verschwörung gegen Slobodan Milosevic in faschistischer NATO-Praxis und flankierender Medien-„Theorie“ dokumentiere ich:
 
MILOSEVICS LETZTER BRIEF
Aus: junge Welt v. 15. März 2006
[ 1 ]
 
DIE KU-KLUX-KLAN-LOGIK ZU DEN HAAG
Von Rainer Rupp
Aus: junge Welt v. 15. März 2006
[ 2 ]
 
(same article in English):
KU-KLUX-CLAN LOGIC IN THE HAGUE
From: junge Welt, March 15, 2006
translated by: John Catalinotto March 14, 2006
[ 3 ]
 
AN DEN GERICHTSTOXIKOLOGEN PROFESSOR DR. DONALD UGES
Schreiben von John Jefferies, Irische Sektion des Internationalen Komitees für die Verteidigung von Slobodan Milosevic (ICDSM) www.icdsmireland.org
Vom 14. März 2006
[ 4 ]
 
EINE FORM VON FOLTER
Auszüge aus der Verhandlung vor dem „Tribunal“ in Den Haag gegen Slobodan
Milosevic am 29. November 2005
Aus: junge Welt v. 13. März 06
[ 5 ]
 
 
U n a b h ä n g i g e U n t e r s u c h u n g g e f o r d e r t
Mitteilung der Deutschen Sektion des Internationalen Komitees für die Verteidigung von Slobodan Milosevic-ICDSM
 
Das Internationale Komitee für die Verteidigung von Slobodan Milosevic (ICDSM) hat bei einer Pressekonferenz in Den Haag am 14. März durch seine juristische Sprecherin, die kanadische Rechtsanwältin Tiphaine Dickson, gefordert, zur Aufklärung der Ursachen des Todes von Präsident Milosevic die medizinischen Unterlagen für eine unabhängige Untersuchung zugänglich zu machen und die diplomatische Immunität der beteiligten Mitglieder des Mitarbeiterstabs der Vereinten Nationen im Hinblick auf die Frage zivil- oder strafrechtlicher Verantwortung aufzuheben.
 
 
T r a u e r f e i e r n f ü r P r ä s i d e n t S l o b o d a n M i l o s e v i c
am heutigen Mittwoch, den 15. März 2006 in Berlin (20 Uhr, Restaurant Avamor, Uhlandstr. 120, U-Bahnhof Blissestraße) und
am kommenden Freitag in Wien (19 Uhr, Gußhausstraße 14/3)
 
 
Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff
 
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Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIKor) -
Informationsdienst der Vereinigung für Internationale Solidarität (VIS) e.V.,
Redaktion: Klaus von Raussendorff
Postfach 210172, 53156 Bonn; Tel. & Fax: 0228 - 34.68.50;
Webmaster: Dieter Vogel
 
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Wer die AIKor-mails nicht empfangen möchte, schicke uns bitte eine Mail mit dem Betreff "unsubscribe"
 
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[ 1 ]
 
Aus: junge Welt v. 15. März 2006
 
MILOSEVICS LETZTER BRIEF
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich übermittele Ihnen meine Danksagung für die Solidarität, die Sie zum Ausdruck gebracht haben, indem Sie sich einverstanden erklärten, mich für eine medizinische Behandlung aufzunehmen.
 
Ich möchte Sie über Folgendes informieren: Ich glaube, die Beharrlichkeit, mit der die medizinische Behandlung in Rußland verweigert wurde, ist in erster Linie in der Befürchtung begründet, daß bei einer sorgfältigen Untersuchung entdeckt werden würde, daß aktive und mutwillige Schritte unternommen wurden, meine Gesundheit zu zerstören. Diese könnten vor russischen Spezialisten nicht verborgen werden.
 
Um meine Anschuldigungen zu belegen, präsentiere ich Ihnen ein einfaches Beispiel, das Sie im Anhang finden. Dieses Dokument, das ich am 7. März erhalten habe, zeigt, daß am 12. Januar ein ausgesprochen starkes Medikament in meinem Blut gefunden wurde, das – wie sie selbst sagen – zur Behandlung von Tuberkulose und Lepra eingesetzt wird, obwohl ich selbst während dieser fünf Jahre in ihrem Gefängnis niemals irgendein Antibiotikum genommen habe.
 
Während dieser gesamten Zeit habe ich außer einer Grippe nie irgendeine ansteckende Krankheit gehabt. Auch die Tatsache, daß die Ärzte zwei Monate gebraucht haben (um über den Befund zu informieren, d. Red.), ist nur mit Manipulation zu erklären. Die dafür Verantwortlichen können gewiß nicht meine Krankheit behandeln; ebensowenig wie diejenigen, gegen die ich mein Land in Kriegszeiten verteidigt habe und die ein Interesse daran haben, mich zum Schweigen zu bringen.
 
Sehr geehrte Herren, Ihnen ist bekannt, daß russische Ärzte zu dem Schluß gekommen sind, daß die Untersuchung und Behandlung der Probleme der Blutgefäße in meinem Kopf notwendig und dringend ist. Ich wende mich daher in der Erwartung an Sie, daß Sie mir helfen, meine Gesundheit gegen die kriminellen Aktivitäten in dieser Institution zu verteidigen, die unter dem Zeichen der UN arbeitet, und daß ich sobald wie möglich eine angemessene Behandlung in Ihrem Krankenhaus erhalte, in dessen Ärzte, wie in Rußland, ich vollkommenes Vertrauen habe.
 
Hochachtungsvoll, Slobodan Milosevic
 
(abgeschickt: 8. März; Eingang in der russischen Botschaft: 11. März; Übersetzung: AP)
 
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[ 2 ]
 
Aus: junge Welt v. 15. März 2006
 
DIE KU-KLUX-KLAN-LOGIK ZU DEN HAAG
 
Von Rainer Rupp
 
»Erstaunlich geschickt, wie sich dieser Selbstmörder dreimal in den Rücken geschossen und dann auch noch aufgehängt hat«. So ähnlich protokollierten vor nicht allzu langer Zeit rassistische Sheriffs im Süden der USA vom Ku-Klux-Klan begangene Morde. An diese Logik erinnert die Stellungnahme des »unabhängigen« holländische Toxikologen Donald Uges, der sich über die Geschicklichkeit »wunderte«, mit der Jugoslawiens Expräsident Slobodan Milosevic verbotene Medikamente in seine Zelle in einem Hochsicherheitsgefängnis geschmuggelt habe, um sich durch die Zerstörung seiner Gesundheit »eine Fahrkarte nach Moskau« zu erselbstmorden. Uges folgte damit der von Chefanklägerin Carla del Ponte vorgegebenen Marschrichtung, Milosevic habe als »letzten Akt des Trotzes Selbstmord begangen«. Unangenehm nur, daß Spuren eines nicht verordneten Medikamentes auch in alten Blutproben von Milosevic entdeckt wurden. Warum hatte man darauf nicht vorher reagiert? Unangenehm auch, daß Milosevic seinen Verdacht, man versuche ihn zu vergiften, in einem Brief an die russische Botschaft eine Woche vor seinem Tod schriftlich festgehalten und um eine Untersuchung gebeten hat.
 
»Es wäre besser, wenn Milosevic auf der Anklagebank stirbt, denn wenn das Verfahren bis zum Ende weitergeht, dann könnte es gut sein, daß er nur wegen relativ geringer Vergehen verurteilt wird«, hatte James Gow bereits 2004 in einem Fernsehinterview im britischen Channel 4 gesagt. Gow wurde dort als »Experte für Kriegsverbrechen« und Unterstützer des Haager Gerichtshofs präsentiert. In der Tat stand es um die Beweisführung des Internationalen Strafgerichtshofs sehr schlecht, sonst wäre in staatstragenden Medien mehr darüber zu lesen gewesen. Immer deutlicher wurde, daß die Anklage das Papier nicht wert war, auf dem sie stand. Ein Freispruch für Milosevic wäre jedoch zugleich »ein Schuldspruch für die NATO-Aggression gegen Jugoslawien« gewesen, so der russische General Iwaschow, für den feststeht, daß Milosevic deshalb ermordet wurde.
 
So wie Iwaschow dürften die meisten Serben denken. Auf zwischen 200 000 und zwei Millionen Menschen schätzte ein Korrespondent die Menge, die zur Bestattung Milosevics erscheinen würde, wenn diese in Belgrad stattfinden würde. Für die derzeit dort herrschenden Westmarionetten Grund genug, um sie zu verhindern. Die in Aussicht gestellten EU-Wirtschafts- und Finanzleistungen für die neue herrschende Klasse könnten gefährdet werden. Sie, die der serbischen Bevölkerung ständig neue Entbehrungen auferlegt, hat sehr berechtigte Sorge, daß die Beerdigung zu einer mächtigen Demonstration der betrogenen Massen gegen den Westen werden und die angestrebte Integration Serbiens in die neue Weltordnung von EU und NATO gefährden könnte.
 
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[ 3 ]
 
From: junge Welt, March 15, 2006
translated by: John Catalinotto March 14, 2006
 
KU-KLUX-CLAN LOGIC IN THE HAGUE
 
By Rainer Rupp
 
"Unbelievably clever, how this suicide victim shot himself three times in the back and also managed to hang himself." That's how racist sheriffs in the U.S. South not too long ago used to explain murders the Ku Klux Klan committed. The statement of the so-called independent Dutch toxicologist Donald Uges recalls this line of thinking, as he was "surprised" at the skill with which former Yugoslavia President Slobodan Milosevic could have smuggled forbidden medicines into his cell in a maximum-security prison so he could destroy his health and commit suicide in order to obtain "a ticket to Moscow." In saying this, Uges was obeying the marching orders given by Chief Prosecutor Carla del Ponte, who said Milosevic "committed suicide as his last act of defiance." The only inconvenience is that traces of a non-prescribed medicine had also been discovered in old blood tests of Milosevic. Why hadn't anyone reacted to this earlier? It was also inconvenient that a week before his death, in a letter to the Russian Embassy, Milosevic recorded in writing his own suspicion that someone was trying to poison him and requested an investigation.
 
"It would be better if Milosevic died in the dock, because if the trial ran its course he might be sentenced for only relatively minor charges," said James Gow in 2004 in a television interview in the British Channel 4. Gow had been introduced there as a "war-crimes expert" and supporter of the court in The Hague. Indeed the possibility of the International Criminal Tribunal proving its case looked very bad, otherwise there would have been a lot more to read about it in the pro-government media. It was becoming clearer each day that the charges against Milosevic weren't worth the paper they were printed on. An acquittal for Milosevic would have been at the same time "a guilty verdict for NATO aggression against Yugoslavia," as the Russian General Ivashov said. The general is certain that Milosevic was
murdered because of this.
 
Most Serbs believe what Ivashov does. A correspondent estimated that between 200,000 and 2 million people would gather for Milosevic's funeral if it were held in Belgrade. For the Western puppets who rule there now, that's reason enough to prevent this funeral. The financial and other assistance promised Serbia's new rulers by the European Union could be put at risk. These rulers, who constantly impose new sacrifices on the Serbian population, have a quite justified concern that the funeral could turn into a powerful demonstration by the betrayed masses against the West and that this would endanger their sought-after integration of Serbia into the new world order of the EU and NATO.
 
 
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[ 4 ]
 
AN DEN GERICHTSTOXIKOLOGEN PROFESSOR DR. DONAL UGES
Schreiben von John Jefferies, Irische Sektion des Internationalen Komitees für die Verteidigung von Slobodan Milosevic (ICDSM) www.icdsmireland.org
vom 14. März 2006
 
Herrn Prof. Dr. Donald Uges,
Professor für analytische Biochemie
Universität of Groningen
A Deuslinglaan 1
9713AV
Groningen
Niederlande
 
 
Sehr geehrter Professor Uges,
 
Ich sehe mich genötigt, Ihnen zu schreiben in Anbetracht der Äußerungen, mit denen Sie in den internationalen Medien zitiert werden, darunter den Medien meines Landes, der Republik Irland, Äußerungen, die sich auf Ihre toxikologische Untersuchung der Leiche von Slobodan Milosevic beziehen.
 
Zunächst möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich nicht auf Niederländisch schreibe, da ich diese Sprache nicht beherrsche, sodann aber auch für den Fall, dass Sie von den Medien falsch zitiert worden sind.
 
Die Medienberichte, auf die ich mich beziehe behaupten, Sie hätten erklärt, dass Herr Milosevic absichtlich Medikamente zur Behandlung von Tuberkulose und Lepra in der Absicht eingenommen haben könnte, die Wirkung der ihm zur Behandlung seines Bluthochdrucks und seiner Herzschwäche zu konterkarieren. Wenn diese Bemerkungen richtig wiedergegeben worden sind, ist dies ganz bestimmt ein Fall, wo Sie Ihre Rolle als Gerichtstoxikologe bei weitem überschritten haben. Soweit ich verstanden habe, haben Sie eine Blutprobe von Präsident Milosevic lediglich untersucht, und sind auch nur gebeten worden, diese zu untersuchen. Ihre Rolle bestand also darin, herauszufinden, welche natürlichen oder sonstigen Giftstoffe in seinem Blut vorhanden sind. Wie Sie dann aber feststellen konnten, auf welche Weise solche Giftstoffe in die Blutprobe von Herrn Milosevic gelangt sind, ist eindeutig eine andere Sache. Sind Sie plötzlich Detektiv geworden statt Toxikologe?
 
Wenn Sie nur die Blutprobe von Herrn Milosevic untersucht haben, wie können Sie dann mit scheinbarer Sicherheit erklären, dass Herr Milosevic absichtlich nicht verordnete Medikamente genommen hat, um sich selbst krank zu machen, und damit seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen, zur Behandlung nach Moskau überführt zu werden, und sich vermutlich jener Gerichtsbarkeit zu entziehen. Es ist schier unglaublich, dass Sie als angesehener und weltbekannter Professor der analytischen Biochemie eine solche Erklärung abgeben konnten. Wie konnten Sie wissen, ob er dies absichtlich eingenommen hat oder ob er dies vermischt mit verordneten Medikamenten ohne sein Wissen verabreicht bekommen hat?
 
Ich muss Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, dass Ihre Erklärung, ob zutreffend wiedergegeben oder nicht, von den Medien weltweit an prominenter Stelle aufgegriffen worden und zweifellos dazu benutzt worden ist, den Behauptungen der Feinde von Herrn Milosevic Glaubwürdigkeit zu verschaffen und die Behauptungen seines Anwalts und seiner Familie zusammen mit denen des russischen Außenministeriums, dass Herr Milosevic vergiftet wurde, zu diskreditieren. Ihre Bemerkungen wurden benutzt, um ihn als einen Selbstvergifter darzustellen, der seinen eigenen Tod riskierte, um Krankheit vorzutäuschen und sich der „Gerechtigkeit“ zu entziehen.
 
Vielleicht sind Sie von den internationalen Medien schrecklich falsch zitiert worden. Sollte dies der Fall sein, müssten Sie ihre Haltung sicher klären, um einen unbeschädigten Ruf als bekannter Toxikologe zu bewahren anstelle der Reputation eines voreingenommenen Mediziners, der seine Position benutzt, um in die politischen Arena abzuschweifen und dem Haufen Lügen gegen Herrn Milosevic eine weitere hinzuzufügen.
 
Hochachtungsvoll
 
John Jefferies
 
Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff (Deutsche Sektion des ICDSM)
 
 
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[ 5 ]
 
Aus: junge Welt v. 13. März 06
 
EINE FORM VON FOLTER
 
Dokumentiert: Auszüge aus der Verhandlung vor dem Strafgerichtshof in Den Haag gegen Slobodan Milosevic am 29. November 2005
 
* Am 29. November 2005 berief die Kammer III des »Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien« in Den Haag eine Sitzung ein, in der über den weiteren Verlauf des »Prozesses« gegen Slobodan Milosevic, der im Februar 2002 begonnen hatte, entschieden werden sollte.
Anlaß war angeblich Milosevics kritischer Gesundheitszustand, der allerdings schon seit seiner Verhaftung bestanden hatte, ohne daß ihm seitens des Tribunals große Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die »Richter« Patrick Robinson, O-Gon Kwon und Iain Bonomy unterbreiteten jetzt den Vorschlag, die drei großen Themenkomplexe der Ereignisse im Kosovo, in Kroatien und in Bosnien-Herzegowina, die 2002 durch Beschluß der »Berufungskammer« des Tribunals zu einem Prozeß zusammengefaßt worden waren, wieder zu trennen, um den so entstehenden »Kosovo-Prozeß« abzuschließen und Milosevic für die weiteren »Prozesse« für verhandlungsunfähig zu erklären. Im folgenden dokumentieren wir einen gekürzten und leicht bearbeiteten Auszug aus der Erklärung von Slobodan Milosevic an diesem Tag. Wir entnahmen den Text dem gerade im Zambon Verlag erschienenen Buch »Die Zerstörung Jugoslawiens – Slobodan Milosevic antwortet seinen Anklägern«. Den angekündigten Beitrag von Kurt Pätzold veröffentlichen wir in der jW-Ausgabe am Dienstag.
 
 
Vor zwei Wochen habe ich die Forderung an Sie gerichtet, daß Sie die Haltung des Ärzteteams aus Rußland, Frankreich und Serbien berücksichtigen, mir eine Ruhephase zu gewähren, weil aus den Befunden hervorgeht, daß sich mein Gesundheitszustand nicht stabilisiert hat und die Möglichkeit von Komplikationen besteht, und daß eine Ruhephase von mindestens sechs Wochen angezeigt ist. Sie haben die holländischen Ärzte um ihre Meinung in dieser Frage gebeten, und was dabei herausgekommen ist, was sie gefunden haben, sehen Sie in dem Bericht. Dr. van Dijkman, ein Kardiologe, den Sie ausgesucht haben, sagt in seinem Bericht unter anderem folgendes: »Ich rate dringend dazu, ausreichend Ruhe zu gewährleisten.«
 
Kein einziger Arzt, dem Sie den Bericht haben zukommen lassen, hat den Befund des Konzils der russischen, französischen und serbischen Ärzte in Frage gestellt. (»Anklagevertreter«) Nice hingegen spricht davon, daß ich am 16. November hier hereinspaziert wäre und gesagt hätte, ich könne nicht arbeiten. Ich weiß genau, was ich gesagt habe: Ich sagte, daß es mir nicht gut ging, das erste Mal in den letzten vier Jahren, daß ich das tat, das erste Mal in vier Jahren, daß ich darum bat, die Sitzung abzubrechen, weil es mir wirklich nicht gut ging. Und selbst da bestand Ihre Reaktion auf diese Anfrage darin, daß ich eineinhalb Stunden in diesem kleinen Raum auf dem Flur bleiben mußte, während Ihr Arzt mich untersuchte. Sie haben die ganze Zeit die Haltung des Konzils in Frage gestellt, die jetzt von Ihren eigenen Ärzten bestätigt worden ist. Der Arzt im Gefängnis verbot mir zum ersten Mal am 12. Oktober und zum zweiten Mal am 21. November, in den Gerichtssaal zu kommen. Ich war vorbereitet herzukommen, ich hatte Hemd und Krawatte angezogen, und dann wurde mir gesagt, daß kein Transport stattfinden werde und ich nicht kommen könne. Wenn also Herr Bonomy davon spricht, daß ich nicht hier war, so war ich deshalb nicht hier, weil Ihr eigener Arzt es mir verboten hatte. Das will ich ganz deutlich sagen.
 
Objektiver Befund
 
Kommen wir schließlich zu dem Problem, worüber ich zum ersten Mal am 16. November geklagt habe, und schon zwei Monate mit zunehmenden gesundheitlichen Problemen hatte warten müssen, obwohl sie Beachtung verlangten, nämlich die schwerwiegenden Symptome, daß ich einen sehr, sehr hohen Druck in meinen Ohren verspüre und ganz allgemein eine Überempfindlichkeit für Geräusche habe. An der medizinischen Fakultät der Universität Leiden wurde ich von Dr. de Laat vollständig untersucht, und er schrieb einen objektiven Befund. Mit »objektiv« meine ich, daß der Befund ohne die aktive Beteiligung des Patienten geschrieben wurde, der Patient hat nur passiv teilgenommen, weil der Befund auf einer Langzeituntersuchung mit elektronischen Mitteln beruht, und er sagte mir, daß sein objektiver Befund die Symptome, über die ich klage, voll bestätigt. D. h., die Ärzte, die ich selbst ausgesucht habe, weil sich mein Zustand in diesen zwei Monaten überhaupt nicht gebessert hat, und die Ärzte, die Sie ausgesucht haben, sind im Grunde zu den gleichen Ergebnissen gekommen. Dr. Falke hat mir gesagt, er habe gute Nachrichten, Dr. de Laat meint, daß er die Symptome unter Kontrolle bringen kann. Ich stellte ihm die logische Frage: Wann? Und er sagte, in den nächsten Tagen. »Wir werden uns möglichst beeilen.« (Ich fragte:) Wie soll ich in der Zwischenzeit arbeiten? Er sagte: »Sie haben genug Kräfte gesammelt, um durchzuhalten, Sie haben es auch bisher geschafft«, und ähnliche Dinge. Im September war ich im Krankenhaus in Bronovo, um die Magnetresonanz-Untersuchung zu machen, und davor besuchte mich ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Das ging drei Monate so, und die Situation wurde mit der Zeit immer schlimmer.
 
Herr Nice hat unter anderem die Frage angesprochen, ob ich meine Medikamente nehme oder nicht. Das kann nur jemand sagen, der nicht weiß, wie die Abläufe im Gefängnis funktionieren. Man muß seine Tabletten vor den Wärtern einnehmen, das gilt nicht nur für mich, sondern für jeden. Und dann wird die Zeit, zu der man seine Medikamente eingenommen hat, schriftlich festgehalten. Ich hatte ja selbst im Rahmen meiner eigenen Bemühungen, meinen Zustand zu bessern, von Dr. Falke verlangt, eine Laboranalyse durchzuführen, um zu sehen, wie die Medikamente wirken. Und ich möchte auch erwähnen, daß die von mir gerufenen Ärzte zwei Monate, nachdem (...) ich zu der ersten Untersuchung geschickt worden war, eintrafen, d. h., es wurde alles organisiert, ohne irgendwelche Ihrer Pläne zu durchkreuzen.
Verständigen wir uns darauf, daß in diesem Punkt völlige Klarheit herrscht. Ich will nichts weiter von diesen unsinnigen Dingen hören, die Herr Nice gesagt hat.
 
Meine Herren, Ihr vorrangiges Anliegen ist die Zeit, und Sie haben diesem Problem der Zeit solche große Aufmerksamkeit gewidmet, daß Sie im Absatz 6 Ihrer Weisung (zur Einberufung dieser Sitzung) von meinem Gesundheitszustand nur unter dem Gesichtspunkt der verlorengehenden Zeit sprechen. D. h., so wie ich es sehe, ist der Schutz meiner Gesundheit und in welchem Maße dieses – mit Verlaub – größenwahnsinnige Verfahren, das die Gegenseite veranstaltet hat, meiner Gesundheit schadet, allem Anschein nach für Sie nicht wichtig.
 
Zügigkeit des Gerichts
 
Meine Herren, ich möchte Sie an etwas erinnern. Im Absatz 4 Ihrer Weisung, die wir vor uns liegen haben, haben Sie die Chronologie Ihrer Bemühungen dargelegt, zu gewährleisten, daß dieser Prozeß zügig vorangeht. Ich werde diese Stellen nicht zitieren, weil Sie es vor sich haben. Aber es ist doch interessant und aussagekräftig festzustellen, daß diese Chronologie, wie daraus hervorgeht, also dieses enorme Drängen auf Zügigkeit, im Juli 2004 beginnt, also zu dem Zeitpunkt, als ich mit meiner Verteidigung an die Reihe kam. Sie haben mir damals 150 Tage zugestanden und behauptet, das sei genausoviel wie die 300 Tage, die der Gegenseite zugesprochen waren. Vor mehreren Wochen habe ich hier erwähnt, daß die Summe der Stunden, die ich weniger erhalten habe als die Gegenseite, sich auf 72 Tage beläuft. Sie haben mir nicht erlaubt, das weiter auszuführen, also habe ich es gelassen, und ich werde auch jetzt nicht darüber sprechen, aber ich möchte einfach sagen, daß die Tatsache bestehenbleibt.
 
Ihre Sorge um Zügigkeit und Effizienz entstand also, als meine Halbzeit begann, und zwar zu meinem Schaden. Das Tempo, mit dem sich das Verfahren entwickelt, wurde erst wichtig, als ich an der Reihe war, Tatsachen darzulegen, und hat Vorrang gegenüber diesen Tatsachen und auch gegenüber meinem Gesundheitszustand. Wenn Sie eine solche Besorgnis um einen zügigen Verlauf während der Anklagezeit von Nice und Del Ponte zum Ausdruck gebracht hätten, dann hätten Sie verschiedene Zeugen nicht zugelassen. Herr Robinson, Herr Kwon, Sie erinnern sich sehr gut, daß wir solche Zeugen hier hatten, wie denjenigen von einem Institut hier in Amsterdam, der in wenigen Tagen hastig vorbereitet wurde und einen Bericht über den Völkermord an den Armeniern in der Türkei und in Ruanda und noch irgendwo, ich weiß es nicht mehr, hielt, und dieser Zeuge, ein Holländer, sprach lang und breit darüber. Sie hätten dann auch nicht erlauben dürfen, daß so etwas an dieser Stelle vorgebracht wird, und es gab noch viele andere irrelevante Zeugen. Sie haben also für die größenwahnsinnigen Ambitionen der Gegenseite ein enormes Verständnis gezeigt...
 
Verschwendete Zeit
 
Robinson: Jetzt verschwenden Sie unsere Zeit. Wir wollen uns hier mit zwei Fragen beschäftigen: Der Frage der Trennung (der Anklagen) und Ihrem Gesundheitszustand. Beschränken Sie Ihre Eingaben auf diese beiden Punkte.
 
Milosevic: Nun, Herr Robinson, Sie haben Herrn Nice nicht unterbrochen, als er die absurdesten Behauptungen aufgestellt hat, und ich denke, ich kann auf diese absurden Behauptungen reagieren ...
 
Robinson: Wenn Sie so weitermachen, breche ich ab.
 
Milosevic: In Ordnung.
 
Robinson: Sie haben uns gesagt, daß Sie Anträge stellen wollen. Wenn ich Herrn Nice nicht unterbrochen habe, so deshalb, weil dazu kein Grund bestand. Fahren wir fort.
 
Milosevic: Fahren wir fort. Ich beziehe mich darauf, was in Ihrer eigenen Weisung, über die wir heute diskutieren, steht. Sie sprechen also von der Zeit, die aufgrund meiner Gesundheit in dieser Phase verlorenging, als Sie begannen, dieses starke Interesse an einem zügigen Prozeß zum Ausdruck zu bringen. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, daß diese Zeit, die Sie verlorene oder verschwendete Zeit nennen, viel kürzer ist als die Zeit, die aufgrund einer anderen Sache verlorengegangen ist, nämlich als Sie mir letztes Jahr mein Recht, mich selbst zu verteidigen, unrechtmäßigerweise weggenommen haben. Weil Sie das getan haben, waren einige der Fristen, von denen Sie in Ihrer Chronologie sprechen, einfach überschritten, als meine Verteidigung schließlich nach dem Beschluß Ihrer Berufungskammer (im November 2004, wonach Milosevic seine Zeugen wieder selbst vernehmen durfte)
begann.
Meine Herren, machen Sie also nicht meinen Gesundheitszustand, für den ich wiederum nichts kann, für die verlorene Zeit verantwortlich, wenn Sie selbst diese Zeit verschwendet haben. Was die Zeit betrifft, die tatsächlich aufgrund meines Gesundheitszustandes verlorengegangen ist, so müssen Sie dafür auch der Gegenseite die Schuld geben, wegen der Folter, der sie mich durch ihr größenwahnsinniges Unterfangen ausgesetzt hat, wogegen Sie niemals
vorgegangen sind.
Herr Robinson, da Sie die Zeitfrage anscheinend an erste Stelle setzen, haben Sie wohl nichts dagegen, daß ich zu dieser Frage etwas bemerke. Herr Robinson, Ich möchte Sie daran erinnern, daß ich Sie vor einer gewissen Zeit auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht habe, mir ausreichend Zeit zu gewähren, und daß Sie damals persönlich sagten, es sei zu früh, diese Frage zu erörtern.
 
Recht des Angeklagten
 
Ich habe das Recht, mich selbst zu verteidigen, dieses Recht geht aus internationalen Verträgen hervor und ist auch in Ihrem Statut enthalten. Damit obliegt es Ihnen auch, mir die Möglichkeit zum effektiven Gebrauch dieses Rechts zu geben. Dieses Recht kann nicht durch irgendwelche Pflicht- oder Zwangsverteidiger ersetzt werden. Ich habe das Recht, meine Verteidigung selbst vorzubringen, und es gründet auf den Rechtsquellen, die Sie alle kennen. Damit haben Sie die Pflicht, mir den effektiven Gebrauch dieses Rechts zu ermöglichen, und zwar nicht als ein fiktives Recht, das mir formal gewährt wird, während es mir realiter verwehrt wird. Wenn ich dieses Recht habe, müssen Sie mir ermöglichen, von ihm effektiven Gebrauch zu machen und es wahrzunehmen. Und die Bemerkung, daß ich die Zeugen ja nicht selbst vorbereiten müsse, ist genau, wie zu sagen, daß ich mein Recht ja nicht wahrnehmen müsse, und daß ich mich zu meinem Nachteil dazu entschieden hätte, von meinem Recht Gebrauch zu machen. Es geht also im Kern darum, daß es mir erlaubt sein muß, von diesem Recht tatsächlichen Gebrauch zu machen.
Wie gesagt, ist die jetzige Situation die direkte Folge des maßlosen Vorhabens der Gegenseite und ihres mutmaßlichen Wunsches, durch die Menge des Materials irgendeinen ernsthaften Beweis gegen mich zu ersetzen, Quantität vor Qualität, weil es für Unwahrheiten eben keine gültigen Beweismittel geben kann. Und Sie haben die Gegenseite durch Ihre tolerante Haltung unterstützt und sie niemals aufgefordert, den Umfang zu begrenzen. Ich bin das Hauptopfer dieser Bombardierungen mit Dokumenten und Zeugen, mit der die Gegenseite bis heute fortfährt, weil Sie ihr grünes Licht dafür
geben. Das ist eine Form von Folter, und es ist zynisch, mir die Verantwortung dafür zu übertragen, zumal es mit meiner gesundheitlichen Situation zusammenhängt, die durch diese Folter erheblich beeinträchtigt worden ist. Und zur Erinnerung: Es war während der Aussage General Stevanovics, als ich davon sprach, daß mir die Gegenseite über eine Million Seiten an Material hat zukommen lassen, und Herr Nice einwarf, daß es nur 600000 gewesen seien, und bei den übrigen habe es sich um doppelte Kopien gehandelt. Ohne darauf einzugehen, ob ich doppelte Kopien erhalten habe, was ich ja nur feststellen könnte, indem ich alles durchlese, und es wäre ebenso ungerechtfertigt, in jedem Fall war es eine enorme Menge an Material, so daß jeder Beteiligte an diesem Prozeß über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren jeden Tag 500 bis 1000 Seiten lesen mußte, neben allen anderen Verpflichtungen. Ein normaler Mensch ist nicht einmal in der Lage, auch nur einen Teil davon zu lesen. Und da ich annehme, daß keiner von uns hier ein Übermensch ist, ergibt sich die Schlußfolgerung, daß wir die irreale Situation haben, daß hier seit dreieinhalb Jahren ein paar Leute in diesem sogenannten Prozeß zusammensitzen, wobei kein Beteiligter weiß, was eigentlich in den Akten steht, auf deren Grundlage die Debatten hier abgehalten werden.

Verfahrenstrennung

Und bitte, es ist nicht nur das, worüber sie nichts wissen, sie wissen nicht einmal, was die Gegenseite mir eigentlich vorwirft. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders das Thema Groß-Serbien erwähnen. Vor drei Jahren, als die Gegenseite für die Zusammenlegung des Prozesses eintrat, stellte sie diesen Punkt als den roten Faden dar, der alle drei Teile miteinander verbindet, und die Kammer akzeptierte dieses Argument. Man kann also gar nicht über eine Trennung der Verfahrensabschnitte sprechen, ohne sich damit zu beschäftigen, was aus dieser speziellen Frage geworden ist. Am 25. August dieses Jahres sagte Herr Nice nach dreieinhalb Jahren Prozeß, daß er mich nicht wegen einer Groß-Serbien-Politik anklage, dieses Konzept, das er mir doch von Anfang an zugeschrieben hatte, von seinen Eingangsbemerkungen über die Beweisaufnahme, in der fast die Hälfte oder mehr seiner Zeugen über Groß-Serbien als mein Ziel sprachen und die Fragen beantworteten, die er ihnen in diesem Zusammenhang stellte. Wie kann man über eine Trennung der Verfahrensabschnitte sprechen, ohne gewisse Fragen zu beantworten? Welches Schicksal wird diesem Verfahren zuteil, von dem Sie und ich und wahrscheinlich auch die Gegenseite mehr als drei Jahre gedacht haben, daß ich hier wegen eines Groß-Serbien als Ziel eines angeblichen »gemeinschaftlichen kriminellen Unterfangens« angeklagt bin. Auf diesen Punkt zielten wir ja mit unseren Fragen an die Zeugen und der Würdigung alles Beweismaterials ab, denn das war es, was Herr Nice durch seine Zeugen behauptet hat.

Welchen juristischen Wert soll dieser Teil des Verfahrens jetzt haben, wenn wir alle der Täuschung erlegen waren, daß dies das Hauptanliegen der Anklage sei? Was ist jetzt mit all diesen Zeugen, die über Groß-Serbien als mein vorrangiges Ziel gesprochen haben? Wollen Sie das jetzt aus den Akten streichen, oder soll ich mich weiter auf sie beziehen?

Oder was ist mit diesem »gemeinschaftlichen kriminellen Unterfangen«? Welchen Zweck hat es nach dieser Kehrtwende noch? Was hat es mit diesem Phantom des »gemeinschaftlichen kriminellen Unterfangens« auf sich, über das hier gesprochen wird? Welche Vorwürfe werden eigentlich genau gemacht? Wir alle, die hier sitzen, Sie und ich, können einfach nicht wissen, was in all diesen Dokumenten von nicht weniger als einer Million Seiten steht, die Herr Nice eingebracht hat, und niemand weiß, welche Anklage der Ankläger erhebt, selbst die Chefanklägerin nicht, sie kann es auch nicht wissen. Ich glaube, selbst Franz Kafka würde hier an seinem Vorstellungsvermögen zweifeln.

D. h., meine Herren, nachdem wir vier Jahre einen zusammenhängenden Prozeß geführt und Sie Ihre Verantwortung nicht wahrgenommen haben, die Gegenseite zu zügeln, wie die Berufungskammer Sie angewiesen hat, trennen Sie die Verfahrensabschnitte. Sie hätten es vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt tun können, aber Sie machen es vier Jahre später. Und vier Jahre lang bildete dieser Prozeß ein Ganzes, eine Einheit, nicht nur formal, sondern auch inhaltlich, indem die Gegenseite ihre Beweise als Ganzes darlegte, und ich meine Verteidigung auf dieses Ganze bezogen habe.

Prozeßfarce

Die Trennung der Verfahrensabschnitte wird also folgende Situation schaffen: Daß ich wegen dieser und jener Dinge angeklagt wurde und mich mitten im Prozeß für etwas anderes verteidigen soll. Ich beginne, mich ein wenig gegen den einen und ein wenig gegen den anderen Vorwurf zu verteidigen, und dadurch wird meine Darstellung der Wahrheit praktisch sabotiert, beschnitten. Und dadurch, daß Herr Nice seine Ansicht bzgl. Groß-Serbien mitten im Prozeß ändert, vervielfacht die Mühe noch.
Herr Nice spricht von Opfern. Zeigen sie mir hier ein einziges meiner Opfer. Er hat niemals eine Verbindung zwischen dem, was er hier präsentiert hat, und der Anklage, die er gegen mich erhebt, hergestellt. Die Opfer verdienen das nicht, sie verdienen nicht, daß hier die Falschen für das, was ihnen geschehen ist, angeklagt werden.

Anklageschriften sollten auf Tatsachen beruhen, und nicht auf Comics oder Fernsehsendungen und was sie nicht alles haben. Das ganze Anklageverfahren, sowohl in bezug auf die verwandten Medien als auch auf die geladenen Zeugen, ist ein kitschiges Spektakel.

Ich glaube, daß Sie die beschriebene kafkaeske Situation durch eine Trennung der Verfahrensabschnitte noch absurder und unglaublicher machen würden. Natürlich werden Sie entscheiden, wie Sie wollen, und dann werden Sie sich wundern, warum man Ihren Prozeß hier auf der ganzen Welt einfach als eine Farce betrachtet.

Lassen Sie mich freiheraus sagen, daß ich Ihre Urteile oder Entscheidungen über Zusammenlegung oder Aufteilung des Verfahrens alle nicht fürchte, denn wenn Sie wahrheits- und rechtsgemäß urteilen, dann hätte es zwar zuallererst gar keinen Prozeß geben dürfen, aber da wir nun einmal einen Prozeß haben, kann er nur mit der Entscheidung enden, daß mir keine Schuld zugesprochen werden kann. Und wenn Sie Ihre Entscheidung nicht auf Wahrheit und Recht gründen, wird sie wie eine Seifenblase zerplatzen, weil das Urteil der Weltöffentlichkeit und der Richterstuhl der Wahrheit und des Rechts über jedem anderen Gerichtshof steht. Es liegt an uns allen und an jedem von Ihnen, meine Herren, wie wir vor diesem Richterstuhl der Geschichte dastehen werden und welches Urteil sie fällen wird. Machen Sie sich darüber keine Illusionen. Deshalb bin ich gegen die Trennung der Verfahrensabschnitte. Ich verlange, daß mir eine Erholungspause gewährt wird. Auch heute bin ich wieder in einem extrem labilen Zustand hierher gekommen. Deshalb verlange ich, daß Sie über meinen Antrag, mir eine Ruhepause zu gewähren, befinden.
Meine Meinung zur Trennung der Verfahrensabschnitte habe ich Ihnen mitgeteilt.


(Übersetzung aus dem Englischen von Sebastian Bahlo
* »Die Zerstörung Jugoslawiens – Slobodan Milosevic antwortet seinen Anklägern«. Zambon-Verlag, Frankfurt am Main 2006, 298 Seiten, 10 Euro, ISBN 3-88975-135-0

* Buchvorstellung: Freitag, 17. März, 12.30 Uhr, Leipziger Buchmesse, Halle 3, Stand C506


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