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Was hat dazu
geführt, dass das Kosovo zur Zeitbombe
werden konnte, die heute
kurz vor der Explosion steht? Die
Vorgänge, die dazu führten,
rekapituliert in gewohnt offener Sprache
der
deutsch-österreichische Unternehmer und
Buchautor Kurt
Köpruner. Er nimmt die Rolle der
nationalistischen Terrorgruppen
und der internationalen Gemeinschaft in
der Krisenregion aufs Korn.
Sein Beitrag ist höchst aktuell, denn im
Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen liegt ein neuer
Resolutionsentwurf für die
Zukunft des Kosovos auf dem Tisch,
eingebracht von den USA und
EU-Mitgliedern. Darin wird zwar auf eine
automatische
Unabhängigkeit des Kosovo verzichtet,
falls sich die serbische und
kosovarische Regierung nicht innerhalb
von 120 Tagen über den
Status der Provinz einigen. Russland hat
aber vorsorglich bereits sein
Veto angekündigt. Wann die Abstimmung
über den Entwurf
erfolgen soll, ist ungeklärt. "Null
Chance auf Kosovo-Resolution"
titelten bereits österreichische Medien.
Von Kurt
Köpruner,
Eurasisches Magazin 07-07 · 31.07.2007
Die Lage im Kosovo ist untrennbar
verbunden mit dem Zerfall
Jugoslawiens. Was ist damals, im
Frühsommer 1991, passiert?
Jugoslawien war auf dem Höhepunkt einer
schweren wirtschaftlichen
und politischen Krise. Die Regierungen von
Slowenien und Kroatien
wollten die Unabhängigkeit ihrer
Republiken von Belgrad erreichen:
Ein klassischer innerstaatlicher Konflikt,
bei dem nach den Regeln des
Völkerrechts jegliche Einmischung von
außen streng untersagt
ist.
Auch die deutsche Außenpolitik hielt sich,
zumindest offiziell,
an die internationalen völkerrechtlichen
Standards und an
Absprachen mit den Partnern in der EG -
bis genau zum 1. Juli 1991. An
diesem Tag erklärte der damalige
Bundeskanzler Helmut Kohl:
"Deutschland soll die EG zur Anerkennung
der beiden Republiken
veranlassen". Fortan machte Deutschland
massiven Druck auf die
übrigen EG-Staaten.
Es gab zahllose eindringliche Warnungen
vor den Folgen dieser
Anerkennungspolitik, die markanteste
richtete am 10. Dezember 1991 der
damalige UN-Generalsekretär Perez de
Cuellar an die
zwölf EG-Außenminister: "Ich bin tief
beunruhigt
darüber, dass eine verfrühte, selektive
Anerkennung den
gegenwärtigen Konflikt ausweiten und eine
explosive Situation
hervorrufen könnte". Deutschland schlug
die Warnungen in den Wind:
Wenige Tage nach diesem prophetischen
Appell des
UN-Generalsekretärs sprach die deutsche
Bundesregierung die
Anerkennung Sloweniens und Kroatiens aus.
Die elf weiteren EG-Staaten
folgten am 15. Januar 1992. Sie hatten
sich nach monatelangem
Widerstreben dem Druck Deutschlands
gebeugt. "Wir konnten uns auf den
Kopf stellen", wurde Ruud Lubbers, der
niederländische
Ministerpräsident. später zitiert, "die
übrigen
Europäer konnten noch so verwundert
dreinschauen - die Deutschen
gingen solo zu Werke."
Serbien
muss sterbien
Die unmittelbare Folge war die rasche
Ausweitung der Balkankriege unter
ständig steigender internationaler
Beteiligung. Es trat genau das
ein, was Genscher mit seiner
Anerkennungspolitik verhindern wollte:
"Eine weitere Eskalation der
Gewaltanwendung". Da man für das
totale Scheitern der eigenen Politik einen
Sündenbock brauchte,
lief während der gesamten 1990-er Jahre
eine fast beispiellose
Diffamierung des ganzen serbischen Volkes
ab. Die Serben sind an allem
schuld, wurde tausendfach "bewiesen",
zuletzt 2004 in den meisten
Berichten über die Pogrome im Kosovo: Die
kollektive Alleinschuld
der Serben wurde beinahe zum Naturgesetz
erhoben.
1999 bekamen die Nato-Fans ihren Krieg -
endlich, nach so vielen Jahren
des Herbeiredens und Herbeisehnens. Seit
Jahren tönte es
allenthalben: Wenn das "Morden" im Kosovo
nicht sofort aufhört,
dann müssen Bomben her. Diese Drohung war
ausnahmslos gegen die
Serben gerichtet. Wer also Bomben auf
Belgrad wollte, der musste nur
dafür sorgen, dass das Morden nicht
aufhört. Eine
unmissverständliche Einladung, ja
Aufforderung an die UCK, das
Morden fortzusetzen. Und die hatte
verstanden: Das Morden wurde
fortgesetzt, die Rechnung ging auf.
Monate vor und auch während der
Verhandlungen in Rambouillet
(Frühjahr 1999) wurden weltweit, auch in
Deutschland, alle
Albanischstämmigen im Alter von 18 bis 60
massiv aufgefordert
("Verweigerung wird nicht geduldet"), sich
jetzt in die UCK
einzureihen. Dass dies in Jugoslawien eine
zusätzliche
Mobilisierung bewirken musste, leuchtete
zwar ein, änderte aber
natürlich nichts, denn "der Serbe betreibt
ethnische
Säuberungen und gehört bestraft, basta!"
Fast
vollständig ausgeblendet wurde auch das
Bemühen der Serben um
eine friedliche Lösung. Die Serben haben
OSZE-Beobachter in den
Kosovo gelassen. Das tut niemand, der
einen Völkermord plant.
Wahr bleibt auch, dass die Serben, das
serbische Parlament, die
Regierung über eine Autonomie für das
Kosovo verhandeln und
das von der OSZE oder der UNO überwachen
lassen wollten. Dazu gab
es Vorleistungen, wie die 1.500
OSZE-Beobachter, die monatelang im
Kosovo waren, unwiderlegbar bewiesen. Da
hätte man ansetzen
müssen, meinetwegen mit Bombendruck, das
hätte unendlich viel
Leid erspart. Doch es ging nicht. Wozu
hatte man denn die UCK
aufgerüstet? Doch nicht um eine Autonomie
zu verwirklichen! War
nicht von Anfang an das Ziel, ein ethnisch
reines Kosovo zu bekommen,
gereinigt von allem Serbischen? Fast
vollständig ausgeblendet
wurde (und wird) die Tatsache, dass die
weitaus größte Zahl
von Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien seit
Jahren in Serbien
dahinvegetiert. Vor wem sind die geflohen?
Vor den Serben etwa?
"Terrorbande
UCK"
Erinnern wir uns: Die UCK war erstmals
1996 in die internationalen
Schlagzeilen gelangt: Als Terrorbande im
Kosovo, die ihre
ultranationalistischen und rassistischen
Ziele - ein ethnisch
gesäubertes, rein albanisches Kosovo - mit
Mordanschlägen
vorantrieb und mit Drogen- und
Waffenhandel finanzierte. Auch viele
Kosovo-Albaner fielen dem UCK-Terror zum
Opfer, und selbst der vom
Westen als "Balkan-Ghandi" hofierte
Albanerführer Ibrahim Rugova
fand sich auf ihren Todeslisten. So
bekannt Methoden und Ziele der UCK
im Westen auch waren und so sehr diese den
westlichen Werten -
Rechtsstaatlichkeit, Multikulturalismus,
Antiterrorismus usw. - auch
zuwider laufen mochten, so sehr
liebäugelten nicht wenige von
Anfang an mit dieser mordenden Bande. Die
UCK-Terroristen waren
nämlich Todfeinde der Serben, und nach dem
Motto "die Feinde
meiner Feinde sind meine Freunde", gab es
folglich - ganz besonders in
Österreich und Deutschland - immer auch
Stimmen, die die Morde der
UCK als verständliche Not
wehr gegen den Terror der Serben schön zu
reden versuchten.
In den USA allerdings sah man in der UCK
zunächst das, was sie
war: eine terroristische Vereinigung. Doch
die Politik der USA ist
bekanntlich "flexibel". Mal paktieren sie
mit Saddam, rüsten ihn
hoch, um ihn kurz darauf zum Erzfeind zu
erklären; mal werden die
Taliban mit Milliarden US-Dollar
finanziert, um wenig später in
Grund und Boden gebombt zu werden. Streng
nach dieser "Logik" verhielt
sich die US-Politik auch gegenüber der
UCK: Noch im Frühjahr
1998 gaben die USA dem lange zuvor schon
zum Balkanschlächter
erklärten Slobodan Milosevic grünes Licht
für die
militärische Bekämpfung der UCK - um kurz
darauf genau
deshalb Bomben auf ganz Serbien zu fordern
und wenig später zu
feuern.
Die USA entdeckten die UCK, die sich in
idealer Weise als
Nato-Bodentruppe anbot. Nur die
Terrorführer der UCK erwiesen sich
zunächst als recht problematisch, auch
dann noch, als man sie zu
der Konferenz nach Rambouillet eingeladen
und sie zu den
Wortführern aller Albaner erkoren hatte.
Die "Friedenskonferenz"
von Rambouillet war indes von vornherein
nichts anderes als der
Versuch, die längst beschlossenen
US-geführten
Nato-Luftschläge gegen Serbien ein wenig
vom Makel der
Völkerrechtswidrigkeit zu befreien. Von
den Serben wurde unter
Androhung von Luftschlägen ultimativ die
Zustimmung zu einer
Lösung des Kosovo-Problems gefordert, die
nach Rudolf Augstein
"kein Serbe mit Schulbildung" hätte
akzeptieren können, und
die nach Henry Kissinger schlicht absurd
war.
Das
zweifelhafte
Unternehmen Rambouillet
In Rambouillet lief es zunächst ganz und
gar nicht nach Wunsch des
Westens. Die UCK-Chefs verhielten sich
äußerst unkooperativ,
denn sie wollten bis zuletzt nicht
glauben, wie ehrlich es die Nato mit
ihnen meinte. Joschka Fischer flog nach
Rambouillet, um sie auf Linie
zu bringen - vergeblich. Selbst
US-Außenministerin Madeleine
Albright kniete zunächst förmlich vor den
UCK-Rebellen und
drohte ihnen andererseits: "If you don't
say 'Yes' now, there won't be
any Nato ever to help you!" Noch am
Vorabend des letzten Konferenztages
verweigerte die "misstrauische" UCK ihre
Zustimmung zum Ultimatum des
Westens, womit dessen Bombenstrategie
hinfällig geworden
wäre. - Aber es sollte letztlich klappen,
ein Österreicher,
Wolfgang Petritsch, hatte in letzter
Sekunde für den Umschwung
gesorgt und die UCK von den "ehrlichen
Absichten" der NATO
überzeugt.
Damit war der Weg frei: 78 Tage und Nächte
lang bombardierten die
19 Nato-Staaten im Frühling 1999
militärische und zivile
Ziele in Jugoslawien. Sie warfen in 38.000
Angriffen 20.000 Tonnen
Sprengstoff ab, töteten nach eigenen
Angaben tausende Menschen und
zerstörten die gesamte Infrastruktur des
Landes: Fabriken und
Brücken, Schulen, Krankenhäuser und
Kindergärten,
Stromversorgung und Telekommunikation.
Dennoch gerieten die
Luftschläge zum Fiasko - sie lösten kein
einziges Problem,
kosteten aber tausende Unschuldige das
Leben und beraubten Millionen
auf Dauer ihrer Existenzgrundlagen -,
wurden aber doch als Erfolgsstory
gefeiert. Die Führer der UCK erhielten,
was man ihnen in
Rambouillet offenbar für ihr Wohlverhalten
versprochen hatte: die
Macht über das Kosovo, das sie vor den
Augen der Nato in ein
Inferno verwandelten, in dem Mord und
Totschlag, Drogen-, Waffen- und
Menschenhandel an der Tagesordnung sind,
und in dem heute der Rassismus
wie in keinem anderen Land der Welt
allgegenwärtig ist. Dennoch
stellte EU-Außenpolitiker Javier Solana
Ende Februar 2004, nach
einem Besuch im Kosovo, befriedigt fest:
"Der Fortschritt überall
in der Provinz ist offensichtlich."
März
2004: Albanische
Lügen für das Pogrom an Serben
März 2004: Die ganze Welt blickte für ein
paar Tage wieder
einmal in das Kosovo. Was war geschehen?
Noch am Montag, dem 15.
März 2004, herrschte Alltag im Kosovo. Um
19.00 Uhr dieses Tages
wird in der Nähe von Pristina Jovica Ivic,
ein 18-jähriger
Serbe, aus einem fahrenden Auto
angeschossen und lebensgefährlich
verletzt. Serben in Gracanica protestieren
lautstark auf der
Straße. UNMIK und KFOR, also ziviler und
militärischer "Arm"
der UN-Präsenz im Kosovo, riegeln die
Gegend ab. Der oder die
Attentäter können nicht ermittelt werden.
Die
Straßensperren werden aufgehoben. Unsere
Öffentlichkeit
erfährt nichts von dem Vorfall.
Kosovarischer Alltag, wie gesagt.
Tags darauf, am Dienstag um halb vier Uhr
nachmittags, kommt in der
Nähe der geteilten Stadt Kosovska
Mitrovica ein Albanerjunge nach
Hause gerannt. Er berichtet seinen Eltern,
dass er mit drei Freunden in
den eiskalten Fluss Ibar gesprungen sei,
um diesen zu durchschwimmen.
Seine drei Kameraden seien sofort von den
starken Fluten erfasst und
mitgerissen worden, nur er selbst habe
sich ans andere Ufer retten
können. Unmittelbar darauf wird eine groß
angelegte
Suchaktion gestartet, an der sich auch
internationale Polizisten
beteiligen. Kurz vor Mitternacht findet
man flussabwärts einen der
vermissten Jungen. Er ist tot.
In den frühen Morgenstunden des nächsten
Tages, des
Mittwochs, wird eine weitere Kinderleiche
aus dem Fluss gezogen. Am
selben Vormittag verbreiten albanische
Fernseh- und Radiostationen im
Kosovo pausenlos die Meldung, dass drei
albanische Kinder von Serben in
den Tod getrieben worden seien. Einmal
heißt es, eine serbische
Bande habe die Albanerkinder in den Fluss
gehetzt, dann ist von
serbischen Jugendlichen die Rede, in
anderen Meldungen von einem
serbischen Hund.
Der US-Nachrichtensender CNN übernimmt
diese Meldungen prompt.
Noch in den Vormittagsstunden des
Mittwochs bricht im ganzen Kosovo
ungehemmte Gewalt aus. In dutzenden
Städten und Orten,
überall dort im Kosovo, wo noch Serben und
andere Nichtalbaner in
Enklaven und abgeriegelten Vierteln leben.
Die Gewalt läuft
allerorts nach demselben Schema ab: Ein
aufgebrachter, oft
vieltausendköpfiger Mob rottet sich
zusammen und marschiert schwer
bewaffnet auf die nichtalbanischen Ghettos
los. Soweit diese von
KFOR-Soldaten beschützt werden, werden die
Militärposten
attackiert und an vielen Orten
buchstäblich in die Flucht gejagt.
Steine fliegen, Kalaschnikows knattern,
Handgranaten und
Molotow-Cocktails treffen Häuser und
Autos. Kirchen und
Klöster werden in Brand gesteckt oder
demoliert. Die Betroffenen -
vorwiegend Serben, aber auch Hunderte Roma
- sind zumeist völlig
wehrlos, sie verschanzen sich in Gebäuden,
fliehen in
KFOR-Unterstände oder in Felder und
Wälder. Nur in Kosovska
Mitrovica si
nd die Serben stark genug, sich zu wehren,
nur dort kommt es zu
bewaffneten Zusammenstößen zwischen Serben
und Albanern. Die
Kämpfe dauern die ganze Nacht an und gehen
auch am nächsten
Tag weiter.
Ein
Albaner-Junge sagt die
Wahrheit - aber Fakten können geplante
Pogrome nicht verhindern
Es wiederholt sich, was sich im Juni und
Juli 1999 im Kosovo abgespielt
hat. Damals wurden nach derselben Methode
Zehntausende Häuser im
Kosovo zerstört, zahllose Menschen getötet
und
Hunderttausende - die genaue Zahl ist noch
immer umstritten - für
immer vertrieben. Auch Dutzende orthodoxe
Kirchen und Klöster
wurden schon damals niedergebrannt. All
dies vor den Augen der Nato.
Genau das schwebte den Organisatoren des
jüngsten Pogroms wieder
vor. Es sollte nun offenbar zu Ende
gebracht werden, was damals so
"erfolgreich" begonnen worden war.
Ab Donnerstag, den 18. März 2004,
überschlagen sich die
Meldungen auf allen Kanälen: Obwohl Derek
Chappell, Sprecher der
UNO-Polizei im Kosovo, schon am Mittwoch
Abend verlautbart hatte, dass
der überlebende Albanerjunge ausgesagt
habe, dass er und seine
Freunde den Fluss ganz alleine überqueren
wollten, ohne also von
jemandem getrieben worden zu sein, wird
dieser tragische Unfall in
allen Berichten als Auslöser der Unruhen
erwähnt. Reflexartig
nimmt die Öffentlichkeit wieder einmal zur
Kenntnis, dass die
Serben eben keine Ruhe geben und sie daher
erneut die Rechnung
präsentiert bekommen.
Veton Surroi, der Herausgeber der
kosovo-albanischen Tageszeitung "Koha
Ditore", bezeichnet das albanische Pogrom
als "offensichtlich
organisiert und orchestriert". "Das Ziel",
so der bekannte albanische
Intellektuelle weiter, "ist die
Verunsicherung und Vertreibung der
serbischen Bevölkerung durch Zerstörung
ihrer Häuser und
Kirchen." Auch Harri Holkeri, der oberste
UNMIK-Chef, spricht anfangs
von einem offenbar lange vorbereiteten
Plan. "Nichts im Kosovo", so
Holkeri wörtlich, "passiert spontan."
Admiral Gregory Johnson, der
Nato-Chef für Südeuropa, wird sogar noch
deutlicher, er
spricht von "organised and orchestrated
actions of the Albanians". Und
Johnson wörtlich weiter: "Es ist eine
heuchlerische Lüge, von
einem innerethnischen Konflikt zu
sprechen. Was im Kosovo passiert,
muss als Pogrom gegen ein Volk und seine
Geschichte genannt werden."
Ein
Menschenrechtspräsident verbreitet
Propagandalügen zur
Aufwiegelung
Im Laufe des Freitags kehrt langsam wieder
Ruhe ein im Kosovo. Mehrere
westliche Staaten beschließen, zusätzliche
Soldaten zu
entsenden. Man begreift, dass es ein
Fehler war, die anfänglich
44.000 KFOR-Soldaten auf zuletzt 18.000
Mann abgebaut zu haben. Der
Sonntag beginnt mit einer Überraschung:
Der serbische Sender B92
meldet die Verhaftung des Kosovo-Albaners
Halid Berani durch die
UNO-Polizei im Kosovo. Halid Berani ist
Präsident einer
Organisation mit dem wohlklingenden Namen:
"Council for protection of
human rights and freedoms in Kosovo", zu
Deutsch: "Rat zum Schutz von
Menschenrechten und Freiheit im Kosovo".
Die UNMIK beschuldigt ihn, die
Falschmeldungen über die drei ertrunkenen
Kinder verbreitet zu
haben. Umfangreiches Material sei im Haus
Beranis beschlagnahmt worden.
Der Sender B92 schließt seinen Bericht mit
der Feststellung, der
heutige Menschenrechtspräsident sei
aktives Mitglied der UCK
gewesen.
Am Sonntagabend scheint dann wieder der
Alltag im Kosovo einzukehren:
Der UNO-Missionschef Harri Holkeri erklärt
in einem Interview, der
Begriff "ethnische Säuberung" sei für die
Vorfälle der
vergangenen Woche "zu hoch gegriffen". Und
wörtlich weiter: "A
couple of Serbian Orthodox Churches have
been set on fire" - "ein paar
serbisch-orthodoxe Kirchen wurden
angezündet".
War das alles? Serben in Belgrad
protestieren gegen diese Verharmlosung
und fordern eine Richtigstellung,
widrigenfalls den Rücktritt
Holkeris. Unterdessen meldet sich Ibrahim
Rugova, der Präsident
des Kosovos, zu Wort: Die Vorfälle, so
Rugova, hätten
gezeigt, dass nur die Unabhängigkeit des
Kosovos den Frieden
bringen könne - also eine fortgesetzte
Kampfansage des
"Balkan-Gandhis".
Zweifelhafte
Rolle der
Medien
Die Botschaft der internationalen Medien
ist bald klar: Beide sind
schuld! Eine krasse Verzerrung der
Tatsachen, aber immerhin schon ein
kleiner Fortschritt, denn bislang war fast
stets nur von serbischen
Nationalisten die Rede. Dasselbe gilt für
die stereotyp
wiederholte Umbenennung des albanischen
Pogroms in
"Zusammenstöße zwischen Albanern und
Serben".
Zusammenstöße gab es ausschließlich in
Kosovska
Mitrovica. In allen anderen etwa dreißig
Städten und
Ortschaften waren die angeblichen
Zusammenstöße
regelmäßig eine Jagd albanischer
Krimineller auf einzelne
Serben. In Prizren, wo das Hauptquartier
des deutschen KFOR-Kontingents
residiert, lebten bis März 1999 insgesamt
70.000 Albaner, l30.000
30.000 Serben und zahlreiche Angehörige
von fast einem Dutzend
weiterer Nationalitäten. Nach den
Nato-Bomben mussten fast alle
Nichtalbaner aus der Stadt. Vor dem Pogrom
von 2004 standen 100.000
Albaner ganzen 63 Serben gegenüber, danach
war die Stadt
"serbenrein". - Zusammenstöße?
Nahezu jeden Tag seit dem Einmarsch der
Nato im Kosovo 1999 kam es dort
zu Gewalttaten - und das ist nicht im
Mindesten übertrieben. Es
wurde nur kaum darüber berichtet. Der
Westen steht heute hilflos
vor dem Desaster, das er selbst
anrichtete. Die Lage im Kosovo 2004
spottet jeder Beschreibung. Angehörige
nichtalbanischer
Minderheiten können ihre Häuser, bzw.
Wohnviertel nicht ohne
Begleitung bewaffneter KFOR-Soldaten
verlassen. Kinder müssen mit
KFOR-Bussen zur Schule gebracht werden.
Hausfrauen fahren ebenfalls mit
KFOR-Fahrzeugen zum Einkaufen.
Arbeitsplätze gibt es so gut wie
keine. Die tägliche Angst vor Mord- und
Brandanschlägen ist
enorm, die Lebensperspektiven sind gleich
null. Viele Nichtalbaner
bleiben nur deshalb im Kosovo, weil sie
dort wenigstens nicht
verhungern, denn UNO, OSZE und zahllose
private Hilfsorganisationen
sorgen dafür, dass es wenigstens genug zum
Essen gibt.
Ich habe ständig Kontakt mit Bekannten.
Viele befürchten,
dass das Märzpogrom der Auftakt für die
endgültige
Vertreibung aller verbliebener
Nichtalbaner aus dem Kosovo war. "Rache"
- mit diesem Zauberwort wird schon seit
Jahren um Verständnis
für die Übergriffe albanischer Extremisten
geworben, für
Massenvertreibung, für Mord, für Terror,
für
tausendfache Brandstiftung. Verantwortlich
für all diese
Verbrechen sind Extremisten, die schon
seit Mitte der neunziger Jahre
ein ethnisch reines albanisches Kosovo
herbeibomben wollten. Auch
damals hat man deren Verbrechen mit dem
Wort "Rache" schöngeredet.
Trotz all der unbestrittenen Probleme war
das Kosovo zu dieser Zeit im
Vergleich zu heute jedoch ein
multikulturelles Paradies. Leider haben
sich inzwischen die Mächte im Westen mit
Verbrechern
verbündet.
Perspektiven für das Kosovo? Man hat alle
denkbaren
Lösungsvarianten x-mal durchgespielt: eine
Teilung des Kosovos,
eine völlige Abtrennung des Kosovos von
Serbien, die
Wiederherstellung der serbischen
Souveränität, ein
Protektorat des Europarates und was sonst
noch alles. Es gibt keine
Lösung, die nicht eine Unzahl neuer
Probleme schaffen würde.
Die Hoffnung auf ein friedliches
Zusammenleben der albanischen Mehrheit
mit den anderen Völkern im Kosovo wurde
ins Reich der Phantasien
geschossen.
Kosovo:
Reisetipps
für Lebensmüde
Die jüngsten Ereignisse in und um Serbien
haben vermehrte
Aufmerksamkeit auf das Kosovo gerichtet,
auch ein Wiederaufleben von
Berichten bewirkt, die ganz im Mainstream
liegen und die Wirklichkeit
im Kosovo vollständig verzerrt darstellen.
Diese Ereignisse waren
die Aufnahme in die Partnerschaft für den
Frieden im Dezember
2006. Der Wahlsieg des "demokratischen
Blocks" im Januar 2007. Der
Ahtissaari-Plan einer "kontrollierten
Unabhängigkeit" für das
Kosovo vom März 2007. Die Wiederaufnahme
der
Assoziierungsverhandlungen im Juli 2007.
Wie die Wirklichkeit im Kosovo aussieht,
kann man beispielsweise aus
dem Umgang mit Orts- und Straßenschildern
erahnen: Ich habe im
Kosovo, außerhalb serbischer Zentren oder
Enklaven, kein einziges
entzifferbares serbisches Wort gesehen.
Mitunter ist zu lesen, dass
"nur ein lebensmüder Albaner seinen Fuß in
serbisch
dominiertes Gebiet setzen" würde. Das ist
die Renaissance des
alten Bilds der Serben als blutrünstige
Banditen. Entsprechend
erscheinen Albaner als die wehrlosen und
"traumatisierten" Opfer der
Serben.
Das glatte Gegenteil davon trifft weitaus
eher zu. Nur ein
lebensmüder Serbe wird seinen Fuß in
albanisches Gebiet
setzen. Umgekehrt ist das absolut kein
Problem, wie ich aus eigenem
Erleben weiß: Letzthin schlief ich
schlecht in meinem Hotelzimmer
im serbischen Teil von Kosovska Mitrovica
und ich ging um 4 Uhr
früh hinunter ins Lokal, um nach einem
Aspirin zu fragen. Da war
mutterseelenallein ein junges Mädchen an
der Theke; ich kam mit
ihr ins Gespräch und es stellte sich
heraus, dass sie Albanerin
war. Ich fragte sie aus. Ihr Leben hier
schien die normalste Sache der
Welt zu sein. Man zeige mir ein einziges
serbisches Mädchen, das
in einem albanischen Restaurant oder Hotel
angestellt ist, und ich
werde nie mehr ein Wort gegen den
albanischen Nationalismus verlieren.
Aber es gibt mit Sicherheit kein einziges,
jedenfalls kein lebendes.
Am 28. Juni 2007 brachte Phoenix einen
langen Bericht über das
Kosovo. Ich kenne dessen Autor, wahrlich
kein blinder Serbenfreund. Er
zeigte ein ausführliches Interview mit
einem albanischen Gastwirt
in dessen Lokal, das sich mitten im
serbischen Teil von Kosovska
Mitrovica befindet. Man sah Gäste, Albaner
wie Serben. Man zeige
mir ein einziges serbisches Gasthaus im
albanisch dominierten Kosovo,
und ich werde nie mehr ein Wort gegen den
albanischen Nationalismus
verlieren. Es gibt keines, jedenfalls
keines, das nicht
zertrümmert oder abgefackelt ist.
Wer jetzt ins Kosovo fährt, möge einmal
seinen albanischen
Begleitern sagen, dass er gern in ein
serbisches Gasthaus gehen
würde. Schon für diese Bitte braucht man
einigen Mut. Oder
man gehe zur Tankstelle und sage etwa die
serbischen Wörter
"dobro" (gut) oder "hvala" (danke). Da
knistert es sofort, der fremde
Gast zieht alle Blicke auf sich, und ich
kann ihm nur raten, dann
schnell ein paar deutsche Sätze zu sagen,
sonst könnte es
leicht "brenzlig" werden. Ich habe dies
alles selbst mehrfach probiert,
aber auch das Gegenteil erlebt: Zu Ostern
2007 war ich mit einer Gruppe
zwei Tage lang im serbischen Orahovac und
Velika Hoca. Die ganze Zeit
war ein Albaner bei uns, das war die
selbstverständlichste Sache
der Welt.
Wann
endet endlich die
internationale Geduld mit diesen
aufgehetzten Banden?
Das albanische Pogrom von 2004 gegen die
Serben kann niemand
ungeschehen machen, aber viele wollen es
verharmlosen: "Einige
Häuser" seien abgebrannt worden - es waren
knapp Tausend. Weit
über zehntausend Menschen wurden
vertrieben, selbst KFOR-Soldaten
mussten flüchten. Es gab 20 oder 30 Tote,
die offiziellen Zahlen
sind widersprüchlich. Auch KFOR-Soldaten
kamen seinerzeit ums
Leben. Über 30 Kirchen und Klöster sind
niedergebrannt
worden. Und dieser rassistische,
nationalistische Gewaltausbruch
geschah unter den Augen der
internationalen Gemeinschaft.
So etwas wird weltweit relativiert mit dem
albanischen Wunsch nach
Unabhängigkeit. Natürlich verurteilt man
das Pogrom,
erklärt es aber umgehend damit, dass eben
die albanische Geduld
langsam zu Ende gehe, was man ja doch
irgendwie verstehen müsse.
Wann endet endlich die internationale
Geduld mit diesen aufgehetzten
Banden, vor denen eine ganze Armada von
Soldaten aus 36 Ländern
jede serbische Siedlung beschützen muss?
Auch jedes einzelne
nichtalbanische Schulkind muss Tag für Tag
von der Haustüre
abgeholt werden, um es im gepanzerten
Wagen zur Schule zu bringen und
später dann wieder nach Hause. Doch davon
ist weltweit nichts zu
lesen.
Ich war zu Ostern auch in Decani, in dem
von italienischen
KFOR-Soldaten beschützten Kloster. Vier
Tage vor meinem Besuch
wurde wieder einmal eine Granate auf das
Kloster abgefeuert. Es war der
39. Granatenangriff, bezeugt von einer
ganzen Kompanie Italiener, die
mit Panzern und viel Stacheldraht das
Kloster rund um die Uhr bewacht.
Ein Kosovo, in dem solches möglich ist,
will unabhängig sein?
Ein geradezu irrsinniges Begehren!
Die Kosovo-Albaner sind kollektives Opfer
der Mord- und Hetzkampagnen
einer Gruppe von kriminellen, fanatisch
nationalistischen und
rassistischen Terroristen. Ein Albaner,
der da nicht voll mitzieht,
schwebt in permanenter Lebensgefahr. Dazu
kommt die internationale
antiserbische Stimmung, die dem
albanischen Opferwahn seit 20 oder mehr
Jahren ständig neue Nahrung verleiht.
Diese Anti-Stimmung heizt
sich immer wieder an dem geteilten
Mitrovica auf. Ich habe die Grenze
zwischen serbischem und albanischem Teil
schon oft passiert, in beiden
Richtungen, auf der Durchreise mit dem PKW
oder mal eben zu Fuß
auf einem abendlichen Spaziergang. Die
Serben da drüben sind im
Durchschnitt nicht halb so fanatische
Nationalisten und Rassisten wie
die Albaner.
Welchen
Schluss zog die
internationale Gemeinschaft aus diesem
Desaster?
Ein früherer UNMIK-Chef, der Deutsche
Michael Steiner, hat die
Formel geprägt: "Standards vor Status".
Das sollte heißen,
"jetzt schafft erst einmal ein paar jener
politischen, sozialen und
rechtlichen Standards, die man von jedem
unabhängigen Staat
erwartet, dann reden wir vom Status" des
Kosovos. Und da gab es dann
eine ganze Liste von Standards, zum
Beispiel den, dass jedermann in
einem eventuell unabhängigen Kosovo leben
können muss, ohne
Tag für Tag fürchten zu müssen, eine Kugel
in den Kopf
oder das Haus abgebrannt zu bekommen.
Oder, dass die mit Waffengewalt
vertriebenen Menschen - keineswegs nur
Serben - alle wieder
zurückkehren können. Dies und anderes hieß
"Standards
vor Status".
Das sind Dinge, die wirklich das
allermindeste darstellen, was man von
einem Staatsgebilde fordern muss. Und was
ist geschehen? Schlicht
nichts! Nicht ein einziger dieser
Standards wurde erfüllt, es gab
nicht einmal die geringste Verbesserung
der Lage. Welchen Schluss zog
die internationale Gemeinschaft aus diesem
Desaster? Man vergaß
die Standards vollständig und redet nur
noch vom Status. Kein
einziger Kommentator oder "Experte" kommt
heute mehr auf die Idee zu
fragen, was für ein kriminelles
Gemeinwesen da anerkannt werden
soll. Wenn ich nicht wüsste, dass es noch
ein paar Medien gibt,
etwa das EURASISCHE MAGAZIN, die die Dinge
ähnlich sehen wie ich,
würde ich längst an meinem Verstand
zweifeln.
Letzthin traf ich in Travnik
(Bosnien-Herzegowina) eine EU-Abgeordnete,
eine Grüne, gut aussehend, dynamisch und
eloquent. Sie wirkte
angeblich drei volle Jahre als
Bürgermeisterin von Pec im Kosovo.
Ich fragte sie, was sie denn zu den
katastrophalen Lebensbedingungen
der Leute in den Ghettos sage? Mehr als
ein "na, so schlimm ist es
nicht", habe ich aus ihr nicht
herausgebracht. Und solche Leute stehen
dann vor den Kameras und erklären, dass
die Geduld der Albaner
bald zu Ende gehe. Man verfällt offenbar
allzu leicht dem (fraglos
vorhandenen) albanischen Charme, übersieht
ganz, welch
verblendete, ja verrückte Rassisten man
vor sich hat. Dabei muss
man nur ganz wenig an der Freundlichkeit
kratzen und es kommt die
rassistische Bestie unverhüllt zum
Vorschein, die jeden Mord und
jede Vertreibung absolut gut heißt.
*
Kurt
Köpruner,
geboren 1951 im österreichischen Bregenz
am Bodensee, lebt seit
1989 in Deutschland, wo er eine
Maschinenfirma leitet und mit dieser
zahlreiche Geschäftskontakte zu den
Regionen Ex-Jugoslawiens
unterhält. Stets politisch interessiert,
hat Köpruner sich
auf dem West-Balkan umgeschaut und seine
kritische Sicht der dortigen
Zustände und Entwicklungen, dazu auch
der Rolle der
internationalen Gemeinschaft in dieser
Krisenregion 2001 in dem Buch "Reisen
ins Land der Kriege.
Erlebnisse eines Fremden in
Jugoslawien", Diederichs Verlag,
352
Seiten, gebunden, ISBN 3-7205-2413-2
ausgebreitet. Das Buch war ein
verdienter Erfolg, erlebte in
Deutschland mehrere Auflagen und wurde
ins Serbische und Japanische übersetzt.
"Es ist
offenbar
Köpruners Absicht, Misstrauen zu
stiften, wenn allzu einfache
Erklärungen für komplexe Ereignisse
geboten werden", schrieb
der frühere Berliner Senator für
Wissenschaft und Forschung
und ehemalige SPD-Bundesgeschäftsführer
Peter Glotz in einem
Vorwort für das Buch. Und er erläuterte
das
"Erfolgsgeheimnis" des Autors: Köpruner
ist kein "Balkanexperte",
er steht "mit einem durchschnittlich
informierten Leser auf der
gleichen Stufe", tritt nicht als
"Lehrmeister" auf, lässt "die
Leser an seinen wachsenden Erfahrungen
teilnehmen" - in der Form eines
"schlicht (und vorzüglich) erzählten
Erlebnisberichts".
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