(L'ultima breve opera di Peter Handke, appena uscita, è incentrata alla figura di Dragoljub Milanovic - l'ex direttore della TV di Serbia da anni in arresto come capro espiatorio della morte di 16 suoi colleghi, in realtà causata dalle bombe della NATO. 
Sul libro di Handke hanno cominciato subito a piovere gli strali di parte della stampa serbo-fobica di lingua tedesca, che rifiuta di riconoscere come a Belgrado le vittime siano state indicate come aggressori, e continua con vigliaccheria a infierire sui cadaveri.
Sul caso di Milanovic si veda anche la petizione lanciata lo scorso anno per la sua liberazione: https://www.cnj.it/24MARZO99/criminale.htm#milanovic2010 )


P. Handke: Die Geschichte des Dragoljub Milanovic

1) Peter Handkes "Die Geschichte des Dragoljub Milanovic"
2) Einer muss schließlich immer vor Gericht (Thomas Strobl, FAZ)
3) Peter Handke: Die Geschichte des Dragoljub Milanović (Die Presse)


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Peter Handkes "Die Geschichte des Dragoljub Milanovic"

 
In seinem neuesten Werk "Die Geschichte des Dragoljub Milanovic" beschreibt Peter Handke das Schicksal des damaligen Direktors des serbischen Staatsfernsehens RTS. Während des völkerrechtswidrigen NATO-Überfalls auf Jugoslawien wurde das Gebäude von RTS gezielt angegriffen und zerstört, wobei 16 Angestellte ums Leben kamen. Milanovic wurde 2002 von der dem Westen hörigen Regierung Serbiens zu 10 Jahren Gefängnis verurteil, da er es unterlassen habe das Gebäude rechtzeitig zu räumen. Über diese Verurteilung des Opfers und nicht des Täters ist Handke zu Recht empört. In seiner Rezension ("Eine Halbe Geschichte", BaZ, 23.08.11, siehe http://www.nzz.ch/magazin/buchrezensionen/die_halbe_geschichte_1.12154062.html ) meckert jedoch Andreas Ernst, Handke blende die dunklen Seiten der Milosevic Ära mit ihrer Gängelung des freien Journalismus aus. Diesbezüglich sei daran erinnert, dass in Serbien, neben vielen anderen, die regierungskritische private Radiostation B92 bis zum Zeitpunkt des NATO-Überfalls frei senden konnte, obwohl Serbien vom Westen schon seit Jahren medial belagert wurde. Die Bombardierung des serbischen Staatsfernsehens ist mehr als nur eine Einschränkung der Pressefreiheit, sie ist ein eindeutiges Kriegsverbrechen der NATO, dem militärischen Arm der "Westlichen-Wertegemeinschaft".
 
Kaspar Trümpy, ICDSM Schweiz


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http://jungundjung.at/content.php?id=2&b_id=152

Peter Handke 
Die Geschichte des Dragoljub Milanovic

Dies ist die Geschichte eines Vergessenen, der auf Grund eines absurden Urteils eines serbischen Gerichts nahe Belgrad in einem Gefängnis sitzt. Ein Fall, der jeden Gerechtigkeitssinn herausfordert.

Verlag Jung und Jung, Salzburg / Wien 2011. 37 S., geb., 9,- Euro.

40 Seiten, gebunden
€ 9,– / Sfr 13,50, WG 1112
[978-3-902144-93-2]
Erstverkaufstag: 25. 8. 2011



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http://www.faz.net/artikel/S30347/peter-handke-die-geschichte-des-dragoljub-milanovic-einer-muss-schliesslich-immer-vor-gericht-30491396.html

Peter Handke: Die Geschichte des Dragoljub Milanović


Einer muss schließlich immer vor Gericht


Was geschah am 23. April 1999 in Belgrad? Peter Handke erzählt seine Geschichte des Dragoljub Milanović, des ehemaligen Direktors der serbischen Radio- und Fernsehanstalt, der für eine Tat verurteilt wurde, die andere begangen haben.


Von Thomas Strobl


26. August 2011 - Ist die Schnecke zu bestrafen, wenn man ihr das Haus zertritt? Ist es ihre Schuld, wenn sie sich ausgerechnet an der Stelle aufhält, an welcher der Fuß seinen Primat einfordert? Und ändert es etwas, wenn dieser Fuß nicht irgendein Fuß ist, sondern der Fuß der Weltgeschichte? Oder bleibt nicht die Vorstellung absurd, dass die Schnecke für ihr zertretenes Haus zusätzlich zum Schaden auch noch bestraft werden müsse? Ja, ist eine Geschichte, die mit der Verurteilung und Bestrafung der Schnecke endet, nicht zwangsläufig eine Farce?

In der „Geschichte des Dragoljub Milanović“ erzählt Peter Handke von einer solchen Farce. Da der Leser nicht dabei war und auch nicht alle Details kennen kann, des genauen Hergangs und des anschließenden Gerichtsprozesses, der Anweisungen, die vor dem Unglück gegeben und befolgt wurden, ist diese Geschichte eine Farce aus Peter Handkes Blickwinkel. Und sie bleibt es, bis man die letzte der siebenunddreißig Seiten zu Ende gelesen und sie einem allerersten Realitätscheck unterzogen hat. Man mag zu Peter Handke stehen, wie man will, speziell aufgrund seiner umstrittenen Haltung zu Serbien: Er ist nun einmal das „Nein“, das hinschaut, das sich mit einfachen Wahrheiten nicht zufriedengibt. Das zeichnet ihn aus.


Seit neun Jahren ist er Häftling


Kommen wir also zur Geschichte des Dragoljub Milanović, des ehemaligen Direktors von Radio-Televizija Srbije, kurz RTS, der serbischen Radio- und Fernsehanstalt. Er wurde verurteilt und ins Gefängnis gesteckt für eine Tat, die andere begangen haben: nämlich wir. Seit neun Jahren ist er Häftling in einem Gefängnis seines eigenen Landes, wegen der nächtlichen Bombardierung seiner Fernsehanstalt durch die Nato am 23. April 1999.

Das Bombardement erfolgte mit chirurgischer Präzision, wie Handke in seiner Erzählung nicht müde wird zu betonen. Aber wenn man sich just an der Stelle aufhält, an der das Skalpell angesetzt wird, dann fließt Blut; daran ändert auch die allergrößte Präzision nichts. Dragoljub Milanović sei bis heute die einzige Person, die für die Ereignisse des Krieges der „Nordatlantischen Verteidigungsorganisation“ gegen Jugoslawien angeklagt und verurteilt wurde, erklärt uns Handke. Zu zehn Jahren Gefängnis.


Bilanz: sechzehn Tote und eben so viele Verletzte


Worin bestand sein Vergehen? Milanović und seine Angestellten haben in der betreffenden Nacht, in der sie ins Visier der Nato-Bomber gerieten, gesendet. Das machen Rundfunksender: Sie senden. Und staatliche Rundfunksender senden staatlich sanktionierte Bilder. In diesem Fall Bilder, die in den Augen der Nato-Kommandeure „Feind-Propaganda“ darstellten. Was in der Natur der Sache zu liegen scheint. Der bedrängte Staat funkt Durchhalteparolen, der andere will Aufgabe: Konflikt programmiert.

So gerieten Milanović und seine Station in die Zielsucher der Nato. Bilanz: sechzehn Tote und eben so viele Verletzte. Milanović selbst überlebte. Dafür wurde er vor Gericht gestellt, denn, so Handke, einer müsse schließlich immer vor Gericht gestellt werden. Aber gab es da nicht diese Anweisung von der übergeordneten staatlichen Stelle, aus der unmissverständlich hervorging, dass der Sender zu evakuieren sei? Und hat Milanović nicht fahrlässig dagegen verstoßen und die Gefährdung seiner Mitarbeiter in Kauf genommen? Peter Handke scheint leichtfertig über dieses Faktum hinwegzugehen. Aber dann: Die Evakuierungs-Anweisung trägt weder Herkunftssignum noch Unterschrift, ist anonym. Eine Fälschung? Ein Beweisstück, auf dessen wackeligen Beinen der Gang ins Gefängnis angeordnet wurde? Handke ist skeptisch. Sein Leser wird es zunehmend auch. Daher hätte man dem armen Mann gewünscht, dass sich wenigstens eines der Gerichte, die ansonsten in derartigen Fällen um Zuständigkeit buhlen, für zuständig erklärt hätte, als sich Milanović an sie wandte: vergeblich.


„Kann das wirklich wahr sein?“


Peter Handke ist nicht der Erste, der die bizarre Geschichte des Dragoljub Milanović erzählt; die Publizistin Daniela Dahn widmete ihr schon früher ein Kapitel ihres Buches „Wehe dem Sieger!“, und die kanadische Rechtsanwältin Tiphaine Dickson kritisierte das Bombardement des Senders wie auch den anschließenden Gerichtsprozess gegen Milanović aus völkerrechtlicher und juristischer Perspektive. Aber Handke wäre nicht Handke, wenn er seiner Erzählung nicht einen spezifisch literarischen Dreh geben würde, mittels dessen das Geschehen gleichsam als Film vor dem geistigen Auge des Lesers abläuft und die geballte Paradoxie der Ereignisse sich eine Schneise in sein Gehirn schlägt: „Kann das wirklich wahr sein?“

„Ich klage an“, schrieb Émile Zola 1898, zu einem Zeitpunkt, als die Öffentlichkeit noch nicht ahnen konnte, welche Abgründe sich hinter der Affäre Dreyfus verbargen. So weit geht Handke nicht, sondern gibt sich moderat: Er erzähle nur eine Geschichte, die Geschichte eines Unrechts. Und fügt hinzu: „Gott gebe es, nicht als Letzter.“ Ein Wunsch, dem wir uns anschließen.


Peter Handke: „Die Geschichte des Dragoljub Milanović“. Verlag Jung und Jung, Salzburg / Wien 2011. 37 S., geb., 9,- Euro.


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http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/683784/Die-Geschichte-des-Dragoljub-Milanovi

Die Geschichte des Dragoljub Milanović


05.08.2011 | 15:30 | Von Peter Handke (Die Presse)


Der vergessene Gefangene oder: Der Fall des Serben Dragoljub Milanović, der nach einem absurden Gerichtsurteil seit bald zehn Jahren in einem Gefängnis nahe Belgrad sitzt.


Es ist hier eine Geschichte zu erzählen. Nur weiß ich nicht, wem. Mir scheint, es gebe keinen Adressatenfür diese Geschichte, jedenfalls nicht in der Mehrzahl, und nicht einmal in der Einzahl. Mir ist auch, es sei zu spät, sie zu erzählen; der Zeitpunkt verpaßt. Und trotzdem ist es eine dringende Geschichte. Der Meister Eckhart spricht einmal von seinem Bedürfnis zu predigen, das so stark sei, daß er, fände er für seine Predigt kein Gegenüber, seine Predigt – wenn ich mich recht erinnere – notfalls auch an einen „Opferstock“richten würde. Hier handelt es sich um keine Predigt, sondern, wie gesagt, um eine Geschichte. Aber auch die wäre notfalls einem Holzstoß oder einem leeren Schneckenhaus zu erzählen oder gar, wie im übrigen nicht zum ersten Male, mir hier ganz allein.

Es ist die Geschichte des Dragoljub Milanović, des ehemaligen Direktors von RTS (Radio-Televizija Srbije), dem serbischen Radio und Fernsehen. Seit neun Jahren ist er Häftling in einem Gefängnis seines eigenen Landes, wegen des nächtlichen Bombenbeschusses der Nato auf die TV-Anstalt am 23. April 1999, etwa vier Wochen nach Beginn desKrieges gegen den Staat, welcher damalsnoch „Bundesrepublik Jugoslawien“ hieß:16 tote Angestellte des Senders, und ebensoviele Verletzte.

Dragoljub Milanović ist bis heute die einzige Person, die für die Ereignisse des Kriegesder „Nordatlantischen Verteidigungsorganisation“ gegen Jugoslawien – eines Krieges, derbei den unvermeidlichen Siegern, und inzwischen nicht nur bei diesen, sondern auch in der Terminologie der offiziellen westlichen Geschichtsschreibung, den Namen „Intervention im Kosovo“ trägt –, Dragoljub Milanović ist bis heute die einzige Person, die als Folge jener Intervention im Kosovo angeklagt, verurteilt (beides von der Staatsanwaltschaft und von einem Gericht seines eigenen,von den Westmächten besiegten Landes) undfür fast zehn Jahre eingesperrt worden ist.

Zwar haben die Angehörigen der Opfer der nächtlichen Bombe auf das staatlicheserbische Fernsehgebäude beim Europäischen Gerichtshof in Straßburg einen Prozeß gegen die Täter beantragt. Aber das Gericht hat sich umgehend für unzuständig erklärt; als Gerichtshof für Menschenrechte sei es zuständig einzig für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Territorien der dessen verdächtigten Staaten; und da dieBombe in einem anderen Land, also exterritorial, getötet habe, komme der Europäische Gerichtshof für einen Prozeß nicht in Frage (oder so ähnlich).

Ebenso entschied dann ein Jahr später das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag, daß die „Fehler“ der Nato bei deren Intervention im Kosovo, wozu der Angriff auf das Belgrader Fernsehen gehört habe (oder so ähnlich), keine Kriegsverbrechen seien. Dem-

 

Dragoljub Milanović: verantwortlichfür die 16 Toten in der TV-Anstalt?

nach war für die Geschehnisse der Nachtdes 23. April 1999 auch in Holland der Prozeßweg ausgeschlossen.

Dafür wurde, zwei Jahre nach der Bombeauf das serbische Fernsehen, dessen – inzwischen ehemaligem – Direktor, als dem Verantwortlichen für die 16 Toten und die ebenso vielen Verletzten, von einem Belgrader Distriktsgericht der Prozeß gemacht. Dieses Verfahren, so ausdrücklich das Tribunal, sei vollkommen unabhängig zu führen von demKrieg, welcher „zur Tatzeit“ Tag und (vor allem) Nacht aus 5000 Meter Höhe gegen das Land im Gange war, und habe vor allem nichts zu schaffen mit irgendwelchen etwaigen Kriegsverbrechen der Bombenzentrale im fernen Brüssel. Es wurde einzig verhandeltgegen Dragoljub Milanović, den Mann, dem vorgeworfen wurde, für seine ihm untergebenen Angestellten, fahrlässig oder womöglich gar absichtlich, die nötigen Sicherheitsvorkehrungen versäumt zu haben. Für einen solchen Tatbestand fand sich der entsprechendeParagraph im Strafgesetzbuch der Republik Serbien. (Zu all den Zahlen in dieser Geschichte noch § 194, Absatz 1 und 2.) Verstehtsich wieder, daß auch Paragraph samt Tatbestand im Prozeß unabhängig davon zu betrachten waren, ob zur Tatzeit Krieg herrschte oder was für eine Art von Krieg. Devise: Ein Hirngespinst, wenn es amtlich wird und Arm der Macht, findet immer einen Gesetzesparagraphen, welcher es auf die Sprünge bringt – es realisiert; mit anderen Worten: in den Schein eines Rechts setzt.

Der hauptsächliche Schuldbeweis gegen den einstigen Fernsehdirektor: ein Zettel miteiner Anweisung von der ihm übergeordneten staatlichen Stelle, den Sender samt dessenMitarbeitern von seinem Standort mitten in der – da noch bundesjugoslawischen – Haupt-stadt „auszulagern“. Es sei nicht auszuschließen, daß der Sender (obwohl, nach Genfer und sonstwelcher Konvention, ein „ziviles Objekt“ und als solches von Kriegshandlungen zu verschonen) zum Bombenziel, zum „target“, bestimmt werde.

Diese Anweisung, ein Zettel ohne Herkunftssignum, anonym, ohne Unterschrift,auch ohne die Unterschrift des Adressaten Milanović, mit der dieser sämtliche Anweisungen der ihm übergeordneten Stelle in jenen Monaten zur Kenntnis genommen hatte,genügte dem Gericht für den Schuldspruch. Dabei handelte es sich nicht einmal um eine regelrechte „Anweisung“. Diese war so gehalten,daß es dem Angewiesenen, also dem Direktor, freistand, auch eine Entscheidung gegen das Verlagern des Senders (ob in eine Berghöhle oder einen Tunnel) zu treffen. Der anonyme, irgendwie auf irgendwelches Papier getippte Zettel war stattdessen groß begleitet von einer Zahl, der Zahl 37 (wieder eine Zahl).

Gab es aber nicht Anzeichen, die denDragoljub Milanović zu einem Verlagern desSenders unter dem Bombenhimmel hätten bewegen können, oder gar müssen, und zwaraus Eigenem, ohne jene obskure Anweisung? Hatte denn nicht schon nach den ersten ein, zwei Bombenwochen einer der Fernkrieger, der englische Premierminister Anthony „To- ny“ Blair, welcher verlautbarte, daß solche Stationen „Teil des diktatorischen Apparats ... sind, ... benutzt, um die ethnischen Säuberungen im Kosovo zu betreiben“, dazu lautgedacht, „diese staatlich kontrollierten Medien“ seien ein „richtiges und berechtigtes Ziel“? Und hatte nicht ebenso der Präsident der Vereinigten Staaten, William „Bill“ Clinton, zu verstehen gegeben, das serbische Fernsehen werde benutzt „für die Verbreitung von Haß und Desinformation“ und sei kein „Medium im überkommenen Sinn“?

Die Geschichte des Dragoljub Milanović ist schon öfter erzählt worden, ausführlicher,zum Beispiel von der deutschen Publizistin Daniela Dahn in einem Kapitel ihres Buches „Wehe dem Sieger!“, völkerrechtlich betrachtet und juristisch gestützt zum Beispiel von der kanadischen Advokatin Tiphaine Dickson, welche belegt hat, daß das serbische staatliche Fernsehen selbst in den bomben-

 

Anklagepunkt: Milanović hätte den Fernsehsender „auslagern“ müssen

intensiven Tagen und Nächten des Nato-Krieges keinen einzigen Moment lang zu Haßoder ethnischer Säuberung angestachelt oderdergleichen auch nur unterschwellig suggeriert hat. Die erwähnten Fernbomber hätten das bloß pauschal behauptet, ohne auch nur ein einziges Indiz in ihr Spiel zu bringen. Dem Tony und dem Bill genügte es vielmehr,daß das serbische Fernsehen dokumentarische Bilder, unterlegt mit einem Berichtston,von den „Luftschlägen“ sendete, samt all denzivilen Kollateralopfern – es gab fast nur solche, zuguterletzt an die 2000 (zweitausend) –,und das völkerrechtlich geschützte Zivilobjekt RTS gab ein berechtigtes „Ziel“ ab; es brauchte nicht einmal der übliche Kollateralirrtum fingiert zu werden.

Ich, der ich die Geschichte des DragoljubMilanović – immer wieder sei dieser Name erwähnt, damit er sich einpräge über die Aktualitäten hinaus – hier weitererzähle (Gott gebe es, nicht als Letzter), selbst wenn ich sieeinem Baumstrunk erzählen müßte, oder einem Einbaum, oder einem verrostetenSchienenstrang, war im Frühjahr 1999, während der drei Monate des vollkommen unilateralen Bombenkrieges (jedwede Gegenwehr undenkbar) zweimal für jeweils etwa eine Woche im unablässig bombardierten Land, habe dort regelmäßig das staatliche Fernsehen „geschaut“ und bezeuge, daß nichtein einziges der damals gezeigten Bilderund/oder Tonbilder, auf eine beinah unfaßbare Weise bei allen den zentralen Zerstörungen und tangentialen Menschenzerfetzungen, etwas wie Tendenz oder Propaganda, geschweige denn Haß oder Rachsucht ausstrahlte; es sei denn, Kummer, Trauer undinsbesondere Fassungslosigkeit, welche von jenen Dokumenten ausgingen, in eins mit der unerhörten, noch nie und nirgends so gehörten Tonlosigkeit der Berichtsstimmen, wären zu verdächtigen gewesen als eine neuartige und besonders raffinierte Spielart diktatorischer Propaganda oder gar Volksverhetzung. Aber konnten die Bild- und Tonsequenzen, die sich in der Regel, und das Tag und Nacht im Rhythmus der Raketeneinschläge, Sirenen und dann der Stille, mit den Dokumenten der Vernichtung abwechselten, nicht als Indizien für jene „Desinformation“ angesehen werden, die, nach dem amerikanischen Präsidenten, im Widerspruch standen zu dem, was für ein Medium rechtens war? Denn diese Bilderfolgen zeigten jeweils, in Farben, und was für welchen, ein unzerstörtes Serbien/Bundesjugoslawien, vorwiegend die Natur, die ländliche, und von den Städten die Sehenswürdigkeiten; und wenn Leute auftraten, so tanzten sie, den ewigen balkanesischen Rundtanz, oder sie sangen, einzeln oder im Chor, die sattsam bekannten Lieder von den Flußgegenden der Drina, der Save, der Donau, der Morawa. Machte da das staatliche Fernsehen, und das mitten im Krieg, dem selbstverschuldeten, nicht eindeutig Propaganda für das Land, für dessen Schönheit, für dessen Formen, Farben und Weisen? Ein Staat, Tag und Nacht unterm Bombenhimmel, strahlte Tag und Nacht, im Wechsel mit den zersplitterten Fernheizwerken und verbrannten Personenzügen, die heile Welt aus. Solch ein Fernsehen, solch ein Medium, hatte es noch nie gegeben, und würde es nie wieder geben. Wenn das nicht Desinformation war, was dann? Wenn solch eine Anstalt kein Kriegsziel war, was dann? Ein Volk, welches da dargestellt wurde als ein ganz besonderes, einmaliges, unvergleichliches, nachall den Bombennächten den Tag feierndes: War das nicht eine eindeutige Aufforderung zu Vertreibung und Mord sämtlicher anderer Völker?

Daß Dragoljub Milanović überzeugt war vom Gegenteil, von der Unschuld, der Zivilisiertheit, ja der Rechtlichkeit der von ihm als dem Leiter des Senders verantworteten Bild- und Tonfolgen: das konnte und kann ihm vielleicht zum „Vorwurf“ gemacht werden – und wenn, dann aber jenseits von jeglicher „Schuld“ und gar „Sühne“. Abgesehen davon,

 

In den letzten zwei Jahren besuchte ich Milanović zweimal in der Haft

daß bei einer Verlagerung des Senders in einen Bergstollen die neunmalklugen westeuropäischen und amerikanischen Bomben auch diesen Ort durch die von ihm ausgehenden Signale ausfindig gemacht hätten, mit dem Erfolg von vielleicht neunmal so vielen Opfern: Dragoljub Milanović, wie er vor seiner Verurteilung durch das Gericht seines Heimatlandes zweieinhalb Jahre nach der Bombe auf seine Anstalt erzählte, war nicht imstande gewesen, sich „vorzustellen, daß inunserem Land absichtlich ein ziviles Ziel bombardiert würde“, „am Eingang des dritten Jahrtausends“. Und er hatte sich nicht vorstellen können, daß danach die Repression solange weitergehen würde, „bis wir zugeben, die Schuld an dem Angriff selber zu tragen“. Und er gab zu (sic), wenn auch „ungern“: „Der Hauptgrund für unser pflichtschuldigesAusharren am Arbeitsort war, daß wir in der Tiefe unseres Herzens an ein Minimum militärischer Ehre des Gegners geglaubt haben.“ Zu diesem „Glauben“, den man vielleicht richtiger mit „Überzeugung, tiefinnerer“,übersetzt, noch ein paar Zahlen: Die nie und nirgends angekündigte Bombe, oder ferngelenkte Präzisionsrakete, spaltete, chirurgisch sauber, ohne an dem Kindergarten und den Kirchen in der Nähe nennenswerte Schäden anzurichten, das eher schmale und nicht sehr hohe – zwei oder drei Stockwerke nach meiner Erinnerung – Gebäude des serbischen Fernsehens, am Rande eines großenParks gelegen, in der Nacht des 23. April 1999um zwei Uhr vier, und Dragoljub Milanović, als der Direktor, hatte noch bis kurz davor im Sender gearbeitet.

Gab es einen anderen, „richtigen“ Ort? Einzige Alternative für den Sender des bekriegten Landes: das Senden völlig einzustellen, von sich aus, aus freien Stücken, sozusagen? Und nur so wäre das eindeutig gezielte, nicht „kollaterale“ Töten zu verhindern gewesen, und Dragoljub Milanović, als Nicht-Leiter eines Nicht-Senders, aus dem Schneider, sozusagen?

Es bleibt hier noch, in der Geschichte desDragoljub Milanović – Geschichte, die seine ist und, eher noch, das Gegenteil – zwei Orte zu erzählen. Der eine ist der große, leicht abschüssige Park mitten in Belgrad, mit dem Gebäude des serbischen Radio-Fernsehens an einem der Säume. Der andere ist die Gefängnisanlage etwa 60 Kilometer östlich der serbischen Hauptstadt, vielleicht zehn Kilometer nördlich der Provinzstadt Požarevac, wo der ehemalige TV-Direktor seit inzwischen etwa zehn Jahren in Haft ist, und wo ich ihn in den letzten zwei Jahren zweimal besucht habe.

Es muß Ende Mai 1999 gewesen sein, vierWochen nach dem nächtlichen Raketenbeschuß und drei Wochen vor dem Ende der atlantischen Intervention, daß ich nach einemmorgendlichen Zickzack durch den Park,mir scheint jetzt, eher unversehens, vor dem zerstörten Sender stand. Es stimmte: Das BelgraderKindertheater, ebenso wiedas oder die Gotteshäuser unmittelbar danebenwirkten in der Umgebung des, eher kleinen, Trümmerhaufens unversehrt,und so vielleicht besonders unversehrt, oder umgekehrt erschienen die Trümmer inmitten des wie unangetasteten Kulturguts besonders zertrümmert. Dazu trugen wohl auch die warme Sonne, der blaue Himmel und das sanfte friedliche Wehen der Maienluft bei. Weidenflaum trieb still dahin. Pappelflaum war in flauschig-silbrigen Wellen angeweht unten an die Trümmerstätte, und wer da die Hände hineingetaucht hätte, wäre von dem Flausch bis auf die Knochen gewärmt worden. Oben zuckten die Schwalben, laste, serbisch, lastovice, slowenisch, aus dem Blau und spielten mit sich selber, miteinander und mit den Sonnenstrahlen.

Mit mir standen noch andere Parkbesucher vor dem mit Seilen abgesicherten Objekt. Dieses war eine Ruine, wie es sie vor diesem speziellen Krieg – der nicht „Krieg“ heißen durfte, obwohl die Sieger sich „Sieger“ nannten – noch nirgends gegeben hatte: einesozusagen postmoderne Ruine, außen heil, oder hui, und innen hin wie nur etwas, Ruineauf klassisch, wenn nicht klassischer noch als klassisch. Zu meiner Rechten wie zur Linken versammelten sich mit der Zeit mehr und mehr Leute, und das waren keine Schaulustigen. Und doch waren sie spürbar gekommen,um zu schauen; um aufzunehmen, um da zu sein; um dagewesen zu sein. Keiner sagte ein Wort. Einige standen und schauten nur kurz –aber wie! –, und gingen stumm wieder weg, kehrten um, wohin auch immer. Auf Fragen hätten sie allesamt nicht geantwortet, nicht einmal den Kopf geschüttelt, höchstensdurch den Frager durchgeschaut. Und schongar nicht hätten sie geantwortet auf eine Frage nach der Schuld, nach dem oder nach den Schuldigen. Selbst die offensichtlichen Killer hatten sie nicht im Sinn, weder den Knopfdrücker in seiner himmelhohen Bomberkanzel, noch die Knopfdrückerchefs fern in ihrem 19-Sterne-Hotel, und schon gar nicht...,und nicht einmal... Was freilich gab es da zuschauen? Und wie konnten all diese Leute, keine „Serben“, oder „Jugoslawen“, nichts als„Leute“, überhaupt etwas sehen, geschweigedenn bezeugen, bei all dem Nassen, Feuchten, Flüssigen, Konturverwischenden? In undvor den Augen? „Einer mußte schuldig sein!“?Das galt da einmal nicht, und nicht, und wieder nicht.

Was sich dagegen zeigte, das war, jenseitsdes Landes und jenseits des Balkans, wie nurje, etwas Universelles: ein universeller Kummer; das Universum des Kummers. Aber selbstverständlich mußte in der Folge auch Recht gesprochen werden. Nur wie? Und gegen wen? Zwar hat ein Gericht, ein anderes, in Belgrad die Fernlenker im Westen noch in den Kriegsmonaten zu Haftstrafen, etwa in der Höhe der zehn Jahre später „für“ Dragoljub Milanović, sozusagen verurteilt. Doch dieses Urteil ist nie vollstreckt worden, und wirdnach, wie sagt man, menschlichem Ermessen nie vollstreckt werden – wie denn auch? Also mußte doch einer (1) schuldig sein, und zwar einer, der, wie man sagt, zur Hand war. Einer mußte schuldig sein! Mußte er?

Nicht nur die Gebäude im Umkreis der Anstalt waren unversehrt geblieben, sondernauch der eine Einzelbaum rindennah an dennun scheibenlosen Sender-Fenstern. In meiner Erinnerung ist es eine Birke, eine nicht besonders hohe. Frische Blätter treiben da aus in der Maiensonne, ein hellgrünes Leuchten im wolkenlosen Himmelblau, und zwischen den Blättern in der Maienbrise ein ständiges Glitzern, Flittern und Flackern, vonden ersten Ästen unten bis hinauf in die Kronen, und dort oben besonders deutlich: die ganze Birke ist über und über behängt mit Spiralen von Tonbändern, welche wie die jungen Birkenblätter in einer ständigen, nur andersartigen Bewegung sind – als speziel-
le Girlanden in einem fort hin und herschwingen, auf und ab schaukeln, sich zärtlich um die zarten Birkenzweiglein schlängeln. Der Luftdruck, oder was, beim Einschlag der chirurgischen Bombe, oder so, hat sie weg von den Montagetischen unten in den Senderkellern, oder wo, durch die geborstenen Scheiben hinauf und hinaus in den vor Wochen wohl fast noch kahlen Baumgeschleudert, und jetztläßt der Frühling, zwischen den grünen Birkenblättern, diese andersgrünen Bänder durch die Lüfte wehen. Unhörbarund unschädlich gemachtso all die Greuelpropaganda, die Kriegslügen und insbesondere dieDurchhaltegesänge, mobilgemacht aus sechsJahrhunderten eines bloß eingebildetenDurchhaltens, und mobilgemacht eindeutigfür Angriffszwecke, für Vertreibung, für Völkermord. Diese herrenlosen Bänder bedeuten: Da ist nichts mehr durchzuhalten. Weitergehen. Den Platz räumen. Die da ihre Finger im Spiel hatten, die gibt's nicht mehr, mitsamt den Fingern.

Mein erster Besuch bei dem Häftling DragoljubMilanović fand statt im März 2009, zehn Jahre nach den Raketen auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Ich kam nicht allein. Zum Gefängnis brachte mich der Anwalt Milanović', der im übrigen während dessen Amtszeit Nachrichtensprecher gewesen war und am 24. März 1999, um 20 Uhr, im serbischen Fernsehen den Angriffsbefehl aus Brüssel vorgelesen hatte, und mit mir war diebereits erwähnte kanadische Juristin Tiphaine Dickson. Der Gefangene war eine Zeitlangschon Freigänger gewesen, aber damit war esaus, weil beim Gericht in Belgrad inzwischenein zweites Verfahren gegen ihn in derSchwebe war: Er habe mehreren seiner Angestellten Wohnungen verschafft, wozu DragoljubMilanović meinte, wäre es in seiner Macht gewesen, hätte er noch viel mehr seiner Mitarbeiter so geholfen. Er wirkte ein wenig ironisch, als er das sagte, aber viel stärkernoch melancholisch, und das während des ganzen Gesprächs (zu dem nur wenig Zeit eingeräumt war).

Mir schrieb er zuletzt, kyrillisch, ins Notizbuch ein Erzählgedicht, welches von ei- nem Bombenopfer handelte: „Tijana ist eine junge Serbin aus Belgrad...“, und nicht nur da, während jenes langen, Druckbuchstabe um Druckbuchstabe sorgfältigen Aufschreibens, das ein Gutteil der Gesprächszeit sozusagen verschwendete, ging von Dragoljub Milanović etwas Kindliches aus. Unvorstellbar, daß dieser Mensch, in der Epoche des Slobodan Milošević oder wann, ein Mächtiger gewesen war. Doch das konnte täuschen:Waren denn nicht einst während des Studiums bei den obligaten Gefängnisex- oder -inkursionen nicht wenige, nein, fast alle Häftlinge mir harmlos erschienen? Hatten die nicht fast alle, nein, alle, etwas ausgestrahlt – keine Unschuld, sondern etwas, das jenseits von Schuld und Unschuld war? Und war nicht die stärkste solcher Strahlungen gerade von den Mördern, den lebenslänglich Eingesperrten, ausgegangen?

Zu meinem zweiten Besuch im Gefängnisbei Dragoljub Milanović kam es im Juni 2010,zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika. Dieses Mal war ich mit dem Häftling inder Besucherzelle allein. Wenn er sich in den15 vergangenen Monaten, da seine Situation eher schlimmer, fast hoffnungslos geworden war (auch kaum mehr Besuchserlaubnisse), verändert hatte, so zum womöglich noch Kindlicheren hin – selbst wenn er Bitteres sagte, Verachtung ausdrückte, behielt DragoljubMilanović sein Kindergesicht, große stille Augen, Sanftheit um den Mund, der sich keinmal verzog; als seien Bitterkeit und Verachtung objektiv geworden, Sache, nicht allein seine. Seine einzige Bewegung oder Gebärde blieb jene, welche, so scheint mir jedenfalls, sämtlichen Südslawen gemeinsam ist: ein leichtes Kopfwegdrehen, oder eher -wegbiegen, vergleichbar „unserem“ Augenverdrehen, auch Schulterzucken, und doch wieder ganz und gar nicht – denn es bedeutet,über unser Abfälligwerden oder sonstwas hinaus, auch noch, so scheint es mir jedenfalls wieder, ein: „Das da, und das da, es sollte nicht sein. Es ist lächerlich. Es ist stockdumm. Es ist ein Skandal. – Aber so ist es halt.Was kann man tun? Alles sinnlos...“ Die Hände des seit fast zehn Jahren Eingesperrten lagen während des ganzen Gesprächs bewegungslos auf dem Besuchszellentisch, einestill über der anderen, bis am Ende der Stunden für einen Augenblick sich noch eine dritte Hand darüberlegte.

Ich hatte, mit Hilfe eines Freundes, einigeFragen in der Sprache des Häftlings vorbereitet, und es war dann auch nicht schwierig, dieAntworten zu verstehen. „Was fehlt Ihnen ammeisten?“ – „Die Freunde und die Familie.“ –„Was hoffen Sie?“ – „Nichts.“ – „Warum hat das Volk Sie vergessen?“ – „Die jetzige Regierung hat mich vergessen. Das Volk hat mich nicht vergessen.“ (Angedeutetes Kopfnicken des Gefängnisbeamten, der während des Gesprächs in der zum Flur offenen Tür stand.) –„Weiß das serbische Volk, daß Sie hier sind?“ – „Ja.“ (Lächeln des Beamten.) – „Warum sind gerade Sie das Ziel der Rache geworden?“ – „Der Sender war ein Symbol,

 

„Was hoffen Sie?“ „Nichts.“ „Warum sind Sie Ziel der Rache geworden?“

ein stärkeres Symbol als Slobodan Milošević.“ – „Ein Symbol wofür?“ – „Daß ein anderer Weg möglich war.“ – „Was für ein anderer?“ – „Ein eigener, nicht westlich, nicht östlich.“ – „Wissen Sie, daß Fußballweltmeisterschaft ist und heute Serbien gegen Deutschland spielen wird?“ – „Nein.“ – „Hören Siehier die serbischen Lieder, die der Senderwährend des Bombenkrieges immer wieder ausgestrahlt hat?“ – „Nein. Ich höre überhaupt keine Musik mehr. Aber manchmal stelle ich mir vor, draußen dort zu stehen, wodie Morawa in die Donau mündet.“ – „HoffenSie wirklich nichts?“ – „Nichts. Aber ich habeeinen Enthusiasmus fürs Leben. Ne nadam seničemu. Ali imam entuzijazam za život.“ – „Fühlen Sie Zorn oder Haß auf die, da unddort Verantwortlichen für Ihre Gefangenschaft?“ – „Nein, nichts als Verachtung. PREZIR.“ Und womöglich noch kindlicher und stiller erschien das Gesicht des Häftlings bei diesem Wort. Es war eine Verachtung, die seine Züge, statt sie zu verzerren, erweiterte.

Zwar wurde Dragoljub Milanović dann von dem Zellenbeamten, der mit dem Schlüsselbund eher bloß so spielte, zurück inden geschlossenen Trakt geführt, aber in derErinnerung jetzt ist mir, als sei er allein dahinzurückgegangen, sämtliche Türen dort offen, wenn auch nur zum Eintreten.

Aber was erzähle ich da? Den Eingekerkerten gibt es doch gar nicht. Dragoljub Milanović, oder einer seines Namens – und es leben oder lebten in Serbien nicht wenige seines Namens –, hat vielleicht einst existiert. Aber er existiert nicht mehr. Erfunden die ferngelenkten Bomben und der ferngelenkte postmoderne Krieg. Vom Winde verweht die zerfetzten Körper. Das Ganze hier nichts als eine Flußwassermusik für Ewiggestrige, Jugonostalgiker, Randfiguren. Existent, und wie!, allein die von vornherein festgestandenhabenden Sieger, beziehungsweise Gewinner. „Existieren“, heißt es übersetzt nicht auch „Draußensein“, oder, freier übersetzt, „Feinheraußensein“? The winner takes it all. Eine Geschichte demnach, erzählt allein den toten Fischen in der toten Donau, den leeren Maiskolben auf den leeren Feldern der Vojvodina.

So höre, Schuhband, zerschlissenes. Hör zu, verrosteter Nußknacker. Hör zu, krumme Nähnadel. Höre, verstaubtes Stofftier. Höre, mein abgewetzter Fußabstreifer. Hör zu, Spiegelbild.





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