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junge Welt Ausland 04.01.2001

Abzugspläne in der Schublade?
Berater des künftigen US-Präsidenten wollen amerikanische Truppen auf
dem Balkan reduzieren

Ranghohe Sicherheitsberater von George W. Bush bestätigten dieser Tage
gegenüber der internationalen Presse erneut Berichte, wonach der
designierte US-amerikanische Präsident schon kurz nach seiner
Amtsübernahme am 20. Januar damit beginnen werde, amerikanische
Bodentruppen aus Bosnien und dem Kosovo abzuziehen. Spätestens in vier
Jahren sollen alle 10 000 GIs, die zur Zeit auf dem Balkan eingesetzt
sind, wieder zu Hause sein. Nur einige Nachschubeinheiten und
Nachrichtentruppen würden auf dem Balkan bleiben, meldete die britische
»Sunday Times« in ihrer jüngsten Ausgabe.

Nach John Hulsman, der als künftiger Balkan-Berater der neuen
Administration im Gespräch ist, sei Bush sehr über die »imperial
overstretch«, die »imperiale Überdehnung« der US- Streitkräfte besorgt.
Mit diesem Vorwurf hatten die konservativen Republikaner während der
letzten Jahre immer wieder die Regierung von Präsident William Clinton
angegriffen. Diese habe mit ihrer Einmischung in »unbedeutende
Konflikte« in der ganzen Welt die militärische Macht der USA verzettelt.
Statt sich auf die wenigen, wirklich wichtigen Weltprobleme zu
konzentrieren, die von vitalem Interesse für die USA seien, habe sich
die Clinton-Regierung im Labyrinth von »nation building«-Abenteuern wie
in Haiti und auf dem Balkan verlaufen und die strategischen Interessen
der Vereinigten Staaten grob vernachlässigt.

»Wenn Bush erst einmal im Weißen Haus ist, wird eine philosophische
Kehrtwende stattfinden«, erklärte Hulsman, Mitarbeiter der Heritage
Foundation, einer erzkonservativen Denkfabrik in Washington, der George
W. Bush junior während des Wahlkampfes zu Balkan-Fragen beraten hatte.
Hulsmann betonte, daß das Bush-Lager humanitären Militäroperationen, die
nicht im US-Interesse seien, mit großer Skepsis gegenübersteht.

Richard Perle, der wegen seiner Aggressivität auch als »Prinz der
Dunkelheit« bekannte ehemalige Verteidigungsstaatssekretär unter
Präsident Ronald Reagan, erklärte, daß die führenden Köpfe des
Nationalen Sicherheitsteams von Bush, einschließlich des designierten
Außenministers, General Colin Powell, der Nationalen
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und des künftigen
Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, die Rolle Amerikas in diesem
Teil der Welt, dem Balkan, in Frage stellen. Auch seien sie über die
Aufgaben, die vor Ort den Elitetruppen der US-Army gegeben würden,
höchst unglücklich. So müßten zum Beispiel Einheiten der 82nd Airborne,
eine als Sturmtruppe bekannte Fallschirmjägerdivision, im Kosovo als
Eskorten für Kindergärten und als Sozialarbeiter fungieren. Das neue
sicherheitspolitische Team Bushs würde deshalb die Aufgaben genau unter
die Lupe nehmen, mit der US-Truppen ihre Zeit verbringen.

Allerdings bestand Richard Perle darauf, daß der amerikanische Abzug aus
dem Balkan nicht ohne vorherige Beratung mit den Alliierten stattfinden
würde. Dabei entwickelte er Vorstellungen, die deutschen Expansionisten
als Juniorpartner der USA und stellvertretender Hegemon auf dem Balkan
und in Osteuropa sicherlich gefallen werden. Perle spekulierte nämlich,
daß »deutsche Streitkräfte die Hauptlast für zukünftige regionale
Verantwortung tragen« würden. Bereits im Oktober letzten Jahres hatte
Bushs künftige Sicherheitsberaterin Rice innerhalb der NATO eine »neue
Arbeitsteilung« für den Balkan gefordert, für die die Europäer »ihre
Verantwortlichkeiten erweitern« müßten.

Trotz aller Versicherungen, vor dem Abzug die europäischen
NATO-Alliierten zu konsultieren, scheinen beim Bush-Team in Washington
verschiedene Abzugpläne bereits fertig in den Schubladen zu liegen,
damit bereits kurz nach Amtsantritt erste, entscheidende Schritte getan
werden können. Als »symbolisches Zeichen eines Politikwechsels in
Washington könnten die ersten Einheiten aus dem Balkan bereits nach
wenigen Monaten in die USA zurückverlegt werden, betonte Balkanberater
Hulsman. Dafür gäbe es verschiedene Optionen. Berichten der »Sunday
Times« zufolge sieht ein Plan vor, daß die neue Regierung in Washington
bereits Ende Januar das NATO-Hauptquartier in Brüssel über die Absicht
informiert, die »gesamte Verantwortung für die friedenserhaltenden
Operationen (auf dem Balkan) den europäischen Alliierten zu überlassen«.
Die Vereinigten Staaten würden weiterhin lediglich logistische und
nachrichtendienstliche Unterstützung der NATO-Operationen auf dem Balkan
leisten.

Mit großer Wahrscheinlichkeit schüren die amerikanischen Pläne in Europa
unter überzeugten Atlantikern neue Ängste und Sorgen über die Zukunft
der NATO. Trotz einer gegenteiligen Fassade hat der Angriff auf
Jugoslawien die NATO tief gespalten. Diese Risse werden unter der
konservativen Regierung Bush deutlicher zutage treten. Unlängst hatte
bereits Henry Kissinger als Folge des Krieges »das Ende der NATO, so wie
wir sie kennen« vorausgesagt.

Nicht nur die Abzugpläne aus dem Balkan, sondern auch die Bush-Pläne,
ein größeres und besseres satellitengesteuertes Raketenabwehrsystem zu
bauen, als Clinton je geplant hatte, sind neue, tiefgehende Streitpunkte
innerhalb der NATO, bei denen es um das strategische »Eingemachte« geht.
Hinzu kommen die europäischen Anstrengungen, eine von der NATO
unabhängige Schnelle Eingreiftruppe der EU aufzubauen. Das aber wird von
dem Bush-Team noch radikaler abgelehnt als von der Clinton-Regierung.
John Bolton, ein Top-Berater Bushs, der stellvertretender Außenminister
werden soll, erklärte kurz vor Weihnachten, daß die neue Administration
zutiefst über die geplante EU- Armee beunruhigt sei. Besonders die
französischen Vorschläge seien »ein Dolch, der auf das Herz der NATO
ziele«.

Rainer Rupp

© junge Welt

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Europäische Sorgen wegen Verseuchung der Friedenshüter durch DU-Munition
– Für Bundeswehr kein Problem.



(von Rainer Rupp)



Deutsche Soldaten, die im Kosovo im Einsatz waren, würden von der
Bundeswehr auf etwaige Strahlenschäden von Munition aus abgereichertem
Uran (DU-Munition) überprüft erklärte ein Sprecher des deutschen
Verteidigungsministeriums am Wochenende gegenüber der «Welt am
Sonntag». Diese Untersuchungen würden stichprobenartig vorgenommen und
liefen schon seit dem vorigen Jahr. Krankheiten infolge von
radioaktiver Strahlung seien bislang aber nicht festgestellt worden.
Anlass dafür, mit dieser Meldung an die Öffentlichkeit zu gehen, dürften
wohl die alarmierenden Nachrichten über zunehmenden Erkrankungen und
Todesfälle aus anderen europäischen NATO-Ländern gewesen sein, die in
den letzten Tagen und Wochen für Unruhe gesorgt haben.



Allerdings hatte die „junge Welt“ bereits am 25 Oktober vergangenen
Jahres von der wachsenden Beunruhigung im europäischen Ausland über die
akute Gefährdung ihrer auf dem Balkan stationierten Soldaten durch die
von der US-Airforce über dem Kosovo massenhaft verschossenen,
panzerbrechenden DU-Munition berichtet. Unter dem Vorwand, verstärkt
Hilfe in Ost Timor leisten zu müssen, hatte Portugal seinerzeit bereits
angekündigt, seine Soldaten aus dem DU-verseuchten Kosovo ganz
abzuziehen.



Das spanische Verteidigungsministerium hat ebenfalls eine
Gesundheitsuntersuchung der 32.000 Soldaten des Landes angeordnet, die
seit 1992 auf dem Balkan im Einsatz waren. Die Tests liefen seit
Februar, nachdem in Italien eine erhöhte Zahl von Leukämie-Fällen unter
Kosovo-Soldaten festgestellt worden sei, erklärte ein Madrider
Regierungssprecher am zweiten Weihnachtsfeiertag. Bislang seien keine
Erkrankungen festgestellt worden.



Anders in Italien. Von dort kam am 30. Dez. die Meldung, daß ein
weiterer, an Leukämie erkrankter Soldat gestorben sei. Von
italienischen Experten wird die zunehmende Zahl von Leukämieerkrankungen
unter Soldaten in ursächlichen Zusammenhang mit der amerikanischen
DU-Munition gebracht, der sie im Rahmen ihres Einsatzes bei der
NATO-geführten SFOR in Bosnien ausgesetzt waren. Auch während des
kurzen Luftkrieges gegen die bosnischen Serben 1995 hatte die
US-Luftwaffe diese heimtückische Munition verschossen. In der jüngsten
Ausgabe der Zeitung der italienischen Gendarmen (eine Art
Militärpolizei) war zu erfahren, dass der 31 Jahre alte Rinaldo Colombo
bereits im September gestorben sei. Damit habe sich die Zahl der
italienischen Soldaten, die nach ihrem Einsatz in Bosnien oder Kosovo
an der mittlerweile als "Balkan Syndrom" bekannten Krankheit gestorben
sind, auf fünf erhöht. Insgesamt gibt es bisher weitere 20 Erkrankungen
unter Gendarmen und Soldaten in Italien.



Letzten Freitag forderte der belgische Verteidigungsminister Andre
Flahaut seinen schwedischem Amtskollegen Bjorn von Sydow, dessen Land
im Januar 2000 die EU-Präsidentschaft übernimmt, dazu auf, eine
EU-Untersuchung die Gesundheitsprobleme der „Friedenshüter“ auf dem
Balkan in die Wege zu leiten. Unter den 12.000 belgischen Soldaten, die
in Bosnien oder anderen Teilen im ehem. Jugoslawien eingesetzt waren,
seien bisher neun Krebsfälle aufgetreten. Fünf Soldaten seien seither
gestorben. Auch gäbe es unter den Veteranen vermehrt Beschwerden über
unerklärliche Schmerzen und Schlaflosigkeit. Die EU-Länder sollten
schleunigst ihre Forschungsanstrengungen und ihre
Untersuchungsergebnisse über entsprechende Fälle zusammentragen und
gemeinsam analysieren.



Auch von holländischen Soldaten, die im Balkan eingesetzt waren, sind
etliche Fälle von Leukämie bekannt geworden. Der Stabschef der
portugiesischen Armee erklärte letzten Donnerstag, daß etwa 900
ehemalige “Friedenshüter” demnächst auf Strahlenschäden von DU-Munition
getestet würden. Die Zeitung <Publico> zitierte letzte Woche einen
Krebsspezialisten aus Lisabon, der den Tod eines potugiesischen Soldaten
in Zusammenhang mit dem NATO-Einsatz von DU-Munition auf dem Balkan
brachte. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters wächst in
jüngster Zeit die Unruhe aber nicht nur unter ehemaligen NATO-Soldaten
sondern auch unter zivilen Mitarbeitern von NGOs, die auf dem Balkan im
Einsatz sind oder waren, besonders bei Mitgliedern von
Hilfsorganisationen aus England, Italien und Holland.



Für die Bundeswehrführung stellen diese Entwicklungen trotzdem keinen
Anlass zur Sorge dar. In dem von der Bundeswehr kontrollierten Gebiet
im Süden der jugoslawischen Provinz hätten zunächst 15 Orte in Verdacht
gestanden, radioaktiv verseucht zu sein. Letztlich sei jedoch nur auf
zwei Freiflächen sowie bei drei serbischen Panzerwracks eine erhöhte
Strahlung gemessen worden, schrieb <Die Welt am Sonntag> (WamS) unter
Berufung auf eine «sichere Quelle im Verteidigungsministerium».
Deutsche Soldaten hielten die notwendigen Sicherheitsabstände zu den
besagten Orten ein, so dass keine Gefährdung gegeben sei. Die
italienischen Soldaten seien möglicherweise der direkten Strahlung von
Bomben der US-Luftwaffe ausgesetzt gewesen, hieß es. Über die
Auswirkungen auf die Bewohner des Kosovo, die über die Verseuchung ihrer
von der NATO „befreiten“ Heimat überhaupt nichts wissen, verlieren weder
die Bundeswehr noch die <WamS> ein Wort.



Saarburg den 31.12.00

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Für Albright ist Nachfolger Powell nicht interventionistisch genug.



(von Rainer Rupp)



Am Mittwoch erklärte in Washington die aus dem Amt scheidende, als Frau
Dr. Krieg bekannte amerikanische Außenministerin Madeleine Albright,
dass bei den Vorbereitungsgesprächen mit ihrem designierten Nachfolger,
dem ehem. höchsten Offizier der US-Streitkräfte, General Powell, alles
glatt laufe. Zugleich aber äußerte sie Bedenken, dass unter der Führung
des als Taube bekannten alten Soldaten Powell die amerikanische
Diplomatie sich nach innen wenden wird.



Der nächste Präsident George Busch Junior hat mit seinem designierten
Außerminister Powell gerade zwei volle Tage mit Frau Albright im
Außenministerium verbracht. Anschließend meinte Frau Albright bei einer
Pressekonferenz, dass die Gespräche gut verlaufen seien. Allerdings
zeigte sie sich über die außenpolitische Richtung besorgt, die Bush und
Powell einschlagen wollen.



Busch hatte erklärt, daß er eine komplette Neubewertung der
amerikanischen Beteiligung an den sogenannten friedenserhaltenden
Maßnahmen will, insbesondere auf dem Balkan. Zugleich will Bush die
sogenannten "nation building" Operationen stoppen, die Washington mit
Hilfe von massiver Einmischungen in die inneren Angelegenheiten
souveräner Staaten bis hin zu militärischen Interventionen überall auf
der Welt während der acht Jahre dauernden Präsidentschaft Clintons im
Auftrag der neoliberalen Neuen Weltordnung (NWO) durchgeführt hat.



Mit besonderem Elan hatte Madeleine Albright diese Politik umgesetzt und
ausgeweitet, die im offiziellen Sprachgebrauch des State Department als
“global pro-democracy outreach program”, als globales Programm zur
Förderung der Demokratie” bekannt war. Da nach amerikanischer
Definition Demokratie jedoch nie nur ein System der politischen
Machtausübung ist sondern auch die freie Marktwirtschaft ein festen
Bestandteil enthalten muß, versteht sich von selbst, für wessen
Interessen die amerikanische Diplomatie unter Albrights Führung die
„einzig wahren und echten“ Demokratie notfalls mit Gewalt auf globaler
Ebene durchsetzen wollte.



Für die großen transnationalen Unternehmen, die von dieser Politik am
meisten profitieren, steht zu viel auf dem Spiel, als dass eine
Kehrtwende einfach hingenommen werden könnte. Deshalb ermahnte Frau
Albright ihren Nachfolger Powell zur außenpolitischen Kontinuität: "Es
sollte doch offensichtlich sein, daß unsere Außenpolitik in diesen Tage
weit gespannt und auch die nationalen Interessen Amerikas reflektieren
muß, die sich in unseren Werten und demokratischen Prinzipien und in den
Menschenrechten ausdrücken", erklärte Frau Albright vor der Presse und
fügte ein Kompliment für General Powell hinzu: "General Powell ist ein
Mann mit Voraussicht und während der letzten acht Jahre musste die
Außenpolitik mit mehr und mehr dieser ineinander verwobenen Problemen
fertig werden und zugleich eine große Zahl von Länder einbinden, die für
uns heute wichtiger sind als noch Anfang der 90er Jahre.“ (“Albright
says State Department transition "smooth" but hints at concerns”, AFP,
WASHINGTON, Dec 20, 00)



Ob dererlei kleine Schmeicheleien ausreichen, um den isolationistischen
Tendenzen des des ehemaligen Generals entgegen zu wirken, ist fraglich.
Da dürften alte interventionistische Falken aus der Regierung des
Präsidenten Reagan, die nun unter George Bush Junior ihr Come Back
feiern, eher für die Durchsetzung der NWO geeignet sein. Der wegen
seiner höchst aggressiven Rhetorik in der Reagan Regierung und seines
außerordentlichen Engagements für Star Wars als „Prinz of Darkness“
(Prinz der Dunkelheit) bekannte Richard Perle und der als „Schieß zuerst
und stell Fragen später“ bekannte Paul Wolfowitz sollen auch unter Bush
Junior wieder hohe Ämter bekleiden. Paul Wolfowitz wird z.Z. als
zukünftiger Chef der CIA gehandelt, wo er sicherlich im Sinne Albrights
überall auf der Welt fleißig für Demokratie, freie Marktwirtschaft und
Menschenrechte arbeiten kann um ferne Länder in die NWO einzubinden.



Saarburg den 21.12.00

Bedrohung eines Unschuldslammes.

(von Rainer Rupp)

George Bush Junior, der am 20. Januar sein Amt als amerikanischer
Präsident antreten wird, erklärte bei der Vorstellung seines
Verteidigungsministers Rumsfeld vor einer Woche: "Eine seiner ersten
Aufgaben ist es, den Status Quo innerhalb des Pentagons in Frage zu
stellen und eine Strategie zu entwickeln, die unsere Streitkräfte für
die Kriegsführung im 21. Jahrhundert vorbereitet."

Auf welche Gefahren sich das nationale Sicherheitsteam des neuen
Präsidenten vorzubereiten hat, das hatte die CIA in einem 68 Seiten
umfassenden Bericht mit dem Titel "Globale Trends 2015" bereits am 18
Dezember Bush's dargelegt. Wie in dererlei CIA-Berichten üblich wimmelt
es auch diesmal von heimtückischen Bedrohungen des harmlosen und
gutgläubigen Vereinigten Staaten, die mit ihren gutgemeinten
militärischen Einmischung überall auf der Welt doch nur das Beste will
für die Demokratie und die freie Marktwirtschaft wollen.

Trotzdem lohnt es sich diesmal, den Bericht zu lesen. Die Meinung
vertritt auch ein mit CIA-Analysen vertrauter Kommentator in der
Washington Post, nach dessen Auffassung "die analytische Arbeit der CIA
meist von atemberaubender Mittelmäßigkeit ist." Diesmal lohne sich
jedoch die Lektüre weil der Bericht, worauf bei seiner Vorstellung durch
die CIA besonders hingewiesen wurde, mit Hilfe herausragender Experten
aus führenden Forschungsinstituten außerhalb des direkten
Regierungseinflusses erstellt wurde. Diese Beteiligung von echten
Experten sorgt im CIA-Bericht für manche Überraschung. So wird z.B. die
Möglichkeit einer rapiden Verschlechterung der europäisch-amerikanischen
Beziehungen und das Abgleiten in einen transatlantischen Handelskrieg in
einem der möglichen Szenarien der nächsten 15 Jahre diskutiert.

Trotzdem stiftet der CIA-Bericht auf weiten Strecken eher Verwirrung als
Klarheit. Denn aus der Sicht der Central Intelligence Agency, die ein
jährliches Budget von umgerechnet über 60 Milliarden DM für
Spionagezwecke verwaltet (bedeutend mehr als die Gesamtausgaben für
Bundeswehr) wird die Welt zwar von fundamental wirkenden Kräften
umgestaltet, deren Macht unbezweifelbar ist, deren Wirkungsweisen aber
geheimnisvoll bleiben. Zur Liste dieser Faktoren gehören sowohl der
Aufstieg der organisierten Kriminalität und ihre zunehmende weltweite
Vernetzung als auch solch offensichtliche Entwicklungen wie die
Internet-Technologie, die Internationalisierung der Produktivkräfte and
die Entstehung des politischen Überbaus für Absicherung dieser
Entwicklung in Form der "Globalisierung", wenn auch im CIA-Bericht diese
Unterscheidung zwischen der ökonomischen und nachfolgenden politischen
Globalisierung nicht gemacht wird.

Aber die Studie enthält auch etliche Unbekannte als sogenannte "wilde
Karten": so z.B. die Wahrscheinlichkeit wiederkehrender globalen
Finanzkrisen wie des asiatische Börsenzusammenbruch 1997; die
militärischen Auswirkungen der kaum beachteten Durchbrüche in der
Biotechnologie, in der Materialwissenschaft und im Mikrokosmos der
Nanotechnologie; die politischen Auswirkungen knapper werdender
Wasserreserven, wovon innerhalb der nächsten 15 Jahre mehr als 3
Milliarden Menschen betroffenen werden, fast die Hälfte der
Weltbevölkerung; während zugleich die Bevölkerungszahlen in Europa, in
Japan, in Rußland und auf dem von Aids verwüsteten afrikanischen
Kontinent oftmals dramatisch zurückgehen werden.

Außerdem untersucht die 2015-Bedrohungstudie die gesamte Bandbreite der
traditionellen "Bedrohungen der nationalen Sicherheit", diesmal
allerdings auf eine neue, innovative Art. Die neuen Herausforderungen,
so argumentiert der Report, würden sich aus dem Spannungsfeld des
sinkenden Machtpotentials Russlands und der aufsteigenden Macht Chinas
ergeben. Obwohl beide Entwicklungen in sich selbst keine direkte
Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstellten, könnten sie trotzdem
gefährlichen werden, wenn sie nicht richtig behandelt würden.

Auch das Lieblingsprojekt der neuen Bush-Regierung, National Missile
Defence (NMD) kommt in der Studie nicht zu kurz. Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine mit einem nuklearen Sprengkopf oder einer
chemischen oder biologischen Waffe der Massenvernichtung ausgerüstete
Rakete gegen US-Streitkräfte eingesetzt werden könnte ist "heute größer
als während des größten Teils des Kalten Krieges und sie wird weiter
wachsen", heißt es in dem Bericht. r . Und die Gefahr wächst weiter,
heißt es entsichert wurde gegen STAATKRÄFTE " ist höherer heutiger Tag
verwendet würde, als während die meisten des kalten Krieges und setzt
fort zu wachsen, " der CIA voraussagt.

Allerdings beschwichtigt die Studie auch, wenn sie darauf verweist, daß
die von einer wilden, interkontinentalen ballistischen Rakete ausgehende
Gefahr, die nur mit einem NMD-Raketenabwehrsystem neutralisiert werden
könnte, möglicherweise nicht Amerikas größte Sorge sein sollte. Die
eigentliche Gefahr komme vielmehr von billigeren Offensivsystemen wie
z.B. ein Marschflugkörper oder eine nukleare Kofferbombe."Die
Wahrscheinlichkeit eines Angriffs mit diesen Mittel ist grösser, als der
einer Interkontinentalrakete", heißt es in der Studie.

Im Mittleren Osten sieht der CIA-Bericht einen "kalten Frieden" zwischen
Israel und den Palästinensern voraus. Aber sie spekuliert auch, dass
Israels Probleme mit der palästinensischen Intifada sowohl Amerika als
auch dem Rest der entwickelten Welt einen Vorgeschmack auf zukünftige
Entwicklungen geben könnte. Denn die letzten Monate hätten deutlich
gezeigt, dass sogar ein modernes, wohlhabendes, nuklear bewaffnetes Land
wie Israel durch einen lange andauernden Konflikt unterhalb der
Kriegsschwelle schwer angeschlagen werden kann.

Saarburg den 4.1.01

DU-Munition - Kein Skandal sondern ein Verbrechen


(Von Rainer Rupp)


"Die Bosnier, die die Zunahme von Krebsfällen untersuchen, können keine
Informationen von NATO erhalten. Das ist nicht ein Skandal. Das ist ein
Verbrechen", schrieb gestern Robert Fisk in einen Artikel in der
linksliberalen britischen Tageszeitung "The Independent" mit dem Titel
"Die Wahrheit über abgereichertes Uran". Der über die Grenzen
Großbritanniens bekannte, NATO-kritische Fisk war einer der wenigen
westlichen Journalisten, die während des gesamten NATO-Angriffskrieges
aus Jugoslawien vom Ort des Geschehens berichteten und so auch die
schrecklichen Wirkungen der modernden Kriegsführung auf die
Zivilbevölkerung beschreiben konnten. Weil Fisk nicht wie viele seiner
Kollegen den "humanitären Krieg" der "neuen NATO" verherrlicht hatte,
versuchten interessierte Kreise, ihn als jugoslawische Marionette zu
diffamieren. Sogar von vielen Kollegen wurde Fisk wegen seiner
Standhaftigkeit gegen den Krieg angefeindet.

In dem Artikel erinnert er sich daran, als er neben einer alten
ottomanischen Brücke in südlichem Kosovo eines der NATO-Schlachtfelder
besuchte. "NATO-Jets hatten einen Konvoi albanischer Flüchtlinge
bombardiert und Dutzende von ihnen in den umliegenden Feldern zerfetzt.
Die NATO-Jets, das wusste ich schon damals, hatten DU-Munition
abgefeuert." Als Fisk ein halbes Jahr später an den selben Ost im
Kosovo zurück kehrt, findet er neben der Brücke "genau auf der Stelle,
wo eine Bombe eine ganze Flüchtlingsfamilie auf ihrem Traktor zerrissen
hatte", fünf italienische KFOR-Soldaten, die dort einen kleine
Kontrollpunkt gebaut hatten.

"Ich versuchte sie zu warnen, dass sie auf einer verseuchten Stelle
stehen. Ich klärte sie über abgereichertes Uran auf, sprach über die
Krebsfälle, die unter irakischen Kindern grassieren, die entweder selbst
oder deren Eltern in der Nähe von DU-Explosionen gewesen waren. Einer
der jungen Soldaten lachte mich aus. Er habe diese Geschichten,
gehört. Aber die NATO hätte ihren Soldaten versichert, dass von
abgereichertem Uran keine Gefahr ausginge. Und ich wurde von den
Soldaten aufgefordert, mich nicht um sie zu sorgen. Sie hätten es
besser wissen müssen", schreibt Fisk.

Nur einige Wochen vor diesem Vorfall hatte ein Team von
UNO-Wissenschaftler, die ins Kosovo geschickt worden waren, um die
Gefährlichkeit der DU-Munition zu untersuchen, von der NATO vergeblich
Auskunft über die mit DU-Munition beschossenen Gebiete verlangt. Die
NATO lehnte schlicht weg ab. "Das überraschte mich nicht", fährt Fisk
fort, "denn vom ersten Tag des NATO-Bombardements an hat das Bündnisses
über die DU-Munition gelogen. Genau wie die amerikanische und britische
Regierungen immer noch über deren Auswirkungen im südlichen Irak während
des Golfkrieges 1991 lügen"

Nach diesem Krieg hatte Fisk die alten Schlachtfelder um die irakische
Stadt von Basra besucht und dabei war er auf "schreckliche neue
Krebsfälle unter den Menschen, die dort leben, gestoßen." Auch
genetische Schäden wurden deutlich. "Babies wurden ohne Arme, ohne
Beine, ohne Augen geboren. Kinder hatten interne Blutungen oder
entwickelten plötzlich groteske Tumore. Und - unnötig zu erwähnen -
UNO-Sanktionen verzögerten oder verhinderten, dass diese armen Teufel
die notwendige Medizin bekamen."

"Dann fand ich irakische Soldaten, die schienen an dem gleichen
"Golfkriegssyndrom" zu sterben, das bereits als Krankheitsursache für
Tausende von amerikanischen und britischen Soldaten identifiziert worden
war. Und während der gesamten Zeit, war es nur die "Independent"
(Tageszeitung), die über diese heimtückische Waffe und ihre
offensichtlichen Effekte schrieb."

Genau wie Rudolf Scharping und seine Militärs heute belächelten damals
britische Minister die alarmierenden Berichte. . Dabei beriefen sich
die Briten genau wie jetzt Scharping auf die
Weltgesundheitsorganisation" (WHO) und - genau wie jetzt Scharping -
verwiesen sie darauf, dass es keine gesicherten Daten über die
Zusammenhänge des sogenannten Golfkriegssyndroms und der DU-Munition
gäbe

Und selbstverständlich konnte es gar keine, in Großuntersuchungen
wissenschaftlich gesicherten Daten geben, denn die WHO, die immer wieder
von Irak eingeladen worden war, die neue und ungewöhnliche Krebshäufung
im Irak zu untersuchen, war immer wieder von amerikanischen und
britischen Stellen daran gehindert worden, obwohl ganz am Anfang ein
Vorausteam der WHO zur Vorbereitung der Arbeitsaufnahme in Bagdad
eingetroffen war.

In all den Jahren sind Dokumente, die den Zusammenhang zwischen
DU-Munition und Golfkriegssyndrom nachgewiesen haben als
wissenschaftlich ungeeignet abgetan worden, klagt Fisk. "Selbst ein
Bericht des amerikanischen Militärs, der die Gesundheitsgefahren von
DU-Munition genau schilderte und deshalb die Unterdrückung der
Informationen forderte, wurde von den Politikern pflichtbewusst
ignoriert".

Vor zwei Jahren hatte Robert Fisk über einen britischen
Regierungsbericht geschrieben, der genau schildert, welche
außerordentlichen Vorsichtmaßnahmen das Militär in die Wege geleitet
hat, wenn es auf den Schießständen in Großbritannien DU-Munition
testet. Auf dem Schießstand in Cumbria - so Fisk damals - würden die
Granaten in einen Tunnel hinein abgefeuert und der von der
Einschlagsexplosion resultierende Staub würde aufgefangen und in
Behältern aus Beton versiegelt und begraben. "

"Als Tatsache weiß ich, dass damals als erste Reaktion eines Beamten
des Verteidigungsministeriums die Frage gestellt wurde, ob ich wegen der
Aufdecken dieser Zusammenhänge strafverfolgt werden könnte", schrieb
Fisk gestern und wies auf andere Vertuschungsbemühungen der britischen
Regierung hin. So wurde z.B. das Haus eines am Golfkriegssyndrom
erkrankten Soldaten der in der Offenlichkeitsarbeit aktiv war, von der
britischen Polizei bei der Suche nach angeblichen "Geheimdokumenten" auf
den Kopf gestellt.

"Ehrenhaftere Polizisten hätten vielleicht an anderer Stelle nach
Dokumenten gesucht, die die DU-Gefahren nachweisen und die als Grundlage
der Anklage gegen hohe Offiziere und Politiker wegen Totschlags liefern
würden", meint Fisk dazu. "Aber selbstverständlich versuchte die
Polizei, die undichte Stelle zu finden, über die das Dokument in die
Öffentlichkeit kam, statt die Ursache für den Krebs der sterbenden
Männer."

Während des NATO-Krieges reiste Fisk von Belgrad nach Brüssel, um sich
im NATO-Hauptquartier über den Einsatz von DU-Munition zu erkundigen.
Dabei erzählte ihm der deutsche Luftwaffengeneral Jerz, dass
abgereichertes Uran "harmlos" sei und in Bäumen, in der Erde und in den
Bergen gefunden würde."Es war eine Lüge. Nur Uran nicht die
abgereicherte Art von Uran, das aus atomarem Müll hergestellt wird,
kommt als natürliches Element in der Umwelt vor. Und NATO-Sprecher
James Shea zitierte aus einem Bericht der Rand Corporation, wonach DU
nicht schädlich war obwohl er sehr genau wusste, dass dieser
Rand-Bericht sich lediglich auf Staub in Urangruben bezog."

Back in Kosovo, I was told privately by British officers that the
Americans had used so much DU in the war against Serbia that they had no
idea how many locations were contaminated.
"Wieder zurück im Kosovo erklärte mir ein britischer Offizier in einem
privaten Gespräch, dass die Amerikaner soviel DU-Munition im Krieg
gegen Serbien verwendet hatten, dass sie keine Idee hätten, wie viele
Gebiete verseucht sind. ... Zugleich versuchen die Amerikaner und
Briten uns weiter zu täuschen. Unverfroren verkünden jetzt die
Amerikaner, dass es unter ihren Truppen im Kosovo keine Fälle von
Leukämie gäbe. Dabei vergessen sie zu erwähnen, dass die meisten ihrer
Soldaten im Kosovo in dem massiven Camp Bondsteel nahe der mazedonischen
Grenze stationiert sind, wo die NATO keine DU-Munition abgefeurt hat.
Völlig unnötig zu sagen ist auch, dass die Amerikaner mit keinem Wort
die zig-Tausende von amerikanischen Soldaten erwähnen, die ihre
Krankheit auf eine Versuchung im Golfkrieg zurückführen.

Britische Veteran sterben an unerklärten Krebsarten aus dem Golfkrieg.
Ebenso die US-Veteranen . Und jetzt sind NATO-Truppen aus Bosnien und
dem Kosovo dran, besonders Italiener sterben an unerklärten Krebsfällen.
Wie die Kinder in den Krankenhäusern von Basra, zusammen mit ihren
Eltern und Onkel und Tanten. Und den bosnischen Behörden, die die
Zunahme von Krebsfällen erforschen wollen, verweigert die NATO die
notwendigen Informationen. Dieses ist nicht ein Skandal. Es ist ein
Verbrechen." Da bleibt nichts hinzuzufügen.

Saarburg den 9.1.01

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Balkan Syndrom – Experten beschuldigen NATO wegen
Vernachlässigung der Fürsorgepflicht für eigene Soldaten.



(von Rainer Rupp)



Ein vom amerikanischen Verteidigungsministerium angestellter
Wissenschaftler hatte bereits 1991, kurz nach dem Golfkrieg die
amerikanische und britische Regierung über die Gesundheitsgefährdung der
eigenen Soldaten durch verschossene DU-Munition gewarnt. Umsonst
(“Allies 'told in 1991 of uranium cancer risks'”, Leaked
documents back cover-up claim. Sunday Herald, by Felicity Arbuthnott
and Neil Mackay, Jan 7 2001) Professor Doug Rokke, ehemaliger Oberst der
US-Army und Direktor des Pentagon Projektes zur Untersuchung des
Auswirkung der DU-Munition hatte schon früh darauf hingewiesen, daß die
von der verschossenen Munition freigesetzten, hochgiftigen und
strahlenden DU-Partikel Krebs verursachen, das Immunsystem zerstören,
Geisteskrankheiten und genetische Veränderungen verursachen könnten, mit
entsprechenden Geburtsschäden bei den nachfolgenden Generationen.



Das britische Nachrichtenmagazin “The Sunday Herald”
verweist in seiner jüngsten Ausgabe auf ein ihm vorliegendes
Geheimdokument des Verteidigungsministeriums in London mit Datum vom 25.
Februar 1991 – vier Tage vor Ende des Golfkrieges – in dem
vorgeschrieben wird, sogenannte ABC-Schutzanzüge (ABC steht für atomar,
biologisch und chemisch) mit unabhängiger Luftzufuhr zu tragen, wenn
Soldaten in die Nähe von verschossener DU-Munition kommen. In dem
Dokument mit der Referenznummer 25/22/40/2 heißt es, daß die Einatmung
auch nur von kleinsten Partikeln ein Gesundheitsrisiko darstellten, das
mit dem von Bleioxid vergleichbar sei. Auch DU-Staub auf Lebensmitteln
würde den Tatbestand einer Verseuchung erfüllen.



Diese Feststellung untermauert die jetzt vom UNO-Umwelt Programm (UNEP)
ausgedrückte Sorge über eine weiträumige Verseuchung des Balkans. Von
weit über Hundert mittlerweile bekannten Stellen im Kosovo, die von der
Friedensbombern der US-Airforce mit DU-Munition beharkt worden waren,
hat das UNEP erst 11 untersucht und bei acht erhöhte Strahlenwerte
gefunden. Über den mittlerweile wieder bewachsenen Flächen grasen heute
Kühe, weshalb der vorläufige Bericht der UNEP befürchtet, dass auf diese
Weise sogar die Milch vergiftet und das Balkan Syndrom verbreitet wird.
Ganz abgesehen von den noch nicht abwägbaren Auswirkungen auf das
Grundwasser. Hinzu kommt die alarmierende Tatsache, dass ebenso wie im
Irak auch in Bosnien und im Kosovo zahllose Kinder gefundene
DU-Projektile als Spielzeug benutzen. Wie bereits im Irak geschehen,
kann daher auch auf dem Balkan demnächst mit einer sprunghaften Erhöhung
der Leukämie bei Kindern gerechnet werden.



"Wenn seit 1991 in zahllosen Berichten des Pentagon steht, daß die
gesundheitsschädlichen Auaswirkungen von DU-Munition nicht bekannt sind,
dann ist das eine Lüge”, erklärte Professor Rokke. Er hatte das
Pentagon schließlich immer wieder gewarnt. "Ich kann perönlich
bestätigen, daß die medizinischen und taktischen Kommandeure alle damit
zusammenhängenden Gefahrenmomente kannten. Nach dem Golfkrieg hatte
Rokke und seine Einheit von DU-Munition beschossene Fahrzeuge und die
darin gefundenen Körperteile begraben oder dekontaminiert. Mindestens
10 seiner Leute sind bisher gestorben. Der Einzige aus seinem 50 Mann
starkem Team, der anschließend nicht am Golfkriegssyndrom erkrankte,
hatte die ganze Zeit über einen ABC-Schutzanzug getragen. Auch Rokke
leidet unter den Symptomen des Syndroms. Seiner Meinung nach ist
„DU das Zeug, aus dem Albträume gemacht werden. Es ist hochgiftig,
radioaktiv und es verseucht die Umwelt für 4.500 Millionen Jahre. Es
verursacht Lymphoma (eine der Lymphknotenkrankheit) attackiert das
Immunsystem, verursacht neuro-psychotische Krankheiten und genetische
Schäden und führt zum Verlust des Kurzzeitgedächnisses“. Der
Sunday Herald zitiert auch aus einem Dokument der amerikanischen
“Nuclear Energy Agency” aus dem Jahre 1992, in dem es heißt,
daß DU-Partikel ein “ernste Gefahr für die Gesundheit“
darstellen



Auch der britische Spezialist für Strahlung im Niedrigbereichen, Dr
Chris Busby, kam letztes Jahr in einem Bericht für die DU-Arbeitsgruppe
der Royal Society nach Untersuchungen im Irak zur Überzeugung, daß die
Modelle, von denen britische Regierungsexperten ausgehen, veraltet sind,
weil sie das tatsächliche gesundheitsschädliche Potential von DU bis zu
1000 Mal höher ist. Professor Malcolm Hooper, ein Mitglied der
Interparlamentarischen Gruppe zur Untersuchung des Golfkriegssyndroms
besteht daruf, daß die von Gesundheitsexperte des britischen und
amerikanischen Militärs erlassenen Vorschriften in Bezug auf DU-Munition
„gefährlich veraltet sind“. (“British safety claims
wilt as uranium panic grips Nato”, New research threatens to
undermine MoD denial of the dangers of Balkans Syndrome, by foreign
affairs editor Peter Beaumont Sunday January 7, 2001) The Observer)
Der britische Biologe, Dr. Roger Coghill, verwies bei einer Konferenz in
London sogar darauf, daß “ein einziges DU-Partikel in einer
Lymphdrüse bereits verheerende Folgen für das gesamte Immunsystem haben
kann”. (“Radiation From Balkan Bombing Alarms Europe”,
By MARLISE SIMONS PARIS, NYTimes, January 7, 2001)



Nach Shaun Rusling von der britischen Golfkriegsveteranenvereinigung
sind bereits 521 ehemalige britische Soldaten am Golfkriegssyndrome
gestorben. Nach einer Zählung der britischen “Times” ist
in der Zwischenzeit die vorläufige Zahl der angeblich an den Folgen des
Balkan Syndroms Verstorbenen auf 27 gestiegen. Aber in Anbetracht
dessen, daß systematische Reihenuntersuchungen der Soldaten in den
meisten Ländern noch gar nicht angefangen haben, dürfte dies erst die
Spitze des Eisberges sein. Bruce George, der Labourvorsitzende des
parlamentarischen Verteidigungsausschusses in London hat nun vom
britischen Verteidigungsminister Geoff Hoon dringendst Aufklärung
verlangt. Aber getrau seinem amerikanischen Vorbild erklärte Hoon "Wir
keinerlei Beweise, die nachweisen, dass abgereichertes Uran schwere
Erkrankungen oder gar Todesfälle verursacht hat.“
Verteidigungsminister aus anderen NATO-Ländern scheinen da ihre
Verantwortung zumindest gegenüber ihren eigenen Soldaten ernster zu
nehmen als ihre britischen, amerikanischen und deutschen Kollege.



Zugleich schlägt der Skandal in den NATO-Ländern immer höhere Wellen und
droht sogar die NATO zu spalten. Besonders akut ist jedoch der Streit
zwischen den USA Italien und Italien, das bisher die meisten Todesopfer
des Balkan Syndroms zu bekalgen hat und das als erstes Land diese
Todesfälle offiziell in direkten Zusammenhang mit der verschossenen
DU-Munition bringt. „Diese Streitigkeiten”, so fürchtete
gestern die “altehrwürdige” britische “Times”
“könnten zukünftige Friedensoperationen der NATO in Frage
stellen.“ ("Deaths threaten unity of Nato”, BY RICHARD
BEESTON, The Times, SATURDAY JANUARY 06 2001)



Niemand scheint mehr bereit, den Beteuerungen der NATO-Vertreter über
harmlose DU-Munition Beachtung zu schenken. Nachdem in jüngster Zeit
selbst in bürgerlichen Medien die Kriegs- und Greuelpropaganda der NATO
als Lügen enthüllt worden sind, läuft die Brüsseler Kriegsallianz, die
sich zu gerne selbst als „internationale Gemeinschaft“
glorifiziert, wegen ihrer Verharmlosung der DU-Risiken zunehmend Gefahr,
bei den Bevölkerung auch noch den letzten Rest ihrer
„Glaubwürdigkeit“ zu verlieren. In Portugal forderten
verärgerte Parlamentarier bereits die Regierung zum sofortigen Abzug
ihrer KFOR-Soldaten aus dem Kosovo auf, weshalb unter den nach
Unabhängigkeit strebenden Kosovo-Albanern die ohnehin bereits vorhandene
Angst vor einem baldigen NATO-Abzug wächst.



Mit an vorderster Front der DU-Abwiegler Verharmloser steht Rudolf
Weisvonnix Scharping. Für ihn sind von DU-Munition verursachte
Erkrankungen einfach unvorstellbar. Als es damals darum ging, Stimmung
für den Krieg und den Einsatz der DU-Munition zu machen, hatte sich
Rudolf dagegen geistig viel flexibler gezeigt, z.B. als Erfinder des
„Fötenspießes“ als serbische Grillspezialität, als
Hufeisenschmied im Kosovo und Auschwitzentdecker im Fußballstadium von
Pristina. Er hofft scheinbar, wenn er den Kopf nur lange genug in den
Sand steckt und alle Verantwortung von sich weist, wird das Problem
schon alleine weg gehen.



Saarburg den 8.1.01

"Was verbirgt sich hinter ”ethnisch-politischen”
Konflikten?"

George Pumphrey
Die Nachkriegszeit wird mit neuen Kriegen überwunden. Dafür wird eine
ethische Politik benötigt.

Der Aggressionskrieg gegen Jugoslawien hat eine neue Ära eingebombt:
Kriege sollen jetzt geführt werden, um die Fortschritte rückgängig zu
machen, die die Menschheit seit dem Ende des 1. Weltkrieges (mit dem
Völkerbund) bzw. nach dem 2. Weltkrieg (mit der UNO) gemacht hat.

Zu den Fortschritten zähle ich die relativ sicheren Lebensbedingungen im

ehemaligen sozialistischen Lager, im Vergleich mit der wirtschaftlichen
Katastrophe, die die Mehrheit der Menschen in diesen Ländern heute
erfahren.

Ich zähle dazu die Befreiung von Millionen von Menschen vom Joch des
Kolonialismus und ebenso die Konsolidierung von demokratischen
Strukturen und Werten in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern.

Diese Fortschritte waren möglich durch ein ideologisches Gleichgewicht,
resultierend aus der sozialistischen Revolution von 1917. Es hat neue
Werte greifbarer gemacht. Und es war möglich durch das militärische
Gleichgewicht, das sich nach dem Sieg über den Faschismus entwickelte.

Dieses militärische Gleichgewicht ermöglichte Regeln und Maßstäbe für
das Verhalten auf internationaler und auf zwischenstaatlicher Ebene. Die

Anerkennung von staatlicher Souveränität wurde eine Grundregel. Sie gab
schwächeren Nationen eine größere Chance, ihre eigene Entwicklung zu
bestimmen. In der Schlussakte von Helsinki wurden schließlich auch die
Nachkriegsgrenzen Europas als verbindlich erklärt.

Die Zerstörung der relativen militärischen und ideologischen
Pattsituation zwischen den beiden Weltsystemen, befreite die
imperialistischen Staaten von der Zurückhaltung, die ihnen auferlegt
war. Das Zurückgreifen auf militärische Mittel zur Durchsetzung ihrer
Interessen ist ihnen wieder möglich ohne militärische Gegenmaßnahmen
befürchten zu müssen.

Militärische Aggression gegen ein anderes Land muss für sie aber
politisch durchsetzbar sein im eigenen Land. Das bedeutet, die eigene
Bevölkerung muss von der „politischen Korrektheit“ einer
militärischen Intervention überzeugt werden. Bis jetzt galt, dass
militärische Mittel nur als Antwort auf eine Militäraggression
gerechtfertigt waren. Wie aber können Regierungen militärische
Interventionen in anderen Ländern rechtfertigen, wenn diese nicht einmal

versucht haben militärisch anzugreifen?

Hohe moralische Werte müssen angeführt werden, um die Gesetzwidrigkeit
und politische Verderbtheit eines militärischen Angriffs auf ein anderes

Land zu rechtfertigen.

Was böte sich da besser an, als die Menschenrechte? Die NATO erklärt
sich quasi zur Menschenrechtsorganisation und kann im Namen der
Menschenrechte heute moderne Kreuzzüge gegen unliebsame Staaten und
Völker führen, wenn sie ihren Interessen im Wege stehen.

So führte das vereinte Deutschland seinen ersten Aggressionskrieg im
Namen der Menschenrechte zum "Schutz von Minderheiten" in Jugoslawien.

Gerade Deutschland mit seiner rassistischen Asyl- und
Einwanderungspolitik, dessen Behörden brutalste Gewalt faschistischer
Horden toleriert, wenn nicht gar fördert, Deutschland, das in seinen
Grenzen ethnisch gesäuberte, sogenannte ausländerfreie Zonen duldet,
gerade dieses Deutschland mit seiner Blut- und Boden-Politik macht sich
zum Champion gegen ethnische und vermeintlich ethnische Unterdrückung im

Vielvölkerstaat Jugoslawien.



Zivile Konflikte werden zu ethnischen Konflikten - und mit dem Ziel der
Intervention - werden reale oder vermeintliche Verletzungen von
Bürgerrechten zu Menschenrechtsverletzungen erklärt.

Konflikte werden als ethnisch definiert, um deren komplexe Ursachen und
die Ziele der Konfliktparteien hinter Emotionen und Irrationalität zu
kaschieren. Die Suche nach den wirklichen Gründen gilt als politisch
unkorrekt. Aber ohne eine zutreffende Definition des Problems, gibt es
keine dauerhafte Lösung.

Wenn soziale und politische Probleme nicht als solche angegangen,
sondern zu Problemen der Abstammung gemacht werden, können sie zu keiner

Lösung führen, die von der Mehrheit der Menschen in einer betroffenen
Region akzeptiert werden kann.

Die "völkische" Definition eines Konflikts setzt voraus, dass Völker
verschiedener Ethnien nicht in Frieden (weiter) leben können.
"Völkisch” will man dies heute natürlich nicht mehr nennen. Man
nennt es "ethnisch" damit es besser zur Waffe "Menschenrechtspolitik"
passt.

Nicht nur auf dem Balkan führte völkische Politik zu einer Katastrophe.
Was wäre, wenn sie sich in anderen Vielvölkerstaaten durchsetzen würde
wie z.B. Frankreich, Großbritannien und Spanien. Was wäre wenn die
Chicanos für Teile des Südwestens der USA den Anschluss an Mexiko
suchen, oder Miami an Kuba. Oder wenn die Schlesier ihre Sezession von
Polen erklären, um sich als Teil Deutschlands zu proklamieren - und die
USA und Polen an ihren Territorien aber festhalten wollen. Die Gefahr
einer solchen völkischen Politik können wir uns vorstellen.

Die Ost-West-Konfrontation wurde durch "ethnische Konflikte" ersetzt und

im internationalen Denken als maßgebliche politische Kategorie
inzwischen etabliert. Wie oft werden derartige Konflikte jedoch
vorgeschoben oder latente Konflikte bewusst geschürt, um
sezessionistische bzw. kolonialistische Machtinteressen zu kaschieren
und durchzusetzen?

Interessant ist eine Untersuchung der Weltbank zu den "Ökonomischen
Gründen von Bürgerkriegen”. Im Gegensatz zur herrschenden
westlichen Meinung kommt sie nämlich zum Ergebnis, dass die Konflikte in

Afrika keine ethnischen Konflikte sind. Es geht um die Ausplünderung und

den Zugang zu Rohstoffen. Als Kriegstreiber nennt die Weltbank die
Rebellengruppen, aber schweigt natürlich zur Rolle der multinationalen
Konzerne, die sich der diversen Rebellengruppen bedienen.[1]

Das völkische Denkmuster führt unweigerlich in die Aufteilung in Völker
mit "Menschenrechten" und Völker ohne. Der Westen hat dies bereits mit
Bosnien und dem Kosovo vorgeführt. Komplexe geschichtliche,
wirtschaftliche, geographische und politische Zusammenhänge wurden auf
das Problem einer Volksgruppenzugehörigkeit reduziert. Der Balkan
scheint nur noch in "Ethnien" zu existieren.

Die Parteien, die im ethnisch definierten Konflikt miteinander liegen,
werden zu Karikaturen, eingeteilt in gut und böse, Opfer und Täter,
Freund und Feind. Nicht das Tun sondern das Sein ist bestimmend. Und von

uns wird erwartet, dass wir von außen Stellung beziehen für die
”gute" und gegen die ”böse Seite”. Die Reklamierung
der Rechtsgleichheit für alle Beteiligten wurde deshalb als
"pro-serbisch" diffamiert. Die Designierung eines bösen Volkes in
Jugoslawien und die einseitige Parteinahme von außen führte unweigerlich

zur Anheizung des Konflikts. Die Friedensbewegung aber muss Stellung
beziehen für Frieden und Gerechtigkeit für eine ganze Region, damit die
Menschen dort zusammenleben können auch nach dem Konflikt.

Die Bevölkerung hierzulande wurde mit entsprechender Propaganda
bearbeitet, damit sie schließlich auch eine militärische Intervention
akzeptierte, um die Menschen in den betroffenen Ländern mit
”unserer Ordnung”, ”unserer Vernunft” und
”unseren Werten” zu beglücken.

Hans-Rüdiger Minow zeigte auf, dass das, was wir im letzten Jahrzehnt
mit der Zerstückelung Jugoslawiens erlebten, nicht neu ist in der
Geschichte. Den zweiten Weltkrieg betreffend schreibt er:

"Das taktische Vorgehen war einfallslos, aber stets erfolgreich: Um für
eine ”ethische” Intervention Stimmung zu machen, wurde die
Öffentlichkeit mit Propagandaberichten hysterisiert, die den zu
okkupierenden Staat des Unrechts an seinen ”Minderheiten”
zieh. Die mediale Inszenierung, die bis zur Herstellung von
abendfüllenden Spielfilmen ging, sollte die Bevölkerung auf Qual und
Leiden der unterdrückten ”Volksgruppen” einstimmen und ihr
Mitgefühl bis zum Bersten stimulieren. Gleichzeitig belieferte der
Auslandsgeheimdienst die vom Außenministerium betreuten Separatisten mit

Sprengstoff und Waffen. (...)

Die fortschreitende Destabilisierung der bedrohten Länder und ihre
militärischen Reaktionen dienten dem NS-Reich als neue Belege für die
Unhaltbarkeit der Lage. Am Ende der mutwilligen Eskalation ließ
Reichskanzler Hitler deutsche Truppen einmar­schieren."[2]



Die Methoden bewähren sich leider bis heute.



Ethnische Konflikte finden zu einem erheblichen Teil in und durch die
Medien statt.



Oft sind es erst die parteiischen Medien, die einen Konflikt als
"ethnischen” Konflikt definieren. Die Medien entscheiden über
welche Aktionen mit welchen Bildern die Bevölkerung bei uns informiert
bzw. desinformiert wird.

Welches Ausmaß die Desinformation nehmen kann, haben uns die Medien ja
in den Konflikten auf dem Balken und schließlich im Krieg gegen
Jugoslawien vorgeführt.

Krieg ‑ Aggression – werden zum Konsumartikel, der auf dem
Markt verkauft werden muss. Deshalb ist Krieg mit all seinen Greueln,
Zerstörung, Flucht und Tod nicht mehr Elend genug. Die veröffentlichte
Meinung ist gegenüber der "normalen" Brutalität des Krieges bereits
dermaßen abgestumpft, dass nur noch Übertreibungen und offenkundige
Lügen glaubhaft erscheinen: keine Vergewaltigung, die nicht zur
Massenvergewaltigung wird, kein Grab, das nicht zum Massengrab wird,
kein Mord, der nicht zum Völkermord wird. Ein Bürgerkrieg wird zum
Völkermord erklärt, um eine "humanitäre Intervention”
rechtfertigen zu können.

Die "Befreiungskämpfer” müssen durch die Medien erst zu solchen
gemacht werden, damit die Staaten der internationalen
Interventionsgemeinschaft in den Augen ihrer Bevölkerungen glaubwürdig
bleiben. Tudjmans Ustaschi Nostalgie, Izetbegovic' islamischer
Fundamentalismus und der nationalsozialistische Terror der UCK wurden
von den Medien verschwiegen. Sie mussten Opfer sein, wenn die Serben die

Täter sein sollten.

Objektive Berichterstattung der Medien wurde weiter zugunsten der
Propaganda für den neuen "militärischen Humanismus" der NATO ausgehöhlt.

Hier muss auch die Rolle der Werbeagenturen erwähnt werden. Ich erinnere

an das Beispiel der Werbeagentur Ruder Finn, die im Dienste Kroatiens,
Bosnien-Herzegowinas und der ehemals parlamentarischen Opposition im
Kosovo, stand.

Jacques Merlino, der stellvertretende Direktor des Zweiten Französischen

Fernsehens, führte im April 1993 ein Interview mit James Harff, dem
Direktor dieser Werbeagentur. James Harff erläuterte die Rolle der
großen Medien in der Schaffung ethnischer Konflikte in Bosnien. Er
beschrieb eine Liste von mehreren Hundert Journalisten, Politikern,
Vertretern humanitärer Organisationen und Intellektuellen, die er
benutzt, um öffentliche Meinung zu beeinflussen. Auf die Frage auf
welches seiner public relations Bemühungen er besonders stolz sei,
antworte Harff:

"Dass es uns gelang, die jüdische Meinung auf unserer Seite zu haben.
Dies war eine sensible Angelegenheit, da es doch von dieser Sicht aus
gefährlich erschien. Präsident Tudjman war in seinem Buch 'Ödland der
geschichtlichen Wirk­lichkeit' sehr leichtsinnig, denn man könnte ihn
bei der Lektüre des Antisemitismus bezichtigen.

In Bosnien war die Situation nicht besser: Präsident Izetbegovic
unter­stützt in seinem Buch 'Die islamische Erklärung' sehr stark die
Bildung eines funda­mentalistischen Islamischen Staates.

Abgesehen davon war die kroatische und bosnische Vergangenheit sehr
stark vom Antisemitismus geprägt. Zehntausende von Juden kamen in den
kroatischen Lagern um. Alle Gründe sprachen dafür, dass Intellektuelle
und jüdische Organisationen den Kroaten und Bosniern gegenüber feindlich

eingestellt sind.

Die Herausforderung für uns war, dass wir dieses Verhalten ins Gegenteil

wenden könnten und wir meisterten diese Aufgabe mit Bravour. (...) Als
die jüdischen Organisationen in das Spiel auf Seiten der muslimischen
Bosnier eingriffen, konnten wir sofort in der öffentlichen Meinung die
Serben mit den Nazis gleichsetzen. (...) Mit einem einzigen Schlag
konnten wir die einfache Story von den guten und den bösen Jungs
präsentieren, die sich ganz von allein weiterspielte. (...)

Fast unmittelbar danach benutzten die Medien eine andere Sprache, mit
sehr emotionsbeladenen Begriffen wie ethnische Säuberung,
Konzentrationslager etc., Begriffe die man mit Bildern aus
Nazideutsch­land und Auschwitz assoziiert. Niemand konnte sich mehr
dagegen wenden ohne des Revisionismus angeklagt zu werden. Wir hatten
Hundertprozent Erfolg."[3]

Soweit James Harff.

Das Beängstigende dabei ist doch, dass auch das Bekanntwerden dieser
entscheidenden Information keine Auswirkung auf Politik und Medien
hatte. Die Lügen von den good guys und bad guys wurden weiter gesponnen.

Spekulationen, unbewiesene Berichte und absichtliche Fälschungen ständig

wiederholt, werden schließlich zu gesicherten Fakten.

Zu dieser Art von ethnischer Kriegführung gehören auch Mord auf
Bestellung. Für Massaker an muslimischen Zivilisten durch muslimische
Regierungstruppen wurden die Serben verantwortlich gemacht. Die
bekanntesten waren das sogenannte Brotschlangen-Massaker und die zwei
Markale-Markt Massaker. Obwohl eine serbische Urheberschaft schon
unmittelbar danach bezweifelt wurde, dienten sie als Vorwand für weitere

Eskalationen des US und NATO Engagements in den Krieg. Das gleiche
Schema wurde im Kosovo angewandt.

Im Kosovo hatten westliche Diplomaten der UCK anvertraut, dass es bei
weniger als fünftausend Toten keine westliche Präsenz im Kosovo geben
würde. Prompt verstärkten die Kosovo-Albaner ihre Angriffe auf die
serbische Polizei, um Vergeltungsschläge zu provozieren. [4]

Das von der UCK mediengerecht inszenierte Racak Massaker bereitete den
entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Bombardierung Jugoslawiens vor:
das Diktat von Rambouillet.

Politiker der etablierten Parteien der BRD haben die Beschuldigung mit
besonderer Bereitschaft und Genugtuung aufgenommen, dass die Serben,
die "traditionellen Feinde" der Deutschen, Genozid begangen hätten.

Es kam ihnen sehr gelegen, um sich des Stigmas, der im Zweiten Weltkrieg

begangenen Verbrechen gegen Jugoslawien zu entledigen. Ihm waren 1,6
Millionen Jugoslawen zum Opfer gefallen. Das sogenannte Massaker von
Srebrenica wurde mit Auschwitz verglichen, um die eigene Geschichte zu
entsorgen. Und dies wiederum erlaubte, die alte, arrogante,
militaristische und expansionistische deutsche "Normalität"
wiederzubeleben.



Was auf dem Balkan geschah, gibt uns einen Vorgeschmack auf das, was die

Neue Weltordnung für schwächere Nationen tatsächlich bedeutet.

Es geht um Rekolonialisierung mit modernem Vokabular. Das
Hauptinstrument für die Durchsetzung dieser Neuen Weltordnung ist die
NATO. Sie soll den freien Zugang zu Märkten und Rohstoffen und das Recht

auf ungehinderte globale Operationen der US-amerikanischen und
westeuropäischen Großunternehmen sichern.

Die Prinzipien der Souveränität, der Unverletzbarkeit der Grenzen und
der Gleichheit der Staaten stehen aber der Rekolonialisierung im Wege.
Ein Zweiklassensystem der Staaten wurde geschaffen. Die sogenannte
westliche Wertegemeinschaft macht sich zum Richter über den Rest der
Welt. Mit dem Schlachtruf der ”Verteidigung der
Menschenrechte” sollen UNO und OSZE im Interesse dieser
Wertegemeinschaft einseitige und feindliche Positionen gegen unliebsame
Staaten beziehen. Diese Staaten werden geächtet, diplomatische
Beziehungen werden unterbrochen, ihre Rechte in diesen Organisationen
werden eingeschränkt oder suspendiert.

Sanktionen werden verhängt und ganze Bevölkerungen als Geiseln genommen,

bis sie Führer akzeptieren, die der westlichen Wertegemeinschaft genehm
sind.

"Menschenrechte" werden selektiv eingefordert, um politisch missliebige
Staaten und ganze Völker als kriminell abzustempeln. Hierzu werden auch
neue internationale Instrumente geschmiedet.

Mit der Etablierung des Haager Tribunals, wurde öffentliche Akzeptanz
geschaffen für Methoden der Inquisition, die das Grundrecht auf
Gleichheit vor dem Gesetz negiert. Das Haager Kriegsverbrechertribunal
widerspricht rechtstaatlichen Regeln. Anklagen werden formuliert um eine

Seite politisch zu isolieren. Verfahrensregeln werden ad hoc und
arbiträr während des Prozesses geändert. Anklagen werden auf ethnischer
Grundlage erhoben. Dieses Tribunal geht von der Schuld einer ethnischen
Gruppe aus. Dadurch werden Rechtsprinzipien durch eine Form juristischer

Apartheid ersetzt. Verbrechen wird nicht definiert nach der Tat sondern
nach dem Täter.

Der inflationäre Gebrauch der Beschuldigung "Völkermord" ist inzwischen
ein wesentlicher Aspekt völkischer Politik. Es wurde nie bewiesen, dass
die serbische Führung Völkermord vor hatte oder ausführte - weder gegen
die bosnischen Muslime noch gegen die Kosovo-Albaner. Gleichzeitig kann
der UNO-Sicherheitsrat fortfahren mit der systematischen Ermordung von
nahezu 2 Millionen Irakern vor allem durch seine Sanktionspolitik.
Verbrechen werden definiert nach dem Täter nicht nach der Tat.

Mit dem sogenannten Internationalen Strafgerichtshof sollen diese
Methoden nun auf internationaler Ebene institutionalisiert werden. Auch
viele in der Friedensbewegung sind von dieser Idee sehr angetan.
Ausgehend von den herrschenden internationalen Machtverhältnissen, halte

ich dieses Projekt jedoch für besorgniserregend.

Institutionen wie die UNO und die OSZE werden zu Instrumenten imperialer

Machtinteressen. Die eigentliche Aufgabe der UNO und der OSZE - ihre
Arbeit für Frieden und zwischenstaatliche Verständigung - wird von der
westlichen Interventionsgemeinschaft sabotiert. UNO und OSZE werden
dadurch in der öffentlichen Meinung diskreditiert.

Die selektive Berufung auf Verstöße gegen "Menschenrechte," setzt
völkerrechtliche Verträge und internationale Normen außer Kraft . Wenn
aber die Normen - für deren Schutz die UNO und die OSZE sorgen sollen -
nicht mehr gelten, dann werden diese Organisationen bedeutungslos und
die Menschheit wird dem Gesetz des Dschungels ausgeliefert.



Die Friedensbewegung wird durch diese Entwicklung herausgefordert.

Die Friedensbewegung war zu schwach zu verhindern, dass Menschenrechte
von den Imperialisten und ihren Medien neu definiert und gegen andere
Völker benützt werden.

Ich meine, dass wir in der Friedensbewegung in Zukunft uns selbst noch
viel stärker bewusst werden müssen, welches Ausmaß und welche Formen die

Kriegspropaganda heute hat. Die Stärke der Friedensbewegung und der
Linken in den westlichen Ländern war einmal, dass sie skeptisch
hinterfragte, was von den Regierungen und Massenmedien verbreitet wurde.

Die Bevölkerung aufzuklären über die Lügen und die Lügenmechanismen der
Medien, die im Dienst der NATO stehen, ist für uns eine der
schwierigsten Aufgaben.

Nach Goebbels’chem Grundsatz, dass je größer die Lüge und je öfter

sie wiederholt wird, desto glaubwürdiger sie wirkt, haben Rudolf
Scharping und Joseph Fischer grobe Volksverhetzung begangen, ohne daraus

Konsequenzen ziehen zu müssen. Heute sind alle ihre Lügen widerlegt.

Mit der Umstrukturierung der Bundeswehr in eine Angriffsarmee werden die

nächsten Kriege schon vorbereitet. Die Propagandamethoden werden ähnlich

sein.

Wir müssen uns überlegen, was wir tun können, um durch den Schleier der
Lügen zu dringen, um aufklärend und mobilisierend wirken zu können.

Und die Friedensbewegung in Deutschland muss besonders skeptisch sein
gegenüber völkischen, "ethnischen" Erklärungen, Denkmustern und
"Lösungen". Nach all den leidvollen Erfahrungen des letzten Jahrhunderts

müssen wir offensiv Internationalismus und Völkerverständigung auf die
Tagesordnung setzen.





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· Vortrag in einer Arbeitsgruppe des Friedensratschlages in

Kassel, am 2.12.2000 und bei der Friko Berlin am 7.1.2001

[1] Silke Mertins, "Abhängigkeit von Rohstoffen löst
Bürgerkriege,” Financial Times Deutschland”, 20. Juli 2000

[2] Hans-Rüdiger Minow, ”Ethischer Imperialismus”,

Konkret 5/99 S. 56-57

[3] Sara Flounders, "Bosnian Tragedy, The unkonown role of the

US government and Pentagon", NATO in the Balkans, International Action
Center, NY, 1998

[4] Jan Müller, ”Die gefährlichste Bombe der Welt ist

heute mit ‘TMT’ gefüllt”, FAZ vom 28.3.2000