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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Klaus von Raussendorff [mailto:raussendorff@...]
Gesendet: Donnerstag, 10. Mai 2001 12:47
An: Klaus von Raussendorff
Betreff: FREIHEIT FÜR SLOBODAN MILOSEVIC !


Liebe Leute,

zur Verfolgung von Präsident Slobodan Milosevic durch die "Justiz" d=
er
NATO
und zur "Rechts"entwicklung unter den Bedingungen der kapitalistisch=
en
Globalisierung dokumentiere ich:

FREIHEIT FÜR SLOBODAN MILOSEVIC!
HÄNDE WEG VON JUGOSLAWIEN!
Aufruf des Internationales Komitees für die Verteidigung von Sloboda=
n
Milosevic
(Quelle des englischen Originals:
http://emperors-clothes.com/petition/petition.htm)
- Anl. 1 -

MEMORANDUM ZUR "ANKLAGE" DES HAAGER TRIBUNALS GEGEN
PRÄSIDENT MILOSEVIC
Von Professor Hans Köchler, Präsident der International Progress
Organization
(Quelle des englischen Originals: http://i-p-o.org/yu-tribunal.htm)
- Anl. 2 -

HERRSCHAFT DER GEWALT - RECHT DER STARKEN UND REICHEN:
DAS INTERNATIONALE KRIEGSVERBRECHERTRIBUNAL FÜR
JUGOSLAWIEN - BEZAHLT VON DER US-REGIERUNG UND EINIGEN
MILLIARDÄREN.
Von Michel Collon
(erscheint voraussichtlich demnächst in "junge Welt")
-Anl. 3 -

GEKAUFTE JUSTIZ ODER VERKAUFTES RECHT?
ZUM STRASBOURGER URTEIL
von H. M. <Professor Hanfried Müller>
(Weißensseer Blätter, hrsg. im Auftrage des Weissenseer Arbeitskreis=
es
<Kirchliche Bruderschaft in Berlin-Brandenburg> Hefte zu Fragen aus
Theologie,
Kirche und Gesellschaft, 1/2002 <Jan./März>, S. 59-60)
- Anl. 4 -

IMPERIALISTISCHES STRAFRECHT ?
Von Professor Erich Buchholz
("TOPOS - Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie" , hrsg.=
von
Hans
Heinz Holz und Domenico Losurdo, Heft 16, Napoli: Editioni La Città =
del
Sole,
2000; S. 109-120 (ISBN 88-8292-107-7) Anschrift der Redaktion: Dr.
Dieter
Kraft, Rosenthaler Str. 19, D 10119 Berlin Tel.&Fax: +49 (0) 30 -
2820780;
Email: Redaktion-Topos@...)
- Anl. 5 -


Zu den Texten:

1 ) Die "Anklage" des "Tribunals" in Den Haag gegen den ehemaligen
jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic ist ein
herausragendes
Beispiel für die vielfältigen und systematischen Versuche der Herren=
der

Globalisierung, sich ihre eigene von der traditionellen bürgerlichen=

Gesetzesbindung weitgehend losgelöste "Justiz" zu schaffen. Im gleic=
hen
Sinne
maßt sich ein spanischer Richter an, Fidel Castro "anzuklagen". Ein
belgischer
Richter "ermittelt" gegen einen ehemaligen Minister des ermordeten
kongolesischen
Präsidenten Laurent Désiré Kabila. Deutsche Richter verurteilen
Ausländer
(überwiegend Serben) wegen im Ausland (im ehemaligen Jugoslawien)
begangener
Taten. Das "Tribunal" für Ruanda verfolgt tatsächliche und angeblich=
e
Tatbestände
von Völkermord und Mord ausschließlich auf Seiten der früheren Regie=
rung

Ruandas, nicht auf Seiten des ruandischen Kagame-Regimes, das seit
August 1998
zusammen mit Uganda gegen die Demokratische Republik Kongo einen
Angriffskrieg führt, der bereits über 3 Millionen (!) Menschenleben
gefordert hat,
und die systematische Plünderung der Bodenschätze des Kongo durch di=
e
Aggressoren ermöglicht, dies selbstverständlich mit Unterstützung de=
r
USA. Für
diese neue imperialistische "Rechts"entwicklung in gewissem Sinne
bahnbrechend
ist seit 1990 die massenhafte, systematische und andauernde
Strafverfolgung
ehemaliger Funktionsträger der DDR.

Willfährige Richter soll es zu allen Zeiten gegeben haben. Unter den=

Bedingungen
der kapitalistischen Globalisierung wird Willkür zur Methode. Die
verfolgten
Zwecke sind offenkundig: Kriminalisierung politischer Gegner,
Rechtfertigung
imperialistischer Angriffskriege und Kriegsverbrechen, Rekolonierung=

ehemals
unabhängiger Territorien, Manipulation breiter Bevölkerungskreise im=

Sinne einer
systematischen Mißachtung der nationalen Souveränität und des
Selbstbestimmungsrechts der Völker. Transnationale "Justiz" im Diens=
te
der
"Einsatzkräfte" der neuen Bundeswehr und anderer imperialistischer
Militärmaschinen !

Vor diesem Hintergrund ist vor kurzem im Internet der Aufruf:

"FREIHEIT FÜR SLOBODAN MILOSEVIC ! HÄNDE WEG VON
JUGOSLAWIEN ! "
(http://emperors-clothes.com/petition/petition.htm)

erschienen, dessen deutsche Fassung hier dokumentiert wird.
(Anl. 1)
____________________________________________________________________=
____

Dieser Aufruf wird vom "Internationalen Komitee für die Verteidigung=
von

Slobodan Milosevic" verbreitet.

Vorsitzender des Komitees ist Prof. Velko Velkanov, Abgeordneter des=

bulgarischen Parlaments und Vorsitzender der Antifaschistischen Unio=
n
Bulgariens,
Vizevorsitzende sind Prof. Michail N. Kusnezov, Russland, und Jared
Israel, USA.
Deutsche Gründungsmitglieder des Komitees sind: Klaus Hartmann
(Offenbach a.
M.) , Präsident der Weltunion der Freidenker, Ralph Hartmann (Berlin=
),
ehemaliger DDR-Botschafter in Jugoslawien, Lorenz Knorr (Frankfurt a=
.
M.),
Publizist, VVN/Bund der Antifaschisten, und Klaus von Raussendorf
(Bonn),
Antiimperialistische Korrespondenz.

Die deutschen Komiteemitglieder bitten alle, die mit dem Inhalt des
Aufrufs
einverstanden sind, um Ihre Unterschrift. Mit dieser Unterschrift is=
t
nicht
automatisch eine Mitgliedschaft im Komitee verbunden. Einzelpersonen=
,
Gruppen
und Organisationen werden gebeten, diesen Aufruf zu verbreiten, zu
drucken oder
auf eigenen Websites zu veröffentlichen.

Zu den ersten Unterzeichnern des Appells gehört der international
bekannte
Dramatiker Harold Pinter.

Wer den Aufruf unterzeichnen oder selbst Mitglied des Komitees werde=
n
möchte,
sendet bitte eine e-mail an: Klaus Hartmann
<klaus.hartmann@...>
____________________________________________________________________=
__

2 ) Die Einrichtung des Haager "Tribunals", die aufgrund einer von d=
en
USA
erpreßten Entschließung des UNO-Sicherheitsrats im Jahre 1994 erfolg=
te,
ist ein
offener Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und mißachte=
t
elementare
Prinzipien des Rechts. Das "Tribunal" hat im geltenden Völkerrecht k=
eine

Grundlage. Seine Äußerungen sind im juristischen Sinne ungültig. Die=

Funktionäre
des Tribunals agieren wie Quasi-Politiker. Die Schaffung des Haager
"Tribunals"
ist als aggressiver Akt zu werten. Sie stellt in der Anklageschrift
gegen die
NATO-Führer, die der ehemalige US-Justizminister Ramsey dem unabhäng=
igen

Internationalen Tribunal in New York vorlegte, einen gesonderten
Anklagepunkt
dar. Ramsey Clark führt darin aus: "Durch das gezielte Vorgehen mit
Ad-Hoc-Tribunalen und der Anklage wegen Völkermord gegen einzelne
Gegner,
erreichen sie (die USA) deren internationale Isolierung, üben auf de=
ren
eigene
Länder Druck aus, sie von der Macht zu entfernen, korrumpieren und
politisieren
die Justiz und benutzen den Anschein des neutralen internationalen
Rechts, um
Gegner als Kriegsverbrecher zu verurteilen und zu bestrafen und selb=
st
als
Vorkämpfer des Rechts dazustehen."
Zu einem gleichen Ergebnis kommt das hier dokumentierte Memorandum v=
on
Prof.
Dr. Hans Köchler, dem Präsidenten der International Progress
Organisation.
(Anl. 2)

3 ) Die Praktiken des Haager "Tribunals" sind ein Hohn auf alle
zivilisierten
Verfahrensregeln des Strafprozesses. Die direkte Abhängigkeit des
"Tribunals" von
seinen kapitalistischen Geldgebern ist offenkundig. Der Autor des hi=
er
dokumentierten Artikels, der belgische Journalist Michel Collon, ist=

Verfasser
mehrere Bücher über Medienmanipulation und die NATO-Balkanpolitik.
(Anl. 3)

4 ) Der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat am 22. März =
2001
in
zwei Urteilen entschieden, die völkerrechtswidrige Praxis der
bundesdeutschen
Gerichte gegen DDR-Politiker zu sanktionieren. Sinn des Urteils ist,=
wie
der
Parteivorstand der DKP in einer Erklärung feststellt, nicht Recht zu=

sprechen,
sondern den Sozialismus "als gesellschaftliche Alternative zum
Kapitalismus und
als anzustrebendes Ziel" zu kriminalisieren. Das Urteil soll
signalisieren, "daß es
jenseits des Kapitalismus keine Alternative geben darf." Der
Richterspruch ist, wie
der Theologe Prof. Hanfried Müller in dem hier dokumentierten Kommen=
tar
feststellt, nicht nur antikommunistisch, sondern überdies
deutschnational. "Das
Urteil ist im Geiste nicht nur des ganz allgemeinen europäischen,
sondern des
höchst spezifischen deutschen Imperialismus verfaßt, der, nachdem di=
e
grobschlächtige faschistische Methode der 'Neuordnung Europas' nicht=
zum
Ziele
geführt hat, nun flexibler unter Etikettenschwindel einfach 'europäi=
sch'
nennt, was
germanodominant gemeint ist. " " 'Europa' hätte sich den Luxus leist=
en
können, nach
dem Untergang sozialistischer Macht auf dem Kontinent dem geltenden
Völkerrecht
vor deutschnationalistischen Rechtskonstruktionen den Vorrang zu geb=
en."
Daß der
Straßburger Gerichtshof dazu den Mut nicht aufbrachte, zeigt dass di=
e
großdeutsche
europäische Ordnung bereits soweit realisiert ist, "daß das gekaufte=

Europa die
Durchsetzung großdeutscher Interessen als Recht ausgibt. - Armes
Europa!"
(Anl. 4)

5 ) Die "Entwicklung" des internationalen Strafrechts unter der
Herrschaft der
Transnationalen Konzerne fußt, so scheint es, auf einer entsprechend=
en
reaktionären
Anpassung des innerstaatlichen bürgerlichen Strafrechts and die
Bedingungen des
Imperialismus als höchstem Stadium des Kapitalismus. Der hier
dokumentierte
Artikel des aus der DDR stammenden Berliner Strafrechtlers Prof. Eri=
ch
Buchholz
zeigt, wie das deutsche Strafrecht als "Strafrecht des Imperialismus=
"
seit Anfang
des 20. Jahrhunderts nicht nur eine Fortsetzung des sogenannten
klassischen
Strafrechts ist sondern auch dessen Negation. Kennzeichnend für das
klassische
Strafrecht sind das Prinzip der Legalität (Keine Strafe ohne Gesetz)=
,
das Prinzip
der Bestrafung allein von kriminellen Handlungen und nicht mit Blick=
auf
die
Persönlichkeit des Täters und seine Gesinnungen sowie das Prinzip de=
r
Verhältnismäßigkeit von strafbarer Handlung und zu verhängender Stra=
fe.
Das
Strafrecht des Imperialismus entfernt sich von diesen Prinzipien und=

negiert
dadurch in gewisser Weise das klassische Strafrecht. Selbstverständl=
ich
wird dies
nicht offen zugegeben. Vielmehr geht diese Distanzierung auf geheime=
und

verborgene Weise vor sich, nahezu unsichtbar und auf verschiedenen
Wegen, zum
Beispiel durch die Aufwertung der Rolle des Richters gegenüber dem
geschriebenen Recht, durch juristische Lehrmeinungen, die dem Richte=
r
eine
subjektivere Rechtsfindung erlauben oder durch Abstellen auf Person =
und
Geistesverfassung des Täters bei der Bestimmung der Strafe.
(Anl. 5)


Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff

---------------------------------------------------------
Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIK)
Redaktion: Klaus von Raussendorff
Postfach 210172, 53156 Bonn
Tel.&Fax: 0228 – 34.68.50
Email: raussendorff@...

Anti-Imperialistische Online-Korrespondenz
Webmaster: Dieter Vogel
http://home.t-online.de/home/aik-web/
Email: aik-web@...

Wer die AIK nicht empfangen möchte,
schicke bitte eine Mail mit dem Betreff
"unsubscribe" an raussendorff@...

********************************************************************=
******

Anlage 1

I n t e r n a t i o n a l e s K o m i t e e
f ü r d i e V e r t e i d i g u n g v o n S l o b o d a n M i
l o s e v i c

FREIHEIT FÜR SLOBODAN MILOSEVIC!
HÄNDE WEG VON JUGOSLAWIEN!

Wir, die Unterzeichner, fordern von den serbischen Behörden die
sofortige
Haftentlassung von Slobodan Milosevic und allen anderen serbischen
Patrioten.

Die Verhaftung von Slobodan Milosevic stellt einen Versuch der
NATO-Führer
dar, dem serbischen Volk die Schuld für jene Verbrechen zuzuweisen, =
die
die
NATO gegen Jugoslawien begangen hat.

Wir fordern eine sofortige ordnungsgemäße medizische Behandlung der
Herzerkrankung von Slobodan Milosevic, die erst nach seiner Inhaftie=
rung
auftrat,
durch Ärzte und in einer Klinik seiner Wahl.

Wir fordern, dass weder Slobodan Milosevic noch irgend ein anderer
jugoslawischer Bürger an das Den Haager Tribunal ausgeliefert wird.

Wir fordern ein Ende der willkürlichen Kidnappings, Verhaftungen,
Schikanen und
Verfolgungen jugoslawischer Politiker, Soldaten und einfacher Bürger=
,
deren
einziges „Verbrechen„ darin besteht, gegen die NATO-Aggression
Widerstand
geleistet und damit der Welt ein Beispiel gegeben zu haben!

Unverzügliche Freilassung von Slobodan Milosevic !

Sofortige Einstellung der Verfolgung von Slobodan Milosevic und alle=
r
jugoslawischen Patrioten und Soldaten !

Inhaftierung der wirklichen Kriegsverbrecher, d.h. der NATO-Führer, =
die
Verbrechen gegen die Menschheit und gegen die Souveränität Jugoslawi=
ens
begangen haben und weiterhin begehen !

____________________________________________________________________=
____

Der Aufruf wird verbreitet vom "Internationalen Komitee für die
Verteidigung von
Slobodan Milosevic".

Vorsitzender des Komitees ist Prof. Velko Velkanov, Abgeordneter des=

bulgarischen Parlaments und Vorsitzender der Antifaschistischen Unio=
n
Bulgariens,
Vizevorsitzende sind Prof. Michail N. Kusnezov, Russland, und Jared
Israel, USA.
Deutsche Gründungsmitglieder des Komitees sind
Klaus Hartmann (Offenbach a. M.) , Präsident der Weltunion der
Freidenker,
Ralph Hartmann (Berlin), ehemaliger DDR-Botschafter in Jugoslawien,
Lorenz Knorr (Frankfurt a. M.), Publizist, VVN/Bund der Antifaschist=
en,
und
Klaus von Raussendorf (Bonn), Antiimperialistische Korrespondenz.

Die deutschen Komiteemitglieder bitten alle, die mit dem Inhalt des
Aufrufs
einverstanden sind, um Ihre Unterschrift. Mit dieser Unterschrift is=
t
nicht
automatisch eine Mitgliedschaft im Komitee verbunden. Einzelpersonen=
,
Gruppen
und Organisationen werden gebeten, diesen Aufruf zu verbreiten, zu
drucken oder
auf eigenen Websites zu veröffentlichen.

Zu den ersten Unterzeichnern des Appells gehört der international
bekannte
Dramatiker Harold Pinter.

Wer den Aufruf unterzeichnen oder selbst Mitglied des Komitees werde=
n
möchte,
sendet bitte eine e-mail an: Klaus Hartmann
<klaus.hartmann@...>

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Anlage 2

Quelle des englischen Originals: http://i-p-o.org/yu-tribunal.htm

International Progress Organization
MEMORANDUM

über die Anklage des Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien, des=

Präsidenten der Republik Serbien und anderer Amtsträger Jugoslawiens=

durch das
"Internationale Tribunal für die Strafverfolgung von Personen, die f=
ür
schwere seit
1991 auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien begangene Verletzunge=
n
des
humanitären Völkerrechts verantwortlich sind"

Die International Progress Organization verweist auf ihre Stellungna=
hmen
vom 7.
April und 23. April 1999 zu den schweren Verstößen gegen die Charta =
der
Vereinten Nationen und die Regeln des humanitären Völkerrechts durch=
den

unerklärten Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Zu der heuti=
gen
"Anklage" des "Internationalen Straftribunals" legt die Internationa=
l
Progress
Organization hiermit folgende rechtliche Stellungnahme vor:

1. Die "Anklage", die von der "Chefanklägerin" des sogenannten
"Internationalen
Straftribunals" erhoben wurde, ist rechtlich ungültig, weil das
"Tribunal" keine
Gerichtsbarkeit über den vorliegenden Fall oder irgendeinen anderen =
Fall
innehat.

2. Das "Tribunal" leitet die Begründung seiner Existenz ausschließli=
ch
aus der
Resolution 827 des Sicherheitsrats her, die dieser in seiner 3217.
Sitzung am 25.
Mai 1993 angenommen hat. In dieser Resolution, die das "Internationa=
le
Straftribunal" einrichtet, erklärt der Sicherheitsrat, daß er "aufgr=
und
von Kapitel
VII der Charta der Vereinten Nationen" handelt.

3. Mit der Annahme der vorgenannten Resolution handelte der
Sicherheitsrat in
Überschreitung seiner satzungsgemäßen Befugnisse. Nach den Bestimmun=
gen
der
VN-Charta hat der Rat keinerlei Zuständigkeit in Angelegenheiten der=

Rechtsprechung. Die Vorschriften von Kapitel VII bestimmen die
Befugnisse des
Rates in Angelegenheiten der internationalen Sicherheit jedoch nicht=
in
Angelegenheiten der Strafjustiz oder anderen Angelegenheiten der
Rechtsprechung.
Die alleinige Autorität in Angelegenheiten der internationalen
Rechtsprechung liegt
beim Internationalen Gerichtshof.

4. Die "Feststellung" in der Präambel von Sicherheitsratsresolution =
827,
Paragraph
vier, dass die "verbreiteten und offenkundigen Verletzungen des
humanitären
Völkerrechts" auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien "eine Bedroh=
ung
des
internationalen Friedens und der Sicherheit darstellen", bietet kein=
e
tragfähige
rechtliche Grundlage dafür, dass der Sicherheitsrat als eine
quasi-rechtsprechende
Behörde handelt oder einen internationalen Gerichtshof mit Zuständig=
keit
für
diesen oder irgendeinen anderen Fall schafft.

5. Es ist bedauerlich, daß der Sicherheitsrat, der unfähig ist, den
unerklärten Krieg
zu stoppen, den die NATO-Länder in Verletzung des internationalen Re=
chts
gegen
Jugoslawien führen, und der aufgrund des Vetorechts der Mächte, die =
den
gegenwärtigen Krieg führen, daran gehindert ist, den internationalen=

Frieden und
die Sicherheit in Jugoslawien wiederherzustellen, jetzt als Institut=
ion
dazu benutzt
wird, sogenannte "rechtsprechende" Maßnahmen gegen das legitime
Staatsoberhaupt und andere hohe Amtsträger des angegriffenen Landes =
zu
ergreifen.

6. Unter den gegenwärtigen Umständen kann das Vorgehen der
"Chefanklägerin"
des sogenannten "Tribunals", Frau Louise Arbour, nur als seinem
Charakter nach
politisch bewertet werden. Diese Auffassung wird durch die heutige
Erklärung des
Präsidenten der Vereinigten Staaten bestätigt, dass die "Anklage" du=
rch
das
"Tribunal" als eine Billigung der Kampagne der NATO gesehen werden k=
ann.

7. Die rein politische Natur dieser "Anklage" und das Fehlen jeglich=
er
rechtlichen
Gültigkeit dieser Entscheidung kann ferner aus der Tatsache ersehen
werden, daß
die "Präsidentin" des sogenannten "Tribunals", Frau Gabrielle Kirk M=
c
Donald
(Vereinigte Staaten von Amerika), die "Chefanklägerin", Frau Louise
Arbour
(Kanada), und der untersuchende "Richter" in dem vorliegenden Fall, =
Herr
David
Anthony Hunt (Australien), Staatsbürger entweder eines für diesen
unerklärten
Krieg gegen Jugoslawien direkt verantwortlichen NATO-Mitgliedslandes=

oder
eines den NATO-Krieg voll unterstützenden Landes sind. Hätte das
"Tribunal"
allgemeingültige rechtliche Maßstäbe der Unparteilichkeit ernst
genommen, wäre
es nicht umhingekommen festzustellen, daß für "Richter" aus Ländern,=
die
einen
unerklärten Krieg gegen Jugoslawien führen, ein Interessenkonflikt
vorliegt, wenn
sie einem Spruchkörper angehören, der "rechtsprechende" Maßnahmen ge=
gen
das
Staatsoberhaupt des angegriffenen Landes einleitet.

8. Die politische Natur der "Anklage" geht ferner ganz offensichtlic=
h
aus der
heutigen Presseerklärung der "Chefanklägerin" hervor, in der sie die=

Auffassung
vertritt, dass das "angeklagte" Staatsoberhaupt nicht als Partner be=
i
allfälligen
Verhandlungen über eine friedliche Regelung des Konflikts in Betrach=
t
kommen
könne. Eine solche Erklärung spricht jeglichen rechtlichen Maßstäben=

Hohn, die
das sogenannten "Tribunal" selbst zu beachten vorgibt. Mit ihrer
Erklärung hat die
"Chefanklägerin" versucht, wie eine quasi-Politikerin zu agieren und=
die

politischen Ereignisse im Interesse derjenigen NATO-Länder zu
beeinflussen, die
gegenwärtig gegen Jugoslawien Krieg führen.

9.Wenn eine selbsternannte Gruppe von Staaten in Verletzung der Char=
ta
der
Vereinten Nationen behauptet, im Namen des internationalen Friedens =
und
der
Menschenrechte zu handeln, einen Krieg mit allen Mitteln gegen einen=

souveränen
Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen führt und ungestraft vorsätzli=
ch
die zivile
Infrastruktur dieses Landes zerstört, dann kann das derzeitige
Unterfangen von
Funktionsträgern des sogenannten "Tribunals", die legitimen Führer d=
es
angegriffenen Landes zu Straftätern zu erklären, nur als ein Akt
angesehen werden,
der die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft behindert, den
Konflikt in
Jugoslawien mit friedlichen Mitteln zu lösen. Dieses Vorgehen unterg=
räbt
alle
Anstrengungen, den Konflikt im Rahmen der Vereinten Nationen zu löse=
n,
und
verlängert nur die Leiden des Volkes von Jugoslawien, einschließlich=
der

Kosovo-Albaner.

10. Es wäre allerdings angebracht, dass das sogenannte "Tribunal" -
falls es denn
seine Glaubwürdigkeit ungeachtet seiner oben dargelegten juristische=
n
Unzuständigkeit wenigstens in Bezug auf moralische Maßstäbe unter Be=
weis
zu
stellen wünscht, seine Aufmerksamkeit auf die Praktiken richtet, die=
von
der
NATO-Koalition in ihrem unerklärten Krieg gegen das Volk von Jugosla=
wien

(einschließlich der Provinz Kosovo) angewandt werden. Die Bestimmung=
en
von
Artikel 3 des sogenannten "Tribunals" bezeichnen unter anderem die
folgenden
Praktiken als "Verletzungen des Kriegs- oder Kiegsgewohnheitsrechts"=
:
(a)
Verwendung von giftigen Waffen oder anderen Waffen, die geeignet sin=
d,
unnötiges
Leiden zu verursachen;" (c) "Angriff oder Bombardierung, gleich mit
welchen
Mitteln, gegen unverteidigte Städten, Dörfer, Wohnungen oder Gebäude=
;"
etc. Der
Einsatz von Urangeschossen und Kassettenbomben durch die NATO, die
Angriffe
der NATO auf Dörfer, zivile Busse etc. fallen eindeutig unter die
Definition von
"Verletzungen des Kriegs- oder Kiegsgewohnheitsrechts", wie sie im
Statut eben
dieses "Tribunals" formuliert sind, nicht zu reden von den zahlreich=
en
schweren
Verstößen gegen die Genfer Konventionen von 1949, die von der
NATO-Allianz
begangen wurden, und für welche das "Tribunal" ebenfalls behauptet, =
nach
Artikel
2 seines Statuts zuständig zu sein. Solange das "Tribunal" nicht geg=
en
jene Politiker
und Militärs der NATO vorgeht, die für diese schweren Verstöße gegen=

humanitäres Völkerrecht verantwortlich sind, kann das "Tribunal" nur=
als
eine
weitere verfehlte Übung in politischer Ausnutzung gerichtlicher
Verfahren im
Rahmen einer "Politik des Messens mit zweierlei Maß" angesehen werde=
n,
die der
Wesensgehalt der Machtpolitik in der "Neuen Weltordnung" der NATO zu=

sein
scheint.

11. Durch diesen neuen Einsatz rechtsprechender Verfahren zu Zwecken=
der

Machtpolitik wird ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Die
Gewaltentrennung, eine der Grundvoraussetzungen für die Herrschaft d=
es
Rechts,
wird völlig außer Acht gelassen, wenn ein rein politisches Organ der=

Vereinten
Nationen, der Sicherheitsrat, sich widerrechtlich rechtsprechende
Befugnisse
aneignet, indem er ein "Internationales Straftribunal" schafft, und =
wenn
die
Funktionsträger dieses "Tribunals" wie quasi-Politiker agieren und d=
amit
effektiv
eine politische Lösung eines internationalen bewaffneten Konflikts
behindern. Die
alleinige Zuständigkeit für Gegenstände der Rechtsprechung in
internationalen
Angelegenheiten liegt beim Internationalen Gerichtshof. Diese
Institution allein
entscheidet über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Aggressio=
n
eines
Staates oder einer Koalition von Staaten gegen einen anderen Staat s=
owie
über
Streitfragen auf dem Gebiet des humanitären Völkerrechts.

12. Wegen der bedauerlichen Lähmung des Sicherheitsrates sollten die=
in
der
Generalversammlung vertretenen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nation=
en
auf der
Grundlage der "Uniting for Peace Resolution" (res. 377 A [V] der
Generalversammlung) unverzüglich tätig werden, um eine weitere
gefährliche
Zuspitzung der Lage in Jugoslawien zu verhindern. Wenn auf der ander=
en
Seite
unwirksame rechtliche Verfahren angewandt werden, um eine gerechte
politische
Lösung zu verhindern, und wenn die anhaltenden massiven Bombardierun=
gen
Jugoslawiens eine ökologische Katastrophe verursachen, die weite Geb=
iete

unbewohnbar machen, ist unverzügliches Handeln der internationalen
Gemeinschaft
geboten. Falls dieser neuen Form selbstgerechter Machtpolitik nicht
Einhalt
geboten wird, könnten künftig ähnliche Aktionen gegen andere souverä=
ne
Staaten
und ihre Führung unternommen werden. Damit wird die "Herrschaft der
Gewalt" an
die Stelle dessen treten, was in den internationalen Beziehungen noc=
h an

"Herrschaft des Rechts" übrig geblieben ist. Internationale Anarchie=

wird das
unausweichliche Ergebnis sein. Alle politischen Führer und Menschen
guten
Willens sollten sich vereinen gegen diese ernsteste Bedrohung der
internationalen
Ordnung seit dem Ende des Kalten Krieges.

Caracas, den 27. Mai 1999

Dr. Hans Köchler, Präsident

(Übersetzt aus dem englischen Original von Klaus von Raussendorff)

Anmerkung: Hans Köchler ist seit 1982 Professor für anthropologische=
,
politische
und Rechtsphilososphie in der Rechtsfakultät der Universität Innsbru=
ck
(Österreich). Aus ethischer und rechtlicher Sicht äußerte er sich zu=

vielen
politischen Fragen, darunter zu den Sanktionen gegen den Irak sowie =
zum
Lockerbie-Verfahren, das er als einer der fünf UNO-Beobachter verfol=
gte.
Er ist
Begründer der International Progress Organization in Wien, die
internationalen
Austausch und eine offene, kritische Haltung zu ideologischen und
politischen
Systemen fördert.


********************************************************************=
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Anlage 3

HERRSCHAFT DER GEWALT
RECHT DER STARKEN UND REICHEN: DAS INTERNATIONALE
KRIEGSVERBRECHERTRIBUNAL FÜR JUGOSLAWIEN - BEZAHLT VON
DER US-REGIERUNG UND EINIGEN MILLIARDÄREN.

Von Michel Collon

Das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Jugoslawien mit
Sitz in
Den Haag
hat bereits während des NATO-Krieges vor zwei Jahren Slobodan
Milosevic,
den
damaligen Präsidenten Jugoslawiens, wegen Kriegsverbrechen und
Verbrechen
gegen die Menschlichkeit angeklagt. Gleichzeitig lehnt es das
Tribunal
ab,
Kriegsverbrechen der NATO und albanischer Terroristen zu
untersuchen.
Bereits
die Einrichtung des Tribunals durch den Sicherheitsrat der
Vereinten
Nationen war
äußerst umstritten. Aber vor allem seine Arbeitsweise verletzt
Grundprinzipien des
internationalen Rechts.

Nach Artikel 16 Statut des Tribunals arbeitet der Ankläger
unabhängig.
Insbesondere darf er keine Weisungen einer Regierung
entgegennehmen.
Artikel 32
besagt, daß die Vereinten Nationen für die Kosten des Tribunals
aufkommen
müssen. Diese beiden Prinzipien - Unabhängigkeit der Anklage
und
unabhängige
Finanzierung - werden jedoch systematisch mißachtet.

Gabriella Kirk McDonald, die Präsidentin des Tribunals selbst,
sagte vor
dem
US-Supreme Court: "Wir profitieren von der starken
Unterstützung durch
die
beteiligten Regierungen und uns zugeneigter Einzelpersonen wie
Ministerin
Albright. Als ständige Vertreterin bei den Vereinten Nationen
war sie
fest
entschlossen, das Tribunal einzurichten. Wenn wir von ihr
sprechen,
nennen wir sie
oft die ‚Mutter des Tribunals'" Eine bezaubernde Mutter! Erst
kürzlich
im
US-Fernsehen auf das Embargo gegen den Irak angesprochen,
erklärte die
mehrjährige Außenministerin der USA, der Tod einer halben
Million
irakischer
Kinder sei "gerechtfertigt".

Als die Chefanklägerin des Tribunals, Louise Arbour, Anklage
gegen
Slobodan
Milosevic erhob, informierte sie erst den damaligen
US-amerikanischen
Präsidenten William Clinton. Zwei Tage später dann den Rest der
Welt.
Wie ihre
Nachfolgerin Carla Del Ponte traf sie sich mehrfach öffentlich
mit
US-amerikanischen und NATO-Offiziellen. 1996 traf sie den
NATO-Generalsekretär und den Oberkommandierenden der NATO für
Europa um
die Modalitäten der Zusammenarbeit zu diskutieren. Anschließend
wurde
ein
entsprechendes Memorandum unterzeichnet.

Wes Brot ich ess' ...

1994 und 1995 erhielt das Kriegsverbrechertribunal von der
US-Regierung
700000
US-Dollar (1,5 Millionen DM) in bar und Computer im Wert von
fünf
Millionen
DM. Von der Rockefeller Foundation erhielt es 50000 US-Dollar
(110000
DM)
und vom Börsenspekulanten George Soros 150000 US-Dollar (330000
DM). Zur

selben Zeit finanzierte Soros die wichtigste
Separatistenzeitung im
Kosovo.
Weitere Spender sind der Mediengigant Time Warner, was
vielleicht
erklärt,
warum die dunklen Seiten des Tribunals von den Medien
verschwiegen
werden,
und das von Ronald Reagen gegründete "Institute for Peace".

Viele Juristen des Tribunals kommen von der "Coalition for
International
Justice".
Diese "Koalition für internationale Gerechtigkeit" wurde
ebenfalls von
George
Soros gegründet und wird von ihm finanziert. Im Mai letzten
Jahres
bedankte sich
die Präsidentin dieser Organisation bei der US-Regierung für
"die
großzügige
Spende von 500000 US-Dollar" (1,1 Millionen DM). In einer Rede,
die sie
am 12.
Mai 2000 vor dem US-amerikanischen Rat für internationale
Beziehungen in
New
York hielt, sagte sie: "Der moralische Auftrag, die Gewalt in
der Region
zu
beenden, wird von allen geteilt, inklusive der
Privatwirtschaft. Ich
freue mich
daher, daß ein führendes Unternehmen uns kürzlich Computer im
Wert von
drei
Millionen Dollar (6,6 Millionen DM) gespendet hat."

.... des Lied ich sing'

Bei diesen Sponsoren ist es leicht verständlich, daß das
Kriegsverbrechertribunal
nur Feinde der USA verfolgt. Die von kroatischen und
muslimischen
Nationalistenführern zwischen 1991 und 1995 begangenen
Verbrechen werden

hingegen nicht verfolgt. Ebenso wenig werden die Führer der UCK
oder der
NATO
angeklagt. Letztere sind immerhin verantwortlich für einen
illegalen
Angriffskrieg,
die gezielte Zerstörung der jugoslawischen zivilen
Infrastruktur und die

Verwendung von verbotenen Waffen wie Clusterbomben und
DU-Geschosse. Und

genau hier liegen auch die wahren Gründe für die Jagd auf
Milosevic:
Erstens
handelt es sich um den Versuch, das ganze serbische Volk zu
beschuldigen
und
dabei die Tatsache zu verbergen, daß die USA und Deutschland
die Kriege
in
Jugoslawien provozierten und verlängert haben. Zweitens sollen
Staatschefs, die
sich der kapitalistischen Globalisierung widersetzen,
eingeschüchtert
und drittens
soll der kriminelle Krieg der NATO reingewaschen werden,
nachdem der
Vorwand des Krieges und die Medienlügen immer weniger geglaubt
sind.

Das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Jugoslawien
wurde 1993
auf
Drängen von Madeleine Albright durch den von den USA
dominierten
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingerichtet. Der
damalige
Generalsekretär
der Vereinten Nationen stellte in seinem Report fest, daß der
normale
Weg zur
Einrichtung eines solchen internationalen Strafgerichts "ein
internationaler Vertrag"
gewesen wäre, "ausgearbeitet und anerkannt durch die
Mitgliedsstaaten,
denen
volle Souveränität zugestanden wird". (Report Nr. X S/25704,
Abschnitt
18) Aber
die USA setzten sich mit ihrer willkürlichen Interpretation von
Kapitel
VII der
Charta der Vereinten Nationen durch, das dem Sicherheitsrat
erlaubt,
"zur
Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen
Sicherheit
erforderliche Maßnahmen durchzuführen". Ist die Einrichtung
eines
Strafgerichts
eine solche Maßnahme im Sinne der Charta der Vereinten
Nationen? Wohl
kaum.
Schon die Einrichtung des Kriegsverbrechertribunals verletzte
somit
internationales Recht.

Ohne Präzedenzfall in der Geschichte des internationalen
Rechts, wurde
das
Tribunal beauftragt, sein eigenes Statut selbst festzulegen.
Dieses
Statut wurde im
Folgenden mehrfach verändert, was keine Schwierigkeit
darstellt: Die
Präsidentin
kann Veränderungen selbständig vornehmen, sie muß sie sich
lediglich per
Fax von
den anderen Richtern bestätigen lassen. Die Normen des
Tribunals wirken
außerdem rückwirkend und können so den Ereignissen nachträglich
angepaßt

werden. Auch die Anklage kann, im Gegensatz zur Verteidigung,
einige
Regelungen
verändern. Besonders problematisch ist, daß nicht die Richter,
sondern
die
Anklage die Untersuchung leitet, es also keinen investigativen
Richter
gibt.
Außerdem kann das Gericht Verteidigungsanwälte ablehnen oder
ihre Arbeit

unterbrechen, wenn sie sich seiner Meinung nach "aggressiv"
verhalten.

Die Anklage kann mit Zustimmung der Richter der Verteidigung
den Zugang
zu
bestimmten Büchern, Dokumenten, Fotos und anderen
Beweisgegenständen
verweigern. Außerdem kann die Quelle von Aussagen und
Informationen der
Verteidigung gegenüber geheim gehalten werden. Dies hat zur
Folge, daß
das
Tribunal Geheimdienstberichte verwenden kann, auch wenn diese
Informationen
illegal, zum Beispiel durch Telefonüberwachung, Korruption oder
Diebstahl,
erlangt wurden. Eine Nachprüfung oder Gegenuntersuchung seitens
der
Verteidigung wird damit unmöglich gemacht. Auch Repräsentanten
andere
Staaten,
die an dem Konflikt beteiligt waren, können vertrauliche
Informationen
eingeben,
ohne sich selbst einer Befragung unterziehen zu müssen.
Außerdem kann
eine
Anklage "im Interesse der Gerechtigkeit" geheim gehalten
werden, so das
der
Beschuldigte nicht weiß, wogegen er sich verteidigen muß.
Verdächtige
(also noch
nicht Beschuldigte) können 90 Tage ohne Anklage eingesperrt
werden -
Zeit genug
um ein Geständnis zu erzwingen. Geständnisse wiederum haben
auch dann
Bestand,
wenn der Beschuldigte das Gegenteil beweisen kann.

Fazit: Kein nationales Gericht, in den USA oder sonst wo auf
der Welt
arbeitet so
eklatant ungesetzlich und willkürlich wie das
Jugoslawientribunal. Aber
wenn es
gegen die Feinde der USA geht, zählen juristische Prinzipien
nicht mehr.
Für die
Herren der Welt gehört das Recht den Stärksten und Reichsten.
(Übersetzung aus dem Englischen: Oliver Wagner)

Anmerkung:
Der hier leicht gekürzte Artikel von Michel Collon erschien
zuerst in
der
Wochenzeitung der Partei der Arbeit Belgiens "Solidaire" Nr. 15
vom
11.04.2001.



**********************************************************************
***

Anlage 4

Aus: Weißensseer Blätter, hrsg. im Auftrage des Weissenseer
Arbeitskreises
(Kirchliche Bruderschaft in Berlin-Brandenburg) Hefte zu Fragen
aus
Theologie,
Kirche und Gesellschaft, 1/2002 (Jan./März), S. 59-60


GEKAUFTE JUSTIZ ODER VERKAUFTES RECHT?
ZUM STRASBOURGER URTEIL

Am 22. 3. 2001 gab der Kanzler des "Europäischen Gerichtshofes
für
Menschenrechte" ein Pressekommuniqué heraus. Darin teilte er
mit:

"Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte hat
am
22. März 2001 in zwei Urteilen entschieden, daß Deutschland
durch die
Verurteilung von hohen DDR-Funktionären bzw. eines
DDR-Grenzsoldaten
wegen
Tötungsdelikten an der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten
Artikel
7 Abs. 1
der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht verletzt hat."

Erst die noch ausstehende Publikation dieser Urteile mit ihrer
Begründung im
Wortlaut wäre die Voraussetzung dafür, es fachjuristisch zu
werten. Der
publizierte
Tenor allerdings läßt bereits jeden juristischen Laien
eindeutig
erkennen, daß sich
der hohe Gerichtshof insbesondere darum bemüht hat, die
Bundesrepublik
Deutschland nicht zu verletzen, und so dürfte das Urteil
weniger
hinsichtlich
rechtlicher Fragen als vielmehr hinsichtlich der Machtfrage
aussagekräftig sein:
Gilt für die BRD europäisches Recht oder gilt für Europa
deutsch-imperialistisches Recht?

Unter der treffenden Überschrift "Der Europäische Gerichtshof
hat sich
der Macht
gebeugt" erklärte der Parteivorstand der DKP: "Mit der
Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs, die völkerrechtswidrige Praxis der
bundesdeutschen
Gerichte gegen die DDR-Politiker zu sanktionieren, wurde einmal
mehr der

Beweis erbracht, daß ökonomische und politische Macht
Justizentscheidungen
beinflussen." Nicht Recht zu sprechen, sondern den Sozialismus
"als
gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus und als
anzustrebendes
Ziel" zu
kriminalisieren, sei Sinn des Urteils: "Die Verurteilung des
Sozialismus, jetzt auch
durch den Europäischen Gerichtshof, soll offensichtlich
signalisieren,
daß es
jenseits des Kapitalismus keine Alternative geben darf" -
erklärt die
DKP und
betont: "Die Bundesrepublik Deutschland ist die ökonomisch
stärkste
Macht in der
EU, deren Führungsrolle ausgebaut werden soll. Die Justiz hat
diese
Position
gestärkt. Jedes andere Urteil hätte weitreichende Konsequenzen
für die
EU gehabt
... Das Recht ist und bleibt unter diesen
Gesellschaftsbedingungen das
Recht der
Mächtigen. Die Sieger der Geschichte, von 1989/90, wollen die
Geschichte
auch
durch Gerichtsentscheidungen aus ihrer Sicht festschreiben..."

Und ebenfalls wohl begründet überschreiben GRH und
Solidaritätskomitee
ihre
gemeinsame Erklärung zum Urteil: "Strasbourg beugte sich dem
'deutschen
Leitrecht'".

Wir haben uns angewöhnt, Strasbourg mit "s" und "ou " zu
schreiben, weil
wir
anerkennen, was der deutsche Imperialismus verbrecherisch
verspielt hat.
Aber
eben weil Strasbourg sich dem deutschen Leitrecht beugte wäre
es mit
nicht minder
guten Gründen als "Straßburger Urteil" - mit "ß" und "u" zu
bezeichnen.

Denn dieser Richterspruch war nicht nur antikommunistisch,
sondern
überdies
deutschnational.

Das Urteil ist im Geiste nicht nur des ganz allgemeinen
europäischen,
sondern des
höchst spezifischen deutschen Imperialismus verfaßt, der,
nachdem die
grobschlächtige faschistische Methode der "Neuordnung Europas"
nicht zum
Ziele
geführt hat, nun flexibler unter Etikettenschwindel einfach
"europäisch"
nennt, was
germanodominant gemeint ist. Und Europa wird zu spät merken,
worauf es
sich z.B.
auch mit dem Straßburger Urteil eingelassen hat, wenn es
demnächst
vielleicht
nicht wieder unter den Stiefeln deutscher Landser, wohl aber
unter Druck
und
Ausbeutung durch deutsche Ökonomie stöhnen wird.

"Europa" - das heißt der westliche Teil unseres Kontinentes,
der dem
revolutionären Anlauf zu historischem Fortschritt im jüngst
abgeschlossenen
Jahrhundert entgangen war und sich nach der Niederlage des
Faschismus im

zweiten Weltkrieg unter dem Schutz der USA imperialistisch
restauriert
hatte -
hatte insgesamt viel gegen den Sozialismus, aber kaum etwas
gegen die
"deutsche
Teilung" einzuwenden. Nicht nur dem später kriminalisierten,
einst
rennomierten,
europäischen Politiker Andreotti schrieb die westeuropäische
Publizistik
den
Ausspruch zu, er liebe Deutschland so sehr, daß er sich freue,
daß es
gleich zwei
davon gäbe, sondern auch ein besser renommierter Europäer wie
General de

Gaulles äußerte sich in vergleichbarer Richtung. Somit hätte
man von
einem
"Europäischen" Gerichtshof - wäre er dies nicht nur solo titulo
-
hinsichtlich der
einstigen Souveränität der DDR ein Urteil erwarten können, das
zwar dem
antikommunistischen Geist des gesamteuropäischen Imperialismus
entsprochen
hätte, nicht aber dem spezifisch deutschen Hegemonieanspruch
gegenüber
(dem aus
deutscher Sicht) Resteuropa. "Europa" hätte sich den Luxus
leisten
können, nach
dem Untergang sozialistischer Macht auf dem Kontinent dem
geltenden
Völkerrecht
vor deutschnationalistischen Rechtskonstruktionen den Vorrang
zu geben.
Daß der
Straßburger Gerichtshof das nicht wagte, zeigt, daß auch er
europäisch
nennt, was
großdeutsch ist. Womit dann wieder einmal offenkundig würde,
daß die
großdeutsche europäische Ordnung, vor wenig mehr als einem
halben
Jahrhundert
blutig mit militärischer Macht erstrebt und am Widerstand
europäischer
Völker
gescheitert, nunmehr mit ökonomischer Gewalt so sehr realisiert
ist, daß
das
gekaufte Europa die Durchsetzung großdeutscher Interessen als
Recht
ausgibt. -
Armes Europa! H.M.



**********************************************************************

Anlage 4

Aus "TOPOS - Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie" , hr=
sg.
von Hans
Heinz Holz und Domenico Losurdo, Heft 16, Napoli: Editioni La Città =
del
Sole,
2000; S. 109-120 (ISBN 88-8292-107-7) Anschrift der Redaktion: Dr.
Dieter
Kraft, Rosenthaler Str. 19, D 10119 Berlin Tel.&Fax: +49 (0) 30 -
2820780;
Email: Redaktion-Topos@...


IMPERIALISTISCHES STRAFRECHT?
Von Erich Buchholz

I.

Imperialismus - als gesellschaftswissenschaftliche Kategorie - soll =
hier
stehen für
Monopolkapitalismus im Gegensatz zum (vormonopolistischen) Kapitalis=
mus
der
freien Konkurrenz. So erweist sich Imperialismus als Negation des
(vormonopolistischen) Kapitalismus der freien Konkurrenz.

Diese Veränderung im Ökonomischen, in den materiellen Verhältnissen =
als
dem in
letzter Instanz für das gesellschaftliche Leben und eine
gesellschaftliche Ordnung
Entscheidenden, diese Negation des Kapitalismus durch den Imperialis=
mus
reflektiert sich in spezifischer Weise in relevanten
Überbauerscheinungen, zu denen
auch das Recht, mit Rechtsetzung und Rechtsanwendung, insbesondere i=
n
der
Rechtsprechung der Gerichte, und die Auffassungen vom Recht, die
Rechtslehren
mit entsprechenden Rechtsideologien, gehören.

Indessen stellen solche Elemente des juristischen und ideologischen
Überbaus
keine bloßen »Reflexe« dar, die lediglich im Nachhinein widerspiegel=
n,
was sich
in der Basis vollzog. Sie eilen vielmehr als ideelle Reflexion durch=
aus
auch der
ökonomischen Entwicklung voraus und wirken auf sie zurück und
beeinflussen sie -
selbstredend in mannigfaltiger vielschichtiger Weise.

Jedenfalls wäre es ein großer Irrtum anzunehmen, derartige Reflexion=
en
des
Überbaus verhielten sich zur Basis so unmittelbar und mechanisch wie=
ein

photografisches Abbild.


II.

Die Distanz zwischen Basis und Überbau ist - nachvollziehbar - beson=
ders
groß
und stark vermittelt, wenn dieser Zusammenhang an einem Phänomen wie=
dem

Strafrecht betrachtet werden soll.

Unter Strafrecht soll in diesem Kontext nicht nur die Gesamtheit der=

Normen
(Rechtsvorschriften) verstanden werden, die per Gesetz die
(juristischen)
Voraussetzungen einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit, mithin ei=
ner
Strafbarkeit
und dann auch der Bestrafung, regeln. Einzuschließen ist auch die
Strafrechtspraxis
in Gestalt der Strafverfolgung durch die Strafverfolgungsbehörden un=
d
die
Verurteilung durch die Gerichte, also die Strafrechtsprechung, und n=
icht
zuletzt die
Strafrechtslehre. Denn diese erweist sich sowohl als
theoretisch-ideologische
Vorstufe und Voraussetzung entsprechender Strafgesetzgebung als auch=
als

theoretisch-ideologische Untermauerung und Begründung bzw.
Rechtfertigung
relevanter Richtersprüche, namentlich der höchsten Strafgerichte, al=
so -
da hier
vornehmlich das deutsche imperialistische Strafrecht behandelt wird =

des
Reichsgerichts (RG) und des Bundesgerichtshofes (BGH).

Selbstverständlich gibt es das imperialistische Strafrecht nicht als=
ein
bestimmtes
Einziges; es hat, so vielfältig, wie der Imperialismus in dieser Wel=
t in
diesen mehr
als einhundert Jahren war und ist, seine Vielfalt und es unterlag un=
d
unterliegt
beachtlichen Veränderung.

Aber unter dem gestellten Thema können wir bestimmte Charakteristika=

eben
dieses imperialistischen Strafrechts erkennen, die uns berechtigen v=
on
einem
imperialistischen Strafrecht zu sprechen.

Als Ausgangsthese haben wir den Imperialismus als Negation des
(vormonopolistischen) Kapitalismus der freien Konkurrenz gekennzeich=
net.
So soll
auch das imperialistische Strafrecht als Negation des klassischen
(bürgerlichen)
Strafrechts dargestellt und erläutert werden. Es versteht sich, daß
dies in diesem
Rahmen nur sehr global, sehr vereinfacht und sehr verallgemeinert
erfolgen kann.


III.

Was zeichnet das klassische bürgerliche Strafrecht in Mittel- und
Westeuropa auf
dem Kontinent, insbesondere in deutschen Landen, aus ?

Zuvor darf ganz allgemein auf ein wichtiges Kennzeichen und Erforder=
nis
des
bürgerlichen Rechts hingewiesen werden.

Zum Zwecke der geforderten und erstrebten Freiheit der Bürger, d.h.
vornehmlich
der Freiheit, Eigentum zu haben, zu erwerben und darüber zu verfügen=
, es

wirtschaftlich profitabel zu verwerten (vgl. den später dem
französischen Code
Napol‚on nachgebildeten § 903 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuche=
s,
des
BGB), sind vornehmlich die Prinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz =
und
dem
Gericht, der Gesetzlichkeit und der Rechtssicherheit herausgebildet
worden.

Im Interesse des dritten Standes, der sich als Repräsentant des Volk=
es
verstand und
darstellte, sollte - in Ablösung der früheren feudal-absolutistische=
n
Willkür - durch
das Gesetz, das nunmehr durch eine demokratische Repräsentanz »des«
Volkes, das
Parlament, zu erlassen war, ein für allemal und für jedermann eindeu=
tig
unverrückbar klargestellt werden, was gilt, welche

Rechte jeder Einzelne hat und auch welche Pflichten ihm auferlegt si=
nd
(namentlich
Steuern zu zahlen),was er darf und was etwa verboten und unter Straf=
e
gestellt ist
und was nicht.

Der Einzelne - und das war ja in erster Linie der Bourgeois, der
Kaufmann, der
Handwerker, der Fabrikant, der Unternehmer usw.- sollte sich darauf
verlassen und
darauf einstellen können, was im Gesetz geschrieben steht, daß also
Rechtssicherheit besteht (sog. Vertrauensgrundsatz).

Denn nur unter solchen Voraussetzungen kann der Bourgeois »in Ruhe« =
und
beruhigt Waren produzieren und Handel treiben - und halbwegs sicher
Profit
machen. Nur unter solcher Voraussetzung wird ein Kapitalist geneigt
sein, Kapital
zu investieren.

Sehr anschaulich bewahrheitet sich diese Wahrheit gegenwärtig in
verschiedenen
früher sozialistischen Ländern: Das Fehlen einer solchen
Rechtssicherheit erweist
sich als Barriere gegen Investitionen !

Diese Rechtssicherheit und strikte Gesetzlichkeit für alle Bürger wa=
r
ein
notwendiges Grundelement der für die Entwicklung von Warenproduktion=
und

Handel erforderlichen Zuverlässigkeit und Rechtssicherheit.


IV.

Wie reflektierte sich dieses allgemeine Charakteristikum des
bürgerlichen Rechts
auf dem Gebiete des Strafrechts ?

Halten wir uns - um es an den Lehren eines maßgeblichen Repräsentant=
en
zu
veranschaulichen - an Johann Paul Anselm Feuerbach, den Schöpfer des=

bayrischen
Strafgesetzbuches, das der dänische Jurist Örsted als »die reifste
Frucht der
strafrechtlichen Einsichten des Zeitalters« bezeichnete.

Seine klassischen Lehren gehen vom Hauptzweck des Strafrechts aus, d=
ie
wechselseitige Freiheit aller Bürger zu sichern. Daraus wurden folge=
nde
Kernaussagen abgeleitet, die hauptsächlich um das Prinzip der
Gesetzlichkeit
kulminieren:

1) An der Spitze steht der Grundsatz der Bindung des Richters an das=

Gesetz. In
diesem Gesetz muß für alle gleichermaßen verbindlich genau beschrieb=
en
sein,
welche Handlung eine Straftat sein und deshalb unter Strafe gestellt=

sein soll
(nullum crimen, nulla poena sine lege).

Dieser ganz elementare Grundsatz der Strafgesetzlichkeit, dieses
nulla-poena-Prinzip, findet sich demgemäß in allen neuzeitlichen
Strafgesetzbüchern (so im § 2 des Strafgesetzbuches des Deutschen
Reiches von
1871, nunmehr im § 2 des bundesdeutschen Strafgesetzbuches, StGB, au=
ch
in
Verfassungen, so in Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz, GG, dann auch in de=
n
Menschenrechtskonventionen, so in Art. 7 Abs. 1 der Europäischen und=
in
Art. 15
Abs. 1 der Internationalen, und jetzt auch in Art. 49 Abs. 1 der
Europäischen
Grundrechtscharta.


2) Genau so eindeutig soll im Gesetz bestimmt sein, welche Strafe fü=
r
die Tat
verhängt werden darf, sog. gesetzliche Strafe (poena legalis); damit=

wurde die bis
dato geläufige außerordentliche Strafe, die poena extraordinaria,
abgeschafft.

3) Nur Handlungen, nicht Gesinnungen, allein die Tat, die die äußere=
n
Rechte
(Interessen) der Bürger verletzt, sollen unter Strafe gestellt werde=
n
und bestraft
werden dürfen. Dabei ging diese Forderung nicht nur gegen das feudal=
e
Gesinnungsstrafrecht. Es ging - nicht nur Feuerbach - darum, daß all=
ein
eine
Handlung einen objektiven, überprüfbaren Maßstab für eine Strafbarke=
it
und
Bestrafung abgeben kann.

4) Schließlich gehört hierzu auch das Erfordernis einer
Verhältnismäßigkeit, einer
Proportion, von strafbarer Handlung und Strafe (Grundsatz der
Proportionalität);
diese Forderung, dieses Prinzip war zum einen an den Gesetzgeber
gerichtet, daß
er im Strafgesetz(buch) nur solche Strafen vorsieht, die der Schwere=
der

betreffenden gesetzlich beschriebenen Handlung entsprechen, aber
durchaus auch
an den Richter, der im Rahmen des Gesetzes eine der Tat proportional=
e
Strafe
finden soll.

Dieses klassische Strafrecht des bürgerlichen Liberalismus war als
zeitgemäße
Alternative gegen die überkommene feudale bzw. feudal-absolutistisch=
e
Willkür
auf dem Gebiete des Strafrechts gerichtet.

Die vorgenannten so im wesentlichen auch international anerkannten
Grundsätze
neuzeitlichen Strafrechts, des Strafrechts des bürgerlichen
Liberalismus, gewannen
im 19. Jh. allenthalben an Boden - Feuerbachs bayrisches Strafgesetz=
buch
erlangte
in der Kriminalgesetzgebung Modellcharakter - und sie wirken darüber=

hinaus in
die Gegenwart.


V.

Aber, so wie im Recht überhaupt im Zusammenhang mit dem Übergang vom=

vormonopolistischen Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperiali=
smus

markante Veränderungen eintraten, so finden wir derartigen Wandel au=
ch
im
Strafrecht.

So wie sich ökonomisch dieser Übergang zum Imperialismus durch, auch=
im
Weltmaßstab, also global, wachsende Vorherrschaft und Vormacht der
großen
Monopole gekennzeichnet ist, so dominieren diese zunehmend auch auf =
dem
Gebiete des Rechts.

Ihnen genügt nicht mehr, daß sie bereits kraft ihrer ökonomischen
Überlegenheit
auch bei Beachtung der Gleichheit vor dem Gesetz und dem Gericht
regelmäßig
überlegen bleiben, sie nehmen selbst unmittelbar Einfluß auf die
Gesetzgebung
(über ihre Vertreter im Parlament und in der Exekutive oder durch ih=
re
Lobbyisten)
oder sie schaffen - die Vertragsfreiheit außer Kraft setzend - auf d=
em
Gebiet des
Vertragsrechts ihnen genehme Allgemeine Geschäftsbedingungen für (bz=
w.
gegen)
die »Verbraucher«, die diese um den Preis des Vertragsabschlusses
annehmen
müssen, andernfalls sie leer ausgehen (Banken, Versicherungen,
Handelsunternehmen usw.) oder es werden mit gleicher Wirkung
Standard(Formular-)Verträge entwickelt, die z.B. den Vermieter
begünstigen.


VI.

Auf dem Gebiete des Strafrechts ist dieser Wandel zum imperialistisc=
hen
Strafrecht, das wir als Negation des klassischen liberalen Strafrech=
ts
kennzeichnen
wollen, naturgemäß weniger durchsichtig, da des Zusammenhang zwische=
n
Ökonomie und Strafrecht weniger vermittelt ist als der zwischen Ökon=
omie
und
Eigentum und Vertrag (den Marx im »Kapital« untersucht).

Verbrechen und Kriminalität werden ganz allgemein als zu mißbilligen=
de
und als
im Interesse der Allgemeinheit zu bekämpfende Erscheinungen angesehe=
n.

Ein Zusammenhang zur Ökonomie, zum Übergang des vormonopolistischen
Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus wird weder
vermutet, noch
gesehen.

Tatsächlich vollzog sich die Negation des klassischen Strafrechts du=
rch
das
imperialistische Strafrecht in differenzierten Formen. Insbesondere
wurde fast nie
offen gegen die vorgenannten Grundsätze des klassischen Strafrechts
vorgegangen.

Allein den Hitlerleuten, dem NS-Staat, war es vorbehalten, den
elementaren
Rechtsgrundsatz der Gleichheit ganz offen über Bord zu werfen, indem=
für

»Untermenschen«, für Nichtarier besondere Gesetze (Sondergesetze)
geschaffen
wurden, so namentlich für Juden und Polen. Sie wurden ganz offen
außerhalb des
(normalen) Gesetzes gestellt. Ebenso offen warf der NS-Staats das
Prinzips der
Gesetzlichkeit im Strafrecht über Bord, und zwar durch Einführung de=
r
Analogie
zuungunsten des Täters im Jahre 1935: fürderhin sollte der
»Grundgedanke« eines
Strafgesetzes und das »gesunde Volksempfinden«, d.h. die Nazi-Ideolo=
gie,
zur
Strafverfolgung und Bestrafung genügen.

Daß der deutsche Hitlerfaschismus über die »legale« Strafverfolgung =
(mit
40 000
Todesurteilen) hinaus außerhalb von Gesetz und Justiz, nicht nur in =
den
KZs, offen
faschistischen Terror und Völkermord betrieb, muß als bekannt
vorausgesetzt
werden.

Ansonsten wurde der Grundsatz der Gesetzlichkeit im imperialistische=
n
Strafrecht
kaum offen attackiert.


VII.

Die Negation des Strafrechts des bürgerlichen Liberalismus durch das=

imperialistische Strafrecht ist vielmehr durch vielfältige Formen de=
r
Auflösung
der bürgerlichen Gesetzlichkeit gekennzeichnet.

Diese Auflösung der bürgerlichen Strafgesetzlichkeit ist vornehmlich=
an
folgenden
Entwicklungen des Unterlaufens der Gesetzlichkeit ablesbar:

1) Zum einen wurde die Rolle des Richters verändert, erhöht; seine
Bindung an das
Gesetz und seine Unterworfenheit unter das Gesetz wurde - auch im
Strafrecht -
gelockert. Ihm, und d.h. in der Praxis namentlich den höchsten
Gerichten, dem RG
und dem BGH, wurde angetragen, übertragen und zugemutet, »Lücken« de=
s
Gesetzes - nicht nur im Wege der Auslegung - zu schließen und
»Rechtsfortbildung« zu betreiben. Vielleicht kann man solches als
»versteckte«
Analogie bezeichnen.

Im sog. Soraya-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom
14.02.1973
wird erklärt: Wenn das geschriebene Gesetz seine Funktion nicht erfü=
llt,
dann
schließt der Richter die Lücke »nach den Maßstäben der praktischen
Vernunft und
den fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinsch=
aft.

Auf dem 15. Deutschen Richtertag im Jahre 1991 verlangte der damalig=
e
Bundesjustizminister Kinkel von den (bundesdeutschen) Richtern, eine=

Verjährung
politischer Straftaten in der früheren DDR zu verhindern, weil der
Gesetzgeber
»aus rechtsstaatlichen Gründen wegen des Problems der Rückwirkung ni=
cht
tätig
werden« könne. Also sollten die Richter - anstelle des an sich
zuständigen
Gesetzgebers - bei DDR-Bürgern den klassischen Grundsatz der
Strafgesetzlichkeit(nullum crimen, nulla poena sine lege) beseitigen=
.

Solches tat dann auch - dem BGH folgend - das BVerfG mit seiner
Entscheidung
vom 24.10.1996: Das an sich absolute Rückwirkungsverbot (Art.103 Abs=
. 2
GG),das stets nur Individuen schützt, gelte dann nicht mehr, wenn »d=
er
Staat« -
gemeint ist die DDR - »extremes staatliches Unrecht setzt«.

In Strafverfahren gegen ehemalige Richter und Staatsanwälte der DDR
haben
bundesdeutsche Richter aus dem eindeutigen gesetzlichen
Tatbestandsmerkmal
»gesetzwidrig« des § 244 im DDR-StGB »rechtswidrig« gemacht, um entg=
egen

dem Wortlaut des Gesetzes zu verurteilen.

Ähnlich wurde die Vorschrift des DDR-Strafrechts,in der die mittelba=
re
Täterschaft klar und eindeutig beschrieben war, beiseitegeworfen, we=
il
sie der
erstrebten Verurteilung von DDR-Bürger, namentlich von Vorgesetzten =
von
Grenzsoldaten) entgegenstand; statt des maßgeblichen DDR-Gesetzes zo=
g
der BGH
die unscharfe bundesdeutsche Vorschrift heran,um mit einer
abenteuerlichen
»subjektivistischen« Konstruktion eine Verurteilung der Angeklagten
zustandezubringen .

Die in vielen Fällen bereits eingetretene Verjährung von verfolgten
angeblichen
Straftaten in der DDR wurde beseitigt, indem sich der BGH auf eine
Entscheidung
des NS-RG aus dem Jahre 1943 stützte, in dem dieses RG die Verjährun=
g zu
einer
bloß prozessualen Regelung herabstufte, so daß das auch von Herrn Ki=
nkel

gesehene Problem des Rückwirkungsverbots gar nicht stünde.

Dem Ausbau dieses Richterrechts - anstelle der Unterworfenheit des
Richters unter
das Gesetz - diente einerseits der zunehmende Einsatz auslegungsfähi=
ger
Begriffe
(so nicht nur im Wirtschafts- und Umweltstrafrecht, sondern insbeson=
dere
im
politischen Strafrecht).

Zum andern förderten solche Konzepte, wie die »normative Schule« mit=

ihrer
normativen, wertabhängigen und wertausfüllungsbedürftigen Auffassung=
vom
Recht
Entwicklungen des Unterlaufens der Gesetzesbindung des Richters.

So wurde der Richter nicht mehr nur als »Mund des Gesetzes«
(Montesqueu), als
Vollstrecker des Gesetzes, ggf. als »reine Subsumtionsmaschine«
angesehen,
sondern das Gesetz zum nur »Halbfabrikat« abgewertet;erst durch den
Richter
werde es zu einem fertigen Produkt.

Weiter wurde der Grundsatz der Gesetzlichkeit und der Gesetzesbindun=
g
des
Richters durch verschiedene Arten der Subjektivierung unterlaufen. Z=
u
diesem
Zweck wurden verschiedene »subjektive« Theorien entwickelt, die es d=
em
Richter
erlauben, ohne Bindung an objektiv nachprüfbare Kriterien nach seine=
r
Sichtweise
zu entscheiden; diese aber entspricht - schon wegen der sozialen
Herkunft der
Richter - den Wertvorstellungen und der Ideologie der Herrschenden.

Schuld zählt als »Vorwerfbarkeit« - die der Richter konstruiert; die=

»finale
Handlungslehre« eines Welzel, der gleich zu Beginn der NS-Zeit diese=

begrüßte
und verherrlichte, stellte auf das (vom Richter zu definierende) Zie=
l
einer Handlung
ab, und also nicht mehr auf das äußere, objektiv nachprüfbare
Tatgeschehen.

Zu Beginn der 50er Jahre entwickelte der BGH seine Lehre vom
»Verbotsirrtum«,
die sich dazu eignete, NS-Verbrechen zu »entschuldigen«; schon um di=
e
Jahrhundertwende kamen subjektive Versuchs- und Teilnahmelehren auf,=

nach
denen der Richter nach seiner Vorstellungswelt und nicht nach objekt=
ivem
Befund
entscheidet, ob strafbarer Versuch bzw. ob Täterschaft oder nur
Teilnahme
(Anstiftung bzw. Beihilfe) vorliegt.

Operiert wird mit dem »Täterwillen«, damit ob jemand - nach Ansicht =
des
Richters - die Tat »als eigene« oder »als fremde« gewollt habe; hier=
zu
gehört auch
die »Rechtsfigur« des »Hintermannes«, die herhalten mußte, um Mitgli=
eder
des
Politbüros des ZK der SED und des Nationalen Verteidigungsrates der =
DDR
verurteilen zu können; denn nach DDR-Recht war eine Strafbarkeit die=
ser
aus den
verschiedensten Gründen ausgeschlossen.
Hinzukam die zunehmende Verwendung subjektiver Tatbestandsmerkmale, =
wie
Absicht und Gesinnung; es wurde bzw. wird unter Strafe gestellt, was=
an
sich
straflos war bzw. ist und erst durch die unterstellte böse, z.B.
hochverräterische,
Absicht zu einer Straftat gemacht wird. Mit der »Gesinnung, die aus =
der
Tat
spricht,« (§ 46 StGB/BRD) hat der Richter eine Handhabe für die
Strafzumessung.

2) Zum andern wurde das Tatprinzip ausgehebelt, und zwar mit dem
Banalargument, es werde doch nicht die Tat, sondern der Täter bestra=
ft.
Insbesondere unter dem Einfluß Franz von Liszts wurden anthropologis=
che
und
soziologische Theorien entwickelt, in deren Konsequenz einem
Täterstrafrecht Tor
und Tür geöffnet wurde. Es sollte nicht mehr die Proportionalität vo=
n
Tat und
Strafe zählen, sondern die »Gefährlichkeit des Täters« sollte
entscheidend werden,
zumindest an Gewicht gewinnen.

In der NS-Zeit wurde der § 20 a StGB eingeführt, der den »gefährlich=
en
Gewohnheitsverbrecher« betraf und rigide Maßnahmen der Sicherung,
darunter die
Sicherungsverwahrung, zuließ. Erst 1969 wurde dieser § 20 a aus dem
bundesdeutschen Strafrecht gestrichen. (In der DDR war diese Vorschr=
ift
von
Anfang an für unanwendbar erklärt worden.)

Außerdem wurde - ebenfalls in der NS-Zeit - neben und statt dem
Strafensystem ein
System von Maßregeln der Sicherung und Besserung eingeführt, das -
modifiziert -
im bundesdeutschen Strafrecht fortbesteht, einschließlich der o.g.
Sicherungsverwahrung, und das weniger an klassische
Strafrechtsprinzipien,wie
das Tat und das Tatproportionalitätsprinzip, gebunden ist (hier steh=
t
der
Sicherungszweck im Vordergrund).

Es liegt auf der Hand, daß das Maßregelsystem - im Unterschied zum
klassischen
Tatstrafrecht - dem Richter viel Spielraum läßt, letztlich eine
lebenslange
Verwahrung zuläßt, ohne daß auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt
wurde.

3) Zu nennen sind des weiteren auch verschiedene Möglichkeiten der
Lockerung
der gesetzlichen Strafdrohungen durch Erweiterung der richterlichen
Entscheidungsmöglichkeiten. Man spricht von Flexibilisierung der
gesetzlichen
Strafdrohungen.

Auch die »Einführung« von Strafzwecken (Spezial- bzw. Generalprävent=
ion)

eröffnet dem Richter die Möglichkeit, derart kaum faßbare Gesichtspu=
nkte
für die
Strafzumessung heranzuziehen.

Wenn bei verurteilten DDR-Hoheitsträgern derartige Strafzwecke jegli=
cher

Grundlage entbehren, weil Wiederholungstaten absolut ausgeschlossen
sind,
greifen bundesdeutsche Gerichte wieder (in schöne Worte verpackt) au=
f
Sühne
oder Vergeltung zurück.


VIII.

Weiterhin muß die Ausweitung des Strafrechts im Imperialismus gegenü=
ber
dem
Strafrecht des bürgerlichen Liberalismus hervorgehoben werden, das s=
ich
darauf
beschränkte, nur faßbare Verletzungen der Freiheit (der Interessen u=
nd
Rechte) der
Bürger als Straftaten zu erfassen und mit Strafe zu bedrohen.

Charakteristisch ist für das »moderne« imperialistische Strafrecht d=
ie
Vorverlegung des Strafrechts, so durch Einführung von
Gefährdungstatbeständen
(während klassisch grundsätzlich nur Erfolgsdelikte strafbar waren);=
das
Vorliegen
einer u.U. nur abstrakten Gefährdung befindet der Richter. Hierzu ge=
hört
auch das
Unter-Strafe-Stellen von sog. »Organisationsdelikten«, kraft dessen
allein die vom
Richter befundene »Zugehörigkeit« zu der betreffenden Organisation (=
z.B.
in den 50
Jahren in der BRD zur FDJ) ohne weitere konkrete Handlung zu einer
Verurteilung
ausreichte

Mit der Ausweitung des Strafrechts (besonders auch für den Bereich d=
er
sog.
»Organisierten Kriminalität«) wird die Abgrenzung zwischen präventiv=

ausgerichtetem Polizeirecht und auf die Reaktion auf eine begangene
Straftat
begrenztem Strafrecht immer unschärfer.

Hierzu gehört auch die verstärkte Verwendung solcher Begriffe, wie
wehrhafte
Demokratie bzw. Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates und law and order.

Generell wird - besonders seit der Mitte der 70er Jahre in der
Bundesrepublik -
ein Abbau an Rechtsstaatlichkeit und eine Aushöhlung von
Verfassungsgrundsätzen
beklagt und die Sorge der Herausbildung eines Polizeistaates in dies=
er
Republik
thematisiert.

All dies sei zwar zu bedauern, aber notwendig geworden; den
»Sachzwängen«
müsse man sich fügen.


IX.

Motiviert bzw. begründet werden derartige vielfältige und ganz
erhebliche
Veränderungen des Strafrechts, die uns dazu berechtigen, von einer
Negation des
klassischen Strafrechts zu sprechen, mit der wachsenden Kriminalität=
,
besonders
auch mit der »Organisierten Kriminalität« ,was schon fast zu einem
Schlagwort
wurde.

Die Frage nach den Ursachen dieser gewachsenen Kriminalität, besonde=
rs
auch der
Jugendkriminalität, wird von den Politikern und auch den meisten
Strafrechtlern
nicht gestellt - obwohl viele seriöse Untersuchungen den Nachweis
führen, daß die
Ursachen derselben in eben dieser Gesellschaft, dem Imperialismus, z=
u
finden sind,
der nur zu gern zum scharfen Schwert des Strafrechts greift.

Seriöse Kriminologen und Strafrechtler wissen schon lange und machen=

seit vielen
Jahren immer wieder deutlich: Eine gute Sozialpolitik - eben soziale=

Vorbeugung -
ist die beste Kriminalpolitik!
Aber eine gute Sozialpolitik paßt nicht in diese Gesellschaft.

Nachgewiesen ist auch, durch die Sanktionsforschung, daß schärfere
Strafen kaum
etwas bewirken, daß - was schon vor 200 Jahren bekannt war - der
vorbeugende
(präventive) Sinn der Strafe keineswegs in ihrer Härte liegt, sonder=
n
in ihrer
Unvermeidlichkeit.

Der verschärfte Einsatz des Strafrechts wird demgegenüber gerade auc=
h
heutzutage
dem (politischen) Zweck dienstbar gemacht, die Öffentlichkeit
fehlzuorientieren,
irrezuführen, um die sozialen Gründe der Kriminalität und vieler and=
erer

Gebrechen dieser Gesellschaft zu verdecken, und gleichzeitig dazu,
Gründe und
Vorwände zu finden, um den Machtapparat des Staates (besonders Justi=
z
und
Polizei) aufzurüsten.

Derartige Kriminalgesetzgebung erweist sich regelmäßig als symbolisc=
her
Akt, der
- zur Beruhigung der Öffentlichkeit - eine Alibifunktion erfüllt.

Das erleben und erfahren wir, auch in der Bundesrepublik, seit über
zwanzig Jahre.

Auch dieser Ausbau des Machtapparates des imperialistischen Staates
stellt eine
Negation dar, nämlich zum vormonopolistischen Staat, der sich eben i=
m
Interesse
der Bürger, gerade auch der Bourgeois, sehr zurückhielt und im Ideal=
fall
ein
laissez-faire-Staat war.

In diesem Beitrag kann nicht auf das Strafverfahrensrecht und die
Strafverfahrenspraxis eingegangen werden. Diese sind jedoch deshalb =
so
außerordentlich wichtig, weil das Strafrecht, das sog. materielle
Strafrecht, erst im
Strafprozeß und nach Maßgabe des Strafverfahrensrechts zur Wirklichk=
eit
wird.

Ebendeshalb wird der - als Negation bezeichnete - Wandel des Strafre=
chts
des
bürgerlichen Liberalismus zum imperialistischen Strafrecht von einer=

parallelen
Negation im Bereich des Strafverfahrens und des Strafverfahrensrecht=
s
begleitet
und unterstützt. Gerade auf diesem Gebiet fand und findet ein massiv=
er
Abbau des
Rechtsstaates und ein sichtbarer Wandel zum Polizeistaat statt, auch=

dadurch daß
Staatsanwaltschaft und Gerichte zunehmend ins Schlepptau der Polizei=

geraten.

Auf dem Gebiete des Strafprozesses ist also die Negation des klassis=
chen

Strafverfahrens des bürgerlichen Liberalismus besonders ausgeprägt.

X.

Nicht zuletzt muß daran erinnert werden,dass Strafrecht und
Strafjustiz
- jedenfalls
seit dem Kommunistenprozeß zu Köln im Jahre 1852 und den
Bismarckschen
Sozialistengesetzen - gegen den politischen Gegner auf der
linken Seite
eingesetzt
werden.

Das ganze vorgenannte Arsenal imperialistischen Straf- und
Strafverfahrensrechts
findet hier seine unmittelbar politische Verwendung, so die
Begriffe der
bösen
Gesinnung, der bösen Absicht, der Gefährlichkeit und
Unbelehrbarkeit des
Täters,
der Notwendigkeit von Strafschärfungen aus Gründen der Spezial-
und
Generalprävention usw. und nicht zuletzt die Ausbreitung der
polizeilichen und
auch nachrichtendienstlichen Tätigkeit im Vorfeld und im
Anfangsstadium
des
Strafprozesses.

Besonders wichtig ist dabei die Kriminalisierung des
politischen
Gegners,um ihn
in der Öffentlichkeit als »Kriminellen« zu diskriminieren.

So wurden und werden in den aktuellen politischen Prozessen
DDR-Hoheitsträger
offiziell nicht aus politischen Gründen verfolgt und bestraft,
etwa weil
sie in einem
Teil Deutschlands auf Kosten des Kapitalismus den Sozialismus
zu
verwirklichen
bestrebt waren - worin der eigentliche und wahre Grund ihrer
Strafverfolgung
besteht - ,sondern wegen angeblicher krimineller Handlungen

Am krassesten dürfte dabei die Verurteilung Mielkes, des
langjährigen
Ministers
für Staatssicherheit der DDR, wegen eines angeblichen
Polizistenmordes
vor mehr
als sechzig Jahren - unter Nutzung von NS-Akten - sein.

Jedenfalls verdeutlicht die hier vermittelte Gegenüberstellung
des
imperialistischen Strafrechts mit dem Strafrecht des
bürgerlichen
Liberalismus,
daß ersteres nicht nur aus letzterem hervorging, sondern dieses
gerade
in den
Hinsichten negiert, die s.Zt. den (auch zivilisatorischen)
Fortschritt
eben jenes
Strafrechts des bürgerlichen Liberalismus ausmachte.



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E N D E